Bargeldloses Bezahlen ist im Trend, doch der Weg zum digitalen Euro bleibt holprig

Während die sächsische Bäckerei Steinecke in vier Filialen kein Bargeld mehr annimmt, akzeptiert ein Bäcker aus Hannover wieder Scheine und Münzen auf Wunsch der Kunden. Auch andere Branchen testen den Einkauf ohne Bares. Weltweit gibt es noch kein Land, in dem das Bargeld komplett verbannt wurde.
In vielen autonomen Geschäften wird per SB-Kasse bezahlt.
In vielen autonomen Geschäften wird per SB-Kasse bezahlt.Foto: Boris Roessler/dpa
Von 14. Juli 2025

Die sächsische Großbäckerei Steinecke testet seit Anfang Juli in vier ihrer mehr als 500 Filialen das ausschließlich bargeldlose Bezahlen. Die Geschäftsführung begründet dies mit geringerem Aufwand und weniger eigenen Kosten. Auch habe man festgestellt, dass etwa 60 Prozent der Kunden bereits bevorzugt zur Bankkarte statt Geldscheinen und Münzen greifen. Mindestens vier Wochen soll die Testphase dauern. Der Versuch wird kontrovers in sozialen Medien diskutiert.

Hohe Zusatzkosten für Kunden

Klar gegen bargeldloses Bezahlen spricht sich „bine“ auf X aus. Sie schreibt: „Ich bezahle bestimmt nicht in einer Bäckerei mit Karte, wenn ich nur 4,50 € bezahlen muss. Entweder sie akzeptieren mein Geld in bar oder sie lassen es, dann haben Sie einen Kunden weniger.“ Andere Kommentare sehen die Entwicklung entspannt. So meint „mKaufeld“: „Das nennt sich unternehmerische Freiheit. Ich liebe auch Bargeld, akzeptiere aber auch abweichende Meinungen.“

Einen ganz anderen Weg geht „OPA111AM“: „Ich backe meine Brötchen seit ca. 10 Jahren selbst. Viel besser, leckerer, zehnmal günstiger, innerhalb von zwei Stunden verfügbar, Geschmack unschlagbar.“ Der Kauf eines Brötchens mit Karte stelle einen zusätzlichen Griff in die Tasche der Verbraucher dar, erklärt Nutzer „Der letzte seines Namens“. Er hat einen Monat lang seine Einkäufe konsequent mit EC-Karte bezahlt. Das kommt ihm nun teuer zu stehen: „Da ich nur eine bestimmte Anzahl Buchungen kostenlos habe, (…) hat mich der Spaß ~27 Euro gekostet“, schreibt er.

Das Meinungsspektrum ist also breit gefächert. Der sächsische Bäckereibetrieb Steinecke, der in diesem Jahr sein 80-jähriges Bestehen feiert, ist nicht der Erste, der das Bargeld aus seinen Filialen verbannen möchte. Im Frühjahr beendete die in Hannover ansässige Bäckerei Göing eine ein Jahr währende, bargeldlose Phase. Ergebnis: Münzen und Scheine werden wieder akzeptiert.

Auf Kundenwunsch zurück zum Bargeld

Damit, so zitierte die „Hannoversche Allgemeine“ (Bezahlschranke) den Verwaltungsleiter Uwe Koppermann, sei man auf „vielfachen Kundenwunsch“ eingegangen. Wie die sächsischen Kollegen argumentierten auch die Niedersachsen mit geringeren eigenen Kosten und weniger Aufwand. Kunden könnten zudem schneller bedient werden, und die Mitarbeiter hätten mehr Zeit zur Erledigung anderer Aufgaben. Einen Umsatzrückgang habe es während der Testphase nicht gegeben.

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Der Trend zum bargeldlosen Bezahlen zieht sich durch viele Bereiche und ist auch einem Trend der Verbraucher geschuldet. Laut einer Studie der Deutschen Bundesbank von 2023 gilt der Spruch „Nur Bares ist Wahres“ lediglich noch bei 51 Prozent der Verbraucher. Das waren 7 Prozent weniger als zwei Jahre zuvor. Im Gesamtumsatz überholten Debitkarten (Girocard) mit 32 Prozent Bargeld (26 Prozent) erstmals. Auch mobile Zahlverfahren (Smartphone, Smartwatch) stiegen an – und zwar auf 6 Prozent. Das war dreimal mehr als noch zwei Jahre zuvor. Insgesamt akzeptierten 81 Prozent der sogenannten stationären Händler bargeldlose Zahlungsmittel. Eine weitere Erkenntnis aus der Studie: Jüngere und einkommensstärkere Gruppen bevorzugen deutlich häufiger digitale Zahlarten.

Supermärkte, Baumarktketten oder Einrichtungshäuser wie IKEA bieten mittlerweile zur klassischen Kasse auch den bargeldlosen Kassenbereich, in dem der Kunde seine Käufe einscannt und die Rechnung digital begleicht. Die Supermarktkette Tegut hat vor einiger Zeit „teo“-Filialen eröffnet, in denen es ein Sortiment aus rund 950 Artikeln des täglichen Bedarfs bekommt. Geöffnet ist rund um die Uhr; Personal gibt es dort nicht mehr. Kunden bekommen Einlass mithilfe der „teo“-App oder mit einer Bank- oder Kreditkarte. Eine Kamera überwacht den Verkauf; nach dem Bezahlen öffnet sich die Ausgangstür automatisch.

Autonomer Supermarkt der Zukunft ohne Angestellte?

Ohne Eingangshürden wie Scans oder Registrierung bietet Netto in einigen Märkten bereits seit mehr als eineinhalb Jahren die Möglichkeit zum Einkaufen an. Kameras an den Decken begleiten die Einkäufer und erstellen individuelle Warenkörbe, berichtete das Fachportal „Retail Optimiser“ im Januar 2024. Hat der Kunde bezahlt, werden die Daten demnach umgehend wieder gelöscht.

Diese Technologie wurde bereits vor drei Jahren bei der EuroCis vorgestellt. Sie findet jährlich in Düsseldorf statt und gilt als Europas führende Fachmesse für Technologien, die den Einzelhandel digitaler, effizienter und kundenfreundlicher machen (Retail Technology). Dort war das Modell eines Supermarktes aufgebaut, in dem das Fachpublikum Testeinkäufe tätigen konnte.

Bis auf einen Angestellten, der bei Fragen oder technischen Problemen für die Kunden da ist, gibt es keine Mitarbeiter mehr im Supermarkt der Zukunft. Bei einer Podiumsdiskussion prognostizierte daher auch ein führender Vertreter aus der Lebensmittelbranche, dass angesichts extrem sinkender Personalkosten stark wachsende Erträge zu erwarten seien.

Skepsis gegenüber Technik

Doch trotz aller Entwicklungen hin zum digitalen Geld: An kleineren Betrieben, meist aus dem Bereich der Gastronomie, findet sich am Eingang mitunter ein schriftlicher Hinweis auf reine Barzahlung. Die Gründe können vielfältig sein. So ist man nicht an Zahlungsdienstleister gebunden, die für jede Transaktion Gebühren verlangen. Auch eine Skepsis gegenüber der Technik, die einen im Stich lassen könnte, schwingt mit.

Geschäftsmann Thomas N. (Name der Redaktion bekannt) setzt seit einigen Monaten ausschließlich auf Bargeld. Seinen Kunden kündigte er diesen Schritt an. Zunächst kassierte er für die Kartenzahlung eine kleine Gebühr, „da mir ja zusätzliche Kosten anfallen“. Die wollten viele Kunden einsparen und stiegen wieder auf Scheine und Münzen um. Dann schaffte N. das Kartenzahlgerät in seinem Geschäft ab. Protest gab es keinen, sagte er, die meisten hätten ohnehin neben Bank- oder Kreditkarte auch Bares im Portemonnaie. Er selbst möchte damit ein Zeichen setzen für das Bargeld. „Die Freiheit darf man uns nicht nehmen“, betonte er. Auch gehe es weder Staat noch Banken oder Kreditkartengesellschaften etwas an, wofür man sein Geld ausgebe.

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Studie: Umstellung auf digitalen Euro kostet Banken bis zu 30 Milliarden

Die zweijährige Testphase der Europäischen Zentralbank (EZB) zur europaweiten Einführung des digitalen Euros steht kurz vor dem Abschluss. Im Oktober endet der Versuch; dann entscheidet der Rat der EZB, ob das Projekt in eine technische Umsetzungsphase übergeht.

Voraussetzung für eine spätere Einführung: Ein Gesetzgebungsverfahren muss abgeschlossen sein, wobei das Europäische Parlament und der Rat der EU zustimmen müssen. Die Basis der Debatte ist der im Juni 2023 vorgelegte Gesetzesentwurf. Er beinhaltet noch viel Diskussionsbedarf, sodass die Deutsche Bundesbank nicht vor 2028 mit der Einführung rechnet. Teuer wird es für die Banken außerdem. Laut einer im Juni 2025 veröffentlichten Studie können sich die Kosten für die Banken wegen der Umstellung auf den digitalen Euro europaweit auf bis zu 30 Milliarden Euro summieren (Seite 37 unten).

Bahamas waren Vorreiter bei Einführung digitaler Währung

Weltweit gibt es bisher kein Land, das das Bargeld vollständig abgeschafft hat. In allen Nationen gilt die sogenannte hybride Zahlungsweise, allerdings mit unterschiedlicher Akzeptanz. In Europa gilt Schweden als eines der bargeldärmsten Länder Europas. Dort wird Bargeld im Alltag kaum genutzt und die E-Krona als digitale Zentralbankwährung getestet.

Die Bahamas hatten bereits 2020 als erste digitale Zentralbankwährung (CBDC) den „Sand Dollar“ eingeführt. Er wird stark gefördert, wobei das Bargeld weiterhin gültig ist.

Auch in der EU soll das Bargeld weiter existieren. So haben Bundesbank und EZB für 2029 die dritte Banknoten-Serie angekündigt. Ein neues Motiv werden laut ING-Bank „Vögel in Europa“ darstellen – „als Symbol für Freiheit und die Verbundenheit zwischen Ländern und Lebensräumen“.



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