Bier und Stahl – mit Solarenergie hergestellt?
In Kürze:
- Die Bierbrauerei Heineken will für das Bierbrauen in Zukunft die Solarenergie anzapfen.
- Die Schweizer Recyclingfirma Panatere will im Bereich des Stahlschmelzens ebenfalls die Sonne nutzen.
- Dank extrem hoher Temperaturen wollen die Unternehmen fossil Energiequellen ersetzen.
- Die Verfahren haben gleichermaßen Vor- sowie Nachteile.
Die Solarenergie kann sich in der Industrie nicht durchsetzen, weil die Sonne nicht konstant scheint? Zwei Unternehmen in verschiedenen Branchen versuchen es trotzdem – und erzielen mit ihren Ansätzen zumindest Teilerfolge.
Die Bierbrauerei Heineken will die Dampferzeugung in der Getränkeindustrie CO₂-ärmer gestalten, während der Recyclingbetrieb Panatere in der französischen Schweiz Emissionen beim Einschmelzen von Stahl reduzieren will.
Bierbrauen mit der Kraft der Sonne
Heineken errichtet in seiner Brauerei in Portugal nahe Lissabon eine Wärmebatterie mit einer Kapazität von 100 Megawattstunden (MWh). Nach Angaben des Unternehmens wird das der erste groß angelegte Einsatz dieser Technologie in der europäischen Getränkeindustrie sein.
Die Wärmebatterie stellt das kalifornische Unternehmen Rondo Energy zur Verfügung. Sie soll Strom aus zwei Quellen beziehen – aus einer Solaranlage vor Ort mit einer installierten Leistung von 7 Megawatt (MW) und Strom aus dem Netz vom portugiesischen Energieversorger EDP. Bei dem Verfahren heizen elektrische Heizelemente bei Bedarf die in der Batterie enthaltenen Keramiksteine auf, was dem Prinzip einer großen Elektroheizung gleichkommt.
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Die Steine können dadurch eine Temperatur von bis zu 1.200 Grad Celsius erreichen. Die gespeicherte Wärme wird zur Dampferzeugung für den Betrieb der Brauerei genutzt. Laut Rondo liefert sie sicheren, durchgängig verfügbaren, kohlenstofffreien Dampf, mit dem Ziel, die Abhängigkeit von traditionellen fossil befeuerten Kesseln zu reduzieren. Das Bierbrauverfahren an sich bleibt unverändert.
Das neuartige System zur Umwandlung von Strom in Dampf soll im April 2027 in Betrieb gehen. Eine Finanzspritze gibt es von der Europäischen Investmentbank und dem Klimaschutzfinanzierungsprogramm Breakthrough Energy Catalyst. Sie fördern das Projekt mit insgesamt 75 Millionen Euro. Magne Setnes, Leiter der Lieferketten, sagte:
„Durch die Bündelung unserer Stärken mit EDP und Rondo erschließen wir neue Wege, um unsere Brauerei effizienter zu gestalten. Dieses Projekt hilft uns nicht nur, unsere Abhängigkeit von konventioneller Energie zu verringern, sondern zeigt auch, wie praktische Innovationen und starke Partnerschaften zu bedeutenden Verbesserungen in unserer gesamten Lieferkette führen können.“
Vor- und Nachteile der solaren Dampferzeugung
Die saubere Dampferzeugung durch Nutzung von Solarenergie unterstützt die Strategie „Brew a Better World“ (Braue eine bessere Welt) von Heineken. Damit will das Unternehmen das Netto-Null-Ziel entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis 2040 erreichen, beginnend mit der Dekarbonisierung aller Produktionsstätten bis 2030.
Portugal als Standort bietet durch seine südliche Lage den Vorteil einer hohen Anzahl an Sonnenstunden, was eine hohe Effizienz verspricht. Das Projekt von Heineken kommt zudem Portugal zugute. Die Dekarbonisierungspläne des iberischen Sonnenlands sehen vor, bis 2030 die CO2-Emissionen um 55 Prozent zu reduzieren.
Zudem ist der Verschleiß der Anlage bei guter Qualität äußerst gering. In seltenen Fällen kann jedoch ein Schamottstein brechen. Das kann bei häufigen Temperaturänderungen geschehen und äußert sich in Form von Verschleißerscheinungen wie feinen Rissen oder Abplatzungen.
Ein nachteiliger Effekt kann entstehen, wenn der Himmel über mehrere Tage hinweg bedeckt ist und die Solaranlage nicht ausreichend Strom für die Brauerei erzeugt. Dann muss der Energieversorger die Lücke schließen, was eine zusätzliche Netzbelastung darstellt. Die Anlage ist nicht darauf ausgelegt, die in den Steinen gespeicherte Wärme wieder in Strom umzuwandeln.
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Sonne bringt Stahl zum Schmelzen
Im Gegensatz zur Dampferzeugung sind für das Recycling von Stahl deutlich höhere Temperaturen nötig. Dennoch wagt das Schweizer Recyclingunternehmen Panatere in La Chaux-de-Fonds ebendies mit zwei Solaröfen. Der Betrieb ist gleichzeitig Zulieferer für die Uhren- und die medizintechnische Industrie.
Aktuell betreibt Panatere auf seinem Gelände einen Solarofen mit 30 Kilowatt (kW) und einen mit 5 kW. Die Solarenergie für den großen Ofen liefert ein Spiegelfeld mit einer Fläche von 137 Quadratmetern. Die Spiegel leiten das Sonnenlicht gebündelt auf den Ofen weiter, der sich bei guter Sonneneinstrahlung auf bis zu 1.700 Grad Celsius erhitzt.
Das ist heiß genug, um den Stahl im Ofen zum Schmelzen zu bringen. Der Schmelzpunkt von Edelstahl liegt je nach Legierung bei 1.375 bis 1.530 Grad. Der kleine Solarofen bringt es sogar auf bis zu 2.000 Grad.
„Weltweit gibt es 54 Solaröfen“, schilderte Raphaël Broye, Firmenchef von Panatere im ersten Quartal 2025. „Aber bisher ist niemand auf die Idee gekommen, diese Öfen in der Mikrotechnik einzusetzen.“
So viele Solaröfen bräuchte ein Land
Bis Anfang 2027 wollte Broye an seinem Firmenstandort jährlich rund 400 Tonnen Stahlschrott einschmelzen. Das würde ausreichen, damit er in seiner gewünschten Materialqualität Uhrengehäuse sowie Schrauben und Prothesen für medizinische Anwendungen selbst herstellen kann. In der ganzen Schweiz fallen pro Jahr rund 1,5 Millionen Tonnen an Stahlschrott an. Stahlimporte und -nutzung liegen darüber.
Angenommen der 30-kW-Solarofen kann pro Jahr 350 Tonnen Stahlschrott verarbeiten, dann wären in der Schweiz 4.286 solcher Anlagen nötig, um das jährliche Stahlschrottaufkommen der Schweiz zu verarbeiten.
In Deutschland liegt die Jahresmenge an Recyclingstahl bei rund 16 Millionen Tonnen. Hierfür müssten zahlreiche Branchenunternehmen insgesamt mehr als 45.000 solcher Solaröfen errichten.
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Vor- und Nachteile eines Solarofens
Die Solaröfen haben den Vorteil, dass sie keinen Strom zum Heizen benötigen, was die Betriebskosten senkt. Im Vergleich zu konventionellen Hochtemperaturöfen bedeutet dies auch eine deutliche Emissionsminderung. Wo die konventionelle Technik rund 6,8 Kilogramm Kohlenstoffdioxid (CO₂) pro Kilogramm Stahl erzeugt, könne ein Solarofen diesen Wert auf nur 41 Gramm reduzieren.
Offenbar hat Broye gute Erfahrungen mit seinen Solaröfen gemacht. Laut dem Magazin des Energieversorgers „Primeo Energy“ sei der Aufwand für das Personal und die Anlagen nur so umfangreich wie für andere Maschinen in dieser Branche.
Der Nachteil: Bei zu wenig Sonnenlicht kann sich ein Solarofen nicht mehr ausreichend aufheizen, um Stahl zu schmelzen. Hierfür kann schon eine dünne Wolkenschicht ausreichen, dass er für diese Aufgabe unbrauchbar wird. Die Temperatur lässt sich nicht präzise kontrollieren. Entscheidend ist hier die Wahl eines Standortes mit vielen Sonnenstunden.
Ebenso ist die Einschmelzung des Stahls mit einem Solarofen an eine Mindestdauer Sonnenschein gebunden. Ein durchschnittlicher Arbeitsgang dauert mindestens 1,5 Stunden. In diesem Zeitraum sollte möglichst keine Wolke die direkte Sonneneinstrahlung blockieren. Andernfalls droht der Ofen selbst zu Schrott zu werden. Wenn keine Sonne scheint, kann die Anlage nicht benutzt werden. Dauert dieser Zustand an, könnten sich Aufträge oder Lieferungen wetterbedingt verzögern.
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