Ermittlungen gegen „NIUS“-Chefredakteur eingestellt – Verdacht der Volksverhetzung vom Tisch
In Kürze:
- Staatsanwaltschaft Berlin stellt Ermittlungen gegen Julian Reichelt („NIUS“) ein
- Anfangsverdacht der Volksverhetzung mittels eines X-Postings nicht bestätigt
- Reichelt-Anwalt Steinhöfel bezweifelt „fachliche Kompetenz der handelnden Personen“
Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das erst kürzlich bekannt gewordene Ermittlungsverfahren gegen den „NIUS“-Chefredakteur Julian Reichelt eingestellt. Der Anfangsverdacht auf Volksverhetzung habe sich nicht bestätigt, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft der „Deutschen Presse-Agentur“ mit. Die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) hatte als erstes Medium darüber berichtet.
Reichelt kommentierte die Neuigkeit am Nachmittag des 30. Oktober 2025 auf seinem X-Kanal mit den Worten:
„Eine neue Trophäe in meiner Sammlung der Superlative: Deutschlands kürzestes Strafverfahren.“
Sein Anwalt Joachim Steinhöfel schrieb darunter: „Man könnte fast sagen, dass dies das erste Strafverfahren ist, das schon vor seiner Eröffnung wieder eingestellt wurde.“
Nach Angaben der SZ erklärte der Medienrechtsexperte nun gegenüber der dpa: „Wenn ein Ermittlungsverfahren eröffnet und es quasi Minuten später wieder eingestellt wird, kaum wurde es öffentlich bekannt, stellt sich mit großer Dringlichkeit die Frage nach der fachlichen Kompetenz der handelnden Personen.“ Er habe die Verfahrenseinstellung als „Korrektur des vorangehenden Fehlers“ bezeichnet.
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X-Tweet als Stein des Anstoßes
Hintergrund der Ermittlungen war ein X-Eintrag Reichelts vom Abend des 1. April 2025, mit dem er einen tagesaktuellen „Bild“-Artikel kommentiert hatte. Der Artikel hatte sich um zwei Bundespolizisten gedreht, die angeblich für eine Drogenschmugglerbande gearbeitet haben sollen. Der Journalist meinte dazu:
„Wir werden in den nächsten Jahren erst die Unterwanderung und dann die Übernahme unserer Polizei erleben. Das passiert, wenn man dafür sorgen will, dass die Polizei ‚bunter‘ wird. In zehn Jahren ist die Polizei in unseren Städten arabisch dominiert. Viel Spaß!
Ahmet K. und Hakan A. sind Bundespolizisten. Wir werden in den nächsten Jahren erst die Unterwanderung und dann die Übernahme unserer Polizei erleben. Das passiert, wenn man dafür sorgen will, dass die Polizei „bunter“ wird. In zehn Jahren ist die Polizei in unseren Städten… pic.twitter.com/MaL8ChyJ9D
— Julian Reichelt (@jreichelt) April 1, 2025
Reichelt: Wegen ZDF-Doku „besonders absurd“
Nach Angaben der SZ sah eine Privatperson in Reichelts Äußerung die Gefahr der Volksverhetzung und zeigte Reichelt an. Über die Staatsanwaltschaft Krefeld sei die Sache Mitte Mai dann zuständigkeitshalber zu den Kollegen nach Berlin weitergeleitet worden. Diese seien wegen des „Legalitätsprinzips“ verpflichtet gewesen, zu prüfen, ob tatsächlich eine Straftat vorliegen könnte, heißt es beim „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.
Am 27. Oktober bestätigte Reichelt, dass er im Kontext von Ermittlungen einen Vorladungsbescheid der Berliner Polizei erhalten habe. Auf X wies er zugleich darauf hin, dass das ZDF erst im laufenden Jahr eine Dokumentation ausgestrahlt habe, in der es um die Unterwanderung von Polizeibehörden auch in der Bundeshauptstadt gegangen sei. „Mehrere Beamte“ hätten gegenüber dem ZDF sogar selbst geschildert, „wie sehr sie unterwandert werden“. Insofern sei sein eigener Fall „besonders absurd“, so Reichelt in einem weiteren X-Posting.
„Entweder also betreibt das ZDF hier Volksverhetzung oder der neue deutsche Einschüchterungsstaat möchte einfach kritische Stimmen zum Schweigen bringen“, schrieb Reichelt.
Nicht zum ersten Mal im Auge der Behörden
Es sei bereits das dritte Mal, dass „die Behörden“ versucht hätten, seine „freie Meinung als ‚Volksverhetzung‘ zu verfolgen“. Er halte das für „furchterregend“.
Beinahe auf den Tag genau vor zwei Jahren hatte die Berliner Staatsanwaltschaft schon einmal ein Ermittlungsverfahren gegen Reichelt eingestellt, weil sich ein Anfangsverdacht nicht erhärten ließ. Damals ging es allerdings um einen Betrugsverdacht. Der ehemalige Arbeitgeber Reichelts, der Axel-Springer-Verlag, hatte zuvor behauptet, sein früherer Mitarbeiter habe ihn über eine Vernichtung bestimmter Unterlagen getäuscht, um damit die Auszahlung einer Abfindung zu erwirken. Die beiden Streitparteien hatten sich allerdings bereits Monate zuvor arbeitsrechtlich geeinigt.
Reichelt hatte bis Herbst 2021 als Chefredakteur der „Bild“ gearbeitet. Infolge interner Streitigkeiten um angeblichen Machtmissbrauch und mutmaßlich intime Beziehungen zu Kolleginnen hatte ihm die Springer-Chefetage den Stuhl vor die Tür gesetzt.
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Im April 2024 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einer Verfassungsbeschwerde Reichelts stattgegeben, nach der seine vorherige Verurteilung in einem Rechtsstreit mit der Bundesregierung nicht korrekt gewesen war.
Auch damals ging es um einen X-Tweet von Reichelt, in dem er die Regierung wegen ihrer Entwicklungshilfezahlungen nach Afghanistan scharf kritisiert hatte. Die Bundesregierung vertrat die Ansicht, dass der Journalist damit eine unwahre Tatsachenbehauptung öffentlich gemacht habe. Das BVerfG entschied, dass Reichelts Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt seien.
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