Warum Obamacare gescheitert ist

Obamacare sollte allen Amerikanern eine erschwingliche Krankenversicherung bieten, scheiterte aber an steigenden Kosten, Subventionsproblemen und ineffizienten Strukturen. Viele Versicherte traten aus oder lassen sich erst bei Krankheit versichern. Der Kongress diskutiert weiter über Reformen und Subventionen.
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Bis zum Jahresende hat der US-Kongress Zeit, sich über die Art und Weise der Fortführung von Obamacare zu einigen. Gelingt das nicht, verlieren Millionen Amerikaner ihren Krankenversicherungsschutz.Foto: Joe Raedle/Getty Images
Von 30. November 2025

In Kürze:

  • Der Streit um das US-Gesundheitssystem verursachte den bisher längsten Shutdown in der Geschichte der USA.
  • Die Republikaner wollen eine grundlegende Veränderung der Richtlinien.
  • Auch einige Demokraten räumen ein, dass Obamas Reform gescheitert ist.
  • Der Staat subventioniert Obamacare mit jährlich rund 138 Milliarden Dollar.

 

Ein erbitterter Streit zwischen Demokraten und Republikanern über die künftige Finanzierung von Obamacare und die Dauer staatlicher Zuschüsse war Grund für den längsten Shutdown der US-Geschichte. Zwar war der Regierungsstillstand nach 43 Tagen beendet, aber eine Lösung, wie es mit Obamacare weitergehen wird, ist noch nicht in Sicht.

Für die besonders Armen gibt es das Programm Medicaid

Bei Obamacare handelt es sich um eine umfassende Gesundheitsreform, die unter der Präsidentschaft des Demokraten Barack Obama (2009–2017) ausgearbeitet wurde. Das 2010 von ihm unterzeichnete Bundesgesetz trägt offiziell den Namen „Patient Protection and Affordable Care Act“ (ACA) und trat am 1. Januar 2014 in Kraft. Umgangssprachlich wird es als Obamacare bezeichnet.

Das Gesetz verpflichtet alle in den USA lebenden Menschen zur Krankenversicherung und soll ihnen eine erschwingliche Absicherung ermöglichen. Dazu sieht es Subventionen in Form von Prämiensteuergutschriften vor, die Haushalte mit einem Einkommen zwischen der Bundesarmutsgrenze (Federal Poverty Level, FPL) und dem Vierfachen dieser Grenze erhalten.

Die FPL wird jährlich vom US-Gesundheitsministerium festgelegt. Sie gilt für alle Bundesstaaten, außer Alaska und Hawaii, wo aufgrund höherer Lebenshaltungskosten abweichende Werte gelten. Für eine vierköpfige Familie liegt die FPL 2025 bei rund 31.200 Dollar.

Haushalte mit einem Einkommen bis zum Vierfachen dieser Grenze (circa 124.800 Dollar) können über Obamacare Prämiengutschriften beanspruchen. Wer darüber verdient, erhält keine Subventionen. Haushalte unterhalb der FPL werden in den meisten Bundesstaaten über Medicaid versorgt. In Staaten, die Medicaid nicht erweitert haben, erhalten sie jedoch keinen Versicherungsschutz über Obamacare.

Im Rahmen von Obamacare wurde Medicaid erweitert, um auch Menschen mit geringem Einkommen eine Krankenversicherung zu ermöglichen. Die Teilnahme wurde auf bis zu 138 Prozent der FPL festgelegt.

Laut einem Gerichtsurteil liegt es jedoch in der Entscheidungshoheit der einzelnen Bundesstaaten, diese Erweiterung umzusetzen. Zehn Staaten haben Medicaid bislang nicht erweitert, sodass besonders arme Menschen dort weiterhin keinen Zugang zu einer Krankenversicherung haben.

Obamacare vor ungewisser Zukunft

Der Kongress debattiert derzeit über eine zweite Verlängerung der befristeten Steuergutschriften. Eine Fortsetzung dieser Regelungen soll die Nutzer von Obamacare für weitere fünf Jahre vor steigenden Kosten schützen. Ohne diese Subventionen, so die Demokraten, würden Millionen von Amerikanern zum Jahreswechsel vom Krankenversicherungsmarkt ausgeschlossen.

US-Präsident Donald Trump und andere Republikaner lehnen eine Verlängerung hingegen ab. Sie fordern eine grundlegende Änderung der Richtlinien, die ihrer Ansicht nach das seit dem 1. Januar 2014 laufende Programm von Anfang an belastet haben. Trump räumte jedoch am 25. November ein, dass eine zeitlich begrenzte Fortsetzung notwendig sein könnte, um gesetzliche Übergangsfragen zu klären.

Nicht nur die Republikaner sehen Obamacare als gescheitert an. Auch viele Experten und einige Demokraten erklären, dass das Programm zwar zeitweise die Krankenversicherung für rund 24 Millionen Amerikaner erschwinglicher gemacht habe, insgesamt aber seine Ziele verfehlt habe.

So gestand der demokratische Senator Peter Welch: „Wir haben es nicht geschafft, die Kosten für die Gesundheitsversorgung zu senken.“ Sein republikanischer Amtskollege Bill Cassidy ergänzte: „Ich denke, es gibt eine bemerkenswerte Übereinstimmung zwischen Demokraten und Republikanern. Mit Obamacare ist es nicht gelungen, allen Amerikanern Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verschaffen.“

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Ohne Prämienzahlung versichert

Ursprünglich prognostizierte das Haushaltsbüro des Kongresses (Congressional Budget Office, CBO), dass die Zahl der durch Obamacare versicherten Amerikaner bis 2019 auf 29 Millionen steigen würde. Der Anteil nicht versicherter Erwachsener sollte von 17 auf 6 Prozent sinken. Diese Prognose trat jedoch nicht ein: Bis 2019 stagnierte die Zahl der Versicherten bei etwa 11,4 Millionen, und rund 11 Prozent der Erwachsenen blieben ohne Versicherungsschutz.

Im Jahr darauf passte der Kongress das Programm an, um die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie abzufedern. Die wichtigste Maßnahme war die Einführung erhöhter Steuergutschriften, die es Haushalten mit mittlerem Einkommen ermöglichten, subventionierte Krankenversicherungen in Anspruch zu nehmen. Haushalte mit geringem Einkommen konnten eine solche Versicherung sogar ohne Prämienzahlung abschließen.

Die zusätzlichen Steuervergünstigungen galten zunächst für zwei Jahre, wurden 2021 jedoch bis Ende des Jahres verlängert. Innerhalb von fünf Jahren verdoppelte sich die Zahl der Anmeldungen bei Obamacare, gleichzeitig stiegen jedoch auch die Kosten rapide.

Noch bevor die erhöhten Steuervorteile in Kraft traten, hatten sich die Prämien seit 2013, dem Jahr vor Einführung von Obamacare, bereits mehr als verdoppelt. Bis 2025 stiegen sie um fast 133 Prozent. Die Gesundheitskosten wuchsen in diesem Jahrzehnt dramatisch, was laut dem unabhängigen Committee for a Responsible Federal Budget (CRFB) unter anderem auf steigende Löhne, Branchenkonsolidierungen, eine alternde Bevölkerung sowie die Beliebtheit neuer und teurer Medikamente zurückzuführen ist.

Viele versichern sich erst, wenn sie krank werden

Einige Analysten sehen Obamacare selbst als Hauptursache für steigende Prämien. Bei traditionellen Krankenversicherungen richtet sich der Preis nach dem individuellen Risiko des Versicherten und der gewählten Deckung.

Bei Obamacare ist das anders: Ein zentrales Verkaufsargument war, dass Menschen aufgrund von Vorerkrankungen nicht mehr von einer Versicherung ausgeschlossen werden dürfen. Alle Tarife müssen die gleichen Mindestleistungen bieten.

Dieses Einheitsmodell behandelt Kunden mit hohem und niedrigem Risiko gleich. Dadurch verließen viele jüngere, gesündere Menschen den Markt – ein Trend, der durch die 2019 abgeschaffte Versicherungspflicht verstärkt wurde. Die vielen Austritte führten zu steigenden Prämien.

Zudem lassen sich Menschen erst dann versichern, wenn sie krank werden, da Vorerkrankungen kein Ausschlusskriterium mehr sind. Das treibt die Kosten weiter in die Höhe, erklärte der republikanische Senator Ron Johnson gegenüber der englischsprachigen Epoch Times. Diese Prämiensteigerungen wirken sich auf die gesamte Branche aus.

Günstige Pläne belasten Versicherer

Aus Johnsons Sicht liegt die Lösung darin, Menschen mit bestehenden Erkrankungen in sogenannten Hochrisikopools zu versichern. Auf diese Weise könnten Gruppen von Versicherten innerhalb von Obamacare getrennt bewertet und gezielt subventioniert werden. „Das muss man wieder einführen“, fordert der Senator. „Man muss damit beginnen, Menschen mit Vorerkrankungen zu versichern.“

Zudem müsse so viel freier Markt wie möglich in das Gesundheitswesen zurückkehren. Auf diese Weise könnten Versicherer im Wettbewerb um Preise, Service und Qualität konkurrieren. „Der freie Markt garantiert drei Dinge“, erklärte Johnson: den niedrigsten Preis, die bestmögliche Qualität und den besten Kundenservice.

Die Brutto-Bundessubventionen für Obamacare liegen nach Angaben des Committee for a Responsible Federal Budget (CRFB) derzeit bei geschätzten 138 Milliarden Dollar pro Jahr. Laut Brian Blase, Gründer des Thinktanks Paragon Health Institute, haben diese Subventionen den Anstieg der Prämien kaschiert und es den Versicherern ermöglicht, die Kosten nahezu unkontrolliert steigen zu lassen.

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Blase erklärte gegenüber den Senatoren: „Wenn die Versicherten nur einen kleinen Teil der Prämie oder gar nichts zahlen, sind die Versicherer nahezu keiner Preisdisziplin ausgesetzt.“

Bis 2024 qualifizierten sich laut Angaben des US-Finanzministeriums 80 Prozent der Obamacare-Kunden für Pläne, die nicht mehr als 10 Dollar pro Monat kosteten.

Blase beschreibt dies als eine Spirale, die die Kosten stetig steigen lässt: „Höhere Prämien erzeugen Druck für noch mehr Subventionen. Mehr Subventionen sichern ein teures System und ermöglichen es großen Versicherern und Krankenhaussystemen, ineffizient zu bleiben.“

Entscheidung im Kongress Mitte Dezember?

Eine Mehrheit der Demokraten räumt zwar ein, dass steigende Gesundheitskosten ein Problem darstellen, sieht dafür jedoch nicht Obamacare als Ursache. Der Abgeordnete Jonathan Jackson erklärte gegenüber Epoch Times, dass Verhandlungen über Arzneimittelpreise und höhere Unternehmenssteuern mögliche Lösungswege seien.

Präsident Donald Trump schlug eine direkte Barzahlung an Amerikaner mit niedrigem und mittlerem Einkommen vor, die diese für Gesundheitsausgaben nutzen könnten. Ähnliche Vorschläge machten auch andere Republikaner. Der texanische Abgeordnete Chip Roy empfiehlt unter anderem die Einführung von Gesundheitssparkonten, die den Menschen mehr Eigenverantwortung bei ihren Gesundheitsentscheidungen ermöglichen. Zu Epoch Times sagte Roy: „Ich möchte die Menschen befreien, damit sie bessere Optionen haben.“

Es wird erwartet, dass der Kongress Mitte Dezember über die Verlängerung der erweiterten Subventionen und möglicherweise weitere Gesundheitsreformen abstimmen wird.



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