Als Querdenken bundesweit für Aufregung sorgte

Fünf Jahre nach der ersten Großdemonstration der Querdenken-Initiative gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin wollen die Gründer der Bewegung eine „digitale Welle“ anschieben, um an die Stimmung jenes 1. Augusts zu erinnern. Für den folgenden Samstag hat die Berliner Querdenken-Ortsgruppe eine Demo angemeldet.
Titelbild
Am 1. August 2020 bevölkerten Gegner der deutschen Corona-Politik die Bundeshauptstadt.Foto: John Macdougall/AFP via Getty Images
Von 1. August 2025

In Kürze:

  • Querdenken-Bewegung startet Netzaktion zur Erinnerung an ihre erste Großdemo in Berlin
  • Demo-Neuauflage am 2. August vor dem Brandenburger Tor
  • Michael Ballweg vom Landgericht Stuttgart vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen

Der 1. August 2020 wird vielen Menschen im Gedächtnis haften geblieben sein: An jenem sonnigen Samstag fand die erste Großdemonstration der Querdenken-711-Bewegung gegen die deutsche Corona-Politik in Berlin statt. Unter dem Motto „Das Ende der Pandemie – Tag der Freiheit“ hatten maßnahmenmüde Bürger für ihre grundgesetzlich verbrieften Freiheitsrechte demonstriert. Am Ende bekanntlich erfolglos: Die politisch verordneten Vorschriften sollten in mehr oder weniger rigider Form noch bis zum April 2023 andauern.

Auf den Tag genau fünf Jahre danach soll nun eine „digitale Welle“ an die Aufbruchstimmung jenes 1. Augusts erinnern. „Lasst uns zeigen, was war – und dass wir noch da sind. Jetzt mitmachen!“, heißt es in einem aktuellen X-Eintrag des Stuttgarter Querdenken-Gründers Michael Ballweg. Seine Kurzanleitung richtet sich speziell an jene, die seinerzeit in Berlin dabei waren:

„Poste ein Foto, ein kurzes Video oder eine Erinnerung. Nutze die Hashtags: #AUGUST2020, #QUERDENKEN, #B0108, #WirWarenMillionen 🕊 Thema: ‚QUERDENKEN. Wir sind wieder da.‘“

Ballweg war eine Galionsfigur der Protestbewegung gegen Corona-Maßnahmen.

Der Stuttgarter IT-Unternehmer Michael Ballweg gründete im April 2020 die Querdenken-Protestbewegung gegen die politisch verordneten Corona-Maßnahmen. Im Hintergrund: sein Anwalt Ralf Ludwig. Foto: Bernd Weißbrod/dpa POOL/dpa

Friedensdemo am Samstag

Für Samstag, 2. August, plant der Berliner Ableger der Querdenken-Bewegung zum Jubiläum eine eigene Demonstration. Die Berliner übernahmen die Organisation der mittlerweile schon traditionellen Veranstaltung zum ersten August-Samstag, dieses Mal ohne die Unterstützung der Stuttgarter Urgruppe. Das sei schon im Vorfeld so vereinbart worden, heißt es auf deren Website: Angesichts des laufenden Gerichtsprozesses gegen Ballweg wegen dessen „Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden und der gepfändeten Konten“ habe für den Ideengeber dieses Mal „kein eigener Handlungsspielraum“ bestanden.

Das Motto der 2025er-Erinnerungsveranstaltung inklusive Demoumzug lautet: „Weltfrieden, für ein Leben in Frieden und Freiheit.“ Los gehts ab 13:00 Uhr am Brandenburger Tor.

Ballweg hatte bereits im Mai gegenüber der Epoch Times angekündigt, unter dem Slogan „Make Querdenken great again!“ (zu Deutsch etwa: „Mach Querdenken wieder großartig!“) der Friedens- und Freiheitsbewegung wieder neuen Auftrieb verleihen zu wollen. Zur Seite standen ihm dabei Jürgen Elsässer, der Herausgeber des „COMPACT“-Magazins, sowie der Journalist Kayvan Soufi-Siavash („apolut.net“).

Ballwegs Ansage damals: „Wir bleiben mutig, friedlich und entschlossen – und werden die Kraft des Aufbruchs erneut bündeln, sobald die Menschen dazu bereit sind.“

[etd-related posts=“5143171″]

Rechtsanwalt Ludwig: „Wir werden nicht ruhen“

Ballwegs Rechtsanwalt Ralf Ludwig, ebenfalls ein Maßnahmengegner der ersten Stunde, erklärte in einem Kurzvideo unter Ballwegs X-Eintrag, dass es jene erste Großdemo 2020 in Berlin gewesen sei, die eine weltweite Widerstandsbewegung gegen die Corona-Maßnahmen ausgelöst habe. Selbst Amerikaner hätten ihm gegenüber das Engagement der Deutschen als „sehr beachtlich“ gewürdigt. Ludwig versprach, bei der Aufarbeitung nicht locker zu lassen:

„Wir werden auch nicht ruhen, dass diejenigen, die dafür verantwortlich sind, auch letztlich zur Verantwortung gezogen werden können und werden – durch Gerichte, durch die Justiz.“

Landgericht Stuttgart: Betrug nein, Steuerhinterziehung ja

Mit der Justiz hatte es auch Demo-Organisator Ballweg selbst in den vergangenen drei Jahren zu tun bekommen. Ab dem 29. Juni 2022 saß er neun Monate lang in Untersuchungshaft in der JVA Stuttgart-Stammheim – wegen Verdachts auf versuchten Betrug und Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit seinen Querdenken-Aktionen. Das Hauptverfahren gegen ihn begann am 2. Oktober 2024.

Am 31. Juli 2025 wurde der IT-Unternehmer nach 44 Verhandlungstagen und 80 Zeugenbefragungen vom Landgericht Stuttgart vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen. Für seine Zeit in U-Haft steht ihm eine Entschädigung zu. Auch auf sein bis dato eingefrorenes Vermögen darf er wieder zugreifen.

Das Gericht sah allerdings Ballwegs Schuld in zwei Fällen von Steuerhinterziehung von zusammen 19,53 Euro als erwiesen an. Zudem wurde der Unternehmer der versuchten Steuerhinterziehung in drei Fällen mit einer Gesamtsumme von rund 2.100 Euro für schuldig befunden. Ballweg kam mit einer Verwarnung davon: Das Landgericht behielt sich eine Strafzahlung von 30 Tagessätzen à 100 Euro unter einer Bewährungsauflage von einem Jahr vor. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig.

[etd-related posts=“5205051,5186457″]

Am Tag der Urteilsverkündung zum Fall Michael Ballweg war der Eingang des Landgerichts von Sympathisanten belagert. Foto: Bildschirmfoto/Epoch Times

Am Tag der Urteilsverkündung zum Fall Michael Ballweg war der Eingang des Landgerichts von Sympathisanten belagert. Foto: Bildschirmfoto/Epoch Times

2020: Polizei löste Großdemo wegen Verstößen gegen Hygieneregeln auf

Doch zurück zur ersten großen Querdenken-Demo vom 1. August 2020. Der Tag begann damals mit mehreren Protestzügen durch das Berliner Stadtzentrum (Zwei-Stunden-Livestream auf YouTube), bevor sich die Menge in der Straße des 17. Juni im Stadtteil Tiergarten zur Hauptkundgebung versammelte.

Die an diesem Tag eingesetzten 1.100 Beamten der Berliner Polizei machten dem laut Querdenken-Website „heterogenen, diversen und bunten“ Treiben allerdings bald ein Ende: Nach lautstarken, aber fruchtlosen Protesten am Nachmittag (Kurzvideo auf YouTube) wurde die Versammlung am Abend schließlich komplett aufgelöst. Offizieller Grund waren die massenhaften Verstöße gegen Abstands- und Maskentragevorschriften.

Die Berliner Polizei ließ am Samstagnachmittag des 1. August 2020 niemanden mehr auf die Bühne der „Querdenken-Demo“. Foto: Bildschirmfoto/dumm_gehalten

Die Berliner Polizei ließ am Samstagnachmittag des 1. August 2020 niemanden mehr auf die Bühne der Querdenken-Demo. Foto: Bildschirmfoto/YouTube/dumm_gehalten

Über die Frage, ob dem Aufruf des Stuttgarter Querdenken-Gründers am Ende 1,3 Millionen, 800.000 oder doch nur 17.000 Maßnahmenkritiker in die Hauptstadt gefolgt waren, wie seinerzeit ein Polizeisprecher verlautbart hatte (Video auf YouTube), streiten sich Gegner wie Befürworter der Protestaktion zuweilen noch heute.

[etd-related posts=“3303857″]

Vier Wochen später fand die zweite Querdenken-Großdemo rund um die Siegessäule der Bundeshauptstadt statt, bei der auch der heutige amerikanische Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. eine Rede hielt (Video auf YouTube).

[etd-related posts=“3323078″]

Schlechter Ruf primär wegen mangelnder Distanz zum rechten Lager

Während viele Corona-Maßnahmenkritiker die Querdenken-Bewegung zumindest in ihrer Anfangszeit als Hoffnungsschimmer für mehr Demokratie, Freiheit und Frieden betrachteten, wurde und wird das Label von seinen Gegnern vor allem in Medien und Politik äußerst kritisch begleitet.

Der „Deutschlandfunk“ (DLF) etwa betonte im Dezember 2020, dass sich ihren Demos häufig „offen rechtsextreme Gruppen“ anschlössen, auch wenn diese nur einen kleinen Teil der Protestler ausmachten. Zudem würden auch die AfD, sogenannte „Reichsbürger“ und Angehörige der Identitären Bewegung zur Teilnahme an Querdenken-Veranstaltungen aufrufen. Bestimmte Ortsgruppen, die sich stets an der nachgestellten Telefonvorwahl lokal zuordnen lassen, würden vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) beobachtet – meist unter der von BfV-Chef Thomas Haldenwang eingeführten Beobachtungsrubrik der „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“.

Wenn „Esoteriker, Fundamentalisten und Rechtsextreme“ auf die Straße gingen, so liege das an deren gemeinsamen Feindbild, nämlich „die da oben“, wie der Religionswissenschaftler Andreas Grünschloß schon im September 2020 gegenüber dem DLF zu Protokoll gab. Der Journalist Olaf Sundermeyer räumte im November 2020 ebenfalls im DLF zwar ein, dass die Mehrheit der Querdenken-Anhänger „friedlich“ sei, wollte aber eine zunehmende „Radikalisierung“ beobachtet haben.

Hohes Aggressionspotenzial?

Bei „Herder“-Autor Matthias Pöhlmann war etwa zum gleichen Zeitpunkt von einem erhöhten „Aggressionspotenzial“ zu lesen: Demonstranten auf der August-Demo 2021 hätten Maskenträger „angepöbelt“, Journalisten und Polizisten seien „von einzelnen wütenden Demonstranten angegriffen“ worden. Am Ende habe es 75 verletzte Polizisten, 1.000 Festnahmen und 500 Verfahren gegeben. Im Vorjahr seien auf einer Münchner Demo „Mobilfunkgegner, Verschwörungsgläubige, QAnon-Anhänger, Impfgegner, Esoteriker, aber auch unauffällige Menschen“ zusammen gegen die Hygienevorschriften auf die Straße gegangen.

Der „Bayerische Rundfunk“ attestierte im Februar 2021 speziell der „Führungsebene“ der Stuttgarter Querdenken-Keimzelle „sowohl personell als auch ideologisch Überschneidungen zu Rechtsextremisten und Reichsbürgern“. Michael Ballweg selbst begegnete derartigen Zuschreibungen im Epoch-Times-Interview vor zwei Monaten mit Unverständnis:

„Ich stehe für eine friedliche, überparteiliche Bewegung, die sich konsequent an den Grundrechten orientiert. QUERDENKEN-711 wurde 2020 gegründet, um einen offenen Raum für Menschen zu schaffen, die sich für Freiheit, Selbstbestimmung und respektvollen Dialog engagieren – unabhängig von Parteizugehörigkeit oder politischer Herkunft, unabhängig davon, welche Partei jemand wählt oder ob er überhaupt wählt. […] Querdenken steht für ‚an der Quelle nachfragen‘ – miteinander sprechen statt übereinander.“

Transparenzhinweis: Dieser Artikel wurde um die Details zur Verurteilung von Michael Ballweg ergänzt. Ausführlich hat Epoch Times darüber hier und hier berichtet. 



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion