Chinas Forscher suchen gezielt Schwachpunkte im europäischen Stromnetz

Stromnetz im Visier: Über 500 Studien chinesischer Wissenschaftler beschäftigen sich mit dem europäischen und amerikanischen Stromnetz. Statt Problemlösungen stehen explizit Angriffe im Fokus der Untersuchungen und wie man die Schwachstellen am besten ausnutzen kann. Eine tschechische IT-Forscherin schlägt Alarm.
Stromnetz im Visier: Chinesische Forscher suchen gezielt nach Schwachstellen, um Europa und die USA auszuschalten.
Stromnetz im Visier: Chinesische Forscher suchen gezielt nach Schwachstellen, um Europa und die USA auszuschalten.Foto: Vadym Terelyuk | iStock
Von 24. Juli 2025

In Kürze:

533 chinesische Studien beschäftigten sich mit dem europäischen und amerikanischen Stromnetz, seinen Eigenschaften und Problemen.

Das chinesische Stromnetz ist anders aufgebaut als die westlichen, weshalb die Forschungsergebnisse nicht für die Optimierung der eigenen Netze dienen können.

In mehreren Studien werden gezielt Schwachstellen unserer Energieinfrastruktur ge- oder untersucht und wie diese gezielt beeinflusst und ausgenutzt werden können.


 

„In Dutzenden Publikationen untersuchten chinesische Forscher, wie sich Fehler in westlichen Stromnetzen ausbreiten, wie Knoten identifiziert und angegriffen werden können – und wie sich die Wirksamkeit dieser Angriffe optimieren lässt.“ Zu diesem Ergebnis kommt Erika Langerová, Leiterin des Teams für Cybersicherheit am Universitätszentrum für energieeffizientes Bauen an der Tschechischen Technischen Universität in Prag.

Die tschechische IT-Forscherin führte im Frühsommer dieses Jahres eine umfassende Studie der öffentlich zugänglichen chinesischen Literatur über Hackerangriffe auf westliche Stromnetze und deren Störung durch. Die Ergebnisse veröffentlichte Langerová Mitte Juni auf ihrem LinkedIn-Profil.

Demzufolge studieren chinesische Wissenschaftler seit Jahrzehnten gezielt die Schwachstellen der Stromnetze in Europa und Amerika, um die einfachsten Wege zu finden, die Energieinfrastruktur westlicher Länder „auszuschalten“.

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Über den Inhalt der Studien „lässt sich nicht streiten“

Die tschechische Forscherin analysierte nur öffentlich zugängliche wissenschaftliche Veröffentlichungen. In den vergangenen 20 Jahren konzentrierten sich 367 von ihnen auf US-amerikanische und 166 auf europäische Stromnetze, sagte sie. Begriffe wie „Ausfälle“, „kaskadenartige Ausfälle“ und „Anfälligkeit“ waren unter den häufig vorkommenden Schlüsselwörtern stark vertreten. Doch damit gab sich die Forscherin nicht zufrieden und las Papiere, die die alarmierendsten Schlagwörter enthielten, persönlich.

Viele von ihnen, sagte sie, beschreiben offen, wie man die kritischsten Knoten im Stromnetz identifizieren, gezielte Störungen simulieren oder schädliche Daten einfügen kann, um die Kontrollsysteme zu verwirren. Andere gehen sogar noch weiter und modellieren, wie man kaskadenartige Ausfälle auslösen kann, um das Stromnetz zu zerstören. Die Autoren schreiben unter anderem:

„In diesem Beitrag formulieren wir einen kostengünstigen hybriden Angriff auf Stromnetze, bei dem sowohl Knoten als auch Verbindungen mit begrenzten Gesamtkosten angegriffen werden.[…] Außerdem schlagen wir einen gierigen hybriden Angriff und einen weiteren optimalen hybriden Angriff unter Anwendung der Angriffszentralität vor.“ – Gao et al. (2019)

„Das vorgeschlagene CFG [Kaskadenfehlersystem] ist in der Lage, den Mechanismus der Fehlerausbreitung in einem Übertragungsnetz effektiv aufzuzeigen, […] numerische Ergebnisse für […] das französische Netz zeigen die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Methode.“ – Wei et al. (2006)

„Anhand der realen Daten des US-Stromnetzes vergleichen wir die Auswirkungen von zwei verschiedenen Angriffen auf die Robustheit des Netzes gegenüber kaskadierenden Ausfällen. […] Unsere Untersuchung durch numerische Simulationen führt zu dem kontraintuitiven Ergebnis, dass der Angriff auf die Knoten mit den niedrigsten Lasten schädlicher ist als der Angriff auf die Knoten mit den höchsten Lasten.“ – Jia et al. (2014)

„Der Schwerpunkt dieser Artikel, ihre Struktur und die verwendete Sprache zeigen deutlich, dass viele von ihnen systematisch analysieren, wie man Stromnetze außer Betrieb setzen oder destabilisieren kann. […] Über die Absicht dieser Studien lässt sich streiten, nicht aber über ihren Inhalt“, schrieb Langerová.

China greift nach westlichen Stromnetzen

„Chinesische Akademiker haben umfangreiche und detaillierte Forschungsarbeiten auf der Grundlage von Simulationen erstellt, die sich auf die Destabilisierung westlicher Stromnetze konzentrieren, während chinesische Cyber-Operatoren bereits die Fähigkeit demonstriert haben, sich Zugang zu diesen realen Systemen zu verschaffen“, so die Forscherin. Sie fügte hinzu: „Unabhängig davon, ob sie vorhaben, mit diesen Fähigkeiten etwas anzufangen oder nicht, erfordert ihre bloße Existenz eine ernsthafte Vorbereitung auf die Verteidigung.“

Langerová zufolge werden die Simulationen durchgeführt, um den geringsten Aufwand oder die geringsten Kosten zu ermitteln, um einen großflächigen Stromausfall oder einen Systemzusammenbruch herbeizuführen. Weiter erklärte die Forscherin:

„Einige Studien konzentrieren sich explizit darauf, die effektivsten Angriffsvektoren unter den Bedingungen begrenzter Ressourcen, teilweiser Systemkenntnis oder zeitlicher Dringlichkeit zu finden. Einige Veröffentlichungen schlagen Kontrollalgorithmen vor, die die Anzahl der manipulierten Knoten minimieren, die erforderlich sind, um einen Ausfall des gesamten Netzes auszulösen.“

Die Studien erhalten auch Brisanz, wenn man bedenkt, dass chinesische Hacker seit Jahren versuchen, in westliche kritische Infrastruktursysteme einzudringen. In Verbindung mit der Tatsache, dass die meisten sogenannten grünen Technologien im Energiesektor, einschließlich Solarwechselrichtern, Windkraftanlagen und Batteriesystemen, inzwischen aus China stammen, besteht die Sorge, dass chinesische Hacker diese strategische Abhängigkeit ausnutzen könnten, um leichteren Zugang zu diesen Geräten zu erhalten.

Einfallstore sind bereits vorhanden. So entdeckten US-Sicherheitsexperten im April dieses Jahres, dass einige chinesische Solarwechselrichter Kommunikationsgeräte enthalten, die nicht in den Konstruktionsunterlagen aufgeführt sind.

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Besorgniserregend sei zudem, dass chinesische Forscher realistische US-amerikanische und europäische Stromnetze als Modellfälle verwenden. Westliche Forscher tun dies natürlich auch, allerdings mit dem Ziel, Schwachstellen in ihren eigenen Systemen aufzudecken. Chinesische Studien hingegen konzentrieren sich nur auf den Angriff selbst, ohne mögliche Gegenmaßnahmen vorzuschlagen. Zudem unterscheiden sich chinesische Stromnetze „grundlegend von westlichen“, sodass Studien über westliche Netze China „fast nichts darüber sagen, wie sich ihr eigenes Netz verhalten würde“.

IT-Forscherin: Sind wir bereit?

Die chinesische Forschung sollte besorgniserregend sein, nicht nur wegen ihrer technischen Raffinesse, sondern auch, weil sie „über einen langen Zeitraum und in großem Maßstab durchgeführt wird und auf realen Daten aus westlichen Stromnetzen basiert“, fasst Langerová ihre Ergebnisse zusammen.

„Es deutet auf eine bewusste und systematische Anstrengung hin, ein Handbuch für Störungen zu erstellen – unabhängig davon, ob es jemals tatsächlich verwendet wird“, sagte sie. Zwar gebe es keine direkten Beweise, die den akademischen Sektor mit echten Cyberangriffen auf westliche Infrastrukturen in Verbindung brächten, doch dürfe man dies auch nicht ignorieren.

Wir wissen nicht, welche Absichten China mit der Durchführung solcher Forschungen verfolgt, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das chinesische Regime bereits über die Fähigkeit verfügt, unsere Netzwerke offline zu schalten, so die Forscherin. „Sie scheinen bereit zu sein“, stellte sie fest und fragte zugleich: „Sind wir das auch?“

„Das ist alles nur das, was öffentlich zugänglich ist. Man fragt sich unweigerlich, woran sie hinter verschlossenen Türen arbeiten könnten“, so die Forscherin abschließend in ihrem Beitrag.

Dieser Artikel erschien im Original in der tschechischen Epoch Times unter dem Titel „Čínští vědci intenzivně bádají, jak ‚sundat‘ elektrické sítě v Evropě a USA, zjistila česká výzkumnice“. (redaktionelle Bearbeitung ts)



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