Trotz des Trends zu digitalen Zahlungsmitteln halten allerdings rund zwei Drittel der Bevölkerung Bargeld für persönlich wichtig, und noch mehr messen ihm hohe gesellschaftliche Bedeutung bei. Als Vorteile sehen sie hauptsächlich die technische Ausfallsicherheit, die Möglichkeit zur anonymen Zahlung, finanzielle Inklusion und die erzieherische Funktion für Kinder.
Kritikpunkte wie Steuerhinterziehung, Geldautomatensprengungen oder Kosten überzeugen viele Befragte nicht ausreichend, um auf Bargeld zu verzichten. Eine klare Mehrheit wünscht sich auch langfristig eine Zukunft mit Bargeld.
Mit Unbehagen schauen die Verfechter des Bargeldes daher beispielsweise nach Spanien. Dort wurden in den vergangenen Jahren die Bargeldregeln erheblich verschärft. Im Rahmen des sogenannten Gesetzes gegen Steuerbetrug („Ley Antifraude fiscal“) wurde 2021 die Höchstgrenze für Bargeldzahlungen in Spanien auf 1.000 Euro festgelegt. Personen, die keinen steuerlichen Wohnsitz in Spanien haben, können bis zu 10.000 Euro in Bargeld zahlen.
Spanien verschärft Abheberegeln von Bargeld
Zu Jahresbeginn wurden die Regeln in Spanien dann noch einmal verschärft. Wer sich mehr als 3.000 Euro auszahlen lassen möchte, muss das mindestens 24 Stunden vorher bei der spanischen Steuerbehörde Agencia Tributaria elektronisch anmelden.
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Wer über 100.000 Euro abheben möchte, muss das Vorhaben der Steuerbehörde 72 Stunden vorher ankündigen. Banken dürfen den Betrag dann nur nach Vorlage einer solchen Anmeldung auszahlen.
Bisher mussten in Spanien abgehobene Beiträge ab 3.000 Euro lediglich von der Bank an die spanische Zentralbank gemeldet werden. Diese meldeten die Transaktionen dann an die Finanzbehörde weiter. Das soll es zukünftig auch nach der Verschärfung der Abhebebedingungen geben.
Nutzung von Bargeld auch in Spanien rückläufig
Nach wie vor ist Bargeld in Spanien ein wichtiges Zahlungsmittel. Laut einer Studie der „Banco de España“ aus dem Jahre 2023 verwendeten 65 Prozent der spanischen Bevölkerung täglich Bargeld, und 60 Prozent gaben an, dass Bargeld ihr Hauptzahlungsmittel an physischen Verkaufsstellen sei.
Allerdings ist auch in Spanien ein rückläufiger Trend erkennbar. Im Jahr 2024 sank laut der aktuellen Studie der „Banco de España“ der Anteil der täglichen Bargeldnutzer auf 57 Prozent. Trotzdem bleibt Bargeld in Spanien nach wie vor das häufigste genutzte Zahlungsmittel in den Geschäften, insbesondere bei älteren Leuten und in kleineren Gemeinden.
Der „Global Payments Report 2024“ der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) hat untersucht, wie häufig die Verbraucher in den unterschiedlichen europäischen Ländern im Jahr elektronisch bezahlt haben. Das Ergebnis: Spanien gehörte im Hinblick auf elektronische Bezahlvorgänge zu den europäischen Schlusslichtern.
Während beim Spitzenreiter in Norwegen pro Kopf im Jahr durchschnittlich 815 Mal die elektronische Bezahlvariante gewählt wird, gefolgt von Luxemburg (753) und Irland (705), griffen die Spanier im Schnitt pro Kopf nur 288 Mal zu einer elektronischen Bezahlmöglichkeit. Weniger wurde nur in Malta (243) und Italien (194) zur elektronischen Zahlungsmöglichkeit gegriffen. Zum Vergleich: Im Schnitt haben die Verbraucher Deutschlands 2023 pro Kopf insgesamt 304 Mal elektronisch bezahlt.
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Laut Schätzungen der Boston Consulting Group (BCG) beliefen sich die weltweiten Einnahmen von Finanzunternehmen im vergangenen Jahr auf rund 1,8 Billionen US-Dollar. Diese Summe umfasst unter anderem Erlöse aus Gebühren und Zinsen im Bereich des Zahlungsverkehrs. In den vergangenen fünf Jahren stiegen die Erträge aus dem Paymentgeschäft im Durchschnitt jährlich um 9 Prozent. BCG prognostiziert jedoch, dass dieses Wachstum bis 2028 auf etwa 5 Prozent pro Jahr zurückgehen könnte.
Einer der Gründe dafür sei laut den Studienautoren, dass Bargeldzahlungen in vielen Ländern bereits stark zurückgegangen sind. In diesen Märkten sei daher kein signifikantes Wachstum beim elektronischen Zahlungsverkehr mehr zu erwarten. Für die jährlich erscheinende Studie analysiert BCG unter anderem Zahlungsverkehrsdaten der jeweiligen Zentralbanken.
EU legt geschäftliche Bargeldobergrenzen fest
Doch nicht nur in Spanien möchte man die Zahlung mit Bargeld einschränken. Im Mai 2024 hat die Europäische Union im Rahmen eines umfassenden Gesetzespakets eine einheitliche Bargeldobergrenze von 10.000 Euro beschlossen. Diese Regelung ist Bestandteil der „EU-Verordnung 2024/1624“ und soll voraussichtlich ab 2027 EU-weit in Kraft treten. Begründet wird der Schritt mit der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Zukünftig dürfen Barzahlungen im geschäftlichen Kontext 10.000 Euro nicht überschreiten. Bereits ab einem Betrag von 3.000 Euro sind Händler verpflichtet, die Identität des Käufers zu überprüfen und die Transaktion entsprechend zu dokumentieren. Ausgenommen von dieser Regelung sind rein private Zahlungen zwischen natürlichen Personen, sofern diese nicht in beruflicher oder gewerblicher Funktion handeln. Auch Einzahlungen bei Banken oder Kreditinstituten gelten nicht als Barzahlung im Sinne dieser Vorschrift.
Die Verordnung erlaubt es den Mitgliedstaaten, strengere nationale Regeln beizubehalten oder einzuführen.
In Frankreich beispielsweise liegt die Bargeldobergrenze bereits seit Jahren bei 1.000 Euro für Zahlungen von Privatpersonen an gewerbliche Händler oder zwischen Gewerbetreibenden. Diese Regelung gilt für Personen mit steuerlichem Wohnsitz in Frankreich. Für Personen mit steuerlichem Wohnsitz im Ausland, wie Touristen, liegt die Grenze bei 15.000 Euro, sofern es sich um persönliche Ausgaben handelt. Bei Barzahlungen über 1.000 Euro muss die Identität des Zahlers überprüft und dokumentiert werden. Zudem können bei Verstößen gegen diese Regelungen Geldbußen verhängt werden.
Ein weiterer zentraler Bestandteil des Maßnahmenpakets der EU ist die Einrichtung der europäischen Anti-Geldwäsche-Behörde AMLA („Anti-Money Laundering Authority“), die ihren Sitz in Frankfurt am Main haben wird. Diese neue EU-Behörde soll ab diesem Jahr ihre Arbeit aufnehmen und wird nationale Aufsichtsbehörden koordinieren sowie direkte Aufsicht über besonders risikobehaftete Finanzinstitute übernehmen.
Diese Maßnahmen sind Teil eines umfassenden EU-Aktionsplans gegen Geldwäsche, der seit 2021 schrittweise umgesetzt wird. Die neuen Regelungen wurden im April 2024 vom Europäischen Parlament offiziell verabschiedet.
Einschränkung von Bargeld beeinträchtigt Freiheit der Bürger
Es gibt allerdings auch zahlreiche Kritiker der Obergrenzen, wie sie in europäischen Ländern und der EU eingeführt werden sollen. In einem Diskussionspapier der Hochschule Aschaffenburg argumentiert der Jurist Ralph Hirdina, dass gesetzliche Bargeldobergrenzen potenziell Grundrechte verletzen könnten. Insbesondere wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der Schutz persönlicher Daten hervorgehoben. Hirdina warnt davor, dass die Einschränkung von Bargeldzahlungen die Freiheit der Bürger beeinträchtigen könnte.
Auch die Europäische Zentralbank (EZB) betont die Bedeutung des Bargeldes als gesetzliches Zahlungsmittel und warnt davor, dass eine zunehmende Ablehnung von Barzahlungen durch Händler den Status des Bargeldes gefährden könnte. Sie fordert klare gesetzliche Regelungen, die die Annahme von Bargeld sicherstellen.
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In einer Stellungnahme kritisierte die EZB schon im März 2022 den Weg Spaniens, die Grenze bei Bargeldauszahlungen auf 1.000 Euro zu begrenzen. Die festgelegte Grenze sei „unverhältnismäßig niedrig“, heißt es seitens der EZB. Der niedrige Betrag würde die Abwicklung rechtmäßiger Transaktionen mit Bargeld als Zahlungsmittel „erheblich erschweren“ und damit „das Konzept des gesetzlichen Zahlungsmittels, wie es im Vertrag der Europäischen Union verankert ist“, gefährden.
Die EZB warnt im Hinblick auf die Obergrenze von 1.000 Euro weiter davor, dass ein solch niedriger Mindestbetrag „unbeabsichtigte negative Auswirkungen auf den Status der Euro-Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel haben wird“. Eine derartige Einschränkung bei Barzahlungen beeinträchtige zudem in erheblichem Maße die Freiheit der Bürger, ihr bevorzugtes Zahlungsmittel selbst zu wählen.
Zugleich hebt die EZB hervor, dass Bargeld „die Einbeziehung der gesamten Bevölkerung in die Wirtschaft erleichtert“ – insbesondere für ältere Menschen sowie für Personen mit begrenztem Zugang zu digitalen Zahlungsdiensten stelle es ein zentrales Zahlungsmittel dar.
In ihrer Stellungnahme kommt sie zu dem Fazit: „Die Bargeldobergrenze in Spanien scheint übertrieben niedrig, und insbesondere die Geldstrafe von 25 Prozent des gezahlten Betrags erscheint unverhältnismäßig hoch.“
Spanien als Modell? – Bargeldobergrenzen und das EU-Vermögensregister
Trotz der Kritik seitens der EZB an der spanischen Obergrenze deutet nichts darauf hin, dass Spanien seinen Weg verlässt. Das Modell könnte sogar Schule machen. Der bekannte Wirtschaftsjournalist Norbert Häring bringt auf seinem Blog einen Aspekt ins Spiel, der das nicht ausschließen lässt. Im Hinblick auf das von der EU angestrebte allgemeine Vermögensregister könnte der spanische Weg ein wichtiger Schritt für die EU sein.
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Das geplante Vermögensregister der EU ist eine Initiative zur Erfassung von Eigentum und Vermögen (zum Beispiel Immobilien, Bankkonten, Wertpapiere) natürlicher und juristischer Personen in allen EU-Mitgliedstaaten. Ziel ist es, so heißt es offiziell, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Terrorismusfinanzierung effektiver zu bekämpfen, indem Behörden einen besseren Überblick über Vermögenswerte erhalten. Im vergangenen Jahr veröffentlichte die EU dazu eine Machbarkeitsstudie.
Für die EU ist es derzeit schwierig nachzuvollziehen, wie viel Bargeld jemand zu Hause aufbewahrt. Wenn jedoch künftig Bargeldabhebungen über 1.000 Euro verboten sind und Abhebungen ab 3.000 Euro gemeldet und begründet werden müssen, verändert sich die Situation deutlich – der Bargeldverkehr wird viel leichter überwachbar.
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