Action am Weihnachtsmarkt: Sicherheitskräfte verschieben Poller bis zu 64-mal pro Stunde

Um zwei Linien der Straßenbahn und Rettungswagen die Durchfahrt zu ermöglichen, hat die Stadt Augsburg auf feste Betonpoller rund um ihren Weihnachtsmarkt verzichtet. Stattdessen kommen in der Maximilianstraße mobile Metallstelen zum Einsatz. Ein Sicherheitsunternehmen sorgt für den reibungslosen Ablauf.
Zu den Hauptverkehrszeiten müssen Sicherheitsmitarbeiter neben dem Augsburger Christkindlesmarkt jede Stunde dutzendfach schwere Poller bewegen, damit die Straßenbahnen durchfahren können.
Zu den Hauptverkehrszeiten müssen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma neben dem Augsburger Christkindlesmarkt jede Stunde dutzendfach schwere Poller bewegen, damit die Trambahnen durchfahren können.Foto: Malin Wunderlich/dpa
Von 29. November 2025

In Kürze:

  • Die Stadt Augsburg setzt für ihren Weihnachtsmarkt auf ein Sicherheitskonzept mit mobilen Metallpollern
  • Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens verschieben die Poller täglich hunderte Male, damit die Straßenbahn durchfahren kann
  • Stadt sieht ihr Pollerkonzept als Kompromiss zwischen Schönheit, Sicherheit und Kosten

 

Kein Weihnachtsmarkt mehr ohne Sicherheitskonzept und Schutzsperren: Die Angst vor Anschlägen mit Autos als Tatwaffe führt in Deutschland zu immer kurioseren Lösungen. Für Schmunzeln – oder auch Stirnrunzeln – sorgt aktuell die Situation am Christkindlesmarkt in Augsburg.

Die Stadt setzt auf bewegliche Metallstelen statt der sonst üblichen Betonquader, wenn der Markt geöffnet ist. So können Straßenbahnen und Rettungsfahrzeuge zwischen Rathaus und Festplatz passieren, während für den übrigen Verkehr ein Durchfahrverbot gilt.

Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma räumen einen mobilen Schutzpoller aus dem Weg, damit eine Straßenbahn die Augsburger Maximilianstraße in unmittelbarer Nähe des Christkindlesmarktes passieren kann. Foto: Bildschirmfoto/BR

Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma räumen einen mobilen Schutzpoller aus dem Weg, damit eine Straßenbahn die Augsburger Maximilianstraße in unmittelbarer Nähe des Christkindlesmarktes passieren kann. Foto: Bildschirmfoto/BR

In der Praxis erfordert dieses Zugeständnis an ÖPNV und Rettungsdienst jedoch erheblichen Personalaufwand. Die sogenannten Pitagone – der Fachbegriff für die mobilen Schutzpoller – müssen stets kurzzeitig beiseitegeschoben werden, sobald eine Straßenbahn oder ein Rettungswagen passieren will.

Pitagone statt Betonsteine

Nach Informationen der „Augsburger Allgemeinen“ erledigt diese Aufgabe das Team eines privaten Sicherheitsunternehmens. In grellen Signalfarben gewandet nutzen deren Mitarbeiter spezielle High-Tech-Sackkarren, mit denen die Pitagone per Handpumpe wenige Zentimeter angehoben, ein Stück weit weggefahren und wieder abgesetzt werden können. Für diese Hubwagen ist das Gewicht von 450 Kilo pro Poller kein Problem.

Wie Netzvideos (hier und hier) belegen, sind allerdings manchmal zwei oder gar drei Sicherheitskräfte nötig, um auch nur eines der schwer bepackten Geräte an den beiden Grenzen der Sicherheitszone zu bedienen.

Die „Allgemeine“ hat ausgerechnet, dass bis zu 64 solcher Rücke-Aktionen pro Stunde durchgeführt werden müssen, wenn Stoßzeit für die beiden Tramlinien in der Maximilianstraße herrscht.

Ein Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma wartet darauf, dass er nach der Durchfahrt der Straßenbahn am Augsburger Christkindlesmarkt einen mobilen Schutzpoller wieder auf das Gleis schieben kann. Foto: Bildschirmfoto/BR

Ein Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma wartet darauf, dass er nach der Durchfahrt der Straßenbahn am Augsburger Christkindlesmarkt einen mobilen Schutzpoller wieder auf das Gleis schieben kann. Foto: Bildschirmfoto/BR

Nach Angaben der Stadtverwaltung sei das Rücke-Team von 11:00 Uhr vormittags bis in die Abendstunden im Einsatz, so die „Allgemeine“. In der Zeit zwischen 22:00 und 10:00 Uhr bleibe der Abschnitt für Anlieger und Taxis geöffnet, zwischen 6:00 und 11:00 Uhr auch für den Lieferverkehr.

Kompromiss zwischen Sicherheit, Schönheit und Kosten

Nach Aussage des städtischen Ordnungsreferenten Frank Pintsch (CSU) sei das Schutzkonzept mit den mobilen Pollern als Kompromiss zwischen Sicherheit, Schönheit und Kosten gedacht, wie der „Bayerische Rundfunk“ berichtete. Alternativen wie eine Schranke, versenkbare Stelen oder ein geparkter Lkw wären entweder zu teuer oder nicht zertifizierbar gewesen. Die aktuelle Lösung läge preislich bei einem „mittleren fünfstelligen Betrag“.

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Unter dem Eindruck des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt sowie der zuvor bekannt gewordenen Bedrohung am Augsburger Christkindlesmarkt kam die Idee zu den mobilen Pitagonen auf, um Bürger und Besucher besser zu schützen.

Gleichzeitig erinnern die schockierenden Ereignisse von 2019 in Augsburg daran, wie schnell aus alltäglichen Situationen lebensbedrohliche Gewalt entstehen kann. Damals kam ein Feuerwehrmann bei einem Angriff am Weihnachtsmarkt ums Leben.

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Augsburg 2019: Feuerwehrmann tot – Täter erneut straffällig

Im Dezember 2019 waren zwei Paare mittleren Alters auf dem Heimweg vom Augsburger Weihnachtsmarkt von einer Gruppe junger Männer attackiert worden. Der 49-jährige Feuerwehrmann Roland S. verstarb kurz darauf an den Folgen. Bei den beiden Hauptverdächtigen handelte es sich um polizeibekannte Jugendliche.

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Der damals 17-jährige Halid S., der die deutsche, türkische und libanesische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde laut Informationen der „Welt“ als Täter identifiziert, der für den Tod des Feuerwehrmanns verantwortlich war. Er wurde wegen Totschlags verurteilt und hat inzwischen eine 54-monatige Jugendstrafe verbüßt.

Im März 2025 soll der wieder entlassene Halid S. untergetaucht sein, nachdem er als Teil einer Gruppe zwei andere Männer geschlagen, getreten und beleidigt haben soll. Tatort war die Augsburger Maximilianstraße.

 

 



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