Ein Handschlag mit Folgen: Amerikaner und Russen im All

Ein Händedruck, der in die Geschichte einging: Am Donnerstag (17. Juli) vor genau 50 Jahren schwebten der sowjetische Kosmonaut Alexej Leonow und der US-Raumfahrer Thomas Stafford rund 225 Kilometer über der Erde aufeinander zu und begrüßten sich.
Kurz zuvor hatten ihre Raumschiffe Apollo und Sojus in einem schwierigen Manöver erstmals aneinander angedockt. Das kosmische Rendezvous inmitten des Kalten Krieges 1975 ist ein starkes Signal: die Sowjetunion und die USA, erbitterte Rivalen im Raumfahrt-Rennen, verbrüdern sich im All und eröffnen so eine Zusammenarbeit, die bis heute auf der Internationalen Raumstation ISS hält.
Kohlsuppe aus der Tube in der Sojus-Kapsel
Rund 48 Stunden lang flogen Astronauten und Kosmonauten danach bei diesem ersten gemeinsamen Ost-West-Raummanöver um die Erde. Leonow und sein Bordingenieur Waleri Kubassow laden Stafford und seine Nasa-Kollegen Vance Brand und Donald Slayton erst zu Kohlsuppe aus der Tube in die Sojus-Kapsel ein.
Danach besuchen sie ihre drei US-Kollegen in der Apollo. Flaggen werden getauscht. „Das war ein ergreifender Moment, als ich ihre lächelnden Gesichter durch eine geöffnete Luke zu unserem Raumschiff erblickte“, sagte Leonow einmal im Interview dpa.
Der Kosmonaut, der 2019 starb, war schon 1965 als erster Mensch im offenen Weltraum, bevor er zehn Jahre später mit dem Händedruck erneut Weltraumgeschichte schrieb – und auch in mehreren selbst gemalten Gemälden festhielt.
„Unser Flug war ein großes Beispiel für den guten Willen und die menschliche Vernunft.“
Das All dürfe nicht für militärische Zwecke genutzt werden, forderte Leonow: „Der Krieg der Sterne ist nur etwas fürs Kino.“

Vor 50 Jahren gab es im All einen historischen Handschlag zwischen Amerikanern und Russen bei der Kopplung der sowjetischen Sojus-Raumkapsel mit dem US-Raumschiff Apollo. (Archivbild) Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa
Fast alle Teilnehmer des All-Treffens inzwischen gestorben
Leonow und Stafford hatten sich zum 40. Jubiläum ihres Händeschüttelns 2015 noch einmal in Moskau getroffen. Ein Enkel Staffords heißt Alexej, eine Enkelin Leonows ist wiederum nach der Tochter des Astronauten benannt. Als einziger Teilnehmer des All-Treffens 1975 lebt inzwischen nur noch der frühere US-Astronaut Brand.
Fast fünf Jahre hatten die Vorbereitungen für das Manöver 1975 gedauert. Funktionäre und Techniker beider Länder besuchten sich gegenseitig, um die historische Mission zu planen, Misstrauen zu überwinden und Missverständnissen vorzubeugen. Und sie lernten die Sprache der Partner. Heute gibt es in Russland in Kaluga eine Skulptur des historischen Händedrucks, eine Abbildung der gekoppelten Appollo-Sojus-Raumkapseln ist auf einem russischen Geschichtslehrbuch für Schüler zu sehen.
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All-Manöver war schwierig
Am 15. Juli 1975 startete die Sojus vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan, siebeneinhalb Stunden danach hob die Apollo in Cape Canaveral ab. Das Andockmanöver zwei Tage später war ein gefährlicher Moment: Zwei technisch völlig verschiedene Systeme der Sowjetunion und der USA bewegten sich im All mit hoher Geschwindigkeit aufeinander zu.
Nie zuvor war das zylinderförmige Verbindungsmodul in der Schwerelosigkeit getestet worden. Es fungierte auch als Schleusenkammer, denn die Luftgemische der Raumschiffe sind verschieden. Doch alles klappte wie geplant.

Vor 50 Jahren begann mit dem historischen Händedruck der Russen und Amerikaner im All auch die Zusammenarbeit der Großmächte im Weltraum (Handout). Foto: picture alliance / dpa
Unvergessen sind in Moskau bis heute die vielen Opfer auf dem Weg zu diesem Triumph der Ingenieurskunst. Immer wieder gab es bei sowjetischen Andockmanövern schwere Pannen. Zum folgenschwersten Unglück kam es 1971, als die drei Kosmonauten der Sojus-11-Mission nach dem Abdocken von der Raumstation Saljut erstickten. Grund war die Fehlfunktion an einem Ventil, durch das die Atemluft entwich. Eigentlich waren Leonow und Kubassow für diesen Sojus-Flug als erste Besatzung vorgesehen, wegen gesundheitlicher Bedenken traf es dann aber die Ersatzmannschaft.
Das gemeinsame Manöver habe „ein neues Kapitel der Zusammenarbeit“ aufgeschlagen, sagte der damalige Kremlchef Leonid Breschnew (1906-1982). Und der Kosmonaut Leonow sagte später: „Wir waren überzeugt, dass dies der Anfang unserer Kooperation war.“
Kooperation noch bis 2028
Als die Sowjetarmee 1979 in Afghanistan einmarschiert, ist das Teamwork im All erst einmal zu Ende. Erst 20 Jahre nach der ersten Begegnung im All reichen sich 1995 beim Besuch der US-Raumfähre Atlantis bei der russischen Station Mir Astronauten und Kosmonauten erneut die Hand.
Seit rund einem Vierteljahrhundert gibt es nun unter anderem mit der ISS eine etablierte und funktionierende Dauer-Zusammenarbeit zwischen der US-Raumfahrtbehörde NASA und dem russischen Gegenstück Roskosmos.
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Nach derzeitigem Stand soll das Zusammenspiel auf der ISS noch bis 2028 fortgesetzt werden. „Die NASA und Roskosmos haben eine lange Tradition der Kooperation und Zusammenarbeit auf der Internationalen Raumstation“, sagte die amtierende NASA-Chefin Janet Petro gerade erst wieder. Diese „professionelle Arbeitsbeziehung“ habe auch die gemeinsame Lösung eines Leck-Problems und die erfolgreiche Unterbringung der vier Teilnehmer der privaten „Axiom“-Raumfahrtmission möglich gemacht.
ISS hat mindestens ein Leck
Die ISS, die in Teilen mehr als 25 Jahre alte Raumstation, hat mittlerweile mindestens ein Leck. Einig sind sich NASA und Roskosmos, dass etwas getan werden muss, bevor es „zu schlimm“ wird. Was „zu schlimm“ ist, ist unter den beteiligten Raumfahrtagenturen umstritten.
Versuche, ein Loch in einem russischen Verbindungsmodul zu stopfen, waren nur bedingt erfolgreich. Amerikaner warnen vor einem „katastrophalen Versagen“, und dass das Leck das Ziel, die Station weiterzubetreiben, gefährde. Roskosmos widerspricht.
Wie ernst es der NASA ist, zeigen Pläne, künftigen SpaceX-Missionen einen Extrasitz hinzuzufügen, für den Fall, dass Astronauten evakuiert werden müssen. Michael Barratt, Astronaut der NASA, sagte Mitte November 2024: „Die Station ist nicht mehr die Jüngste, wir erwarten Verschleiß in diversen anderen Bereichen“. (dpa/red)
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