90 Prozent weniger Emissionen: EU-Länder einigen sich auf Klimaziel 2040
Die EU-Staaten haben sich das Ziel gesetzt, ihre Treibhausgasemissionen bis 2040 um mindestens 90 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.
Nach einem Kompromiss der Umweltminister sollen fünf Prozentpunkte davon durch CO2-Zertifikate aus dem nichteuropäischen Ausland erkauft werden können, wie die dänische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Das macht das 90-Prozent-Ziel de facto zu einem 85-Prozent-Ziel.
Die Minister hatten bis in den frühen Mittwochmorgen in teils chaotischen Verhandlungen um eine Einigung gerungen, über die nun noch mit dem Europaparlament verhandelt werden muss.
Von diesem Ziel abgeleitet beschlossen Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) und seine Kollegen nach mehr als 20 Stunden Verhandlung in Brüssel, die Emissionen bis 2035 zwischen 66,25 Prozent und 72,5 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Diesen Klimaplan muss die EU nun für die UN-Klimakonferenz COP30 einreichen.
Die Zeit drängt: Die Konferenz in Brasilien beginnt in wenigen Tagen. Zwei Fristen, im Februar und zuletzt im September, wurden schon gerissen, weil sich die Mitgliedsstaaten nicht einig geworden waren.
[etd-related posts=“5272808″]
Klimaziel abschwächen, um Wirtschaft zu entlasten?
Für 2030 und 2050 hat die EU bereits Klimaziele – das für 2040 steht noch aus. Deshalb hatte die EU-Kommission im Juli vorgeschlagen, die Emissionen in den nächsten 15 Jahren um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Der Vorschlag entspricht in den wesentlichen Punkten den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Klimazielen der schwarz-roten Bundesregierung.
Den Kommissionsvorschlag schwächten die Länder ab. Angesichts der wirtschaftlichen Belastungen, dem angespannten geopolitisches Umfeld und Probleme nder Industrie regte sich in einigen EU-Staaten bis zuletzt Widerstand.
Nun sollen laut Kompromiss unter anderem bis zu fünf Prozentpunkte ab 2031 durch Klimazertifikate aus dem Ausland erzielt werden können. Die EU-Kommission hatte drei Prozentpunkte ab 2036 vorgeschlagen, Deutschland unterstützte das.
Polen beispielsweise hatte zuvor gefordert, zehn Prozentpunkte der nötigen Senkung mit Auslandszertifikaten erfüllen zu können.
[etd-related posts=“5287359″]
Skepsis gegenüber Auslandszertifikaten
Bislang muss die EU ihre Klimaziele durch Treibhausgas-Minderungen auf eigenem Boden erreichen. Mit Klimazertifikaten aus Nicht-EU-Ländern sollen Treibhausgasemissionen, die in der EU entstehen, verrechnet werden können: So soll etwa möglich sein, Emissionsgutschriften für Projekte der Kohlenstoff-Speicherung oder -Entnahme aus der Atmosphäre zu kaufen und zu den inländischen Reduktionen zu addieren.
Bei der Nutzung von Auslandszertifikaten zur Kompensation befürchten Kritiker, dass Staaten im Globalen Süden ihre nationalen Klimaziele bewusst niedriger ansetzen, um sich Aufstockungen von den Europäern bezahlen zu lassen – oder dass Minderungen doppelt angerechnet werden könnten.
Von der Leyen: „Gute Neuigkeiten“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach bei ihrer Ankunft in Belém dennoch von „guten Neuigkeiten“. Das Klimaziel für 2035 sei ein „Meilenstein“ auf dem Weg zur Klimaneutralität in der EU, schrieb von der Leyen im Onlinedienst Bluesky.
Ab 2050 will die EU nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen, wie die Natur oder industrielle Auffangtechnologien ausgleichen können.
[etd-related posts=“5290734″]
Auch Umweltminister Schneider betonte, Europa könne mit dem Verhandlungsergebnis „eine tragende Rolle bei der Weltklimakonferenz“ spielen. Es handele sich um einen „wichtigen Fortschritt für das Klima und eine gute Nachricht für die deutsche Wirtschaft“, weil es durch die gemeinsamen Klimaziele gleiche Wettbewerbsbedingungen gebe.
Die Umweltminister sprachen sich am Mittwoch zudem dafür aus, die Ausweitung des EU-Emissionshandels auf den Straßenverkehr und Gebäude um ein Jahr von 2027 auf 2028 zu verschieben.
Umweltverbände kritisierten die Zugeständnisse, die auf Druck von Ländern wie Italien, Polen und der Slowakei gemacht wurden. Durch die „fragwürdigen“ CO2-Zertifikate werde der Klimaschutz ausgelagert, erklärte Greenpeace-Expertin Sarah Zitterbarth. Die EU fahre mit einem „schwachen Klimaziel“ nach Belém und ignoriere die Warnungen der Wissenschaft.
Der WWF sprach von einem „gestörten Signal an die internationale Gemeinschaft“. Das Klimaziel für 2035 sei „ernüchternd“, greife zu kurz und werde „Europas Verantwortung und angestrebtem Verhandlungsgewicht“ in Belém nicht gerecht, erklärte WWF-Klimachefin Viviane Raddatz.
Ziel soll regelmäßig überprüft werden
Die EU-Kommission soll alle zwei Jahre überprüfen, ob sich die EU in die richtige Richtung bewegt und ob das 2040er-Ziel mit Europas Wettbewerbsfähigkeit und der Wissenschaft vereinbar ist.
Wenn nötig, soll die Kommission auch neue Gesetzesvorschläge machen können. Sollten Kohlenstoffsenken wie Wälder oder Moore weniger zur Senkung der Emissionen beitragen als angenommen, soll das Ziel ebenfalls gesenkt werden können.
Die EU-Länder wollen außerdem, dass Brennstoffe erst ab 2028 und damit ein Jahr später als geplant in das Handelssystem mit Treibhausgas-Zertifikaten eingreifen. Beim sogenannten Emissionshandel müssen Unternehmen Rechte zum Ausstoß von Treibhausgasen nachweisen. Eigentlich sollen ab 2027 auch Brennstoffe einbezogen werden, was besonders den Verkehrs- und Gebäudebereich betrifft.
Das EU-Parlament muss sich noch zum Kommissionsvorschlag für das Klimaziel für 2040 positionieren. Einen Zeitplan dafür gibt es noch nicht. Im Anschluss müssen die Staaten und die Parlamentarier verhandeln, bevor das Ziel in Kraft treten kann. (dpa/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion