Warum Trump gegen die Harvard-Uni vorgeht

Die US-Universität Harvard soll nach dem Willen der Trump-Regierung keine Ausländer mehr aufnehmen. Die deutsche Bundesregierung sieht sich daraufhin „in einer besonderen Verantwortung“ für freie Lehre und Forschung. Was hat China damit zu tun? Nachfolgend die Hintergründe zum Streit um Harvard.
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Die Elite-Uni Harvard und Trump bekämpfen sich gegenseitig.Foto: HABesen/iStock
Von 27. Mai 2025

Lange Zeit hat die amerikanische Harvard University offenbar von engen Beziehungen nach Peking profitiert und dem Antisemitismus auf ihrem Campus freien Lauf gelassen. Nun wird beides für Harvard zu einer politischen Belastung. Der amerikanische Präsident Donald Trump kündigte am 26. Mai auf seiner Plattform Truth Social an: „Ich denke darüber nach, einem sehr antisemitischen Harvard drei Milliarden Dollar an Fördergeldern wegzunehmen und sie an Handelsschulen im ganzen Land zu geben.“ Dies wäre eine „großartige Investition“ für die USA, die „dringend benötigt“ werde.

Harvard gibt Antisemitismus zu

Trump mutmaßt schon seit Längerem, dass an der als weltweit eingestuften „Elite“-Universität Harvard Antisemitismus ausgelebt werden darf. In einem Truth-Social-Post vom 24. April schrieb der Präsident:

Harvard ist […] eine antisemitische, linksextreme Institution, in der Studenten aus der ganzen Welt aufgenommen werden, die unser Land auseinanderreißen wollen. […] Harvard ist eine Bedrohung für die Demokratie.“

Hintergrund sind die propalästinensischen und antijüdischen Ausschreitungen an der Universität, seitdem Israel nach dem Überfall der Hamas den Gazastreifen besetzte.

Am 1. Mai reagierte Harvard auf die Vorwürfe mit einer mehr als 300 Seiten langen Stellungnahme. Eine sogenannte „Antisemitismus-Task-Force“ der Universität räumte ein, dass Antisemitismus in Harvard „ein ernstes Problem“ darstellt, insbesondere nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023, der den Krieg in Gaza auslöste. Harvard stimmte des Weiteren dem Weißen Haus zu, dass es einer Reform bedürfe. Allerdings wurde langatmig darüber referiert, wie Antisemitismus zu definieren sei und wer diese Reform durchführen soll. Harvard und Trump stimmen in beiden Punkten nicht überein.

Der Einfluss Chinas

Mehr noch als der Antisemitismusvorwurf stehen im Fokus des Weißen Hauses jedoch die Verbindungen der Harvard University zu China. Laut US-Medien macht der chinesische Anteil ausländischer Studenten in Harvard etwa 20 Prozent aus.

Republikanische Kongressabgeordnete haben kolportiert, Harvard habe der kommunistischen Regierung in Peking mittels dieser Studenten Zugang zu modernen US-Technologien verschafft, nationale Sicherheitsgesetze umgangen und dazu beigetragen, dass Kritik an Peking an amerikanischen Universitäten unterdrückt werde.

Harvards undurchsichtige Spenden

Seit Jahrzehnten führt Harvard Studienprogramme mit Schwerpunkt auf China durch, nimmt große finanzielle Zuwendungen an und unterhält akademische Zentren, die mit Institutionen in China zusammenarbeiten. 2019 wurde der damalige Harvard-Präsident Larry Bacow vom chinesischen Staatsführer Xi Jinping wie ein Staatschef empfangen.

Ein Fall, der bereits vor Jahren große Aufmerksamkeit erregte, waren die Schulungsprogramme der Harvard-Universität für Angestellte der staatlichen Firma „Xinjiang Production and Construction Corps“ (XPCC). Das XPCC gilt im Westen als eine chinesische paramilitärische Gruppe. Sie wurde 2020 von Kanada, den USA und der EU wegen ihrer Rolle bei der Misshandlung von Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten in Xinjiang sanktioniert.

Das amerikanische Heimatschutzministerium gab nun bekannt, dass die Beziehungen zwischen dem sich ansonsten für Minderheiten starkmachenden Harvard und dem XPCC trotz der Sanktionen bis 2024 fortgesetzt worden seien.

Auch Ronnie Chan, ein in Hongkong ansässiger Milliardär, der laut amerikanischen Medien 2014 350 Millionen US-Dollar an Harvard gespendet hatte, rückte in den vergangenen Wochen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Chans Spende führte zum Beispiel dazu, dass die „Harvard School of Public Health“ nach seinem Vater Tseng-hsi (T.H.) umbenannt wurde. Chan ist Mitglied der chinesisch-amerikanischen Austauschstiftung, die in den USA als ausländischer Lobbyist gilt.

Nach dem amerikanischen „Foreign Agents Registration Act“ sind Lobbyisten, die mit der Gruppe zusammenarbeiten, gesetzlich verpflichtet, ihre Verbindungen offenzulegen. Im April forderte das Bildungsministerium Harvard auf, seine Aufzeichnungen über ausländische Finanzierungen herauszugeben und verwies auf unvollständige und ungenaue Unterlagen zu großen Schenkungen und Verträgen aus dem Ausland. Zurzeit wird geprüft, ob Harvard seine internationalen Spenden und die ausländische Einflussnahme den Behörden ordnungsgemäß gemeldet hat.

Von wegen „freie Rede“

Ebenfalls im April gab es einen Eklat während einer Rede des chinesischen Botschafters Xie Feng in Harvard. Ein Student versuchte dessen Rede zu unterbrechen, wurde jedoch mit Gewalt entfernt, aber nicht von der Campus-Security, sondern von einem chinesischen Austauschstudenten, wie amerikanische Medien berichteten. Dieser Vorfall verstärkt den Eindruck, dass chinesische Studenten in Harvard die freie Meinungsäußerung über China überwachen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Präsident Trump Harvard näher unter die Lupe nimmt. Charles Lieber, ein ehemaliger Harvard-Chemieprofessor, geriet während Trumps erster Amtszeit ins Zwielicht. Trump hatte Sorge vor chinesischer Spionage und Diebstahl von geistigem Eigentum der Universität und startete ein Untersuchungsprogramm.

Professor Lieber flog auf und wurde 2021 verurteilt, weil er während seiner staatlich finanzierten Forschungsarbeiten über seine Verbindungen zu China gelogen hatte. Bis April 2024 war er Vollzeitprofessor an einer chinesischen Universität. Trumps damaliges Untersuchungsprogramm wurde von seinem Nachfolger Joe Biden eingestellt, weil amerikanische Universitäten die Sorge äußerten, das Programm sei „Racial Profiling“ gegen Chinesen und habe eine abschreckende Wirkung auf die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit.

Austauschprogramm „mit sofortiger Wirkung“ beendet

Die Heimatschutzministerin Kristi Noem hat aus all dem Schlüsse gezogen und warf am 22. Mai der Harvard University Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas vor. Deshalb widerrief sie am selben Tag „mit sofortiger Wirkung“ die Zertifizierung des Studenten- und Austauschbesucherprogramms. Ministerin Noem begründete ihre Entscheidung mit einem Post auf X: „Diese Regierung macht Harvard für die Förderung von Gewalt, Antisemitismus und die Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei Chinas auf dem Campus verantwortlich. Es ist ein Privileg, kein Recht, dass Universitäten ausländische Studenten aufnehmen und von deren höheren Studiengebühren profitieren, um ihre milliardenschweren Stiftungen aufzustocken. Harvard hatte reichlich Gelegenheit, das Richtige zu tun. Es weigerte sich. Aufgrund der Missachtung des Gesetzes wurde der Universität die Zertifizierung für das Studenten- und Austauschprogramm entzogen.“

Richter hob die Entscheidung auf

Mit einem Eilantrag zog daraufhin die Universität vor ein Bundesgericht – mit Erfolg. Ein US-Richter stoppte am 23. Mai mit einer einstweiligen Verfügung die Anordnung der Regierung. Diese einstweilige Verfügung hindert nun die amerikanische Regierung daran, Harvard jene Zulassung für ein Bundesprogramm zu entziehen, das es ihr ermöglicht, internationale Studenten mit einem Visum zum Studium in den USA einzuschreiben. Außerdem will Harvard gegen die Einstellung von Fördermitteln aus dem amerikanischen Bundeshaushalt klagen. Das Vorgehen des US-Heimatschutzministeriums verstoße gegen die Verfassung und werde unmittelbare und verheerende Auswirkungen für Harvard und mehr als 7.000 Visumsinhaber haben, hieß es in der Klage vom 23. Mai.

Deutsche Reaktionen: Wissenschaftsfreiheit schützen

Die amerikanische Regierung schränke mit ihren Vorgaben für Harvard die Demokratie ein, heißt es von einigen Stellen der Bundesregierung. Auch Deutsche seien betroffen. Im „Bayerischen Rundfunk“ äußerte sich Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) besorgt. Sie sprach von einer „hochdramatischen Situation“ und einer „sehr, sehr schlechten Entscheidung“ der Trump-Regierung.

Am Rande eines Ministertreffens in Brüssel betonte sie zudem, das Vorgehen gegen die Universität Harvard sei „kein positives Signal, weder für die junge Generation noch für die freie Welt“. Daraus ergebe sich für Deutschland und die EU eine besondere Verantwortung. Die Europäer müssten nun die Wissenschaftsfreiheit schützen.

Am 28. Mai trifft der deutsche Außenminister Johann Wadephul in Washington seinen US-Amtskollegen Marco Rubio. In der Regierungspressekonferenz vom 26. Mai deutete die Sprecherin des Auswärtigen Amts, Kathrin Deschauer, vorsichtig an:

Es würde mich nicht völlig überraschen, wenn bei solch einer Reise die ganze Bandbreite der international relevanten Fragen Eingang in die Gespräche finden könnte.“

Exil für Harvard in Deutschland?

Auch der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer – ehemals Chefredakteur der Tageszeitung „Die Welt“ und Gründer des „Cicero-Magazins“ – äußerte sich besorgt über das Vorgehen der amerikanischen Regierung gegen Harvard. In einer Pressemitteilung vom 23. Mai bezeichnete Weimer den geplanten Ausschluss ausländischer Studenten in Harvard als

schweren Schlag sowohl gegen die Wissenschaftsfreiheit als auch gegen die Freiheit der Kunst. Sie erschüttert die Grundfesten der Demokratie in den USA und auch der transatlantischen Beziehungen, die auf diesen gemeinsam geteilten Werten beruhen.“

In einem Interview mit der amerikanischen Nachrichtenagentur „Bloomberg“ bot er zudem der Harvard-Universität an, in Deutschland einen Exil-Campus zu gründen. Studenten von Harvard und anderen amerikanischen Hochschulen seien in Deutschland sehr willkommen, sagte Weimer.



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