Auf Papier gut belegt, in Wahrheit Leerstand: Bezirksamt zeigt 82 Betrugsverdachtsfälle in einem Wohnkomplex an

In Berlin-Mitte ist eine Kette neuer Fälle von mutmaßlichem Meldebetrug bekannt geworden. In einem nahezu leer stehenden, sechsstöckigen Wohngebäudekomplex in der Habersaathstraße hatten sich vorwiegend im Mai und Juni 2025 insgesamt 82 Personen als Mieter angemeldet, obwohl sie nach Prüfung des Bezirksamts Mitte gar nicht dort leben. Betroffen sind die Hausnummern 44 bis 48, wie das Bezirksamt auf Anfrage der Epoch Times bestätigte. Das Gebäude befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Berliner Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND). Die Zeitung „BZ – die Stimme Berlins“ hatte als erstes Medium über die Lage vor Ort berichtet.
Nach Angaben des Bezirksamts handelt es sich „fast ausschließlich um Personen mit bulgarischer Staatsangehörigkeit“, die ihren angeblich neuen Wohnsitz in verschiedenen Bürgerämtern angemeldet hatten. Die übrigen Nationalitäten gab das Amt gegenüber der Epoch Times trotz ausdrücklicher Nachfrage nicht preis.
Für die meisten Anmeldungen hätten die angeblichen Neumieter in den Bürgerämtern in der Osloer Straße, aber auch in Bezirken wie etwa Reinickendorf oder Steglitz-Zehlendorf vorgesprochen, so das Bezirksamt. Sie seien „mindestens teilweise mit einem ‚Betreuer‘ beziehungsweise ‚Sprachmittler‘“ aufgetreten. Da die Begleitpersonen sich nicht ausweisen müssten, seien deren Namen unbekannt. Am Ende hätten die Antragsteller die Bürgerämter mit den gewünschten Meldebescheinigungen verlassen.
Gefälschte Mietvertragsbestätigungen vorgelegt – Urheber unklar
Wie das Bezirksamt bestätigte, hatten 74 der insgesamt 82 angeblichen Neumieter als Beleg für ihr neues Domizil sogenannte „Wohnungsgeberbescheinigungen“ eines früheren Hausverwaltungsunternehmens vorgelegt. Diese seien vermutlich gefälscht gewesen. Denn jene Hausverwaltung, die auf den Mietvertragsbestätigungen erschienen sei, solle schon im Juli 2023 von der namentlich nicht genannten Hauseigentümerin von ihren vertraglichen Aufgaben entbunden worden sein. Hintergrund für die Trennung sei damals die Insolvenz der Hausverwaltung gewesen.
„Ob die ungültigen Wohnungsgeberbescheinigungen von der ehemaligen Hausverwaltung ausgestellt wurden oder sonstige Dritte diese gefälscht haben, entzieht sich unserer Kenntnis“, schrieb das Bezirksamt Mitte auf Nachfrage der Epoch Times.
Nach Stichproben stutzig geworden
Das Amt sei erst aufgrund von Stichproben hellhörig geworden und habe eine weitergehende Prüfung entsprechender Anmeldungen in der Habersaathstraße veranlasst. Nach Informationen der „BZ“ hatten die Kontrollbesuche ergeben, dass tatsächlich nur noch vier bis sechs reguläre Altmieter einige der insgesamt 105 Wohneinheiten belegten.
Daraufhin hätten Mitarbeiter des Bezirksamts den zuständigen Polizeiabschnitt um Ermittlungen gebeten, „da hier u. a. der Anfangsverdacht der Urkundenfälschung sowie Verstoß gegen das Bundesmeldegesetz besteht“, so das Amt gegenüber der Epoch Times.
Die Anzeige sei dann vonseiten der Polizei erfolgt. Außerdem seien die rechtswidrigen Anmeldungen „von Amts wegen abgemeldet“ beziehungsweise „gelöscht“ worden. „Zudem soll über das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten ein Sperrvermerk veranlasst werden“, erklärte das Bezirksamt. Damit soll nach Informationen der „BZ“ unterbunden werden, dass etwaige Anträge auf staatliche Unterstützung nicht zum Erfolg führen.
Mögliche Folgestraftaten denkbar
Der Stellvertretende Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU) hatte im Gespräch mit dem Nachrichtensender „WELT TV“ erklärt, dass er einen Betrug in diesem Umfang noch nicht erlebt habe.
Derzeit könne man „noch nicht abschließend sagen“, ob die mutmaßlichen Anmeldebetrüger ihre neuen Meldeadressen bereits dazu genutzt hätten, sich Bürgergeld oder andere Sozialleistungen zu erschleichen. Je nach Alter oder Erwerbsfähigkeit sei entweder das lokale Sozialamt in Mitte oder das Jobcenter zuständig, so Spallek bei „Welt TV“. Das Bezirksamt habe zumindest für den Zuständigkeitsbereich des Sozialamts aber bislang keine „Auffälligkeiten“ festgestellt.
Wie es in den Jobcentern aussehe, entziehe sich der Kenntnis des Bezirksamts, so Spallek: „Ob dann weitere Straftaten, vielleicht sogar oder Sozialleistungsbetrug eingetreten sind oder eintreten, können wir zum derzeitigen Zeitpunkt nicht sagen.“ (Video auf YouTube)
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Wie die mutmaßlichen Meldebetrüger Kenntnis über die frühere Zusammenarbeit der Immobilieneigentümerin mit einer längst gekündigten Hausverwaltung und über die leer stehenden Wohnungen erlangt hatten, bleibt unterdessen unklar.
Die Epoch Times schickte auch dem zuständigen Polizeiabschnitt einen Fragenkatalog zum Stand der Dinge. Bis zum Redaktionsschluss am 9. Juli blieben die Fragen allerdings unbeantwortet.
Spallek: Besonders EU-Ausländer nutzen Möglichkeiten
Spallek räumte im „WELT TV“-Gespräch ein „großes Dunkelfeld“ beziehungsweise eine „Grauzone“ ähnlich gelagerter Fälle ein. Diese erstreckten sich sowohl auf Meldebestätigungen als auch auf Arbeitsverträge. So böten „gefakte“ oder auch tatsächliche Nachweise geringfügiger Beschäftigungen die Möglichkeit, „aufstockende Leistungen“ zu erhalten.
In letzter Zeit sei vermehrt zu beobachten, dass „gerade die EU-Ausländer“ nach Berlin kämen, „um hier teilweise Leistungen zu beziehen, obwohl sie dem Grunde nach keine oder kaum Leistungsansprüche hätten“, erklärte der Stellvertretende Bezirksbürgermeister.
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Gebäude soll Eigentumswohnungen weichen
Die Eigentümerin der Immobilie besitzt laut „BZ“ die Genehmigung des Bezirksamts, ihren in den 1980er-Jahren errichteten Bau abzureißen, um an gleicher Stelle Eigentumswohnungen bauen und vermarkten zu können. Dazu habe sie bereits entsprechende Verwertungskündigungen an die wenigen verbliebenen regulären Bewohner geschickt. Dem Vorhaben stünden allerdings noch laufende zivilrechtliche Gerichtsverfahren entgegen: Nach Angaben des Bezirksamts bewohnen manche der regulären Mieter seit mehr als 20 Jahren ihre Wohnungen in der Habersaathstraße.
Nach Recherchen der „BZ“ hatten sich in den vergangenen Jahren zuweilen auch Obdachlose und Hausbesetzer in die leer stehenden Wohnungen einquartiert. An den Eingangstüren finden sich neben Graffiti und Aufklebern auch einschlägige Anti-Abriss-Parolen. Nach Informationen der „Welt“ hatte es zudem bereits Demonstrationen und Protestaktionen „linker Gruppen“ gegeben, obwohl sich die Eigentümerin verpflichtet habe, für Ersatz zu sorgen.
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Wohnsitzwechsel kann zu erleichterten Haftbedingungen führen
Die Auswahl des „richtigen“ Wohnorts in Deutschland ist auch für verurteilte Straftäter immer wieder von Interesse. In den vergangenen Jahren hat sich so etwas wie ein „Strafvollzugstourismus“ etabliert: Wer noch vor Antritt seiner Haft einen Wohnsitzwechsel in ein anderes Bundesland vollzieht, kann von den dort vermeintlich liberaleren Haftbedingungen profitieren. Als besonders locker gelten derzeit Berlin und Nordrhein-Westfalen.
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