„Hessen gegen Hetze“: Kritik an Meldestelle wächst

Nach der Hausdurchsuchung beim bekannten Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz gerät das Onlineportal „Hessen gegen Hetze“ in die politische Schusslinie. Am Donnerstag wird der hessische Landtag über die Zukunft der Meldestelle debattieren. Während AfD und FDP ihre Abschaffung fordern, hält die CDU am Portal fest – will aber über eine Einschränkung beraten.
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) behält die weiteren Ermittlungen gegen 17 Frankfurter Polizisten im Blick.
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU).Foto: Andreas Arnold/dpa
Von 12. November 2025

In Kürze:

  • Nach Ermittlungen gegen den Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz steht das Portal „Hessen gegen Hetze“ in der Kritik.
  • FDP und AfD fordern die Abschaffung – die CDU will es reformieren, die Grünen ausbauen.
  • Das Portal war nach dem Mord an Walter Lübcke 2020 gestartet worden und nimmt Hinweise auf Hass und Extremismus entgegen.
  • Innenminister Poseck spricht von einer möglichen Beschränkung auf Fälle mit Hessen-Bezug.

Nach den Irritationen rund um die Hausdurchsuchung beim bekannten Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz ist das Onlineportal „Hessen gegen Hetze“ unter Druck geraten. Am Donnerstag, 13.11., wird der Landtag über das Portal debattieren, das seit Anfang 2020 Bürgern zur Verfügung steht. Diese können dort „Hatespeech und Extremismus“ melden – unabhängig davon, ob man diesen online oder offline wahrnimmt.

Die Fraktionen von AfD und FDP wollen das Portal vollständig abschaffen. Gegründet hatte es die damalige schwarz-grüne Landesregierung unter dem Eindruck des Mordes an Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke. Mittlerweile hingegen bestehe die Gefahr, dass es „zum Meinungsmelder-Portal ausartet“, äußert FDP-Fraktionschef Stefan Naas gegenüber der „Hessenschau“ des HR.

„Hessen gegen Hetze“ nach Bolz-Ermittlungen in der Kritik

Naas verwies darauf, dass seine Partei nach dem Lübcke-Mord selbst auf die Einrichtung eines solchen Portals gedrängt habe. Mittlerweile jedoch drohten die Abgrenzungen und Zuständigkeiten zu verschwimmen. Es werde unklar, welche Form von Hass im Netz Sache der Staatsanwaltschaft, polizeilicher Ermittler oder der Gerichte sei, wofür der Verfassungsschutz zuständig sei und was eine Sache von Statistik sei. Die Liberalen finden das bedenklich:

„Am Ende hat der Bürger das Gefühl, dass er doch einer Zensur unterliegt.“

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Am 23. Oktober suchte die Polizei Norbert Bolz auf, um eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Zu dieser kam es nicht, weil Bolz die zu sichernden „Beweise“ von sich aus offenbarte. Der Kommunikationswissenschaftler hatte Anfang 2024 einen Artikel aus der taz auf X geteilt. Dieser war ursprünglich mit der Überschrift „AfD-Verbot und Höcke-Petition: Deutschland erwacht“ überschrieben.

Der Beitrag nahm in positiver Weise Bezug auf Demonstrationen für ein AfD-Verbot und eine Petition zum Entzug von Grundrechten gegen deren thüringischen Landesvorsitzenden. Bolz kommentierte den Beitrag und dessen ursprüngliche Überschrift mit den Worten: „Gute Übersetzung von woke: Deutschland erwache!“

Gegenwind auch nach „Schwachkopf“-Gate

Obwohl aus dem Gesamtzusammenhang heraus deutlich erkennbar ist, dass der 72-Jährige damit den Beitrag ironisieren wollte, wird nun gegen ihn ermittelt. Die Verwendung der Wortfolge „Deutschland erwache“ gilt als tatbildmäßig im Sinne einer Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs).

Im Vorfeld der Ermittlungen, die nach mehr als eineinhalb Jahren zu der Amtshandlung geführt hatten, war es „Hessen gegen Hetze“, das die Meldung weitergeleitet hatte. Kritik daran gab es nicht nur von Konservativen, sondern auch von der taz selbst und von Grünen-Politikerin Ricarda Lang.

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Die Meldestelle hatte auch eine umstrittene Hausdurchsuchung bei einem Rentner aus Bayern veranlasst. Dieser hatte zuvor den damaligen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als „Schwachkopf“ bezeichnet. Die Hausdurchsuchung wurde auch hier vielfach als unverhältnismäßig kritisiert. Allerdings wurde später gegen den Rentner wegen anderer Aussagen Anklage erhoben.

Poseck will „Hessen gegen Hetze“ auf das Bundesland beschränken

Innenminister Robert Poseck (CDU) ist dagegen, das Portal abzuschaffen. Die Meldestelle nehme lediglich unverbindliche Bewertungen vor – Entscheidungen über weitere Veranlassungen treffe die Justiz eigenständig. Außerdem berate die Stelle auch Opfer.

Allerdings erklärte Poseck sich dazu bereit, mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner über eine „Weiterentwicklung“ zu sprechen. Konkret weist er gegenüber dem HR darauf hin, dass sich 93 Prozent der gemeldeten Fälle auf Sachverhalte ohne Hessen-Bezug erstreckten. Er äußerte:

Mir schwebt vor, dass wir das Angebot auf das Bundesland Hessen beschränken.“

Immerhin gebe es Portale dieser Art längst auch andernorts.

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Auch die Grünen wollen „Hessen gegen Hetze“ nicht abschaffen, sondern vielmehr ausbauen. Seit 16. Januar 2020 seien rund 85.000 Hinweise auf politisch motivierte Hassrede und Extremismus eingegangen – darunter Mord- oder Vergewaltigungsdrohungen.

Knapp die Hälfte der Hinweise habe man weitergeleitet, heißt es aus den Reihen der Portalbetreiber. In 27.000 Fällen habe man das Bundeskriminalamt in Kenntnis gesetzt, 14.000 Fälle gingen an die Staatsanwaltschaft. In etwa 20 Prozent der Fälle habe man den Verfassungsschutz informiert.



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