Füllstand der Gasspeicher zu Beginn der Heizsaison „unerwartet niedrig“
Der Füllstand der deutschen Gasspeicher ist zu Beginn der Heizsaison sehr niedrig. Deutschland starte „mit einem unerwartet niedrigen Speicherfüllstand von nur 75 Prozent in die Heizperiode“, erklärte die Initiative Energien Speichern (INES). Im Falle eines sehr kalten Winters könnte es demnach bereits im Januar zu Versorgungsengpässen kommen.
Zwar seien die Speicher über den Sommer kontinuierlich befüllt worden, aber weniger schnell als im Vorjahr und auch weniger als im europäischen Vergleich, führte INES aus.
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„Allein auf die Füllstände der Speicher zu schauen, ist nicht ausreichend“, entgegnete der Sprecher des Bundesenergieministeriums. Er verwies insbesondere auf neue Importkapazitäten für LNG: „Anders als in den Vorjahren stehen uns derzeit vier schwimmende Flüssiggasterminals für die Versorgung zur Verfügung.“
Der Versorgungssicherheit zuträglich sei zudem die Befüllung der Erdgasspeicher in den Nachbarstaaten, vor allem in Österreich. „Weitere Schritte sind daher nicht erforderlich.“
Septemberprognose nicht erreicht
Im September waren Fachleute davon ausgegangen, dass bis November ein Füllstand von 81 Prozent erreicht werden könne. Bereits in diesem Fall würde das Gas bei extrem tiefen Temperaturen über den Winter nicht ausreichen.
Hinter der Prognose vom September sei die Befüllung nun noch zurückgeblieben, erklärte INES. Die bereits damals erkennbaren Risiken hätten sich dadurch noch deutlich verschärft. Mitglieder der Speicherinitiative sind die Betreiberunternehmen von Gas- und Wasserstoffspeichern. Sie decken über 90 Prozent der deutschen Gasspeicherkapazitäten ab.
Kritik an der Bundesregierung
Die von INES modellierten Szenarien gehen nun bei warmen bis mittleren Temperaturen über den Winter von einer „moderaten bis umfangreichen“ Entleerung der Speicher bis Ende Februar aus. Bei „extrem kalten Temperaturen“ wie etwa im Wetterjahr 2010 wären die Speicher allerdings „bereits Mitte Januar vollständig entleert“.
INES-Chef Sebastian Heinermann kritisiert in diesem Zusammenhang die Bundesregierung: „Der Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe hatte bereits Ende Februar einen Vorschlag für ein strategisches Befüllungsinstrument vorgelegt. Für einen Einsatz vor dem Winter hat die Bundesregierung jedoch nie die Genehmigung erteilt“, erklärte er.
„Italien hat gezeigt, dass über ein solches Instrument die Gasspeicher kosteneffizient befüllt werden können. Dort sind die Speicher derzeit zu über 90 Prozent gefüllt.“
Die Gasspeichervorgaben der EU waren auch auf Drängen der Bundesregierung in diesem Jahr deutlich gelockert worden. Hintergrund war, dass die strikte Vorgabe, wonach bis zum 1. November ein Füllstand von 90 Prozent erreicht werden muss, zu deutlich erhöhten Preisen am Gasmarkt über den Sommer geführt hatte.
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Reiche: Derzeit kein Anlass zur Sorge
Das sei „deutlich unter den üblichen Füllständen der vergangenen Jahre“. Anfang November 2024 etwa waren die Gasspeicher laut Ines zu 98 Prozent gefüllt. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sagte, sie sehe momentan keinen Anlass zur Sorge und könne die Warnung nicht ganz nachvollziehen.
Die aktuellen 75 Prozent waren schon im September erreicht worden, damals hatte der Verband Ines mit einem Anstieg auf 81 Prozent bis Anfang November gerechnet. Doch daraus wurde nichts – stattdessen wurde mehr Gas verbraucht als angenommen, und die Befüllung mit Gas im Rahmen des EU-Binnenmarktes – also aus anderen EU-Staaten – sei schwächer ausgefallen.
Die Mitgliedsunternehmen von Ines verdienen Geld damit, wenn bei ihnen Gas eingespeichert wird – sie haben also ein wirtschaftliches Interesse an hohen Füllständen. Der Verband rechnete drei Szenarien durch.
Bei warmen und mittleren Temperaturen wird die gesetzliche Pflicht, dass die Speicher Anfang Februar noch zu mindestens 30 Prozent voll sein müssen, der Prognose zufolge eingehalten. Bei extremer Kälte wie im Jahr 2010 wären die Speicher aber bereits Mitte Januar vollständig entleert, so die Schätzung von Ines.
Auch Behörde sieht kein Grund zur Sorge
Ein Sprecher der Bundesnetzagentur reagierte gelassen auf die neuen Zahlen und wies darauf hin, dass sich die Versorgungslage in Deutschland in den vergangenen Jahren verändert habe. Deutschland verfüge nun dank neuer LNG-Terminals über zusätzliche Importmöglichkeiten. „Wir halten die Gefahr einer angespannten Gasversorgung im Augenblick für gering“, sagte der Behördensprecher.
Die Füllstände sind nach den Worten von Reiche mit 75 Prozent und täglich auch steigend beruhigend. „Die meisten Speicher sind zu über 90 Prozent gefüllt“, sagte sie am Rande von Gesprächen in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
In Europa sei man mittlerweile auch sehr viel besser abgesichert. Die Bundesregierung tue alles, das zu beobachten. So seien etwa sehr rechtzeitig das Füllstandsgesetz und die Quote angepasst worden, um Spekulationen gegen die Bundesrepublik Deutschland zu unterbinden. Dies sei ein wichtiger Punkt gewesen, um zu Einspeisungen zu kommen.
Angesichts des Gasfüllstandes äußerte Ines-Geschäftsführer Sebastian Heinermann Kritik an der Politik. „Die bestehenden politischen Rahmenbedingungen wurden nicht genutzt, um höhere Füllstände sicherzustellen.“
Die Bundesregierung sollte wie im Koalitionsvertrag vereinbart Instrumente auf den Weg bringen, um eine versorgungssichere und kostengünstigere Befüllung der Gasspeicher sicherzustellen, so Heinermann. Die Speicherfüllstände anderer EU-Staaten seien höher.
Sollte der gesetzlich vorgeschriebene Mindestfüllstand von 30 Prozent im Februar 2026 verfehlt werden, könnten das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesnetzagentur Maßnahmen einleiten. So könnte Deutschland eine Firma beauftragen, die möglichst schnell zusätzliche Gasmengen vom Weltmarkt kauft und heranschaffen lässt. Das hatte der Bund im Winter 2022/23 gemacht – allerdings war das eine teure Sache. (afp/dpa/ks/red)
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