Jugendverbände der Parteien: Kaderschmiede für oft aufständischen Nachwuchs
Mit der Generation Deutschland (GD) hat die AfD am vergangenen Samstag in Gießen trotz Massenprotesten auf den Straßen eine neue Jugendorganisation ins Leben gerufen. Ihr Vorgänger, der Verein „Junge Alternative“ (JA), war nach einem Parteitagsbeschluss aus Riesa zum 31. März 2025 aufgelöst worden. Ihm drohte das Verbot, da das Bundesamt für Verfassungsschutz die JA als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft hatte.
Bei der JA war ein AfD-Parteibuch keine zwingende Voraussetzung. In der GD unter ihrem neuen Vorsitzenden Jean-Pascal Hohm ist das nun anders: Jedes Mitglied muss gemäß Paragraf 17 (4) der AfD-Satzung auch der Partei angehören und sich damit an die Vorgaben der Mutterpartei halten.
„Die Jugendorganisation unterhält keine organisatorische Bindung oder sonstige Loyalitätsbindung zu anderen Organisationen als der Partei“, heißt es darüber hinaus in Paragraf 2 des neuen Jugendstatuts (PDF). Die potenziell als Mitglieder infrage kommende U36-Gruppe innerhalb der AfD beträgt laut „Deutschlandfunk“ derzeit gut 10.000 Personen. Die JA habe nur rund 4.000 Mitglieder beherbergt.
Ab sofort „im Dienst der Partei“ unterwegs
„Wir erwarten von der neuen Jugendorganisation, dass sie sich in den Dienst der Partei stellt“, bekräftigte am Wochenende auch Co-AfD-Chef Tino Chrupalla. Co-Bundessprecherin Alice Weidel nannte die GD schon kurz vor ihrer Gründung eine „Kaderschmiede für die Regierungsverantwortung“.
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Was also bei älteren Parteien seit Jahrzehnten Normalität ist – nämlich der allmähliche Ersatz des älter werdenden Spitzenpersonals aus dem parteieigenen Talentpool – soll damit auch bei der erst vor knapp 13 Jahren gegründeten AfD perspektivisch umgesetzt werden.
Ein leitendes Engagement in der Jugendorganisation einer Partei kann übrigens bis zur Kanzlerschaft führen: Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder waren als junge Männer in Führungsrollen bei den Jusos aktiv, Helmut Kohl in der Jungen Union. Auch das aktuelle Kabinett speist sich größtenteils aus Politikern, die früh politisch Karriere gemacht haben.
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Nun eine gemeinsame Linie mit den Funktionsträgern seiner Partei zu verfolgen, liegt wohl auch im Interesse Hohms: Die Zeit, als sich frühere JA-Mitglieder manchmal lediglich als „außerparlamentarische Aktivistenorganisation“ verstanden hätten, solle mit ihm vorbei sein, gab der 28-Jährige im Interview mit der „WELT“ zu verstehen. Die Kernaufgabe bestehe aus seiner Sicht nun darin, „Jugendorganisation der Partei“ zu sein, außerdem Strukturen zu etablieren, Landesverbände zu gründen und für die kommenden Landtagswahlen zu werben. Die Zusammenarbeit mit „Extremisten“ schloss er aus (Video auf „YouTube“).
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Zu den offiziellen Zwecken der GD gehört laut Statut die politische Ausbildung, Förderung und Kontaktpflege ihrer Mitglieder sowie im Sinne der Völkerverständigung die Zusammenarbeit mit Jugendorganisationen „anderer patriotischer Parteien“ im Ausland.
Zudem soll nicht nur dem politisch interessierten Nachwuchs die eigene parteiinterne Weltanschauung nahegebracht werden – umgekehrt sollen auch die „Belange der Jugend durch aktive Mitarbeit in den Gremien und Strukturen der Partei“ Niederschlag im Gesamtprogramm der AfD finden.
Jung gegen Alt: Derzeit Rentenstreit in der Union
Dass die Mitarbeit des Nachwuchses einer Mutterpartei auch Probleme bereiten kann, zeigt sich in diesen Tagen exemplarisch bei der bereits 1947 gegründeten Jungen Union (JU), der rund 90.000 Personen starken Jugendsparte von CDU und CSU. Diese hatte sich Mitte November auf ihrem Deutschlandtag in Rust gegen die Rentenreformpläne (PDF) der Regierung Friedrich Merz positioniert, weil sie die finanziellen Interessen der jungen Generation darin nicht ausreichend geschützt sah.
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Ob der jüngst im Koalitionsausschuss als Zugeständnis beschlossene Begleittext zum Rentenpaket die 18 JU-Angehörigen in der Bundestagsfraktion von CDU/CSU bis zum Ende der Woche doch noch zu einem Ja bei der finalen Abstimmung motivieren wird, bleibt bis auf Weiteres ungewiss.
Ohne diese 18 Stimmen wäre die Regierung Merz auf die Unterstützung von mindestens sechs Abgeordneten aus den Reihen der Oppositionsfraktionen angewiesen. Zur AfD und zu den Linken besteht seitens der Union allerdings ein Unvereinbarkeitsbeschluss (PDF).
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Wenn also nicht allein aus Richtung der Grünen genügend Fürsprache pro Rentenpaket käme, stünde die Koalition nach dem Fall Brosius-Gersdorf womöglich vor einer erneuten Zerreißprobe. Da der frisch verabschiedete Haushalt 2026 der Regierung Handlungsfähigkeit bis ins Jahr 2027 hinein gewährt, stünde Merz notfalls die Option einer Minderheitsregierung ohne den SPD-Partner offen.
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Die JU-Satzung legt fest, dass ihre Mitglieder nicht unbedingt zugleich Mitglied in der CDU oder CSU sein müssen. Für die JU-Vorstandsmitglieder gilt diesbezüglich eine Soll-Regel. Grundsätzlich sieht sich die JU als selbstständige Vereinigung, die sich aktiv in den politischen Gestaltungsprozess der Unionsparteien einbringt. Die CSU betrachtet die JU als eigenständige, aber integrierte Nachwuchsorganisation (PDF).
Grüne Jugend als linkes Korrektiv
Während Streitigkeiten zwischen Parteispitze und -nachwuchs der Union eher die Ausnahme sind, versteht sich die linksorientierte Grüne Jugend (GJ) laut Website ausdrücklich als „eigenständiger, kritischer und unabhängiger Verband“. Bei seiner Gründung anno 1994 hätte er sich eigenen Angaben zufolge beinahe „Rosa-Luxemburg-Jugend“ genannt. Zur DNA des grünen Nachwuchses gehören Kritik an der Mutterpartei sowie „immer wieder andere inhaltliche Positionen“.
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Laut Satzung (PDF) muss man nicht unbedingt der Partei beitreten, um die Zahl der derzeit rund 90.000 GJ-Mitglieder aufzustocken, darf aber höchstens 27 Jahre alt sein.
Auf dem Grünen-Parteitag in Hannover am vergangenen Wochenende setzten sich einige Ideen des jungen innerparteilichen Korrektivs durch. Auf Betreiben der GJ-Vorsitzenden Henriette Held wurde etwa die Rückkehr zum Deutschlandticket zum Preis von nur 9 Eur anstatt der von der Spitze vorgeschlagenen 49 Euro in die aktuelle Forderungsliste der Partei aufgenommen.
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Jungsozialisten: „Unsere Antwort heißt Sozialismus!“
Ähnlich wie die Grünen fungiert auch der U36-Nachwuchs der SPD seit seiner offiziellen Gründung 1914 als vermeintlicher Kurskorrektor. Als eine offizielle „Arbeitsgemeinschaft“ der SPD gemäß Paragraf 10 des SPD-Organisationsstatuts (PDF) agieren die Jusos autonom in ihrer politischen Arbeit, bleiben rechtlich und organisatorisch aber an die SPD gebunden. Wie das in der Praxis aussehen kann, war am Wochenende auf dem Juso-Bundeskongress in Mannheim zu erleben.
Am Freitagabend hatte sich der mit 66,7 Prozent frisch für eine weitere Amtszeit gewählte Vorsitzende Philipp Türmer für die Ablehnung der geplanten Bürgergeldreform, für ein höheres Rentenniveau und für höhere Erbschaftssteuern ausgesprochen.
„Wenn sich die Reichen für Barbarei entscheiden, dann ‚f[…] you‘, unsere Antwort heißt Sozialismus“, sagte der 29-jährige Student laut „Tagesspiegel“. Er wolle, dass den Vermögendsten im Land „das Lachen im Hals stecken bleibt und die wieder Angst vor uns haben“.
Am Samstag griff Nina Gaedike, die Chefin des Juso-Landesverbands NRW, Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) verbal an. Wo Bas die Bürgergeldreform als hart erarbeitete Lösung koalitionsinterner Differenzen verteidigte, bezeichnete Gaedike ihren Entwurf als „Bullshit“.
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Der baden-württembergische Juso-Landesvorsitzende Daniel Krusic stellte klar, dass es sich bei Sozialdemokraten immerhin um „demokratische Sozialisten“ handele:
Wir sind keine Partei der Mitte, wir müssen wieder linke Volkspartei sein.“
Arbeitsministerin Bas: Kampfansage an Arbeitnehmer
Dieses Selbstverständnis schien auch im Sinne von Bas. Bei ihrer Rede erklärte sie, dass ihr jüngster Auftritt beim Arbeitgebertag für sie ein „Schlüsselerlebnis“ gewesen sei. Denn dort sei besonders deutlich geworden, „gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen“ und dass die SPD „diesen Kampf jetzt aufnehmen“ müsse (Video auf X).
Bas war wenige Tage zuvor von Arbeitgebern ausgelacht worden, weil sie betont hatte, dass die von der SPD anvisierte 48-prozentige Haltelinie bei der Rente aus Steuermitteln finanziert werde und damit die Beitragszahler nicht belaste (Video auf X).
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Linksjugend polarisiert mit Israelpolitik
Die heute 7.300 Mitglieder starke Jugendorganisation der Linken war eigenen Angaben zufolge im Juni 1999 in Hannover gegründet worden – als Bündnis von jungen Parteilosen und Mitgliedern der SED-Nachfolgepartei PDS. Unter dem Namen Linksjugend [’solid] tritt sie seit Mai 2007 für „sozialistische, antifaschistische, basisdemokratische und feministische“ Standpunkte ein. Laut Satzung (PDF) ist sie selbstständig und rechtlich unabhängig, aber parteinah.
Vor einem Monat beschloss die Linksjugend auf ihrem Bundeskongress in Berlin die Revision ihrer „bisherigen Position in Bezug auf die israelische Staatspolitik“. Sie forderte unter anderem, „die Befreiung Palästinas als Teil einer breiteren demokratischen und sozialistischen Revolution“ zu betrachten, „die den Imperialismus und Kapitalismus aus der Region herauswirft und wirkliche Gleichberechtigung und Selbstbestimmung schafft“.
Sabine Ritter, die Vize-Bundesvorsitzende der Linken, distanzierte sich gegenüber der „taz“ von dem eindeutig propalästinensischen Beschluss (PDF) ihrer U36-Leute: „Die Position der Linken ist eine andere, und wir halten die der Linksjugend für falsch.“ Frieden gebe es nur, „wenn alle Frieden finden“.
Wenige Wochen zuvor waren schon beim Landesparteitag der Berliner Linken so starke Streitigkeiten über den Nahostkonflikt zutage getreten, dass der Parteitag abgebrochen wurde.
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