Beispielloser Spionagefall in Deutschland: Ex-Mitarbeiter von Maximilian Krah vor Gericht

Dresden steht derzeit im Blickpunkt Pekings: Vor dem Oberlandesgericht beginnt der Prozess gegen den ehemaligen Mitarbeiter von AfD-Politiker Maximilian Krah. Jian G. soll Daten auf höchster politischer Ebene im EU-Parlament und in der AfD sowie über chinesische Dissidenten in Deutschland gesammelt und weitergegeben haben. Epoch Times ist vor Ort.
In Dresden hat ein Spionage-Prozess begonnen.
In Dresden hat ein Spionage-Prozess begonnen.Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Von 5. August 2025

In Kürze:

  • Ab 5. August wird gegen den deutschen Staatsangehörigen und ehemaligen Mitarbeiter von Maximilian Krah Jian G. verhandelt, der interne politische Daten aus der EU und Deutschland nach Peking weitergegeben haben soll.
  • Mitangeklagt ist seine mutmaßliche Komplizin, die Chinesin Jaqi X.
  • Die Anklage wurde verlesen und ein Antrag der Verteidigung auf Aussetzung der Verhandlung wurde abgewiesen.
  • Auch in anderen Staaten wurden in den vergangenen Jahren mutmaßliche chinesische Spione verhaftet, die auf politischer Ebene agierten.
  • Besonders prominente Fälle wurden aus den USA, Belgien, Großbritannien und Tschechien bekannt.

 

In Dresden beginnt am Dienstag, 5. August, ein lang vorbereiteter Prozess wegen mutmaßlicher chinesischer Spionage in Deutschland. Angeklagt sind Jian G. sowie Jaqi X., eine mutmaßliche Komplizin. Jian G. kam zum Studium nach Deutschland und wurde später eingebürgert. G.s Anwalt bestritt zum Prozessauftakt eine geheimdienstliche Tätigkeit seines Mandanten. Beide Angeklagten weisen die Vorwürfe zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Bundesanwaltschaft: „Besonders sensible“ Dokumente nach Peking gegeben

Laut Anklage der Bundesanwaltschaft arbeitete Jian G. schon seit 2002 für einen chinesischen Geheimdienst, was nach § 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 sowie § 25 Abs. 2, § 52 StGB strafbar ist. Ab 2019 habe er seine Position im Büro des damaligen Europapolitikers Maximilian Krah (AfD) genutzt, um Informationen aus dem Europäischen Parlament und interne AfD-Daten zu beschaffen und weiterzugeben.

Jian G. soll über 500 Dokumente zusammengetragen haben, darunter auch als „besonders sensibel“ eingestufte Papiere und Daten über Spitzenfunktionäre wie Alice Weidel und Tino Chrupalla. Was Informationen über die EU angeht, sei es unter anderem um den Stand von Verhandlungen des Europäischen Parlaments und mehr als 80 Beschlüsse mit Bezug zu China gegangen.

In Dresden hat der Prozess wegen Agententätigkeit für einen chinesischen Geheimdienst begonnen.

In Dresden hat ein Prozess wegen mutmaßlicher Agententätigkeit für einen chinesischen Geheimdienst begonnen. Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Der AfD-Politiker Maximilian Krah wird von den Behörden als Zeuge geführt, die Ermittlungen richteten sich nicht gegen ihn. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe kündigte Krah sofort die Zusammenarbeit. Laut einer Gerichtssprecherin soll Krah im September als Zeuge geladen werden.

Jian G. habe Peking auch Daten über chinesische Oppositionelle und Dissidenten in Deutschland geliefert. Dabei soll er sich in digitalen Netzwerken zum Schein als Kritiker Chinas präsentiert haben, um an Personalien und Kontakte zu gelangen.

In der Anklageschrift, die Epoch Times vorliegt, heißt es, dass G. zwei verschiedene Excel-Dateien mit Informationen über Accounts zu Profilen chinesischer Oppositioneller auf seinem Mobiltelefon gespeichert habe. Eine habe einen Umfang von 1.001, die andere 24.171 Zeilen – in der längeren seien auch umfangreiche Informationen zu Personen wie Personalausweisnummern, Adressen, Rufnummern und der persönliche Werdegang aufgelistet.

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Mitangeklagte arbeitete am Flughafen Leipzig/Halle

Mitangeklagt ist eine mutmaßliche Komplizin, die Chinesin Jaqi X. Sie arbeitete für ein Logistikunternehmen, das unter anderem am Flughafen Leipzig/Halle tätig ist. Sie soll G. wiederholt Daten über Flüge, Fracht und Passagiere übermittelt haben. Dabei sei es vor allem um den Transport von Rüstungsgütern sowie Personen mit Verbindungen zu einem deutschen Rüstungsunternehmen gegangen. Der Flughafen ist ein wichtiges Drehkreuz für Militärgüter aus aller Welt, auch die NATO-Streitkräfte nutzen diesen.

In der Anklageschrift ist von Informationen zum Transport von Militärfahrzeugen, Truppen und Kampfdrohnen für die Bundeswehr und nach Israel die Rede. X. wurde im September vergangenen Jahres festgenommen. Sie wird ebenfalls der geheimdienstlichen Agententätigkeit für einen chinesischen Geheimdienst verdächtigt.

Ein ehemaliger Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah wird verdächtigt, für China spioniert zu haben.

Ein ehemaliger Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah wird verdächtigt, für China spioniert zu haben. Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Anklage verlesen – Antrag auf Aussetzung der Verhandlung

Nach Verlesung der Anklage stellte die Verteidigung von Jian G. einen Antrag auf Aussetzung oder Unterbrechung der Verhandlung, weil möglicherweise die Erhebung von Informationen durch die deutschen Nachrichtendienste nicht rechtmäßig erfolgt sei. Dabei geht es um ein abgehörtes Gespräch zwischen Jian G. und seiner Ehefrau. Die Verteidigung erklärte, dass der Geheimdienst unverhältnismäßig Informationen aus dem Kernbereich des Privatlebens von Jian und seiner Ehefrau gewonnen hätte. Das Gericht lehnte den Antrag ab.

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In einer Verhandlungspause sprach Epoch Times mit der Staatsanwaltschaft. Auf die Frage, ob es einen solchen Fall mit mutmaßlicher Spionage aus China schon einmal in Deutschland gegeben habe, verneinte Bundesstaatsanwalt Stephan Morweiser. „Der Fall ist, was China angeht, bisher ohne Vergleich in Deutschland.“

„Aus Sicht der Bundesanwaltschaft beleuchtet der Fall exemplarisch das umfassende Ausstellungsinteresse Chinas in Bezug auf politische, militärische und wirtschaftliche Belange Deutschlands und der EU“, so der Bundesanwalt. „Dies reicht von der Arbeit des Europäischen Parlaments und parteiintern der AfD über Aktivitäten von Dissidenten in Deutschland bis hin zur Ausspähung militärisch relevanter Lieferungen. Wir schätzen den Fall daher als besonders gravierend ein.“

Bei Jian G. geht die Anklage von einem besonders schweren Fall aus, was mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden kann. Bei der Angeklagten X. betrage das Höchstmaß fünf Jahre. Zu dem Fall gab es laut Moorweiser keinen Austausch mit den chinesischen Behörden.

Anwalt sieht politisches Motiv

Jian G.s Anwalt wies in einer Erklärung den Vorwurf einer geheimdienstlichen Tätigkeit seines Mandanten zurück. Weder im Rahmen von G.s dienstlicher Tätigkeit als Assistent des EU-Parlamentariers Krah noch außerhalb davon seien konkrete nachrichtendienstliche Informationen ausgetauscht oder weitergegeben worden. „Er hat sich nie dazu bereit erklärt.“

G.s Verteidiger erhob den Verdacht, dass die Festnahme seines Mandanten politisch motiviert gewesen sei. „Vor allem im Hinblick auf die Europawahl 2024“, sagte der Anwalt. Er bezweifelte, dass die abgehörten Gespräche von G. als Beweise zulässig seien. „Es wird sich zeigen, ob Jian G. 007 oder lediglich 0815 war.“

G.s Festnahme im April 2024 sorgte für Aufsehen, denn bis dahin hatte er als Assistent für Krah gearbeitet, der damals im Europaparlament saß und Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl war. Der AfD-Politiker zog bei der Wahl im Februar in den Bundestag ein, sein Mandat im Europaparlament legte er daraufhin nieder.

Chinesische Spionage ist weithin verbreitet

Jian G. soll durch seine Rolle an sehr vertrauliche Daten gelangt sein, sowohl aus dem Führungskreis der AfD als auch der EU. Die gesammelten Informationen würden für den chinesischen Geheimdienst eine hohe Relevanz besitzen, um politische Entscheidungsprozesse zu beeinflussen und Regimekritiker in Europa zu überwachen.

Bereits 2007 geriet G. in den Fokus der deutschen Geheimdienste, als er sich dem BND als Informant anbot. Dieser informierte umgehend den sächsischen Verfassungsschutz. Offenbar wurde der Mann dort noch bis 2018 als Quelle geführt, obwohl bereits 2015 der Verdacht auf Spionage für China aufkam.

Nach Erhebung der Anklage gegen G. und X. im April 2024 wies Peking die Vorwürfe zurück. Die sogenannte Spionagebedrohung sei frei erfunden und böswillig, erklärte Außenamtssprecher Guo Jiakun damals in Peking. „Wir fordern die deutsche Seite auf, die Verleumdung und Verunglimpfung einzustellen.“

Das Oberlandesgericht setzte für den Prozess gegen die beiden Angeklagten vorerst weitere Termine bis Ende September an.

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Spionage durch China ist nicht nur aus der Wirtschaft bekannt. Am selben Tag, als Jian G. festgenommen wurde, ließ die Bundesanwaltschaft drei weitere mutmaßliche Spione für China in Düsseldorf und Bad Homburg festnehmen. Die beiden Männer und eine Frau sollen in Deutschland im Zusammenhang mit Forschungsprojekten Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben.

In den USA schaffte es eine mutmaßliche Spionin bis ins Büro der Gouverneurin New Yorks

Auch in anderen Staaten werden seit längerer Zeit zunehmend chinesische Spione verhaftet. Ein besonders auffälliger Fall ist aus den USA bekannt geworden, wo Linda Sun (40), bekannt als Wen Sun, bis zur stellvertretenden Stabschefin der Gouverneurin des US-Bundesstaates New York aufsteigen konnte. Fast zwölf Jahre lang arbeitete sie für die Regierung in Albany – und mutmaßlich auch für Peking.

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Sie soll unter anderem unliebsame Anfragen zu und von Taiwan sowie zu Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang blockiert und nicht autorisierte Einladungsschreiben des Gouverneurs mit falschen Angaben zu Einreisedokumenten ausgestellt haben. Diese Einladungen sollen chinesischen Beamten ermöglicht haben, illegal in die USA einzureisen und sich mit Regierungsvertretern zu treffen. Sun soll dafür die Unterschrift von Kathy Hochul, der heutigen Gouverneurin, gefälscht haben.

In der Anklage heißt es auch, dass Sun im März 2020 einen chinesischen Konsulatsbeamten „heimlich“ zu einer privaten Telefonkonferenz der New Yorker Regierung während der COVID-19-Pandemie hinzugefügt habe. Sie warnte den KPC-Vertreter: „Halten Sie Ihr Telefon stumm.“ Der Beamte soll Sun geschrieben haben, der Anruf sei „sehr nützlich“ gewesen.

Ihr mutmaßlicher Lohn: „beträchtliche finanzielle und andere Zuwendungen“ aus Peking, darunter Transaktionen in Millionenhöhe für die Geschäfte ihres Mannes in China oder Reisevergünstigungen. Das Paar soll Geld gewaschen haben, um unter anderem eine Villa in New York im Wert von 3,6 Millionen US-Dollar, eine Eigentumswohnung auf Hawaii im Wert von 1,9 Millionen US-Dollar und mehrere Luxusautos, darunter einen Ferrari, zu kaufen.

Hochul sagte am 4. September 2024, dass Regierungen auf allen Ebenen „auf jeden Fall“ wachsamer sein sollten. Sun sei lange vor Hochuls Amtszeit in eine Position mit „Verbindung zur asiatischen Gemeinschaft und zu globalen Handelsfragen“ gebracht worden.

„Chinagate“ bei belgischem Abgeordneten

Zurück zu Europa. Im Dezember 2023 wurde Belgien vom „Chinagate“ erschüttert – Agenten des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit sollen einen belgischen Europaabgeordneten und einen Abgeordneten im belgischen Parlament jahrelang für ihre Zwecke instrumentalisiert haben. Steven Creyelman war damals Vorsitzender des Ausschusses für militärische Beschaffung – der auch Waffenlieferungen an die Ukraine oder Bestellungen für das belgische Militär behandelte.

Großbritannien erhob im April Anklage gegen einen parlamentarischen Forschungsassistenten, der früher für einen hochrangigen Abgeordneten der regierenden Konservativen Partei gearbeitet hatte. Zusammen mit einem anderen Mann soll er Peking mit juristischen Informationen versorgt haben.

In Tschechien wies der Geheimdienst in seinem Jahresbericht 2023 ausdrücklich auf falsche LinkedIn-Identitäten des chinesischen Regimes hin. Peking nutze diese Identitäten, um an tschechische Akademiker heranzukommen und sich als Vertreter fiktiver Beratungs- oder Headhunting-Firmen in Hongkong und Singapur auszugeben.

Dem tschechischen Geheimdienst zufolge nahm die KPCh neben Politikern auch einflussreiche Persönlichkeiten ins Visier. Gezielt sei versucht worden, Kritiker zum Schweigen zu bringen und gleichzeitig die Propaganda der KPCh zu fördern. Die Hauptzielgruppen, die von der Partei als „fünf Gifte“ bezeichnet werden, sind Falun-Gong-Praktizierende, Uiguren, Tibeter, Unterstützer der taiwanischen Unabhängigkeit und Befürworter der Demokratie in China.

„Wann immer die Chinesen von einer Veranstaltung in der Tschechischen Republik erfahren, die negative Kommentare über China enthalten könnte, beginnen sie mit systematischen Schritten, um sensible Informationen über den Ort, den Inhalt und die Teilnehmer der Veranstaltung zu erhalten“, heißt es in dem Bericht.

Im Mai 2020 hatten die China-Experten Clive Hamilton und Mareike Ohlberg einen umfassenden Überblick über die weltweiten Infiltrationsversuche der KPCh gegeben. In ihrem Buch „Die lautlose Eroberung: Wie China westliche Demokratien unterwandert und die Welt neu ordnet“ haben sie ihre Erkenntnisse zusammengefasst.

Anm. d. Red.: Dieser Artikel wurde am 05.08.2025 aktualisiert, um die Stellungnahme des Anwalts von Jian G. anzugeben. Der Artikel wurde zudem um weitere Details der Klageschrift und des Prozesses ergänzt. 



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