Chinas Machtapparat im Umbruch: Beispiellose Säuberungsaktion – 9 Militärführer gestürzt

Am 17. Oktober hat die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) neun hochrangige Militärführer entlassen und aus der Partei ausgeschlossen, darunter He Weidong, Vizevorsitzender der Zentralen Militärkommission und Mitglied des Politbüros – eine der einflussreichsten Figuren im chinesischen Militär. Offiziell werden Korruption, Machtmissbrauch und schwere Verstöße gegen die Parteidisziplin als Gründe angegeben. He Weidong galt seit Jahren als enger Vertrauter von Xi Jinping und spielte eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von Pekings Militärstrategie.
Die Entlassungen tragen jedoch eine deutliche politische Handschrift. He gehörte zum inneren Machtzirkel, der die Kontrolle über die Volksbefreiungsarmee sichern sollte. Dass nun ausgerechnet Xis eigene Vertraute der Antikorruptionskampagne zum Opfer fallen, deutet auf wachsende Spannungen innerhalb der Partei hin. Beobachter vermuten, dass die Kampagne zunehmend auch als Mittel zur Konsolidierung von Macht und zur Neutralisierung potenzieller Rivalen eingesetzt wird. Einige Analysten sprechen bereits von einer latenten Machtprobe innerhalb der Zentralen Militärkommission und des Politbüros.
Ein Schatten über Xis Führungsanspruch
Seit seinem Amtsantritt 2012 verfolgt Xi Jinping eine großangelegte Kampagne gegen Korruption. Offiziell soll sie die Partei „reinigen“ und die Armee disziplinieren; inoffiziell gilt sie als Mittel zur Stärkung von Xis Machtbasis. Zunächst richtete sich die Kampagne gegen Oppositionelle oder Mitglieder rivalisierender Fraktionen, inzwischen trifft sie zunehmend Personen aus Xis eigenem Umfeld. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Führungsstil Xis und die Loyalitätskontrollen innerhalb der Armee zunehmend auf Widerstand stoßen. Beobachter betonen, dass die innere Stabilität der Partei nicht nur von der Loyalität einzelner Generäle, sondern auch von der Wahrnehmung von Fairness und Transparenz innerhalb der militärischen Hierarchie abhängt.
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Neben He wurde laut dem chinesischen Verteidigungsministerium auch General Miao Hua, ein enger Verbündeter von Staatschef Xi, aus Partei und Armee ausgeschlossen. Miao war zuvor für die politische Loyalität der Volksbefreiungsarmee zuständig, wurde jedoch im November 2024 wegen mutmaßlicher Korruption suspendiert. Im Juni 2025 verlor er schließlich seinen Sitz im Zentralen Militärkomitee (ZMK).
Das Ministerium berichtete außerdem, dass He Hongjun, Miaos Stellvertreter und Exekutivvizedirektor der Politischen Abteilung des ZMK, ebenfalls in Antikorruptionsuntersuchungen verwickelt sei. Laut Zhang Xiaogang, Sprecher des Verteidigungsministeriums, hätten diese Personen die Parteidisziplin schwer verletzt und seien schwerer Amtsvergehen verdächtig, bei denen es um extrem hohe Geldsummen gegangen sei.

Adm. Miao Hua, Chinas Direktor der Abteilung für politische Angelegenheiten des Zentralen Militärkomitees, steigt am 14. Oktober 2019 nach seiner Ankunft am internationalen Flughafen Pjöngjang in Nordkorea aus seinem Flugzeug. Foto: Kim Won Jin/AFP via Getty Images
Ihre Vergehen seien „von schwerwiegender Natur und hätten äußerst schädliche Folgen“, so Zhang weiter. Alle neun seien bereits aus der Armee ausgeschlossen worden. Ihre Fälle würden nun an Militärstaatsanwälte übergeben.
Zu den von Peking namentlich genannten Generälen gehören:
- Wang Xiubin, ehemaliger Exekutivvizedirektor des Gemeinsamen Einsatzkommandos der ZMK
- Lin Xiangyang, ehemaliger Kommandeur des Osttheaterkommandos
- Qin Shutong, ehemaliger Politkommissar der Landstreitkräfte
- Yuan Huazhi, ehemaliger Politkommissar der Marine
- Wang Chunning, ehemaliger Kommandeur der bewaffneten Polizei
- Wang Houbin, ehemaliger Chef der Raketenstreitkräfte, die für die Atomwaffen Chinas zuständig sind.
Strategische Verwerfungen vor dem Vierten Plenum
Die Säuberungsaktion fällt in eine heikle politische Phase: Sie erfolgt nur wenige Tage vor dem Vierten Plenum des Zentralkomitees, auf dem die Richtung des nächsten Fünfjahresplans und wichtige personelle Weichenstellungen erwartet werden. Politische Beobachter vermuten, dass die jüngsten Entlassungen ein Versuch sein könnten, potenzielle Gegner im Vorfeld auszuschalten – oder umgekehrt ein Zeichen, dass Xi selbst an Einfluss verliert. Das Plenum gilt als strategischer Ort für Entscheidungen über die Zukunft der politischen und wirtschaftlichen Ausrichtung Chinas sowie über Personalentscheidungen in Schlüsselpositionen der Partei.
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Die Säuberungen betreffen zentrale Kommandostrukturen – von der Raketenstreitkraft, die Chinas Atomwaffen kontrolliert, bis hin zum Osttheaterkommando, das für mögliche Operationen gegen Taiwan zuständig ist. Mit der Entfernung so vieler Spitzenoffiziere stehen nicht nur Xis Personalpolitik, sondern auch die Einsatzfähigkeit der Armee auf dem Prüfstand. Taiwanische und westliche Analysten sehen darin ein Anzeichen, dass die militärische Vorbereitung auf eine mögliche Invasion der Insel 2027 ins Stocken geraten könnte. Der plötzliche Personalwechsel könnte zudem die Moral innerhalb der Truppe sowie die strategischen Planungen auf höheren Ebenen beeinträchtigen.

Chinesische Militärdelegierte treffen am 11. März 2024 zur Schlussversammlung des 14. Nationalen Volkskongresses in der Großen Halle des Volkes in Peking ein. Foto: Wang Zhao/AFP via Getty Images
Die jüngste Maßnahme „deutet weiter darauf hin, dass Xi Jinping beim bevorstehenden Vierten Plenum Macht verlieren könnte“, sagte Shen Ming-shih, Forscher am Institute for National Defense and Security Research (INDSR), einem von der taiwanischen Regierung finanzierten Thinktank.
Sollten weitere Entlassungen von Xis Vertrauten noch vor dem Plenum bekannt gegeben werden, könnte dies auf wachsenden Druck hindeuten, dass Xi zurücktritt, so Shen gegenüber der Epoch Times.
„Selbst wenn Xi selbst unangetastet bleibt, zeigt der Sturz so vieler von ihm beförderter Generäle mangelndes Urteilsvermögen bei Personalentscheidungen“, sagte er. Wenn die von Xi geförderten Militärführer der Korruption beschuldigt werden, „liegt die Verantwortung letztlich bei Xi Jinping“, fügte Shen hinzu.

General He Weidong, stellvertretender Vorsitzender der Zentralen Militärkommission Chinas, nimmt am 4. März 2025 an der Eröffnungszeremonie der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes in Peking teil. Foto: Pedro Pardo/AFP via Getty Images
Ein System im Selbstreinigungsrausch
Peking betont, die Maßnahmen dienten der „Disziplin und Integrität“ der Partei. Hinter der offiziellen Rhetorik steht jedoch ein autoritäres System, das zunehmend von Misstrauen, Loyalitätsprüfungen und interner Paranoia geprägt ist. Die Enthüllung, dass zahlreiche Generäle seit Monaten nicht mehr öffentlich aufgetreten sind, deutet darauf hin, dass die jüngste Aktion nur die Spitze eines umfassenderen Umbruchs in der Militärführung markiert. Auch die Kontrolle über die politische Loyalität der Volksbefreiungsarmee wird durch die Säuberungen verschärft, was langfristig die Flexibilität der Streitkräfte einschränken könnte.
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Bereits vor der offiziellen Bekanntmachung hatte He Weidong an mehreren öffentlichen Auftritten nicht teilgenommen, darunter an der Militärparade am 3. September. Sein Schicksal war in Fachkreisen ein großes Gesprächsthema, vor allem wegen seiner engen Beziehungen zu Xi, die bis in die 2000er-Jahre in der Provinz Fujian zurückreichen. Sein letzter öffentlicher Auftritt war im März während der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses. Das Verteidigungsministerium hatte zuvor erklärt, ihm seien keine Berichte bekannt, dass He unter Beobachtung stehe.
Taiwans Geheimdienstchef erklärte vor wenigen Tagen im Parlament, dass 16 der 32 aktiven Generäle der Volksbefreiungsarmee seit Dezember letzten Jahres nicht mehr öffentlich aufgetreten seien. Diese Zahl deute darauf hin, dass die „Säuberungen und Untersuchungen in der Führung der VBA noch lange nicht vorbei sind“, sagte Hung Tzu-chieh, Militärexperte am INDSR, gegenüber der Epoch Times.
Mit der öffentlichen Bekanntgabe der neun Entlassungen sende Peking das Signal, dass man nun bereit sei, „die weiteren Personalfragen zu regeln“, so Hung.
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Xi Jinpings Dilemma
Für Xi Jinping bedeutet der Fall seines einstigen Vertrauten He Weidong mehr als nur einen weiteren Korruptionsskandal – er steht symbolisch für die Grenzen seiner Macht. Wenn selbst enge Gefolgsleute ins Visier geraten, wird die Glaubwürdigkeit seiner Führungsphilosophie infrage gestellt, die auf absoluter Loyalität beruht. Beobachter warnen, dass die starke Konzentration der Macht auf Xi Risiken für die Stabilität von Militär und Partei birgt, da jede Schwäche sofort interne Rivalitäten auslösen kann.
Die Säuberungen innerhalb der Volksbefreiungsarmee könnten auch Auswirkungen auf die regionale Sicherheitslage haben. Analysten aus Taiwan und den USA beobachten die Situation genau, da militärische Operationen gegen Taiwan in den kommenden Jahren durch interne Instabilität verzögert werden könnten. Chinas bisherige Strategie gegenüber Taiwan – eine Kombination aus militärischem Druck und diplomatischem Zwang – könnte infolge der Säuberungen unberechenbarer werden.
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„Die fortgesetzten Säuberungen in der Militärführung werfen zudem Zweifel an der Fähigkeit der Kommunistischen Partei Chinas auf, einen Krieg gegen Taiwan zu führen“, sagte Kung Shan-son, Experte für Beziehungen zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße. US-Geheimdienste und Militärbeamte gehen davon aus, dass Xi die Volksbefreiungsarmee bis 2027 in die Lage versetzen wollte, Taiwan notfalls militärisch zu übernehmen. Die Partei betrachtet die selbstverwaltete Insel als abtrünnige Provinz und schließt eine militärische Eroberung nicht aus.
In den letzten Jahren ist die Furcht vor einer chinesischen Invasion gewachsen, da Peking seine militärischen Provokationen gegen Taiwan intensiviert hat. Mit täglichen Kampfflugzeugflügen in der Nähe der Insel sowie großangelegten Übungen in der Taiwanstraße versucht China, Stärke zu demonstrieren und die Verteidigungsbereitschaft Taiwans zu schwächen.
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He Weidong, der 2022 vor seiner Beförderung zum Vizevorsitzenden des Zentralen Militärkomitees im Gemeinsamen Einsatzkommandozentrum tätig war, soll an der Entwicklung der Taiwan-Strategie Pekings beteiligt gewesen sein. Laut einer Einschätzung des Pentagon spielte He „eine Schlüsselrolle“ bei der Planung der großangelegten Militärübungen um Taiwan nach dem Besuch der damaligen Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, im August 2022.
Angesichts der anhaltenden Säuberungen innerhalb der chinesischen Militärführung sei die unmittelbare Bedrohung durch die KPCh derzeit möglicherweise weniger gravierend, sagte Kung. „Die neu ernannten Generäle werden Zeit brauchen, um sich in ihre neuen Positionen einzuarbeiten.“
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „CCP Expels 9 Military Leaders Linked to Xi Ahead of Key Meeting“. (deutsche Bearbeitung zk)
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