Bald wieder Gas aus Russland? Trump und Putin verhandeln über Pipeline in der Ostsee

Moskau und Washington diskutieren offenbar derzeit die Möglichkeit, die Gaslieferungen nach Europa über die Pipeline Nord Stream 2 wiederaufzunehmen. Dies gab der russische Außenminister Sergej Lawrow im staatlichen russischen Fernsehsender „Kanal Eins“ bekannt. Auch die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS berichtete darüber.
Lawrow: USA sollen Europa zwingen
Lawrow weiter: Zwischen beiden Staaten gebe es noch unterschiedliche Auffassungen über die Wiederaufnahme der Gaslieferungen nach Europa. „Aber liegt es nicht im Interesse Russlands und der Vereinigten Staaten, die normale Energieversorgung Europas wiederherzustellen?“, fragte Lawrow und drückte die Haltung aus, dass der amerikanische Präsident Donald Trump seinen „Einfluss auf Europa geltend machen“ müsse. Die USA müssten Europa dazu „zwingen, das russische Gas nicht abzulehnen“, forderte der russische Außenminister. Alles andere „wäre surreal“, so Lawrow.
Ukraine als Saboteur in Verdacht
Im September 2022 wurde eine der zwei fertiggestellten Röhrenstränge der Nord Stream 2 genannten Gaspipeline durch einen Anschlag zerstört, ebenso wie beide Stränge der bereits in Betrieb genommenen Pipeline Nord Stream 1. Die Spuren des Anschlags führen über Polen in die Ukraine. Einem Bericht des amerikanischen „Wall Street Journals“ vom August 2024 zufolge sei die Gaspipeline „von einem kleinen ukrainischen Sabotageteam in die Luft gesprengt“ worden. Die Operation sei zunächst vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj genehmigt, später wieder abgesagt worden. Dennoch sei der Anschlag von Spezialsaboteuren ausgeführt worden.
Daraufhin stellte die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht (BSW) an die Bundesregierung folgende schriftliche Frage (Drucksache 12677, Seite 35):
„Trifft es zu, dass die Bundesregierung sowohl vor als auch bereits wenige Tage nach den Sprengungen der Nord-Stream-Pipelines über die Anschlagspläne bzw. die mögliche Urheberschaft der Ukraine informiert war […], und warum haben die deutschen Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung ungeachtet des seitens Deutschlands an Polen übermittelten Europäischen Haftbefehls gegen W. Z. keine Eintragung des Tatverdächtigen in das Schengen-Register, in dem die mit Europäischem Haftbefehl Gesuchten geführt werden, vorgenommen, vor dem Hintergrund, dass dies laut Angaben der polnischen Generalstaatsanwaltschaft eine rechtzeitige Festnahme des inzwischen Flüchtigen verhindert hat […]?“
Die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, Susanne Baumann, antwortete am 28. August 2024 ausweichend. Hier im Auszug: „Zu laufenden Verfahren nimmt die Bundesregierung nicht Stellung“, auch nicht zu „Einzelheiten konkreter Fälle des Rechtshilfeverkehrs“. Mit dem Ermittlungsverfahren seien berechtigte „Geheimhaltungsinteressen“ verbunden, die nicht durch die „Offenlegung von Einzelheiten gefährdet werden“ dürfen.
Lawrow sieht Gaskrise für Europa
Aussagen des Außenministers Lawrow zufolge seien die derzeitigen Brennstoffkosten für Europa „um ein Vielfaches höher als für US-Unternehmen“. Nach Einschätzung der in Amsterdam erscheinenden russischen Online-Zeitung „The Moscow Times“ stehe Europa „vor einer möglichen neuen Gaskrise, nachdem der Kontinent im vergangenen Winter aufgrund der kalten Witterung 10 Milliarden Kubikmeter Gas mehr verbraucht habe“ als im Durchschnitt vorangegangener Jahre. Dadurch seien die EU-Speichertanks auf ein Dreijahrestief von 35 Prozent gesunken.
Die „Wirtschaftswoche“ vom 1. April stellt fest: „Sergej Lawrow, Putins Außenminister, hat mit seinen Äußerungen zu Nord Stream 2 die Folterinstrumente genau dort angelegt, wo sie die Europäer und vor allem die Deutschen am meisten schmerzen.“ Deshalb glaubt das Blatt, dass „die Wiederbelebung der Ostsee-Pipeline [zwar] wie eine abstruse Idee“ klinge, weist aber darauf hin: „Sag niemals nie. Denn Nord Stream 2, das russische Gas, ist und bleibt für Deutschland eine stete Versuchung.“
„Die Grünen erwarten angesichts von Spekulationen über die Zukunft des gestoppten Pipeline-Projekts Nord Stream 2 rasch eine klare Ansage von CDU-Chef Friedrich Merz“, schreibt die online erscheinende „Zeitung für kommunale Wirtschaft“ (ZfK). „Wenn jetzt Lawrow davon spricht, dass die USA und Russland über eine Inbetriebnahme von Nord Stream 2 verhandeln, muss der zukünftige Bundeskanzler unmissverständlich klarmachen, dass das nicht im deutschen und europäischen Interesse liegt“, wird die Grünen Parteivorsitzende Franziska Brantner zitiert.
Pro-Stimmen von CDU und SPD
Von Merz liegt bislang keine Stellungnahme vor. Allerdings stellte er Ende 2018 den Bau von Nord Stream 2 grundsätzlich infrage: „Je mehr der Konflikt [zwischen Russland und der Ukraine] eskaliert, desto mehr kommt die Frage in den Fokus: Ist es wirklich richtig, dass wir diese Pipeline bauen?“
Jan Heinisch, Vize der CDU-Fraktion im NRW-Landtag, äußerte indes gegenüber „Politico“ kürzlich: „Wenn eines Tages ein gerechter und sicherer Frieden gefunden ist, dann muss man auch wieder über den Kauf russischen Gases sprechen dürfen.“ Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Bareiß äußerte sich im Netzwerk LinkedIn ähnlich lautend und fügte hinzu: Dies sei eine Entscheidung des Marktes.
Unterstützung kommt auch vonseiten der SPD. Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte gegenüber dem rbb Anfang März, er würde nach Ende des Krieges die Rückkehr russischer Öllieferungen für die PCK-Raffinerie in Schwedt grundsätzlich begrüßen.
Aufgrund dieser ersten Aussagen zur russisch-amerikanischen Initiative der Wiederherstellung der Gaspipeline für Deutschland darf vermutet werden, dass bereits nach einem Waffenstillstand in der Ukraine die innenpolitische Diskussion über den Bezug von günstigem Gas aus Russland neu entbrennen wird.
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