In Kürze: Seit dem 23. Oktober ist „Asterix in Lusitanien“ im Einzelhandel erhältlich. Mit reichlich Witz, spontanen Gesangseinlagen und wenigen Prügeleien helfen die Gallier einem alten Bekannten in seiner Heimat Portugal. Obelix ist der Leidtragende dieses Abenteuers: kein Wildschwein, Anspielungen auf sein Gewicht und dann noch diese Frisur. Die erfolgreichste französische Comicserie aller Zeiten bricht mit mehreren Traditionen. Endlich ist er da. Seit Donnerstag können Asterix-Fans ihre Lieblingsgallier auf einem neuen Abenteuer begleiten. Auf dem Weg nach Lusitanien treffen die tapferen Helden auf ihre alten Bekannten, frontal und gefolgt von der obligatorischen Versenkung der – unerwartet sprachgewandten – Piraten. In der Fremde angekommen weicht die vertraute Welt einer vielfältigen Modernisierung: Massenproduktion statt Handwerkskunst; Niedergang der Automobilindustrie und die fleischarme, lusitanische Küche, die offenbar Probleme mit den Zubereitungszeiten hat. Dass Obelix davon nicht satt wird, ist wenig verwunderlich. Zum Glück gibt es da noch Oxala, die Tochter des zu Unrecht eingesperrten Garum-Lieferanten von Cäsar, die dem korpulenten, meist lässigen Gallier immerhin Schmetterlinge im Bauch beschert … Ein unbereistes Land Asterix und Obelix gehören gemeinsam mit ihrem langjährigen Widersacher Cäsar wohl zu den am weitesten gereisten Personen ihrer Zeit. Laut dem französischen Verlag haben die Gallier bereits 70.000 Kilometer zurückgelegt: mit Schiff, Wagen, Dromedar oder sogar fliegendem Teppich. Und doch gibt es Flecken dieser Erde, die sie noch nicht kennen. [caption id="attachment_5281800" align="alignnone" width="700"] Rund 70.000 km haben Asterix und Obelix bei ihren Abenteuern bereits zurückgelegt und unzählige Länder und Städte bereist. In Band 41 reisen sie nach Olisipo, das heutige Lissabon. Foto: ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX®/© 2025 LES ÉDITIONS ALBERT RENE/GOSCINNY-UDERZO /dpa[/caption] Nachdem sie schon Germanien, Ägypten, Britannien sowie zahlreiche andere Länder zwischen Fernem Osten, Hohem Norden und Wildem Westen bereist und ihre Spuren hinterlassen haben, führt ihre 25. Reise Asterix und Obelix dieses Mal nach Lusitanien. Das heutige Portugal war seinerseits ebenfalls römische Provinz. Wie bei jeder Reise versuchen die Autoren, ein Gefühl einzufangen, das typisch für das Gastland ist. Gab es bereits das britische Phlegma oder die belgische Fröhlichkeit, steht nunmehr Melancholie, die Saudade, im Mittelpunkt. Saudade beschreibt das typisch portugiesische Gefühl von Sehnsucht, Traurigkeit, Poesie und Hoffnung. Aber warum gerade Portugal? Er habe ein sonniges, leuchtendes Album gewollt, eines, das nach Ferien rieche, sagte der Texter, Fabrice Caro, bekannt als Fabcaro, bei der Vorstellung des neuen „Asterix“-Comics in Paris. Francisco Ribeiro de Menezes, portugiesischer Botschafter in Frankreich, verwies zudem auf die vielen Gemeinsamkeiten von Galliern und Lusitaniern: „Patriotismus, Sinn für Humor, Genussfreude, Widerstandsgeist, Reiselust …“. Obelix wäre da zumindest teils anderer Meinung. Ein Schauprozess um Schãoprozes und die Reichen und Schönen auf der „Davos“ Einmal mehr beginnt das Abenteuer mit dem Hilferuf eines alten Bekannten. Schnorres, ein lusitanischer Gastarbeiter, der die Gallier – und die Wirkung ihres Zaubertrankes – von der Baustelle der Trabantenstadt (Band XVII, 1974) kennt, reist mit dem phönizischen Händler Epidemais ins Dorf der Unbeugsamen. An seinem besten Freund Schãoprozes soll ein Exempel statuiert werden und er den Löwen zum Fraß vorgeworfen werden. Der Vorwurf: Cäsars liebste Fischsoße vergiftet zu haben. Wie sich später bei einer Gala auf der „Vergnügungsgaleere Davos“ des Präfekten Fetterbonus herausstellt, ist das jedoch eine Intrige des lusitanischen Machthabers, dessen Vetter selbst im Garum-Geschäft tätig ist. Nur seine Massenware kann geschmacklich nicht mit der Qualität der heimischen Manufaktur mithalten. Majestix, der Häuptling der Gallier, kann diese Gemeinheit natürlich nicht auf sich und den guten Schãoprozes im Kerker sitzen lassen und schon stecken Asterix, Obelix und Idefix wieder mitten im Ärger mit den Römern. Ferienmodus? Fehlanzeige! Zwei Keilereien und eine Tortenschlacht Für die bildhafte Umsetzung des neuen Abenteuers in Portugal ließ sich Zeichner Didier Conrad von den warmen, beruhigenden Farben des Mittelmeers, den traditionellen Kostümen der Fischerinnen und der berühmten „calçada portuguesa“, den schwarzweiß gepflasterten Straßenmustern, inspirieren. Seiner Darstellung zufolge sollte der neueste Asterix-Comic ein wenig Melancholie vermitteln, dabei aber stets humorvoll bleiben. Auch die berühmten gelben Straßenbahnen tauchen auf, fahrerlos, aber unfallfrei. So groß und vielfältig die Anspielungen auf die Moderne sind, so fehlen einige altbekannte Klassiker: Einerseits befinden sich unter den größten Wirtschaftsbossen jener Zeit Marcus Zuckergus, Vauwepolos und Elonmus. Auch, dass Passwörter Buchstaben und Ziffern enthalten müssen, kommt seltsam vertraut vor. Andererseits spricht der Ausguck der Piraten plötzlich hochdeutsch, was sogar seine eigene Mannschaft verwundert, die Begegnung mit den Galliern aber nicht verhindern kann. Der Versenkung der Piraten kann der Leser nicht auf den Grund gehen. Die obligatorische Rauferei zwischen Automatix und Verleihnix fehlt gänzlich. [etd-related posts="4446556"] Auch sonst üben sich Asterix und Obelix wieder in Liebenswürdigkeiten, wie zuletzt bei der Befreiung von Tragicomix. Während der gesamten Reise gibt es lediglich zwei Zusammenstöße mit den Römern – und eine Tortenschlacht mit denselben. Modern Talking auf Gallisch: Obelix singt, Troubardix leidet still Ohnehin scheint Obelix derjenige zu sein, der bei diesem Abenteuer am meisten leidet: Statt Wildschwein gibt es in Lusitanien Bacalhão, sprich Kabejau – oder Kabejãu –, der zu lange in der Sonne lag. Statt Hinkelsteinen gibt es kleine Steinkacheln. Kann es noch schlimmer kommen? Ja. Bekanntermaßen lässt sich der Wildschwein-Gourmet nicht so leicht aus der Ruhe bringen, es sei denn, man spricht seine Figur an oder vergreift sich an seinen Haaren. In Lusitanien passiert beides. Und zwar mehrfach. Zuerst suchen die Römer „1 hektischen Knirps und 1 laessiger Dicker“. Bevor Obelix sich versieht und erkennt, wen die Römer suchen, reift in Asterix ein Plan. Um ins örtliche Gefängnis zu gelangen, gibt er sich und seinem Freund lusitanische Namen: Asterix wird zu(m) „Armdesgesetzes“ und Obelix wenig figurschmeichelnd zu „Infettfritertes“. Später erwischt die Namenskrise auch noch Idefix. Um nicht aufzufallen, muss Obelix sich zudem von seinen charakteristischen Zöpfen trennen und trägt fortan die traditionelle, schwarz getönte Vorne-Kurz-Hinten-Lang-Frisur der Einheimischen. In Verbindung mit der Tatsache, dass mehrere Konflikte durch spontane Gesangseinlagen – einschließlich von Obelix – im Keim erstickt werden, könnte man meinen, Modern Talking habe eine Zeitreise gemacht. Neben Verleihnix wird auch Troubardix hingegen kein Haar gekrümmt, abgesehen von Automatix' Drohung bei der anfänglichen Verabschiedung und Troubardix' Stammplatz am Baum zum abschließenden Festbankett. Denn natürlich befreien die heldenhaften Gallier ihren neuen Freund Schãoprozes und kehren „ohne besondere Zwischenfälle“ in ihr Dorf zurück. Das hat der Ausguck der Piraten zwar kommen sehen, konnte es seinen Kumpanen trotz seiner neuen Sprachgewandtheit aber offenbar nicht rechtzeitig verdeutlichen. Bekannte Gallier auf neuen Wegen Mit „Asterix in Lusitanien“ trennt sich der Comic-Klassiker somit von alten Zöpfen – wörtlich wie im übertragenen Sinne. Geblieben sind die kreativen Namen, deren Bedeutung sich teils erst beim zweiten Lesen offenbart, und Obelix' knurrender Magen, wenn es – schon wieder – kein Wildschwein gibt. Seit der „Tour de France“ (Band VI, 1963) stand das Thema Delikatessen nicht mehr so sehr im Mittelpunkt. Gewürzt ist auch der neue Band mit zahlreichen Anspielungen. Ein Hauch der lusitanischen Melancholie bleibt nach der Lektüre beim eingefleischten Asterix-Fan zurück: Auch Asterix und Obelix, beziehungsweise ihre Autoren und Übersetzer, entwickeln sich weiter und scheinen zusehends in der Moderne anzukommen. Waren die Liebenswürdigkeiten der Gallier früher weniger subtil, waren es die Parallelen zur heutigen Zeit umso mehr. „Es ist nicht immer einfach, Klischees zu vermeiden, aber wir wollten wohlwollenden Humor, bei dem man nicht über den anderen lacht, sondern mit ihm“, sagte Fabcaro beim Pressetermin in Paris, dessen zweiter Asterix-Band es ist. Für Zeichner Didier Conrad ist es bereits der Siebte. Die Übersetzung aus dem Französischen übernahm erneut Klaus Jöken, der auch „Asterix in Italien“ ins Deutsche übertrug. [etd-related posts="3169686"] Die Abenteuer von Asterix sind der erfolgreichste französische Comic und wurde in mehr als 110 Sprachen und Dialekte übersetzt. Albert Uderzo (1927–2020) hatte die Figuren Asterix und Obelix 1959 gemeinsam mit dem Autor René Goscinny (1926–1977) geschaffen. Seither wurden rund 400 Millionen Exemplare verkauft. „Asterix in Lusitanien“ erschien am 23. Oktober mit einer Gesamtauflage von rund fünf Millionen Exemplaren. In zwei Dutzend Ländern und 19 Sprachen ist er seither im Handel erhältlich. [caption id="attachment_5281801" align="alignnone" width="700"] Aufsteller mit „Asterix in Lusitanien“ vor Verkaufsstart in einem Lager bei Köln. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa[/caption] Asterix in Lusitanien Egmont Ehapa Media GmbH 48 Seiten, Farbe ISBN 978-3-7704-2441-2 Hardcover: 13,50 Euro Softcover: 7,99 Euro