Das Geheimnis der Intuition: Woher kommt unser Bauchgefühl?
In Kürze:
- Erfahrung und Mustererkennung scheinen eine große Rolle bei der Intuition zu spielen.
- Auch die Verbindung zwischen Darm und Gehirn kann emotionale Zustände und intuitive Gefühle beeinflussen.
- Unser Gehirn kann zudem Erfahrungen schnell aussortieren, die wichtigen Teile herausgreifen und ein ganzheitliches Verständnis vermitteln, wie die Neurowissenschaft feststellte.
- Psychologen und Neurowissenschaftler geben Tipps, wie wir unser Bauchgefühl stärken können.
Wir alle haben schon einmal Intuition in irgendeiner Form erlebt. Es ist das Gefühl, etwas zu wissen, ohne zu verstehen, warum, das Gefühl, dass etwas richtig oder furchtbar falsch ist, bevor wir etwas bewusst wahrnehmen, oder einfach nur das instinktive Gefühl, dass mit einem Fremden etwas nicht stimmt.
Studien zufolge ist Intuition kein Aberglaube. Im Gegenteil, sie scheint eine hoch entwickelte Form der Intelligenz zu sein, die weitgehend außerhalb der bewussten Wahrnehmung funktioniert.
Dieses Phänomen wirft eine Frage auf, die Wissenschaftler, Philosophen und alltägliche Entscheidungsträger fasziniert: Woher kommt unser Bauchgefühl?
[etd-related posts=“3812022,4126954″]
Wissen, ohne zu wissen, wie
Studien mit Schachspielern liefern uns Beispiele dafür. So konnten Großmeister, die nur 5 Sekunden hatten, um eine Position zu bewerten, trotz fehlender Zeit für eine bewusste Analyse genaue Vorhersagen treffen.
Den Studienautoren zufolge kann ihr Gehirn aufgrund ihrer Tausenden Stunden Erfahrung durch Mustererkennung schnelle Entscheidungen treffen, ohne dass sie bewusst darüber nachdenken müssen. Diese Erfahrung, die sich auch bei Experten aus vielen anderen Bereichen – Ärzten, Militärangehörigen und Feuerwehrleuten – zeigt, deutet darauf hin, dass Intuition aus einem reichen Fundus an früheren Erfahrungen entstehen könnte.
Emma Seppala, Psychologin und wissenschaftliche Leiterin am Center for Compassion and Altruism Research and Education der Stanford University, erklärte gegenüber Epoch Times, dass Intuition in diesen Fällen „eine schnelle, instinktive Form der Intelligenz ist, die unabhängig von unseren bewussten Gedanken funktioniert“.
Diese Art der intuitiven, schnellen Verarbeitung beschränkt sich jedoch nicht nur auf berufliche Fähigkeiten. Auch bei komplexen Situationen im eigenen Leben kann das Bauchgefühl helfen.
Intuition sei auch in Situationen mit mehreren Alternativen ohne klare Kriterien, unzureichenden Informationen und einzigartigen Problemen ohne Präzedenzfälle von unschätzbarem Wert. Das sagte Kamila Malewska, Professorin für Intuition in der Entscheidungsfindung von Führungskräften an der Universität für Wirtschaft und Business in Posen.
[etd-related posts=“4337926″]
Die Biologie hinter dem Bauchgefühl
„Bauchgefühl“ ist also nicht nur ein metaphorischer Ausdruck. Es enthält auch eine biologische Wahrheit.
Das hat auch etwas mit dem Darm zu tun, den Wissenschaftler als „zweites Gehirn“ bezeichnen. Er besteht aus mehr als 200 Millionen Neuronen, die über den Vagusnerv Signale zum Gehirn und zurück senden. Damit bilden sie die Darm-Hirn-Achse. Dieses System schafft eine Rückkopplungsschleife, die unser körperliches und emotionales Befinden beeinflusst.
Darüber hinaus kann sich die Gesundheit der Darmmikrobiota, die aus etwa 38 Billionen Bakterien besteht, auf das Gefühl der Dringlichkeit, Emotionen und sogar das Gedächtnis auswirken. Das hat damit zu tun, dass diese Bakterien Chemikalien produzieren, die auf das Gehirn wirken.
Beispielsweise zeigten Mausversuche, dass, wenn sich das Gleichgewicht der Darmmikrobiota verändert, sich auch die Neurochemie des Gehirns verändern kann. Das macht die Mäuse entweder mutiger oder ängstlicher.
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache, dass etwa 90 Prozent des Serotonins im menschlichen Körper im Darm entstehen. Serotonin ist ein wichtiger Neurotransmitter, der sich auf die Stimmung und Entscheidungsfindung auswirkt. Dies deutet darauf hin, dass die Darm-Hirn-Achse emotionale Zustände und intuitive Gefühle beeinflussen kann.
[etd-related posts=“5016357,4949922″]
Unbewusste „Gestalt“
Neben der Darm-Hirn-Achse haben Neurowissenschaftler weitere Gehirnprozesse entdeckt, die Intuition erklären könnten. Dazu gehört auch die Art, wie Erinnerungen entstehen.
So würden sie entstehen, bevor man sich ihrer bewusst werde, meinte Neurowissenschaftler Don Tucker, der sich mit Bewusstsein und Gedächtnis beschäftigt.
„Das Gedächtnis ist auf einer impliziten Ebene organisiert. Dabei ist die allgemeine Bedeutung nicht vollständig bewusst zugänglich, aber dennoch sehr wirkungsvoll, um einen Eindruck vom Kern der Information zu vermitteln“, erklärte Tucker gegenüber Epoch Times.
Mit anderen Worten: Bevor wir uns bewusst an etwas erinnern oder etwas bemerken, sortiert unser Gehirn, insbesondere unser limbisches System, Erfahrungen schnell aus, greift die wichtigen Teile heraus und vermittelt ein ganzheitliches Verständnis.
Dieser Prozess steht in Zusammenhang mit einem anderen psychologischen Konzept namens „Gestalt“. Damit ist gemeint, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Einzelteile. Was das Gehirn angeht, so versteht man darunter die Tendenz des Gehirns, eher Muster als einzelne Teile wahrzunehmen und Lücken zu schließen, um unvollständige Informationen sinnvoll zu verarbeiten.
Das Gehirn vervollständigt das Dreieck. Dies ist die Gestaltpsychologie, bei der das Gehirn Einzelteile zu Mustern organisiert. Foto: Illustration von The Epoch Times
Aus dem Unbewussten ins Bewusste
Die Neurowissenschaft stützt diese Ideen. Denn das Gehirn hat Bereiche, die Muster erkennen und Dinge bemerken können, die nicht passen, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Andere Bereiche vergleichen das, was wir gerade sehen, mit vergangenen Erfahrungen oder verbinden emotionale Erinnerungen mit aktuellen Sinneseindrücken. Das Ergebnis zeigt sich eher als Gefühl denn als Gedanke.
Darüber hinaus existiert die sogenannte prädiktive Verarbeitung. Sie treibt den Prozess an, bei dem Unbewusstes bewusst wird.
Anstatt passiv Reize aufzunehmen und dann zu reagieren, geht die Theorie der prädiktiven Verarbeitung davon aus, dass das Gehirn auf der Grundlage seiner Erfahrungen aktiv Vorhersagen darüber trifft, was es wahrnehmen sollte. Wenn diese Vorhersagen eine Diskrepanz feststellen – etwas, das nicht zum erwarteten Muster passt –, manifestiert sich das Ergebnis als intuitives Unbehagen oder „Wissen“.
Laut Tucker entwickelt sich das Bewusstsein aus dieser primitiven, intuitiven Ebene durch einen Prozess der Artikulation. Ein vages Gefühl, ein Gefühl von „Nein, das sollte ich nicht tun“, wird allmählich bewusster und expliziter. Währenddessen versucht das Gehirn, zu verstehen, warum dieses Gefühl entstanden ist.
[etd-related posts=“5142102″]
Wie die Intuition fördern?
Unabhängig davon, ob Intuition aus dem Gehirn, dem Bauch oder etwas Geheimnisvollem stammt, sind sich Forscher in einigen praktischen Punkten einig.
1. Intuition kann trainiert werden.
„Wir können sie als eine separate Form der Wahrnehmung betrachten, die in unserer Bildung vernachlässigt wird“, sagte die Psychologin Seppala. „Wir geben der Rationalität Vorrang vor Intuition, Innovation und Kreativität. Aber wir sehen jetzt eine Kreativitätskrise bei unseren jungen Menschen, weil diese Fähigkeiten nicht so gefördert werden wie Logik und Rationalität. Da es sich um eine kognitive Fähigkeit handelt, kann sie trainiert werden.“
Wargo zufolge kann man Intuition entwickeln, indem man aufmerksam ist und Achtsamkeit übt. „Die moderne Menschheit hat den Kontakt zur Umwelt verloren, nicht nur zur Natur, sondern auch dazu, wo, was und wer man ist und was man tut.“
2. Intuition braucht Unterscheidungsvermögen.
Das ist nötig, um echte Intuition von Angst, Voreingenommenheit oder Wunschdenken zu unterscheiden, was Selbstbewusstsein erfordert. „Andernfalls weiß man nicht, ob es Angst oder Intuition ist, die einen leitet“, meinte Seppala.
3. Intuition sollte mit rationalem Denken verbunden werden.
Intuition ist nicht unfehlbar. „Sie lässt sich nicht leicht überprüfen und kann daher falsch sein“, sagte Neurowissenschaftler Tucker. Sie sei auch eine frühe Stufe des Wissenserwerbs. Daher sei eine rationale Analyse notwendig.
Malewskas Forschung bestätigt dieses Gleichgewicht: Einkaufsmanager erzielen die besten Ergebnisse, wenn sie rationale Analyse mit Intuition verbinden.
Die effektivsten Entscheidungen würden nicht allein aus dem Bauchgefühl oder reiner Logik entstehen, sondern aus dem bewussten Zusammenspiel beider Faktoren, so die Professorin für Intuition abschließend.
[etd-related posts=“5245861,5252317,4753600,3995105″]
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „The Mystery of Intuition: Where Gut Feelings Really Come From“. (redaktionelle Bearbeitung as)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion