Der Glaube, der sie durch die Hölle trug (Teil 2)

Dies ist die tragische Geschichte einer ganz gewöhnlichen Falun-Gong-Familie in China, eine Geschichte, wie sie millionenfach ähnlich erzählt werden könnte. Die Protagonistin schildert die alltägliche Verfolgung durch das kommunistische Regime anhand dreier Generationen ihrer Familie.
Titelbild
31. August 2025, Otisville, Bundesstaat New York: Gong Xiaoyan und ihre Mutter Sun Dongxia leben in Freiheit in den USA.Foto: Petr Svab/The Epoch Times
Von 23. September 2025

Fortsetzung von Teil 1: Erfahren Sie im 2. Teil der Familiengeschichte, wie mehrere Ebenen des Bildungssektors strategisch daran arbeiteten, ein Schulmädchen „umzuerziehen“, und wie Gongs Familientragödie schließlich ein trauriges Finale fand.

Der Plan, eine Schülerin „umzuerziehen“

Weil ihr Vater oft eine ganze Woche oder einen ganzen Monat beruflich verreist war, kam Gong Xiaoyan als Mädchen manchmal von der Schule nach Hause und fand das Haus leer vor. Ihre Mutter? Vom Regime verschleppt.

„Meine Kindheit war voller Angst“, erinnert sich Gong Xiaoyan.

Nicht einmal in der Schule gab es ein Entkommen.

Mindestens einmal pro Woche wurde sie aus dem Unterricht geholt, um von den Lehrern „erzogen“ zu werden. Sie wollten sie „umerziehen“, was bedeutete, sie davon zu überzeugen, das Praktizieren von Falun Gong aufzugeben. Manchmal dauerte es 20 Minuten, manchmal den ganzen Nachmittag. Einige Lehrer versuchten, freundlich zu sein, andere schimpften.

„Sie sagten mir: ‚Wenn du deinen Glauben nicht aufgibst, will dich keine Schule bei der Bewerbung für die Oberschule, keine Schule kann dich aufnehmen.‘“

„Ich sagte: ‚Ich weiß, aber ich werde meinen Glauben trotzdem nicht aufgeben.‘“

Schließlich wurde sie an ihrer Wunschoberschule angenommen – unter einer Bedingung. „Sie sagten: ‚Wir möchten Sie kennenlernen. Sie sind ein nettes Mädchen und werden sich verändern. Deshalb haben wir Sie aufgenommen‘“, erzählt Gong Xiaoyan.

Die „Erziehung“ wurde in der Oberschule (Klasse 10 bis 12) mit zunehmender Heftigkeit fortgesetzt. Sie wurde mehrmals pro Woche aus dem Unterricht geholt.

Im Politikunterricht gab es Prüfungsfragen zu Falun Gong, bei denen die Schüler die ihnen aufgetischte Propaganda wiedergeben sollten. Sie ließ diese Fragen leer.

Eines Tages veranstaltete die Schule ein Ereignis, bei dem die Schüler während der morgendlichen Flaggenzeremonie ein großes Banner unterzeichnen sollten, das Falun Gong verurteilte. Die Lehrer wollten sich die Peinlichkeit ersparen, dass sich jemand weigern würde, zu unterschreiben. Sie versuchten, sie vorher zur Zustimmung zu bewegen, doch Gong verweigerte dies. Schließlich ließen die Lehrer sie stattdessen im Klassenzimmer warten.

Trotz der Beeinträchtigung ihres Lebens wurde Gong eine der besten Schülerinnen ihrer Schule. Sie bemerkte, dass sich einige Lehrer unfreiwillig an der Druckkampagne beteiligten. Sie konnte spüren, dass einige der Lehrer nur widerwillig an der Umerziehungskampagne teilnahmen.

„Ich wusste, dass dort viele nette Leute waren. Sie mussten ihre Arbeit machen. Das war ihr Job. Sie wollten das nicht tun, aber sie mussten. Das System zieht sie in die Hölle, damit sie gegen ihren Willen schlechte Dinge tun.“

Als sie kurz vor ihrem Abschluss stand, eskalierte der Druck. Man sagte ihr, keine Hochschule würde sie aufnehmen, es sei denn, sie gäbe ihren Glauben auf.

31. August 2025, Otisville, Bundesstaat New York: Die Falun-Gong-Praktizierende Gong Xiaoyan in Freiheit. Ihr Vater, ebenfalls ein Praktizierender, starb 2021 im Gefängnis. Foto: Petr Svab/The Epoch Times

„Studieren zu gehen, ist die einzige Möglichkeit, eine strahlende oder normale Zukunft zu haben. Wenn du nicht auf die Hochschule gehst, ist es fast so, als wärst du am Ende. Du wirst ein elendes Leben führen“, so Gong Xiaoyan.

Der Sekretär des lokalen Kommunistischen Jugendverbands drohte ihr, sie aus der Schule zu werfen und in ein Arbeitslager zu schicken. Schließlich gab Gong nach. Die psychologische Falle, die ihr bei der Schulaufnahme gestellt worden war, indem sie als „nettes Mädchen“ bezeichnet wurde, das „sich verändern werde“, schnappte zu.

Sie unterschrieb ein Dokument, in dem sie erklärte, Falun Gong nicht mehr zu praktizieren. Heute sagt sie:

„Das ist die Sache, die ich in meinem Leben am meisten bereue.“

Die Familientragödie nimmt ihren Lauf

Es war im Jahr 2005, kurz bevor Gong ihr Studium an einer Hochschule in Shanghai beginnen sollte. Sie verbrachte die Sommerferien zu Hause. Eines Tages besuchten ihre Eltern ein paar Freunde. Als sich das Paar anschließend auf den Heimweg machte, wurde es plötzlich von Polizisten umzingelt und festgenommen.

Gong Piqi, Gong Xiaoyans Vater. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Gong Xiaoyan

Man fand einige Falun-Gong-Flyer in der Handtasche ihrer Mutter. Eine Hausdurchsuchung folgte, zusammen mit einer fadenscheinigen Anklage, die oft gegen Falun-Gong-Praktizierende verwendet wird: „Untergrabung der Gesetzesdurchsetzung“. Auch Gongs Vater verschwand. Die mittlerweile junge Frau nahm an, dass er in ein Gehirnwäschezentrum gebracht worden war, eine Vermutung nur, denn: „Niemand wusste, wo mein Vater war.“

Sie versuchte es an seiner Arbeitsstelle. Man warf sie hinaus. Ein Falun-Gong-Praktizierender gab ihr schließlich einen Hinweis. Sie sollte es mal in einer bestimmten Gehirnwäscheeinrichtung versuchen. Gong ging fast täglich dorthin. Man ließ sie jedoch nicht hinein. Schließlich kamen zwei Aufseher heraus, um mit ihr zu sprechen. Sie wollten jedoch nicht bestätigen, dass ihr Vater dort festgehalten wurde. Gong blieb hartnäckig. Nach einigen Besuchen gaben die Aufseher schließlich zu, dass ihr Vater in der Umerziehungseinrichtung war. Nach ein paar weiteren Besuchen erlaubten sie ihr, ihn zu sehen.

Als Gong ihren Vater sah, fing sie sofort an zu weinen. „Sein Haar und sein Bart waren ganz weiß geworden. Er schien innerhalb weniger Monate um 20 Jahre gealtert zu sein“, sagte sie. „Ich war so schockiert. Er konnte kaum laufen. Seine Hände zitterten.“

Nur wenige Minuten konnte sie bleiben, bevor man sie wieder wegschickte. Sie versuchte es wieder und wieder. „Ich bin einfach jeden Tag dorthin gegangen“, erinnert sie sich. Man habe sie aber nicht wieder hineingelassen. „Aber ich habe vor dem Tor gesessen.“

Einmal sah ihr Vater sie vom Fenster aus. Es gelang ihnen, sich ein paar Sätze zuzurufen, bevor er weggezerrt wurde. Es wurde kälter. Gong besorgte warme Kleidung für ihren Vater und gab sie ab. Wie sie später erfuhr, hatte er sie nie bekommen. Einmal wurde er so schwer geschlagen, dass seine inneren Organe verletzt wurden. Er kam ins Krankenhaus und anschließend nach Hause.

Doch wie erging es Gongs Mutter inzwischen?

20. Juli 2005, nahe dem Chinatown von Sydney, Australien: Unterstützer von Falun Gong halten ein Transparent mit Nachstellungen von Folterszenen, Grausamkeiten, wie sie von der Kommunistischen Partei Chinas an Falun-Gong-Praktizierenden begangen werden. Foto: Greg Wood/AFP/Getty Images

Zu Gongs Mutter war kein Kontakt erlaubt. Das einzige Mal, dass die Familie sie sah, war während des Schauprozesses, bei dem sie zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Eine Freundin der Familie mit hochrangigen Verbindungen schickte ein paar Leute zum Gerichtsgebäude, um eine mildere Behandlung zu erreichen – ohne Erfolg.

Die Freundin erklärte ihr später, dass die Leute, die sie eingeschaltet hatte, so mächtig seien, „dass sie dich dort selbst dann rausholen können, wenn du jemanden getötet hast oder Drogendealer bist“. Sie habe auch gesagt, dass diese Leute alle möglichen Methoden hätten, um einen da rauszuholen. Man verbringe „wahrscheinlich nur ein oder zwei Jahre im Gefängnis“, meinte sie.

„Aber sie sagte, bei Falun Gong könne man nichts tun. Niemand könne etwas dagegen ausrichten“, erklärt Gong Xiaoyan den Reportern der Epoch Times.

Sie konnte damals nicht begreifen, was eigentlich passiert war. Sie konnte nicht einmal weinen. Erst als sie später in einer Lokalzeitung las, dass ihre Mutter und eine weitere Falun-Gong-Praktizierende verurteilt worden waren, erfasste es sie. „Ich habe einfach nur geweint. Meine Oma weinte sogar noch schlimmer. Sie konnte es nicht ertragen. Es war zu schmerzhaft für sie. Sie fiel einfach aufs Bett und weinte herzzerreißend. Mir wurde klar: Okay, ich muss aufhören zu weinen, weil es für meine Oma zu heftig ist.“

Bald darauf, die Sommerferien waren vorbei, musste Gong Xiaoyan zurück zur Hochschule. Ihre Großeltern begleiteten sie zum Busbahnhof. Sie versuchte, sich zusammenzureißen. Ihr Herz schmerzte, als sie sie weggehen sah. Ihre Oma wog nur noch halb so viel wie vor ein paar Monaten. Gong brach in Tränen aus. „Die Kleider saßen so locker an ihr.“

„Jeder schaute mich an. Vielleicht dachten sie, ich weinte aus Heimweh.“

Kurz darauf hatte ihre Oma den ersten Schlaganfall. Sie erholte sich gut, eine Tatsache, die sie den Falun-Gong-Übungen zuschrieb. Aber ihr Blutdruck war extrem hoch und die Ärzte rieten ihr, sich nicht aufzuregen – ein fast unmögliches Unterfangen in dieser Situation.

In den Winterferien besuchte Gong wieder ihre Großeltern in Binzhou. Es war ein Freitag, als der Anruf von ihrer Mutter aus dem Gefängnis kam. Es war auch jener kalte Januartag, kurz vor Neujahr, an dem ihre Oma starb.

Ein neues Leben

Während des Studiums traute sich Gong Xiaoyan nicht, jemandem zu erzählen, dass sie immer noch Falun Gong praktizierte. Sie sprach zwar mit ihren Freunden über Falun Gong, verriet aber nie, dass sie selbst praktizierte. Einmal pro Monat besuchte sie ihre Mutter im Gefängnis.

2007 schloss Gong ihr Studium mit einem Bachelor in Grafikdesign ab und nahm eine Stelle in Shanghai an. Ihre Mutter, Sun Dongxia, erhielt für die Zwangsarbeit im Gefängnis eine Haftverkürzung von einem Jahr und kam 2009 frei.

Gong Xiaoyan entschied dann, ins Ausland zu gehen. Sie fand einen Job bei einer chinesischen Firma in Nigeria und ein Jahr später einen anderen in Botswana. „Ich wollte schon immer verschiedene und neue Dinge ausprobieren“, sagt sie. „Ich war gespannt auf Afrika.“

Kurz nach ihrem Hochschulabschluss in China begann Gong Xiaoyan, in Afrika zu arbeiten. Dort fand sie Freude und Freiheit, die es in China nicht gibt. Foto: Chris Jackson/Getty Images

Sie verliebte sich in den Kontinent. Wie sie erklärt, habe dort trotz der Armut Freude geherrscht und ein Gefühl von Freiheit, das es in China nicht gegeben habe. Sie fand eine weitere Arbeitsstelle bei einem lokalen Unternehmen in Südafrika. Von dort aus ging es 2011 weiter nach San Francisco, wo sie ihren späteren Ehemann kennenlernte. Sie heirateten 2013. Ein paar Jahre danach konnten sie eine kleine Tochter willkommen heißen.

Ihre Mutter kam für einige Monate aus China zu Besuch, um der jungen Familie zu helfen. Als Sun jedoch nach China zurückkehrte, wurde sie erneut von der Verfolgung getroffen.

Ein letzter Schlag

Im Oktober 2017 besuchte Gong Xiaoyans Vater einen befreundeten Falun-Gong-Praktizierenden. Er kam gerade in dem Moment an, als die Polizei seinen Freund verhaftete. Er wurde ebenfalls festgenommen. Anschließend durchwühlte die Polizei seine Wohnung. Seine Ehefrau, Sun Dongxia, wurde in Gewahrsam genommen. Als die Polizei sie zu den in der Wohnung entdeckten Falun-Gong-Materialien befragte, erklärte sie, nichts davon zu wissen und gerade erst von einem Besuch bei ihrer Tochter im Ausland zurückgekehrt zu sein. Man ließ sie gehen. Sun verließ umgehend China und reiste zu ihrer Tochter nach Amerika, um sich ihr anzuschließen.

„Sonst wäre sie wieder mitgenommen worden. Sie wäre da sicher nicht mehr rausgekommen“, sagt Gong Xiaoyan zu den Reportern.

Ihr Vater wurde zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Frau und seine Tochter versuchten, durch Briefe mit ihm in Kontakt zu bleiben. Aber es habe Monate gedauert, bis sie Antwort erhalten hätten, schildert Gong. „Seine Briefe mussten alle von der Polizei überprüft werden. Du kannst nicht einfach sagen, was du willst.“ Sie erklärt, er habe schreiben müssen: „Mir geht es gut hier. Macht euch keine Sorgen um mich.“ Was dort wirklich vor sich gegangen sei, hätten sie jedoch nicht gewusst.

Gong Xiaoyan (M.) fleht vor dem chinesischen Konsulat in San Francisco um die Freilassung ihres Vaters in China. Foto: Cao Jingzhe/The Epoch Times

Im April 2021 erhielt Gong Xiaoyan einen Anruf von einem Verwandten in China. Er teilte ihr mit, dass ihr Vater gestorben sei. Nach offizieller Version hatte er schwere Hypertonie (Bluthochdruck) entwickelt und starb an einem Schlaganfall. Seine Familie ist jedoch überzeugt, dass die gesundheitlichen Probleme von den Misshandlungen herrührten.

„Er war ein gesunder Mann. Er hatte keine Krankheiten“, versichert seine Tochter Gong Xiaoyan.

„Der Staub der Zeit“

Als Gong Xiaoyan die Geschichte ihrer Familie erzählt, sitzt sie auf einem Sofa mit flauschigen Kissen. Ihr makelloses Zuhause im ländlichen Norden des Bundesstaates New York spiegelt ihr ruhiges, gelassenes Wesen wider. Als Vollzeithausfrau konzentriert sie sich voll und ganz auf ihre Tochter. Die tödlichen Misshandlungen des kommunistischen Regimes in China scheinen hier sehr weit entfernt zu sein.

„Doch die Erinnerungen bleiben.“ Sie zitiert ein chinesisches Sprichwort:

„Der Staub der Zeit, wenn er auf den Kopf eines Menschen fällt, ist wie ein Berg.“

„Ich blicke nicht zurück, nur wenn ich muss, weil es zu schmerzhaft ist. Die Geschichte meiner Familie ist keine Besonderheit, nur eine von Millionen Geschichten von Falun-Gong-Praktizierenden in China. Die Praktizierenden um uns herum, die nach dem Beginn der Verfolgung weiterhin an ihrem Glauben festhielten, haben alle ähnliche oder sogar noch tragischere Geschehnisse erlebt“, erklärt Gong. „Es ist nicht nur eine Tragödie für den Einzelnen, sondern auch für die Familien und Freunde.

Die Verfolgung betrifft jeden um einen herum: in der Gemeinde, am Arbeitsplatz, in der Schule – und in jedem Winkel der Gesellschaft. Jeder in der Gesellschaft musste seine Haltung zu Falun Gong offenlegen.

Die ganze Nation wurde betrogen. Die Menschen sind gezwungen, Entscheidungen entgegen ihrem Gewissen zu treffen, um sicher zu sein. Die Verfolgung von Falun Gong durch die KPCh führte zu einer drastischen Verschlechterung der allgemeinen moralischen Standards des chinesischen Volkes. Sie zieht die ganze Nation und alle ihre Menschen hinab in die Hölle.“

Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „She Went Through Hell, but It Didn’t Break Her“. (Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung sm)



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