„Froh, dass ich gesund bin“: Interview mit dem entlassenen Soldaten Michael Woitalla

„Bis zum 25. November 2021 war die ganze Dienstzeit herrlich. Ich bin jeden Morgen aufgewacht, mit voller Energie zum Dienstgeschäft angetreten, habe super Kameraden gehabt“, sagt Michael Woitalla, ehemaliger Soldat der Bundeswehr. Nach der Ablehnung der Covid-19-Impfung änderte sich seine Erfahrung. Die Corona-Impfpflicht für Soldaten habe nicht nur für ihn selbst Konsequenzen gehabt, er sieht auch die Kameradschaft in der Truppe beschädigt.
Titelbild
Der ehemalige Bundeswehrsoldat Michael Woitalla.Foto: Zhentong Zhang/Epoch Times
Von 11. Oktober 2025

20 Jahre hat der ehemalige Hauptfeldwebel Michael Woitalla in der Bundeswehr gedient. Am 1. Oktober entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass seine Beendigung des Dienstverhältnisses unter Verlust aller Dienst- und Sachbezüge aus der Truppe rechtens war; Epoch Times berichtete.

Wir trafen den Familienvater zu Hause in Sachsen-Anhalt und sprachen mit ihm über die Gründe, warum er die COVID-19-Impfung verweigert hat, sowie über die Äußerungen, die zu seiner Entlassung geführt haben. Und: Wie blickt der ehemalige Zeitsoldat zehn Tage nach dem Urteilsspruch auf die Entscheidung des Gerichtes zurück?

Herr Woitalla, warum sind Sie zur Bundeswehr gegangen?

Nach meiner Lehre bin ich zur Bundeswehr gegangen, weil ich schon immer Menschen helfen wollte. Und für mich war der Umgang mit Technik sehr wichtig. Die Bundeswehr hat mir das in entsprechenden Ausbildungskapiteln geboten, und deswegen bin ich im März 2000 als Zeitsoldat eingestiegen.

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Wie war ihre weitere Laufbahn?

Nach der Grundausbildung habe ich meinen Dienst als Instandsetzer in der technischen Truppe in der ersten Kompanie angetreten. Dort habe ich mich bis zum Systeminstandsetzungsfeldwebel nach oben gearbeitet und auch Verantwortung für Untergebene gehabt.

In dem Zuge bin ich in den Laufbahnen relativ schnell fast bis zum Enddienstgrad aufgestiegen. Entsprechend wurden meine Leistungen mit Leistungsprämien gewürdigt. Also kann es ja nur sein, dass ich einen sehr guten Dienst geleistet habe.

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Dann kam Corona. Im November 2021 wies die damalige Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer an, die COVID-19-Impfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr aufzunehmen. Wie erklärte man Ihnen, dass Sie sich impfen lassen sollen?

Erklärt hat man uns das nicht, sondern man hat einfach gesagt, dass die COVID-19-Impfung in das Basisimpfschema aufgenommen wird und wir uns impfen lassen müssen.

Warum haben Sie die Impfung abgelehnt?

Noch bevor die Impfung in das Impfschema aufgenommen wurde, haben sich Soldaten meiner Einheit zivil das Serum verabreichen lassen. Kurze Zeit danach sind einige schwer erkrankt und auf der Intensivstation gelandet. Einer musste eine 13-monatige Reha machen und kann immer noch nicht laufen.

Das haben Sie Ihrem Vorgesetzten gemeldet. Wie ist er damit umgegangen?

Ich saß bei meinem damaligen Disziplinarvorgesetzten im Büro und habe ihn auf die drei erkrankten Kameraden angesprochen. Und da kam die Aussage, Ausfälle gebe es immer. Dadurch brach mein Vertrauen in ihn komplett zusammen und mir wurde klar, dass mir keiner helfen würde, falls die Impfung fehlschlägt.

Können Sie konkretisieren, was das Vertrauen so sehr erschüttert hat?

Das ist der Umgang der Vorgesetzten mit den Untergebenen. Es wurde sehr viel Angst geschürt. Das war der einzige Punkt.

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Sie haben sich Sorgen gemacht um Ihre Gesundheit …

Ja, um die eigene Gesundheit. Im Soldatengesetz steht in Paragraf 17 A, dass ich als Soldat immer für die Gesundheit meines Körpers sorgen muss. Wenn ich nicht weiß, was mit mir durch die Impfung passiert, dann ist dieser Paragraf hinfällig.

Die Gehorsamspflicht ist ein entscheidendes Element in der Armee. Wie soll sie funktionieren, wenn man den Befehlen nicht Gehorsam leistet?

Da muss man vorsichtig sein und differenzieren. Natürlich hat der Vorgesetzte Anspruch auf Gehorsam. In der Unteroffiziersausbildung wurde uns das eingetrichtert: Ich muss innerhalb einer Hundertstelsekunde entscheiden, was das für ein Befehl ist und ob ich ihn ausführen muss oder nicht, weil er nicht rechtmäßig ist.

Im Fall der COVID-Impfung: Was ist, wenn der Befehl zwar unrechtmäßig ist, ich ihn aber ausführe? Wenn ich das Serum in mir trage und krank werde, was nützt mir dann eine Beschwerde?

Ihre Verweigerung der Impfung wurde vom Truppengericht in Potsdam als Gehorsamsverweigerung gewertet. Damit begründete das Gericht unter anderem Ihre Entlassung. Wie sehen Sie das?

Für mich war es keine Gehorsamsverweigerung. Durch die Impfung konnte mit meinem Körper etwas passieren, was ich nicht beeinflussen kann, was ich hinterher auch nicht wieder rückgängig machen könnte. Ich habe den Befehl als rechtswidrig und unverbindlich eingestuft.

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Wie ging es dann weiter?

Als die damalige Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer am 25. November 2021 die Anweisung zur Impfung gab, waren bei uns mehr als 30 Soldaten noch nicht geimpft. Sie erhielten den Befehl, sich in Zivil umzuziehen und in einen Militärbus einzusteigen. Dann sind sie zu einer Impfstraße in ein ziviles Einkaufszentrum gefahren worden und waren zur Mittagszeit wieder zurück.

Da war kein Truppenarzt zugegen. Wie sollten in der Kürze der Zeit über 30 Personen aufgeklärt werden? Und wie sollte da eine Kontraindikation festgestellt werden können? Das wurde mit einer großen Brachialität umgesetzt und Angst geschürt.

Haben die Kameraden auf ihre Impfverweigerung reagiert und waren sie ein Einzelfall in der Kaserne?

Bis Mitte 2022 war ich meines Wissens der einzige, der sich an dem Standort nicht impfen lassen hat. Einige Kameraden haben sich mir hinter vorgehaltener Hand positiv geäußert, aber der Rest hat sich distanziert.

Wie erklären Sie sich die Distanzierung?

Jeder hat Angst um seinen Job und die breite Masse der Soldaten denkt halt bloß an die finanziellen Mittel.

Ein Jahr nach der Impfverweigerung gab es das fast eineinhalbstündige Gespräch mit ihrem neuen Bataillonskommandeur, in dem Sie Aussagen gemacht haben sollen, die jetzt zu ihrer Entlassung geführt haben. Wie kam das Gespräch zustande?

Zur damaligen Zeit hatte ich krankheitsbedingt nur sporadisch Dienst, die Sache hat mich psychisch sehr belastet. Ich habe den Militärpsychologen ersucht, der mir dann half. Ich konnte zwischenzeitlich auch wieder eingegliedert werden.

In dieser Phase habe ich von mir aus zu meinem Chef gesagt, dass ich unter seiner Führung nicht mehr dienen kann, und bin dann ins Regiment gewechselt. Das war eine sehr schöne Zeit. Die Kameraden waren wirklich kameradschaftlich.

In dieser Zeit kam ein ehemaliger Zugführer auf mich zu und sagte: „Mensch, wir haben einen neuen Kommandeur, sprich mal mit ihm.“ Ich habe mir gedacht, dass ich dem ehemaligen Zugführer vertrauen kann, weil ich ihn kannte. Und dann habe ich einen Termin beim Kommandeur gemacht.

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Gab es tatsächlich die Äußerung von Ihnen, dass Sie einen Befehl zur Verlegung in den östlichen Teil des NATO-Gebiets nicht befolgen würden und den Treueeid nicht wiederholen würden?

Ich wollte dem Kommandeur bloß mitteilen, wie es um mich steht, wo mein Vertrauen gebrochen ist und dass ich erst mal noch in ärztlicher Behandlung bin. Er hat das Gespräch exorbitant aufgebaut und mir mit seinen Fragen Fallen gestellt.

Wenn ich etwas Falsches gesagt haben sollte, hätte er sagen müssen: „Moment, Soldat, Sie sind mein Untergebener. Ich habe eine Fürsorgepflicht Ihnen gegenüber. Wir schwenken jetzt um. Ich belehre Sie jetzt und wir machen daraus eine Vernehmung.“ Das hat er nicht gemacht.

Dass ich in eine Auslandsverwendung nicht mitfahren wollte, stand nie zur Debatte. Es ging mir nur um das Vertrauen in den Vorgesetzten. Wenn ich einem Vorgesetzten nicht vertrauen kann, dann kann ich auch mit ihm nicht in ein Krisengebiet fahren.

Ich würde nie auf die Idee kommen zu sagen, dass ich unter dem Treueeid nie wieder dienen kann. Ich habe immer dahintergestanden, treu zu dienen und tapfer zu verteidigen.

In ihrem Verfahren hat das Bundesverwaltungsgericht den Anklagepunkt zur Verweigerung der Impfung gegen den Willen der Bundeswehrstaatsanwaltschaft ausgeklammert. Begründung: Dies sei verfahrensunerheblich. Wie sehen Sie das?

Hätte man diesen Punkt dort drin gelassen, hätte man von Anfang an alles aufdröseln müssen. Das heißt: Wie ist die Wirksamkeit, und ist der Schutz gegeben? In meinem Verfahren wollte der vorsitzende Richter diesem Punkt ausweichen.

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Ihr Verfahren war nicht das erste Soldatenverfahren, das am Bundesverwaltungsgericht verhandelt wurde. Im Mai 2024, kurz vor der Fortsetzungsverhandlung gegen drei Soldaten, in der es unter anderem um die Verweigerung der Impfung ging, setzte das Verteidigungsministerium die Corona-Impfpflicht aus. Das Gericht unter dem Vorsitz desselben Richters wie in Ihrem Fall nahm dies zum Anlass, die Frage, ob der Impfbefehl der Verteidigungsministerin und damit die Impfpflicht rechtmäßig war, außen vorzulassen. Ein Verteidiger der Soldaten sah darin damals ein Ausweichen des Gerichts.

Ja, es gibt deutliche Parallelen. Wenn ich im Nachhinein betrachte, was dort stattgefunden hat, ist es ein massives Ausweichen. Denn das Hauptthema dieser juristischen Geschichte, die ich in den letzten Jahren durchleben musste, war die Impfung und ihre Folgen.

Der Bundeswehrstaatsanwalt sagte in seinem Plädoyer, dass er bei Ihnen nur ein geringes Dienstvergehen sieht und dass Ihnen durch den Bataillonskommandeur Worte in den Mund gelegt worden seien. Er betonte Ihre weiterhin hohe Leistungsbereitschaft und wollte, dass das Gericht das Urteil vom Truppendienstgericht in Potsdam aufhebt und Sie rehabilitiert werden. Sie wirkten dabei sehr emotional. Warum?

Der Staatsanwalt von der Wehrdisziplinaranwaltschaft, der mir gegenüber saß, war der einzige Jurist, der das wirklich erkannt hat. Das war der erste Mensch, der mir kameradschaftlich beiseite stand und genau das, was mir widerfahren ist, aufheben wollte. Das hat mich berührt nach fast einem halben Jahrzehnt des Kampfes. Das war für mich ein Befreiungsschlag. Ich hatte mit den Emotionen zu kämpfen, weil das Urteil noch nicht gesprochen war.

Nach einer einstündigen Beratung erklärte der Vorsitzende Richter, dass ihre Berufung abgewiesen sei und dass sie aus der Bundeswehr entlassen würden. Wie nahmen Sie das Urteil wahr?

Ja, in dem Moment zog es mir den Boden unter den Füßen weg. Man kann gar nicht in Worte fassen, was dort passiert ist: Ein Bundeswehrdisziplinaranwalt will die Einstellung des Verfahrens und ein Vorsitzender Richter dreht sich um 180 Grad und entscheidet dagegen. Das war für mich unfassbar.

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Der Richter erklärte, solche Soldaten wie Sie brauche man nicht bei der Bundeswehr, und wurde auch laut bei seinen Ausführungen. Wie haben Sie den Richter wahrgenommen?

Bei den Zivilverfahren, die ich zuvor hatte, sagte mir ein Richter, ein Befehl sei ein Befehl und müsse befolgt werden. Sie haben die ganze Befehlskette nicht beachtet. Ja, und da sieht man die Willkür.

Welches Verhalten hätten Sie rückblickend von Ihren Vorgesetzten und dem Dienstherrn in Bezug auf die Impfpflicht erwartet?

Man hätte das Gespräch suchen müssen. Man hätte sich mit den Militärärzten hinsetzen und alle aufklären müssen.

Hat die COVID-Impfpflicht Einfluss gehabt auf den Zusammenhalt der Truppe und auf die Kameradschaft?

Natürlich. Die Kameradschaft wurde völlig getrennt. Innerhalb der Truppe hat eine Spaltung stattgefunden. Das darf gar nicht sein, weil das Wichtigste, was uns verbindet, die Kameradschaft und die Fürsorge zueinander ist. Bei unseren Aktionen in einem Krisengebiet oder in einem Einsatz braucht man 110 Prozent Vertrauen.

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Gibt es rückblickend etwas, was Sie anders machen würden? Und wie sehen Sie Ihre damalige Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen? Durch die Entlassung haben Sie einen großen finanziellen Verlust und sind von einem Tag auf den anderen arbeitslos.

Mit dem Wissen von heute wäre ich anders an die Geschichte herangegangen. Aber ich bin heilfroh, dass ich diesen Impfstoff nicht in mir habe, und nicht krank wurde, wie die anderen, bei denen es passiert ist.

Zehn Tage nach dem Urteilsspruch tut es immer noch weh, dass man so behandelt wurde von den obersten Gerichten. Es ist immer noch nicht fassbar, was da passiert ist. Ansonsten bin ich froh, dass ich gesund bin, und das ist für mich eines der wichtigsten Argumente.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Erik Rusch. Zum besseren Verständnis gekürzt und überarbeitet von mk.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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