EU-Chatkontrolle: Dänemark macht Druck – Bundesregierung hält sich bedeckt

Seit Jahren ist die Verordnung zur Chatkontrolle im EU-Rat blockiert, da sich die Mitgliedstaaten nicht auf eine gemeinsame Linie einigen können. Nun könnte Deutschland das Zünglein an der Waage sein und den Weg zur Umsetzung frei machen.
Auf einem Smartphone sind pornografische Bilder zu sehen.
Mit der Einführung der Chatkontrolle will die EU unter anderem die Verbreitung von Kinderpornografie bekämpfen.Foto: Silas Stein/dpa
Von 1. Oktober 2025

Dänemark hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne und treibt das Thema Chatkontrolle erneut auf die Agenda. Das skandinavische Land drängt auf einen endgültigen Beschluss in der Sitzung am 14. Oktober. Dabei bleiben auch die Aspekte unangetastet, die bisher eine Mehrheit verhindert haben.

Die Chatkontrolle ist eine geplante EU-Verordnung mit dem Ziel, die Verbreitung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet zu bekämpfen. Dazu sollen Anbieter digitaler Kommunikationsdienste verpflichtet werden, Inhalte wie Textnachrichten, Bilder und Videos auf potenziell strafbare Inhalte zu überprüfen.

Befürworter sind neben Dänemark insbesondere Rumänien, Spanien und Ungarn; neu hinzugekommen ist auch Frankreich, das sich zuletzt offener gezeigt hat. Dagegen sind unter anderem Polen, Luxemburg, die Niederlande, Tschechien und Österreich. Unentschlossen zeigen sich die Slowakei, Lettland, Finnland und Schweden.

Dobrindt hüllt sich in Schweigen

In Deutschland herrscht nach früherer Ablehnung Unklarheit: Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) verweigert eine öffentliche Stellungnahme und verweist auf das Bundesinnenministerium. Doch auch Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) verweigert eine klare Äußerung, schreibt „netzpolitik.org“. Die Position Berlins gilt als Zünglein an der Waage für eine eventuelle Mehrheit.

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Einen aktuellen Einblick in die deutsche Haltung zur geplanten EU-Verordnung zur Chatkontrolle bot die nicht öffentliche Sitzung des Digitalausschusses im Bundestag am 10. September 2025. Laut einem Bericht von „heute im bundestag“ äußerte sich dort eine Vertreterin des Bundesinnenministeriums (BMI) dahingehend, dass die Bundesregierung die dänische Position zur Chatkontrolle „nicht zu 100 Prozent“ mittragen könne. Damit deutet sich eine gewisse Distanz zur derzeitigen Linie der EU-Ratspräsidentschaft an, die auf eine verpflichtende Umsetzung des Client-Side-Scannings drängt.

Wie „netzpolitik.org“ berichtet, wurde in der Sitzung zudem deutlich, dass es innerhalb der Bundesregierung noch keine einheitliche Position gibt. Insbesondere zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Bundesjustizministerium (BMJ) bestehen offenbar Spannungen. Während das BMI weiterhin eine klare Ablehnung gegenüber dem generellen Aufbrechen von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vertritt, zeigt es sich offener gegenüber einem Modell, bei dem lediglich bereits bekanntes Missbrauchsmaterial auf den Endgeräten gescannt wird. Diese Variante wird intern als potenziell zustimmungsfähig betrachtet.

Eingriff in Privatsphäre oder wirksame Bekämpfung von Kinderpornografie?

Umstritten ist die Verpflichtung von Diensten wie WhatsApp, Threema, Signal oder Hostprovider zum sogenannten Client-Side-Scanning. Dabei können durch einen Scan die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung umgangen und die Inhalte eines Smartphones gelesen werden. Unterstützer dieses Vorgehens sehen darin eine wirksame Möglichkeit im Kampf gegen Kinderpornografie – oder sogenannte Groomer.
Viele EU-Mitgliedstaaten lehnten dies aber bisher ab, weil sie das als Eingriff in die Privatsphäre sehen. Der juristische Dienst des EU-Rates hatte ebenfalls erhebliche Bedenken geäußert.
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Zudem sehen Experten die technische Umsetzung der im Verordnungsentwurf angedachten Lösung kritisch. Brüssel überschätze die technischen Möglichkeiten, um verbotene Inhalte mithilfe von Scannern zu erkennen. Bereits existierende Werkzeuge seien anfällig für Fehler. Sie könnten daher Menschen zu Unrecht dem Verdacht des Kindesmissbrauchs aussetzen.

Die Chatkontrolle ist laut E-Privacy-Richtlinie verboten, der Streit um eine Einführung dauert seit drei Jahren an. Eine zeitlich begrenzte Ausnahme gestattet es Anbietern dennoch, Inhalte freiwillig zu scannen. Im April läuft diese Ausnahme aus.



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