Neue Arktisroute: Pekings geopolitischer Vorstoß nach Europa

China hat mit dem „China-Europa-Arktis-Express“ eine neue Handelsroute durch den Arktischen Ozean eröffnet, die Teil der „Polar Silk Road“ und damit der „Belt and Road Initiative“ (Neue Seidenstraße Projekt) ist. Experten sehen darin weniger eine ökonomische Alternative zu bestehenden Routen, sondern vor allem ein geopolitisches Signal, mit dem Peking seinen Einfluss in der Arktis ausbauen will.
Ein Eisbrecher ist in der Arktis zu sehen, auf einem undatierten Archivfoto. Foto: iStock-Foto
Ein Eisbrecher ist in der Arktis zu sehen, auf einem undatierten Archivfoto.Foto: iStock-Foto
Von 27. September 2025

Chinas Staatsmedien erklärten, die neue „China-Europa-Arktis-Express“-Route sei „weit mehr als nur eine Schifffahrtslinie“. Am Dienstag, 23. September, eröffnete das kommunistische Regime eine arktische Handelsroute nach Europa und lenkte damit die weltweite Aufmerksamkeit auf seine „Polar Silk Road“-Ambitionen.

Die Containerreederei Sea Legend schickte ihr erstes Schiff, die „Istanbul Bridge“, über die Nördliche See­route (NSR) durch die Arktis. Es startete im Hafen Ningbo-Zhoushan in der östlichen chinesischen Provinz Zhejiang und lief den britischen Hafen Felixstowe an, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.

Strategische Bedeutung der Route

Analysten betonen, dass die Route weniger für den kommerziellen Schiffsverkehr als vielmehr für die geopolitische Expansion des Regimes in der Arktis von Bedeutung ist.

Die Eröffnung des „China-Europa-Arktis-Express“ fällt in die Zeit, in der die polnisch-belarussischen Grenze vom 12. bis 25. September vorübergehend geschlossen war. Dadurch wurde die China-Europa-Bahnverbindung – ein zentraler Logistikkanal zwischen China und der EU – unterbrochen, was zur weitgehenden Aussetzung des Schienengüterverkehrs führte.

Laut Xinhua-Agentur benötigt die neue Arktisroute für eine Richtung rund 18 Tage und ist damit deutlich schneller als der China-Europa-Frachtzug (circa 25 Tage), die Suezkanal-Route (circa 40 Tage) oder die Kap-der-Guten-Hoffnung-Route (circa 50 Tage).

Die „Global Times“, ein weiteres Sprachrohr Pekings, veröffentlichte ebenfalls einen Leitartikel. Darin hieß es, die Arktisroute sei „mehr als nur eine neue Schifffahrtslinie“. Der Artikel stellte Chinas „Öffnung einer Nordseeroute über den Arktischen Ozean“ auf eine Stufe mit historischen Großprojekten wie dem Panama- und dem Suezkanal. Er skizzierte zugleich die langfristigen Ambitionen Pekings in der Arktis und kritisierte andere Staaten, die die Region „als ihren eigenen Hinterhof betrachten, um Energiequellen konkurrieren und militärische Stützpunkte errichten“.

Ein Schiff der königlich-dänischen Marine bereitet am 4. Mai 2025 im Hafen der Stadt Nuuk, Grönland, das Anlegen vor. Foto: John Fredricks/The Epoch Times

„Polar Silk Road“ und „Belt and Road Initiative“

Der Leitartikel unterstrich damit erneut die politische und wirtschaftliche Expansionsstrategie Pekings in der Arktis. Ein zentraler Baustein ist die „Polar Silk Road“ (auf Deutsch: Polar-Seidenstraße), die 2017 von Partei- und Staatschef Xi Jinping initiiert und nun mit dem Start des China-Europa-Arktis-Express vorangetrieben wird.

Die „Polar Silk Road“ gilt als Erweiterung und integraler Bestandteil der „Belt and Road Initiative“ (BRI). Dieses 2013 gestartete außenpolitische Großprojekt der Kommunistischen Partei Chinas, früher als „One Belt, One Road“ bekannt (auf Deutsch: Neue Seidenstraße Projekt), soll die beiden historischen Handelsrouten – die Land- und die Seidenstraße zur See – in einer modernen Form mit Asien, Europa und Afrika verbinden. Über die BRI investiert China in zahlreiche milliardenschwere Infrastrukturprojekte in mehr als 60 Staaten. Kritiker werfen der Initiative vor, Länder in Schuldenabhängigkeit zu treiben und Chinas politischen Einfluss systematisch auszuweiten.

Eine dritte Route, die „Polar Silk Road“, wurde 2018 offiziell in die BRI aufgenommen. Ihr Ziel ist es, arktische Schifffahrtswege – vor allem die Nordseeroute – zu erschließen und die nötige Infrastruktur entlang dieses Korridors auszubauen.

[etd-related posts=“5229792″]

„Die BRI-Strategie Chinas verfolgt das Ziel, den geopolitischen Einfluss über Land- und Seewege auszuweiten und zugleich Handels- und Transportnetze zu stärken“, erklärte Shen Ming-shih, Forschungsstipendiat am National Security Research Division des taiwanesischen Instituts für Nationale Verteidigungs- und Sicherheitsforschung, gegenüber The Epoch Times.

Der China-Europa-Arktis-Express, ein Schlüsselprojekt der „Polar Silk Road“, erfülle dabei eine doppelte Funktion: Er diene sowohl dem wirtschaftlichen Austausch als auch der geopolitischen Expansion, so Shen.

„Neben dem Transport von Fracht nach Europa über die vergleichsweise kurze Route durch den Arktischen Ozean ermöglicht er es China auch, Marineeinheiten in der Region zu stationieren und sogar Langstreckenoperationen vom Arktischen bis in den Atlantischen Ozean durchzuführen“, erklärte er.

[etd-related posts=“5175737″]

Geopolitische Auswirkungen

„Dies wird erhebliche Auswirkungen auf künftige Aktivitäten im Atlantik und an der US-Ostküste haben“, betonte Shen. Genau deshalb habe der US-Präsident Donald Trump Grönland so große Bedeutung beigemessen. Darin liege auch der Grund, warum die „Global Times“ die Arktisroute als „mehr als nur einen Schifffahrtskanal“ bezeichnete, so Shen.

„Für Russland wie für die Vereinigten Staaten bedeutet die Ausweitung des Einflusses der Kommunistischen Partei Chinas in der Arktis zwangsläufig eine Herausforderung für ihre geostrategische Sicherheit und maritime Stärke in der Region“, sagte er. „Das darf nicht unterschätzt werden.“

[etd-related posts=“5144660″]

Geopolitisch ist die Arktis reich an natürlichen Ressourcen. „Mit dem fortschreitenden Schmelzen des Eises nehmen sowohl die Schiffbarkeit als auch das Potenzial für Ressourcengewinnung zu“, erklärte Sun Kuo-hsiang, Professor für Internationale Beziehungen und Wirtschaft an der Nanhua-Universität in Taiwan. Chinas Einstieg in arktische Angelegenheiten solle sicherstellen, „dass Peking eine Rolle bei der künftigen Ressourcennutzung und bei der Gestaltung der Schifffahrtsregeln spielt“, so Sun.

Sun wies darauf hin, dass „einige westliche Länder Bedenken über Chinas wachsenden Einfluss in der Arktis geäußert haben“. Dies könne als Vorwand für militärische Präsenz und Geheimdienstaktivitäten dienen und damit das militärische Gleichgewicht sowie die geopolitische Stabilität der Region gefährden.

Der China-Europa-Arktis-Express habe vor allem strategische Symbolkraft, weniger praktische Bedeutung, erklärte der in den USA ansässige unabhängige Ökonom Davy J. Wong gegenüber The Epoch Times. Die Route verfüge nur über „marginale Kapazität“ und werde kurzfristig weder den Seehandel noch die China-Europa-Bahnverbindung – das Rückgrat der BRI-Landroute – ersetzen. „Saisonalität, hohe Kosten für Eisbrecher, Versicherungen und unterstützende Infrastruktur schränken die Kommerzialisierung und Regulierung der Arktisroute stark ein“, so Wong. „Kurzfristig bleibt sie daher lediglich eine Ergänzung, kein Ersatz für die etablierten Hauptrouten.“

Ein Kran verlädt am 18. April 2019 in der chinesischen Grenzstadt Erenhot in der Region Innere Mongolei einen Container auf einen Zug des China Railway Express nach Europa. Foto: STR/AFP via Getty Images

Shen ergänzte, dass die Schifffahrt über den Arktischen Ozean ebenso wie über die Straße von Malakka im Südchinesischen Meer und den Indischen Ozean mit extrem hohen Kosten verbunden sei.

„Die Arktisroute ist noch nicht ausgereift, ihre Transportkapazität daher begrenzt“, erklärte er.

Kritische Perspektiven

Sun betonte zudem, dass neben den hohen Kosten – verursacht durch Saisonalität, eisverstärkte Schiffe, Eisbrecher und spezielle Versicherungen – auch Umwelt- und Sicherheitsrisiken bestehen. Dazu zählen Emissionen von schwarzem Kohlenstoff, Ölverschmutzungen, ökologische Schäden und arbeitsrechtliche Probleme. Diese Punkte stoßen bereits auf erhebliche Aufmerksamkeit seitens europäischer Akteure und Umweltschutzorganisationen.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „China Launches Arctic Shipping Route to Europe Amid Poland Border Closure“. (deutsche Bearbeitung zk)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion