„Kein normaler konjunktureller Rückgang“: Chinas fallende Immobilienpreise signalisieren Wirtschaftsschwäche
In Kürze:
- Chinas Immobilienpreise fallen weiter, Neubauten und Bestandsimmobilien betroffen
- Bauriesen wie Evergrande und China Fortune Land Development von Restrukturierungen und Schulden betroffen
- Lokalregierungen und Verbraucher leiden, wirtschaftliche Erholung könnte Jahre dauern
Chinas Immobilienmarkt hat auch im Oktober einen sehr schwachen Monat erlebt, mit Preisrückgängen, die noch steiler ausfielen als im September.
Preise für Neubauten fielen in 70 großen Städten so stark wie nie im bisherigen Jahresverlauf. Investitionen gingen in den ersten zehn Monaten des Jahres deutlich zurück. Zudem wurde ein weiterer namhafter Entwickler in ein gerichtliches Restrukturierungsverfahren gedrängt.
Der ehemalige chinesische Finanzminister Lou Jiwei warnte kürzlich, dass der Abschwung im Immobiliensektor voraussichtlich anhalten werde und eine Umstrukturierung mindestens fünf Jahre dauern dürfte.
Analysten sehen darin ein Signal für eine langwierige Korrektur, die das Wirtschaftswachstum, die Finanzlage der lokalen Regierungen und das Verbrauchervertrauen belastet.
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Eine schmerzhafte Bereinigung
„Dies ist kein normaler konjunktureller Rückgang“, sagte der amerikanische Ökonom Davy J. Wong. „Es ist eine langsame, schmerzhafte Bereinigung der Bilanzen nach mehr als zwei Jahrzehnten schuldengetriebener Expansion im Wohnungs- und Immobiliensektor.“
Die Preise würden weiterhin in den meisten Regionen fallen, die Liquidität der Immobilienentwickler bleibe schwach, und politische Maßnahmen hätten das Vertrauen bisher nicht wiederhergestellt, so Wong gegenüber der englischsprachigen Ausgabe der Epoch Times.
Für die Gesamtwirtschaft bedeute dies schwächere Konsumausgaben, anhaltenden Deflationsdruck und Finanznot für Lokalregierungen, die früher stark von Landverkäufen abhängig waren. Zwar könnten politische Entscheidungsträger die Auswirkungen abmildern, doch die bisherigen Anzeichen deuten darauf hin, dass der Abschwung kurzfristig nicht umkehrbar ist, sagte Wong.
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Aktuelle Zahlen
Offizielle Zahlen für Oktober zeigen, dass die Preise für Neubauten im Monatsvergleich um 0,5 Prozent und im Jahresvergleich um 2,2 Prozent gefallen sind, was schlechter ist als erwartet für die normalerweise starke Herbstsaison. Bereits der Rückgang von 0,4 Prozent im September war einer der schwächsten Monatswerte des Jahres. Auch die Preise für Bestandsimmobilien sanken weiter.
Xu Tianchen, leitender Ökonom beim Economist Intelligence Unit, warnte, dass der monatliche Rückgang der Bestandsimmobilienpreise eine kritische Schwelle erreicht, bei deren Überschreiten ein Eingreifen der Zentralregierung wahrscheinlicher wird.
Die Investitionsausgaben für Immobilienentwicklung von Januar bis Oktober sanken im Vergleich zum Vorjahr um 14,7 Prozent, ein stärkerer Rückgang als in den Vormonaten. Chinas Immobilienwohlstandsindex fiel im Oktober auf 92,43, wobei Werte über 100 als Zeichen eines gesünderen Marktes gelten.
Sun Guoxiang, Professor für internationale Beziehungen an der Nanhua University in Taiwan, erklärte, dass der aktuelle Index die anhaltenden Spannungen und den Rückgang der Immobilienaktivitäten widerspiegelt.
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Probleme im Finanzierungsmodell und langsame Reformen
Lou Jiwei, der von 2013 bis 2016 Finanzminister Chinas war, kritisierte am 14. November öffentlich den in China üblichen „Kauf ab Plan“ – auch Off-Plan-Kauf genannt, bei dem Immobilien verkauft werden, bevor mit dem Bau begonnen wird.
In der Theorie sollen Off-Plan-Käufe den Bau finanzieren, in der Praxis nutzten jedoch viele Entwickler die Zahlungen des Käufers für ein Projekt, um Löcher in anderen Projekten zu stopfen. Dadurch erhöhten sich Risiken erheblich, und bei sinkenden Verkäufen und verschärften Finanzierungskonditionen blieben viele Projekte unvollständig, bemerkte Lou.
Der ehemalige Minister forderte eine schrittweise Abkehr von Off-Plan-Käufen hin zum Verkauf fertiger Wohnungen und eine schnellere Fertigstellung bereits verkaufter Einheiten. Er warnte außerdem, dass der Immobilienabschwung den Konsum dämpfe und die deflationären Kräfte in der Wirtschaft verstärke. Er schätzte, dass die Reorganisation des Sektors und die Umstellung auf ein nachhaltigeres Modell mindestens fünf Jahre dauern könnten.

Eine Luftaufnahme zeigt einen Wohnkomplex, der aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Bauriesen Evergrande unvollendet blieb, in Wuhan, China, am 18. Oktober 2021. Foto: Jade Gao/AFP über Getty Images
Anhaltende Notlage der Entwickler
2020 führten Behörden die sogenannten „drei roten Linien“ ein, um die Verschuldung der Immobilienentwickler zu begrenzen, was unter anderem die Insolvenz und Zerschlagung des einst größten chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande auslöste. Die Schuldenkrise, die 2021 begann, dauert nun vier Jahre und breitet sich weiter in der Branche aus.
China Fortune Land Development, einst ein Unternehmen, das 100 Milliarden Yuan (12 Milliarden Euro) schwer war, meldete am 16. November gerichtliche Restrukturierung an, nachdem jahrelange Verhandlungen mit Gläubigern gescheitert waren.
Zwischen 2020 und August 2025 haben 77 Immobilienentwickler ihre Schulden nicht bedient, etwa 60 Unternehmen zeigen Fortschritte bei der Restrukturierung.
Evergrande bleibt das Symbol für den Zusammenbruch des Sektors. Im Januar 2024 ordnete ein Gericht in Hongkong die Liquidation an. Das Unternehmen hat mittlerweile Schulden von über 260 Milliarden Euro angehäuft.
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Finanzielle Belastung der Lokalregierungen
Laut Schätzungen machen die Immobilienwirtschaft und ihre Lieferketten etwa ein Viertel bis ein Drittel des chinesischen BIP aus. Sinkende Preise und einbrechender Wohnungsbau wirken sich auf Stahl, Zement, Haushaltsgeräte, Immobilienmakler und zahlreiche Dienstleistungsjobs aus.
Da chinesische Privathaushalte einen großen Teil ihres Vermögens in Immobilien halten, schwächen sinkende Preise ihre Vermögenslage und den Konsum.
Lokalregierungen sind besonders stark betroffen, welche im Jahr 2021 fast 38 Prozent ihrer Gesamteinnahmen aus Landverkäufen und entsprechenden Steuern erzielten, wie aus einer Studie des Peterson Institute for International Economics hervorgeht. Mit dem starken Rückgang der Landverkäufe, insbesondere in weniger wohlhabenden Städten, stehen deren Haushalte unter zunehmendem Druck.
Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Zentralregierung, unfertige Projekte zu finanzieren, das Wirtschaftswachstum zu stabilisieren und lokale Finanzierungsvehikel zu unterstützen. Diese sogenannten Local Government Financing Vehicles dienen dazu, Geld außerhalb offizieller Haushalte zu leihen und Infrastrukturmaßnahmen oder Entwicklungsprojekte zu finanzieren.
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Gründe für den anhaltenden Abschwung
Wong und Sun nennen drei Hauptgründe für den anhaltenden Abschwung. Erstens zeigen Demografie und Migration, dass es in vielen kleineren Städten weniger neue Käufer gibt, während die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter schrumpft und junge Menschen in Großstädte ziehen.
Zweitens haben Off-Plan-Käufe das Vertrauen stark untergraben, da Zahlungen der Käufer für andere Schulden verwendet wurden und viele Projekte unvollständig blieben.
Drittens haben die bisherigen politischen Maßnahmen Pekings, darunter niedrigere Hypothekenzinsen, geringere Anzahlungspflichten und gezielte Unterstützungsmaßnahmen, nur begrenzt geholfen.
Lou Jiweis Vorschlag, Off-Plan-Käufe schrittweise abzuschaffen und sich auf fertiggestellte Wohnungen zu konzentrieren, soll Vertrauen wiederherstellen, erfordert jedoch ein langsameres, kapitalintensiveres Geschäftsmodell, das Zeit brauche, um umgesetzt zu werden.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „China’s Deepening Property Slump Signals Weakness of Economy“. (deutsche Bearbeitung zk)
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