Böhmermann in der Kritik: Was sagt das ZDF zum Vorwurf der Datenveröffentlichung?

Der Satiriker Jan Böhmermann hat kürzlich in seiner ZDF-Sendung private Informationen über den anonymen YouTuber „Clownswelt“ verraten. Schnell wurde der Vorwurf des sogenannten „Doxing“ laut. Auf Anfrage der Epoch Times erklärte das ZDF, es sehe sich zu einer „kritischen Haltung gegenüber allen Erscheinungen verpflichtet, die sich gegen Demokratie und Rechtsstaat richten“.
Titelbild
ZDF-Satiriker Jan Böhmermann im TV-Format „Magazin Royale“. In seiner letzten Show nahm er einen „rechten YouTuber“ ins Visier.Foto: Screenshot ZDF
Von 16. Mai 2025

Vergangene Woche hat der Satiriker Jan Böhmermann mit seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ wieder einmal viel Aufregung in den sozialen Medien hervorgerufen. Dieses Mal ging es um angeblich „rechtsextreme“ YouTube-Kanäle.

„Die haben gecheckt, dass rechter Content hier richtig viele Klicks bringt“, hieß es im Begleittext zur YouTube-Ausgabe der Sendung vom 9. Mai 2025. Und genau dagegen wollte der ZDF-Komiker offensichtlich vorgehen.

Speziell Böhmermanns Umgang mit dem bis dato anonymen Kanal „Clownswelt“ rief bei dessen Fans Ärger hervor: Das Produktionsteam hatte mit Unterstützung der „Zeit“ offenbar keine Kosten und Mühen gescheut, um das Privatleben des angeblichen, wie Böhmermann ihn nennt, „wichtigsten rechtsextremen Propagandisten und AfD-Steigbügelhalters“ auszuforschen.

Vorname, Alter, Werdegang und Ex-Band preisgegeben

In der Sendung verriet Böhmermann schließlich den Vornamen und das Alter des Musikers, der in „einem kleinen Örtchen in Nordrhein-Westfalen“ leben soll. Auch mit dessen Schul- und Studienlaufbahn hielt der ZDF-Satiriker nicht hinterm Berg, ebenso wenig wie mit dem Namen seiner früheren Band. Die sich übrigens nach der Kontaktaufnahme durch die Investigativjournalisten kurz vor der Ausstrahlung der Sendung von ihrem geschmähten Mitglied trennte.

In den sozialen Netzwerken machte schnell der Vorwurf des „Doxings“ die Runde, also das gemäß Paragraf 126a StGB strafbare „gefährdende Verbreiten personenbezogener Daten“.

„Es gibt kein Recht auf Anonymität“, hat dagegen Böhmermann in der Sendung betont.

„Clownswelt“ stellte wenig später in einem Reaktionsvideo seine Sicht der Dinge klar. Beide Videos überschritten mittlerweile die Klickmarke von 1,2 Millionen.

Kanalabos verdoppelt

Während der ZDF-Satiriker und seine Mitstreiter bei der „Zeit“ bislang viel Gegenwind ernteten, gewann der Kanal „Clownswelt“ innerhalb weniger Tage einen fünfstelligen Spendenbetrag sowie mehr als 220.000 zusätzliche Abonnenten. Sein Kanal weist mit Stand 16. Mai gut 450.000 Abonnenten bei YouTube auf.

Manche seiner Fans sollen sich mit Drohungen gegen die Familie Böhmermanns revanchiert haben, obwohl „Clownswelt“ sich auf seinem X-Kanal „Ketzerkirche“ am 11. Mai gegen derartige Aktionen zum Nachteil Böhmermanns oder dessen Familie ausgesprochen hatte.

Umgekehrt setzten offenbar linke Aktivisten manche YouTuber mit Drohschreiben unter Druck, die ihre Solidarität für „Clownswelt“ erklärt hatten – zum Beispiel „Andi in Deutschland“ oder Maximilian Pütz.

ZDF: „Kein allgemeines Recht auf Anonymität“

Die Epoch Times bat das ZDF, einen Fragenkatalog zu beantworten. Der ZDF-Pressedesk antwortete stattdessen fristgemäß mit folgender Stellungnahme:

„In den ZDF-Qualitäts- und -Programmrichtlinien (ZDF – Unternehmen) ist festgehalten, dass die ZDF-Angebote zu einer kritischen Haltung gegenüber allen Erscheinungen verpflichtet sind, die sich gegen Demokratie und Rechtsstaat richten.“

Und weiter:

„Das ‚ZDF Magazin Royale‘ vom 9. Mai 2025 beschäftigte sich als gesellschaftskritische Satiresendung mit politisch rechten YouTuberinnen und YouTubern, die mit Hass und Hetze und hoher Reichweite gegen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung agieren. Dieser Missstand ist ein Thema von erheblichem öffentlichem Interesse. Mediale Berichterstattung über das Handeln von Personen, das von öffentlichem Interesse ist, hat erhöhte Aufmerksamkeit für dieses Handeln zur Folge.“

Der ÖRR-Sender verteidigt sich gegen den Vorwurf des Doxing:

„Ob und inwieweit Medien in identifizierender Weise über Missstände berichten dürfen, ist nicht unmittelbar davon abhängig, ob die verantwortlichen Personen zuvor in der Öffentlichkeit standen oder sogar bewusst aus dem Verborgenen agiert haben. Die Darstellung des fraglichen YouTubers im erfolgten Umfang ermöglicht es den Zuschauerinnen und Zuschauern, sich ein umfassendes Bild über den Themenkomplex zu machen. Dass es bei Personen, die in der Öffentlichkeit agieren, kein allgemeines Recht auf Anonymität gibt, zeigt beispielsweise auch die gültige Impressumspflicht, gegen die vorliegend verstoßen wurde.“

Und das ZDF stellt klar:

„Die Redaktion des ‚ZDF Magazin Royale‘ legt den Aussagen zu einzelnen Personen oder Themenkomplexen stets eine sorgfältige Recherche zugrunde. Anders als zunehmend behauptet, wurden in der Sendung weder der volle Name des fraglichen YouTubers noch dessen Wohnort genannt, oder ein identifizierendes Bild von ihm gezeigt. Auf diese falschen Tatsachenbehauptungen wurden die Urheber hingewiesen und diese zur Korrektur aufgefordert.“

Unbeantwortete Fragen

Die meisten ursprünglichen Fragen der Epoch Times blieben trotz erneuter Nachfrage bis zum Ende einer erweiterten Frist unbeantwortet. Wir hatten unter anderem wissen wollen,

  • was das ZDF von den Recherchemethoden des Böhmermann-Teams und umgekehrt von der Reaktion der „Clownswelt“-Unterstützer hält,
  • ob das ZDF dem Böhmermann-Team freie Hand bei der Auswahl jener Personen lässt, die in der Sendung vorgestellt werden und
  • was das ZDF zum Abo-Zuwachs von „Clownswelt“ sagt.

Nach Eingang der ZDF-Stellungnahme erweiterte Epoch Times das Auskunftsbegehren noch um die Frage, inwiefern die ebenfalls bei Böhmermann behandelten YouTuber Kolja Barghoorn („Aktien mit Kopf“), „Ketzer der Neuzeit“ oder „Charlotte Corday“ aus Sicht des ZDF „mit Hass und Hetze gegen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung“ vorgehen und welche Belege dem ZDF für eine solche Aussage vorliegen.

Journalisten informierten „Clownswelt“-Eltern über Aktivitäten ihres Sohnes

Der Mann hinter „Clownswelt“ hat im Gespräch mit „NiUS“ bestätigt, dass zwei Reporter Mitte April 2025 kurz nach 20:00 Uhr bei seinen nichtsahnenden Eltern geklingelt hatten, um sie mittels der „bekannten Diffamierungs-Vokabeln, mit denen der politische Mainstream gegen seine Gegner vorgeht“, wie „Clownswelt“ es nennt, über das Treiben ihres Sohnes in Kenntnis zu setzen. Diese hätten das Gespräch schon nach 5 Minuten abgebrochen.

Auch er selbst habe sich trotz mehrerer Anfragen nicht darauf eingelassen, mit Vertretern der „Zeit“ oder des Böhmermann-Teams zu interagieren.

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Frage nach der Legalität umstritten

Der Medienanwalt Christian Solmecke bestätigte auf YouTube den Standpunkt des ZDF, dass „Clownswelt“ illegal gehandelt habe, indem er nirgends ein wirksames Impressum mit landungsfähiger Adresse angegeben habe: „An die Spielregeln müssen sich Linke und Rechte halten.“ Der bloße Hinweis, dass man der Impressumspflicht aus Angst vor möglichen Angriffen seiner Gegner nicht nachkommen könne, genüge aber nicht.

„Clownswelt“ hätte nach Solmeckes Einschätzung aber ersatzweise eine Agentur oder eine Firma im Impressum angeben können, um private Daten zu verbergen. Weil der YouTuber das offensichtlich vermieden habe, werde er demnächst wahrscheinlich Post von der Landesmedienanstalt bekommen.

Es sei allerdings nicht die Aufgabe Böhmermanns, einem solchen Impressumsverstoß damit zu begegnen, personenbezogene Daten öffentlich zu machen, so Solmecke: Die Argumente des öffentlichen Interesses und der Pressefreiheit seien stets gegen das Sicherheitsbedürfnis eines Betroffenen abzuwägen. Seiner Einschätzung nach gehe im Fall „ZDF Magazin Royale“ gegen „Clownswelt“ das Recht des YouTubers auf Geheimhaltung seiner Identität vor – unabhängig von seiner politischen Linie.

Der Wirtschaftsanwalt Chan-jo Jun rechnet jedoch nicht unbedingt damit, dass eine Klage gegen Böhmermann Erfolg haben könnte. „Bestimmte Sachen“ könnten für ein Medium wie das ZDF durchaus gestattet sein, „die für eine normale Person oder Veröffentlichung nicht erlaubt“ seien, so Jun auf seinem YouTube-Kanal.

Der „Zeit“-Journalist Christian Fuchs hat sich laut einem Eintrag bei Bluesky von „Methoden wie Doxing und der Staatssicherheit“ distanziert und bezeichnet diesen Vorwurf als „Missverständnis“. Die „Zeit“ habe diese „Art der Berichterstattung“ auch schon bei Linksextremisten und SPD-Politikern angewandt und habe diesen Schritt „ethisch und juristisch abgewogen“.

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Böhmermann ab 14. Juni in der Sommerpause

Schon vor der Sendung mit den Attacken gegen angeblich rechte Influencer hatte das ZDF gegenüber der Plattform „DWDL“ bekannt gegeben, dass das „ZDF Magazin Royale“ nach der Ausgabe vom 13. Juni 2025 in die Sommerpause gehen wird. In den darauffolgenden acht Wochen soll Till Reiners den Freitagabend-Platz im ZDF-Fernsehprogramm als Late-Night-Mann ausfüllen.

Ob Böhmermanns Vertrag mit dem ZDF vom November 2022 über das Jahr 2025 hinaus verlängert wird, ist derzeit unklar.



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