Der Sturz des mächtigen „Shaolin-CEO“: Geld, Frauen und noch mehr

Einst eine buddhistische Legende, heute ein Verkaufsschlager der Kommunistischen Partei Chinas: der Shaolin-Tempel. Der Abt an seiner Spitze muss sich nun schweren Vorwürfen stellen, in denen es um Geld und Frauen geht.
Titelbild
8. März 2017, Peking – Der auch als „CEO-Mönch“ bekannte Abt des Shaolin-Tempels Shi Yongxin (rechts), stellvertretender Vorsitzender der Buddhistischen Vereinigung Chinas und Vorsitzender der Buddhistischen Vereinigung der Provinz Henan, verlässt die Große Halle des Volkes nach der Teilnahme an der 2. Plenarsitzung des Nationalen Volkskongresses.Foto: Lintao Zhang/Getty Images
Von 4. August 2025

In Kürze:

  • Ermittlungen gegen den „Shaolin-CEO“ Abt Shi Yongxin.
  • Verlust des Mönchstatuts droht.
  • Lang unterdrückte Vorwürfe kommen in den Fokus.
  • Beziehungen bis in die Parteispitze nicht mehr helfend. Warum?

 

Der Shaolin-Tempel in China – sagenumwobene Geburtsstätte des Kung-Fu und des Zen- oder auch Chan-Buddhismus – sieht sich einem handfesten Skandal gegenüber – und es betrifft den „Chef“.

Auf Weibo, Chinas X-Version, wurde der Fall am 27. Juli rasch zum Trend-Thema.

Schwere Vorwürfe gegen den „Shaolin-CEO“

Shi Yongxin ist seit 25 Jahren Abt des berühmten Shaolin-Tempels, der sich in der Nähe der zentralchinesischen Stadt Zhengzhou, Provinz Henan, befindet. Weithin ist Shi jedoch als „Shaolin-CEO“ oder auch als „politischer Mönch“ bekannt. Er war maßgeblich an der Kommerzialisierung der „Marke“ Shaolin und der Gründung internationaler Shaolin-Zentren beteiligt. Nun sieht Shi Yongxin sich den Ermittlungen gegenüber. Er wird verdächtigt, „Projektgelder und Tempelvermögen unterschlagen und veruntreut“ zu haben.

Wie die Epoch Times USA berichtet, teilte dies die Tempelleitung in einer Erklärung vom 27. Juli auf ihrem offiziellen WeChat-Konto mit. Dem 60-Jährigen wird zudem vorgeworfen, gegen die buddhistischen Gebote verstoßen zu haben, indem er „über einen langen Zeitraum hinweg unangemessene Beziehungen zu mehreren Frauen unterhielt“ – und mindestens ein uneheliches Kind gezeugt habe.

Noch am 23. Juli postete er auf seinem Weibo-Account mit 880.000 Abonnenten seine Interpretation der buddhistischen Lehre.

8. November 2009 im Shaolin-Tempel in der Provinz Henan – Abt Shi Yongxin im Gespräch mit AFP. Der Shaolin-Tempel, bekannt als Geburtsort des Zen-Buddhismus und weltberühmt für sein Kung-Fu, ist ein Ort, der im Westen Ehrfurcht und Mystik hervorruft, in China jedoch wegen seiner zügellosen Kommerzialisierung umstritten ist. Foto: Peter Parks/AFP via Getty Images

Der „CEO“ darf nicht mehr Mönch sein

Auch die Buddhistische Vereinigung Chinas, eine staatlich kontrollierte Körperschaft unter Aufsicht der Kommunistischen Partei Chinas, gab eine offizielle Erklärung zu dem Fall ab.

Am 28. Juli erklärte die Vereinigung, in der Shi Yongxin seit 1998 als stellvertretender Präsident fungierte, dass man der Entscheidung zur Aufhebung seines Ordinationszertifikats, einer offiziellen Dokumentation seines Mönchsstatus, zugestimmt habe.

„Shi Yongxins Taten sind äußerst schlimm und schädigen den Ruf des Buddhismus und das Image der Mönche schwer“, hieß es in der Erklärung des Verbandes, der landesweit die buddhistischen Aktivitäten überwacht.

Schlimm, aber nicht neu sind seine Taten. Im vergangenen Jahrzehnt war der Abt in mehrere Skandale verwickelt – von Unterschlagung bis zu unerlaubten sexuellen Aktivitäten. 2015 soll er Beziehungen zu mehreren Frauen gehabt haben, sowohl Nonnen als auch normale Gläubige. Zwei uneheliche Kinder wurden dabei von dem Abt gezeugt.

6. April 2005 – „Shaolin-CEO“ Shi Yongxin, der Abt des Shaolin-Tempels, auf dem Weg zum Frühstück. Foto: Cancan Chu/Getty Images

Schwere interne Vorwürfe wurden in Peking vorgebracht

Wie die chinesischsprachige Epoch Times berichtet, wurde am 26. Juli 2015 im Internet ein Bericht mit schweren Anschuldigungen gegen Shi Yongxin veröffentlicht. Der Bericht wurde unter dem Pseudonym „Shi Zhengyi“ veröffentlicht, was übersetzt „Mönch der Gerechtigkeit“ bedeutet.

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In dem Bericht wurde dem Abt eine doppelte Haushaltsregistrierung vorgeworfen, was in China illegal ist und oft genutzt wird, um Identitäten oder Vermögen zu verschleiern. Auch habe er die Nonne Shi Yanguo vergewaltigt, mehrere Mätressen gehabt und eine uneheliche Tochter mit einer Frau namens Guan Lili aus Harbin und der Nonne Shi Yanjie (weltlicher Name: Han Mingjun) gehabt. Entsprechende Beweise wurden den Angaben nach geliefert.

Zwei Wochen später, am 8. August, ging Shaolin-Cheftrainer Shi Yanlu mit sechs Begleitern nach Peking. Sie meldeten unter ihrem bürgerlichen Namen Shi Yongxins „zehn Verbrechen“ der Staatlichen Verwaltung für religiöse Angelegenheiten der Kommunistischen Partei Chinas. Dieses Ereignis erregte im In- und Ausland große Aufmerksamkeit.

Der Bericht der Behörden gegen den Abt wurde jedoch noch im selben Jahr geschlossen: „Keine Beweise gefunden“. Der chinesischsprachigen Epoch Times nach wurde Shi Yongxin nicht nur nicht bestraft, sondern genoss im Gegenteil weiterhin das Vertrauen der Behörden der Kommunistischen Partei Chinas und war häufig und in prominenter Weise bei wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Veranstaltungen im In- und Ausland zu sehen.

19. Januar 2014 im Grand Theatre in Dakar, Senegal – ein Auftritt einer Show-Truppe aus dem Shaolin-Kloster. Foto: Seyllou/AFP via Getty Images

Die guten Beziehungen des Abtes

Die chinesische Wirtschaftszeitschrift „Caixin“ veröffentlichte 2015 einen Enthüllungsbericht, wonach der Abt enge Beziehungen zu höchsten Parteikreisen pflegte, darunter zum ehemaligen Staats- und Parteichef Jiang Zemin. Dieser war es auch, der ihn zu seinen Amtszeiten 1998 in den Nationalen Volkskongress berief, Chinas (Schein-)Parlament. Shi Yongxin hatte diese Position zwanzig Jahre lang inne – und selbstverständlich ist der Abt auch Parteimitglied. Ob er selbst Kung Fu praktiziert, ist nicht bekannt.

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Auch zum damaligen Parteichef der Provinz Henan, Li Changchun, pflegte der „Shaolin-CEO“ gute Beziehungen. Dieser war zudem von 2002 bis 2012 Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas und dort für Ideologie zuständig – was die Frage des Buddhismus mit involviert.

Shi Yongxin ist eine wichtige Person in der Soft-Power-Strategie der KPCh, die unter anderem durch Shaolin-Kulturzentren und Konfuzius-Institute in die Welt gebracht wird, wie die chinesischsprachige Epoch Times berichtet.

Der Shaolin-Abt pflegt auch enge Beziehungen zum Militär, und die von ihm geleiteten Shaolin-Mönche haben zahlreiche Kampfkunstschulen gegründet, die als wichtige Rekrutierungsquelle für die Spezialeinheiten der Kommunistischen Partei Chinas dienen. Eine Rekrutierungsanzeige des Shaolin-Tempels nannte beispielsweise Kooperationsbeziehungen zur bewaffneten Polizei, der ehemaligen 38. Gruppe der Spezialkräfte der Armee oder des Marine Corps.

Viele Schüler dieser Kampfkunstschulen wurden von besagten ehemaligen 38. Bataillon rekrutiert, vom Anti-Terror-Korps von Xinjiang, den Spezialkräften der 15. Armee der Luftwaffe, den Spezialkräften der 42. Armee und dem Zentralen Gardekorps.

Warum aber gerade jetzt eine Kehrtwende und eine Untersuchung der längst bekannten Vorwürfe? Da kann man nur spekulieren, wie der Autor des Berichts der chinesischsprachigen Epoch Times:

Jiang Zemin ist tot. Li Changchun seit 18 Jahren im Ruhestand und Xi Jinpings Macht bröckelt. Zwei seiner engsten Vertrauten an der Militärspitze wurden entmachtet. Xi konnte sie nicht schützen – ebenso wenig wie den „Shaolin–CEO“.

Von „es war einmal“ bis heute

Einst war der Shaolin-Tempel ein Hort spiritueller Praxis und Entwicklung. Auch heute noch ist die religiöse Glaubensstätte eines der renommiertesten buddhistischen Klöster des Landes und der Welt.

Allerdings erfuhr der ab etwa 500 n. Chr. errichtete historische Tempel unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas erhebliche Veränderungen. Nach der Gründung des kommunistischen China 1949 wurden religiöse Praktiken argwöhnisch beobachtet und unter strenge staatliche Kontrolle gestellt.

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Mao Zedong, selbst Atheist und Marxist, sah die Loyalität von Menschen gegenüber einer höheren Macht als Hindernis für die Entfaltung der kommunistischen Ideologie, welche die Partei an die Spitze von allem stellt und den ewigen Kampf verherrlicht.

Aus der anfänglichen Duldung wurde spätestens zur Zeit der Kulturrevolution (1966 bis 1976) eine brutale Unterdrückung, die mit der Zerstörung zahlreicher Tempel, Klöster und anderer Glaubensstätten und unzähliger alter Schriften, Statuen und Kulturschätze einherging. Viele der damaligen Mönche wurden verhaftet und zur Zwangsarbeit geschickt, gefoltert und ermordet. Die Überlebenden versteckten sich oder kehrten zwangsweise ins weltliche Leben zurück.

Heute ist der Shaolin-Tempel ein globales Unternehmen mit zahlreichen Sparten. Es gibt eine Film- und Fernsehgesellschaft, eine Malakademie, ein Verlagshaus und eine Truppe für darstellende Künste sowie weitere Wirtschaftsprojekte. All dies hatte Shi Yongxin aufgebaut, was ihm auch den Spitznamen „Shaolin-CEO“ eingebracht hatte.

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Das buddhistische Heiligtum setzte auch erstmals seit 1.500 Jahren unter Shi Yongxins Führung ein politisches Statement, indem es im August 2018 die rote Nationalflagge hisste. Weiterhin wurden unter ihm sogenannte Kulturzentren im Ausland gegründet, in den USA, Australien und mehreren europäischen Ländern. Chinas staatliche Global Times bezifferte im Juli 2024 die Shaolin-„Kulturzentren“ weltweit mit 200.

Der Artikel basiert auf „Shaolin’s ‘CEO Monk’ Under Criminal Investigation“, erschienen auf theepochtimes.com.

5. März 2016 in Peking – Shi Yongxin bei der Eröffnungszeremonie des Nationalen Volkskongresses in der Großen Halle des Volkes. Foto: Lintao Zhang/Getty Images

 



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