Ärger um LNG-Terminal: Andauernde Lärmbelästigung in Mukran

In Kürze:
- Industriehafen Sassnitz-Mukran auf Rügen: Anwohner leiden noch immer unter Schallemissionen
- Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StaLU) Vorpommern: ein „breitbandiges tieffrequentes Brummen“ hörbar
- Mehrere Verfahren rund um die Genehmigung der Anlage vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig
Der private LNG-Terminalbetreiber Deutsche ReGas wies Spekulationen zurück, nach denen der seit Wochen andauernde Lärm der Energieanlage am Rügener Industriehafen Sassnitz-Mukran das erlaubte Maß übersteigen würde. Dort liegt mit der „Neptune“ ein Flüssigerdgasterminal („Floating Storage and Regasification Unit“, FSRU) vor Anker. Seine Aufgabe: Verflüssigtes Erdgas (LNG) von Tankschiffen speichern, in Erdgas umwandeln und über die neue Pipeline ins etwa 50 Kilometer entfernte Lubmin transportieren. In Lubmin wird das Gas ins Versorgungsnetz eingespeist.
Der Subchartervertrag für ein zweites FSRU in Mukran, die „Energos Power“, war im Februar 2025 aufgelöst worden (PDF). Seitdem arbeitet nach Informationen des NDR vor Ort nur noch die „Neptune“.
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Nach Angaben der Deutschen ReGas finden seit dem 17. Juli 2025 Wartungsarbeiten an der „Neptune“-Anlage statt. Diese seien „von den Genehmigungen in der durchgeführten Form abgedeckt“, betonte ein ReGas-Sprecher auf Nachfrage der Epoch Times. „Unabhängige Gutachter“ würden sicherstellen, dass die Schallemissionen für den Terminalbetrieb und die Wartungsarbeiten überwacht werden.
„Durch die Messungen wurde bestätigt, dass sich die Schallwerte des Energie-Terminals innerhalb der genehmigten Normen bewegen.“
Deutsche ReGas sieht Verantwortung bei anderen Hafennutzern
Sogar durch den Betrieb der Gasverbrennungsanlage („Gas Combustion Unit“, GCU) seien keinerlei Überschreitungen der erlaubten Lärmemissionen festgestellt worden. Sie „konnten durch die Messprotokolle für den Liegeplatz der Neptune sowohl tagsüber als auch in der Nacht ausgeschlossen werden“, erklärte der ReGas-Sprecher.
Es seien vielmehr „andere Hafennutzer“, die für die „regelmäßige Überschreitungen der Normen in den vergangenen Nächten“ verantwortlich gewesen seien, so der ReGas-Sprecher. Diese hätten einen „tonalen Geräuschanteil im Terzband mit der Mittenfrequenz von 80 Hertz“ erzeugt, wie Messungen ergeben hätten. „Für dieses Geräusch konnte durch Analyse der Mess-Ergebnisse ein Zusammenhang zum Energie-Terminal sicher ausgeschlossen werden“, bekräftigte der ReGas-Sprecher.
Um welche Hafennutzer genau es sich handelte, wollte der Sprecher nicht sagen. Er deutete jedoch an, dass der zusätzliche Lärm mit Baggerarbeiten zu tun haben könnte. Gefragt nach dem voraussichtlichen Ende der Wartungsarbeiten am Terminal, antwortete er: „Hierzu sind wir mit den beteiligten Firmen in der Detailplanung, um die Arbeiten möglichst zeitnah abzuschließen.“
Bürgerinitiative: „Es bleibt ein Schrecken ohne Ende“
Die terminalkritische Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen (BILR) hatte ihren Unmut über die Gesamtsituation am 21. Juli nicht zum ersten Mal per Pressemitteilung öffentlich gemacht. Drei Tage zuvor hatte die Deutsche ReGas die Anwohner mit einem Infoschreiben vom 18. Juli (PDF) darüber unterrichtet, dass der am Vortag begonnene Einsatz der Gasverbrennungsanlage (GCU) „für möglicherweise erhöhte Geräuschpegel“ sorgen werde.
„Die Situation hat sich nach fast zwei Wochen etwas u. a. wegen des Westwindes für die Mukraner entspannt, jedoch nicht erledigt. Es bleibt ein Schrecken ohne Ende, denn bisher folgte eine Lärmbelästigung der anderen“, antwortete BILR-Aktionsratsmitglied Thomas Kunstmann am 30. Juli auf Nachfrage der Epoch Times. Man müsse infrage stellen, ob es sich tatsächlich um „(turnusmäßige) Wartungsarbeiten“ handele.
Wartungsarbeiten verhindern Gaseinspeisungen
„Auf unsere Nachfragen bei der Landesregierung und bei Behörden erhielten wir die Information, dass ein Kompressor defekt sei, Ersatzteile benötigt werden und die Deutsche ReGas die Beschaffung von Ersatzteilen dem Schiffseigner überlässt“, so Kunstmann. Wenn sich Gas erwärme, müsse es per GCU abgebrannt werden. „Das war tagelang so, wie Mukraner Anwohner bestätigen und im ‚Lärmtagebuch‘ sowie gegenüber den Behörden dokumentierten“, so Kunstmann. Derzeit fänden jedenfalls keine Gaseinspeisungen statt. Der Sprecher der Deutschen ReGas hatte dazu keine näheren Angaben gemacht.
Erst vor Kurzem habe das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StaLU) Vorpommern in Stralsund einer Mukranerin schriftlich bestätigt, dass ein „breitbandiges tieffrequentes Brummen“ zu hören sei, betonte Kunstmann. In vielen Fällen habe der Brummton nur wenig unter dem Grenzwert gelegen. Zudem hätten Messungen „einzelne Grenzwertüberschreitungen“ abgebildet. Kunstmann:
„Das lässt – allein durch die vielen Wiederholungen – keine Zweifel an der inakzeptablen Lärmbelästigung durch das LNG-Terminal aufkommen.“
Er räumte ein, dass es zurzeit „Arbeiten zur Vertiefung des Hafenbeckens“ gebe. „Doch die Anwohner des Fährhafens können sehr wohl aus ihren langjährigen Erfahrungen Lärmquellen unterscheiden und dem Hafengeschehen zuordnen“. „Erst recht dann, wenn der Lärm durch die GCU Tag und Nacht und über mehrere Tage im Dauereinsatz ist“, ergänzte Kunstmann.
Betrieb seit Januar 2025 nur unter Auflagen
Nach Angaben der BILR steht eine aktuelle Betriebsgenehmigung noch aus. Eine frühere Genehmigung für das FSRU sei abgelaufen, die noch vom Bau einer – inzwischen verworfenen – Landstromanlage für den Terminalbetrieb ausgegangen sei.
Laut NDR lief die ursprüngliche Genehmigung tatsächlich am 31. Dezember 2024 aus. Nach dem Willen von Landesumweltminister Till Backhaus (SPD) gelte sie allerdings unter Auflagen weiter: Da der Strom für den FSRU-Betrieb bis auf Weiteres in bordeigenen Generatoren erzeugt werde, müsse die Deutsche ReGas wenigstens für mehr Schallschutz und den Einbau von Katalysatoren sorgen. Nach Angaben des ReGas-Sprechers wurden alle diese Auflagen inklusive der „Schallschutzpakete“ fristgemäß erfüllt.
Ginge es nach der Bürgerinitiative, so wäre trotzdem nie eine Genehmigung erteilt worden:
„Die Bürgerinitiative bleibt bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem LNG-Terminal in Mukran. Eine neue Gasinfrastruktur mit 50 Kilometer langen Rohrleitungen durch sensible Ökosysteme und das LNG-Terminal hätten niemals entstehen dürfen.“
Kunstmann kündigte gegenüber der Epoch Times „weitere Proteste in unterschiedlichen Formaten“ an, ohne ins Detail zu gehen.
Mehrere Rechtsstreitigkeiten vor dem BVerwG anhängig
Nach Informationen des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig (BVerwG) laufen zwischen der Genehmigungsbehörde, also dem Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StaLU) Vorpommern, und der Deutschen ReGas derzeit noch mehrere Verfahren. Die Termine zur mündlichen Verhandlung seien bisher nicht bestimmt worden, erklärte eine Gerichtssprecherin auf Nachfrage der Epoch Times. In allen Fällen gehe es um „Streitigkeiten nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz“:
- Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Aufnahme der Arbeitsweise „Reload“: Die Deutsche ReGas wehrt sich mit Klage vom 3. Januar 2025 gegen einen Bescheid vom 2. Dezember 2024, nach dem die „Reload“-Betriebsweise des LNG-Terminals nicht von der Genehmigung gedeckt sein soll. Der Bescheid wurde zwischenzeitlich aufgehoben. Am 23. April entschied das BVerwG, dass ein Vertreter der Klägerseite nicht beigeladen werden müsse (Az: BVerwG 7 A 1.25). Der Begriff „Reload“ bezeichnet in diesem Kontext laut NDR die Umverladung von LNG von einem größeren auf einen kleineren Tanker zum Abtransport in andere Gefilde auf dem Seeweg.
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- Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines LNG-Terminals: Nach Angaben des Gerichts dreht sich der Streit um die Genehmigung zweier FSRU-Anlagen, „einer landseitigen Kraft-Wärme-Koppelung und einer Medienversorgungsleitung mit zwei Hochdruck-Gasverladearmen am Standort Mukran“ (Az: BVerwG 7 A 7.25). Die Klage wurde am 22. April 2025 eingereicht.
- Weiterbetrieb der Verbrennungsmotoranlagen des Energie-Terminals „Deutsche Ostsee“: Laut BVerwG ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 7 A 8.25 seit dem 24. April 2025 anhängig.
Auch ein „Beschluss in der Sache BVerwG 7 VR 4.25“ stehe noch aus, so die Gerichtssprecherin. Nähere Einzelheiten über die laufenden Verfahren gab sie nicht heraus. Der ReGas-Sprecher hielt sich bedeckt: „Wenn Ihnen laufende Verfahren bestätigt wurden, können wir uns in deren Verlauf dazu nicht äußern.“ BILR-Aktionsrat Kunstmann gab an, nicht darüber informiert worden zu sein, ob es sich bei Gerichtsstreitigkeiten zwischen dem StaLU und der ReGas „um grundsätzliche oder Detailfragen“ handele.
Das mecklenburg-vorpommerische Landesministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt äußerte sich gegenüber der Epoch Times ebenfalls nicht zum Stand der Dinge bei Genehmigungsverfahren oder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Das StaLU ließ einen Fragenkatalog unbeantwortet.
Ukrainekrieg veranlasste Ampelregierung zur LNG-Offensive
Der Streit um eine LNG-Terminalanlage in Mukran dauert bereits seit rund zwei Jahren an. Nach Angaben des Portals „Ostseeinselruegen.de“ hatte die Ampelregierung den Standort im Juli 2023 in ihr neues LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG) aufgenommen. Hintergrund war die Gasmangellage, die nach Beginn des Krieges in der Ukraine am 24. Februar 2022 in Deutschland zu befürchten war.
Der Hafen von Mukran erschien der Regierung als Ausgangspunkt geeignet, um Gas per Pipeline nach Lubmin zu transportieren. Dort, wo ursprünglich die Nord Stream 2-Röhren russisches Gas anliefern sollten, sollte nun ersatzweise Gas aus Mukran in die Fernleitungsnetze gelangen. Anvisiert wurde eine Kapazität von 13,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr, ursprünglich zu leisten von zwei FSRUs.
Die Anlage in Mukran soll später auch Wasserstoff umschlagen, um die langfristigen Ziele der deutschen Klimapolitik zu unterstützen. Für all diese Zwecke gründete sich im April 2022 das Privatunternehmen Deutsche ReGas mit Sitz in Lubmin.
Die übrigen LNG-Terminals auf deutschem Boden stehen in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade. Sie werden allerdings nicht privat, sondern von der bundeseigenen Deutsche Energy Terminal GmbH (DET) betrieben. Während Brunsbüttel und Wilhelmshaven ebenso wie Mukran schon zur Energieversorgung beitragen, bleibt vorerst ungewiss, wann es in Stade mit der Regasifizierung losgehen wird.
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Der LNG-Terminalstandort Sassnitz-Mukran
Am 24. Februar 2024 legte mit der inzwischen wieder abgezogenen „Energos Power“ das erste FSRU im Hafen von Mukran an. Die Betriebsgenehmigung wurde im April 2024 vom StaLU Vorpommern erteilt. Anfang Juli lief auch die „Neptune“ von Lubmin aus in Mukran ein. Nach anfänglichem Probebetrieb befindet sich die LNG-Anlage seit Anfang September 2024 im Regelbetrieb.
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Von Anfang an liefen die Bürger vor Ort Sturm gegen den Umschlagplatz: Sie befürchteten Schäden für den lokalen Tourismus und für das Ökosystem an der Ostsee. Außerdem bemängelten sie einen erhöhten CO₂-Ausstoß, überflüssige Überkapazitäten für den deutschen Gasmarkt, Sicherheitsrisiken und Beeinträchtigungen im Alltagsleben der Anwohner. Klagen oder Widersprüche gegen den Betrieb oder den Ausbau der Anlage blieben bislang erfolglos – ganz gleich, ob sie von privaten Gastronomen, von der nahen Gemeinde Binz, von der Deutschen Umwelthilfe oder vom Naturschutzbund Deutschland angestrengt worden waren.
Nach Meinung der Deutschen Umwelthilfe bedeutet insbesondere das LNG-Projekt in Mukran hohe Belastungen für den Steuerzahler: Allein der Ausbau der Infrastruktur habe 865 Millionen Euro verschlungen, dazu komme eine Garantie des Bundes über 1,878 Milliarden Euro. Die Auslastung der Terminals sei dagegen relativ dürftig.
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