Kult-Bahn in Lissabon verunglückt: 16 Todesopfer aus mindestens sieben Ländern

Augenzeugen sprechen von Szenen „wie im Actionfilm“: Nach dem Unglück einer Kult-Bahn in Lissabon herrschen Schock und Trauer. Und es gibt viele offene Fragen zur Sicherheit des beliebten Fahrzeugs.
Titelbild
Polizeibeamte sichern den Unfallort der Gloria-Standseilbahn am Tag nach der Entgleisung, bei dem am 4. September 2025 in Lissabon 15 Menschen ums Leben kamen. Weitere sind 18 verletzt.Foto: Patricia de Melo Moreira/AFP via Getty Images
Epoch Times4. September 2025

Eine der berühmtesten Touristenattraktionen Lissabons ist innerhalb von Sekunden zur Todesfalle geworden: Bei der Entgleisung der historischen Standseilbahn „Elevador da Gloria“ kamen am Abend im Zentrum der portugiesischen Hauptstadt 16 Menschen ums Leben.

Ein deutscher Familienvater starb, Frau schwer verletzt, dreijähriger Sohn leicht verletzt

Am Tag nach dem schweren Standseilbahnunglück in Lissabon hat die Polizei die mutmaßliche Staatsbürgerschaft von 13 der 16 Todesopfer bekannt gegeben.

Zeugenaussagen, Dokumente und Telefonaufzeichnungen, die bei den Verunglückten gefunden worden seien, deuteten mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ darauf hin, dass ein Deutscher, zwei Kanadier, ein US-Bürger und ein Ukrainer getötet worden seien, erklärte der Leiter der portugiesischen Kriminalpolizei Luis Neves am Donnerstagabend.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft befanden sich zudem fünf Portugiesen, ein Schweizer und zwei Koreaner unter den Toten. Die Identität der drei weiteren Todesopfer wurde zunächst nicht bekannt gegeben.

Zuvor hatte die portugiesische Online-Zeitung „Observador“ unter Berufung auf eine Polizeiquelle über den Tod eines deutschen Familienvaters berichtet. Seine Frau schwebe in Lebensgefahr, ihr dreijähriger Sohn habe leicht verletzt überlebt.

„Leider müssen wir davon ausgehen, dass sich auch deutsche Staatsangehörige unter den Betroffenen befinden“, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Zu ihrer Anzahl gebe es derzeit noch keine verlässlichen Angaben, die Lage nach dem Unglück vom Mittwochabend sei weiter „unübersichtlich“.

Nationaler Trauertag ausgerufen

Die Zahl der Todesopfer stieg nach dem Tod eines Verletzten in der Nacht zum Donnerstag auf 16, wie Portugals Regierungschef Luis Montenegro mitteilte. Er korrigierte damit vorherige Angaben der örtlichen Behörden über 17 Tote. Zudem gebe es fünf Schwerverletzte.

Es handele sich um eine „der größten menschlichen Tragödien unserer jüngeren Geschichte“, erklärte Montenegro und versprach Aufklärung. In ganz Portugal galt ein von der Regierung ausgerufener Nationaler Trauertag.

„Portugal trauert“, sagte Bürgermeister Carlos Moedas dem TV-Nachrichtensender „SIC Notícias“ sichtlich niedergeschlagen. Es sei vor allem für die Stadt Lissabon „tragisch, ein schrecklicher Abend“.

Moedas rief eine dreitägige Trauer aus. Portugals Ministerpräsident Luís Montenegro sagte alle seine Termine erst einmal ab. Er sprach am Donnerstag von „einer der größten menschlichen Tragödien unserer jüngeren Geschichte“. In ganz Portugal galt ein von der Regierung ausgerufener Nationaler Trauertag.

Das Auswärtige Amt hat den Betroffenen sein Mitgefühl ausgesprochen. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern des tragischen Standseilbahnunglücks in Lissabon“, teilte das Außenministerium in Berlin mit. „Wir trauern mit den Angehörigen und wünschen den Verletzten eine schnelle Genesung.“ Man stehe mit den portugiesischen Behörden in Kontakt, um Unterstützung zu leisten, so das AA.

„Es war wie im Actionfilm“

Doch was ist passiert? Und wie? Der „Elevador da Glória“ fährt auf der Rua da Glória hin und zurück über eine Strecke von rund 265 Metern und überwindet dabei einen Höhenunterschied von rund 45 Metern.

Kurz nach 18:00 Uhr Ortszeit (19:00 MESZ) war das straßenbahnähnliche Fahrzeug am Mittwoch mit vielen Insassen wieder auf dem Weg nach unten, als es plötzlich von den Schienen abkam, die Straße mit lautem Getöse hinunterrutschte und seitlich gegen ein Gebäude unweit des Platzes Praça dos Restauradores krachte.

Die Polizei untersucht die Trümmer der Gloria-Standseilbahn einen Tag nach dem Unfall. Foto: Patricia de Melo Moreira/AFP via Getty Images

TV-Bilder zeigten den Wagen auf der Seite liegend und total zerstört. In Live-Übertragungen mehrerer Sender waren dichte Rauchschwaden und Trümmer zu sehen. Sirenen heulten, während Rettungsteams hektisch und unermüdlich arbeiteten. „Es war wie im Actionfilm“, sagte eine Augenzeugin.

Eine andere erzählte: „Das war ohrenbetäubend, ich und andere Passanten sind erst mal weggelaufen.“ Schnell seien Sanitäter und Polizisten eingetroffen, berichtete die junge Frau, die noch sichtlich erschüttert war.

Betreiber weist Vorwürfe zurück

Die Ursache? Bisher unbekannt. Experten vermuten, dass ein Seil gerissen sein könnte und vielleicht auch noch die Bremsen versagt haben. Vorwürfe, die Instandhaltung der Bahn sei womöglich nicht gut genug gewesen, wies der Betreiber, die Lissabonner Verkehrsgesellschaft Carris, zurück.

„Die monatlichen und wöchentlichen Wartungsprogramme sowie die tägliche Kontrolle werden sorgfältig durchgeführt“, hieß es in einem Bericht.

Ein Polizist geht am 3. September 2025 in Lissabon, Portugal, an den Überresten der zerstörten Gloria-Standseilbahn am Unfallort vorbei. Die ikonische Standseilbahn, auch Elevador da Glória genannt, verbindet den Restauradores-Platz in Lissabon mit dem Stadtteil Bairro Alto über eine steile 275 Meter lange Steigung und ist bei Touristen sehr beliebt. Foto: Horacio Villalobos/Getty Images

Trotzdem ließ die Stadtverwaltung von Lissabon den Betrieb aller drei Standseilbahnen aussetzen und ordnete sofortige Inspektionen an. Die portugiesische Kriminalpolizei nahm Ermittlungen auf. Sie sei mit mehreren Beamten vor Ort gewesen, berichtete der Sender „SIC Notícias“.

Einen solchen Unfall mit einer der drei Standseilbahnen, die seit dem 19. Jahrhundert betrieben werden, hatte es in Lissabon bisher nicht gegeben.

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Präsident fordert schnelle Aufklärung

Portugals Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa bedauerte den Unfall „zutiefst“ und forderte, dass der Vorfall „rasch von den zuständigen Stellen aufgeklärt“ werde. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sprach den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus.

Der „Elevador da Gloria“ wurde im Jahr 1885 eröffnet und ist eine der drei historischen Stadtseilbahnen Lissabons. Er verbindet den zentralen Platz Praça dos Restauradores mit dem höher gelegenen Stadtteil Bairro Alto. Die Bahn ist heute in erster Linie eine Touristenattraktion, sie wird aber auch von vielen Einheimischen benutzt, denen die Strecke zu Fuß zu steil ist. (dpa/red)



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