Kampfabstimmung über die Zukunft des ESC: Streit um Israel eskaliert

Die umstrittene Teilnahme Israels am Eurovision Song Contest (ESC) soll zur Abstimmung gestellt werden. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) berief für November eine Online-Abstimmung der Mitgliedsländer zur ESC-Teilnahme ein.
Wien wird zum zweiten Mal zur ESC-Stadt. (Archivbild)
Wien wird 2026 zur ESC-Stadt (Archivbild).Foto: Jens Büttner/dpa
Epoch Times26. September 2025

Es ist eine Kampfabstimmung, die über die langfristige Zukunft des Eurovision Song Contest (ESC) entscheiden kann: Anfang November sollen die Mitglieder der Europäischen Rundfunkunion (EBU) über die Teilnahme Israels am Musikwettbewerb abstimmen. Eine Befriedung ist dadurch aber nicht zu erwarten. Im Gegenteil wirkt der ESC acht Monate vor der in Wien geplanten 70. Ausgabe so zerrissen wie nie.

Warum kommt es zur Abstimmung?

Das Vorgehen Israels im Gazastreifen nach dem Angriff der radikalislamischen Hamas im Oktober 2023 hat in vielen Ländern eine Debatte über eine israelische Teilnahme am ESC ausgelöst. Ein heiterer Musikwettbewerb auf der einen Seite und durch Israels Vorgehen sterbende Menschen auf der einen Seite passt für viele Fans nicht zusammen. Spanien, Irland, die Niederlande, Island und Slowenien drohen mit einem Boykott, sollte Israel starten.

Gibt es auch andere Kritik?

Das unerwartet starke Abschneiden der israelischen Starterin Yuval Raphael im ESC-Finale in Basel im Mai sorgte für Manipulationsvorwürfe. Die in der Jurywertung lediglich auf Platz 15 platzierte Israelin gewann völlig überraschend die Zuschauerabstimmung. Dies weckte in vielen Ländern Zweifel daran, dass bei der Abstimmung alles mit rechten Dingen zuging. Die EBU fand bisher keine Hinweise auf Manipulationen. Israel scheint von einer aufwändigen Werbekampagne in sozialen Netzwerken profitiert zu haben.

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Wie will die EBU den Konflikt lösen?

Neben den scharfen Kritikern Israels gibt es auch Unterstützer. Mehrere Länder kündigten an, auf eine Teilnahme zu verzichten, sollte Israel ausgeschlossen werden. Die EBU ist in sich tief gespalten, wie die ESC-Veranstalter selbst eingestehen. Es gebe eine „beispiellose Meinungsvielfalt“, erklärten sie. Nachdem interne Diskussionen keine Lösung brachten, soll nun eine Anfang November online stattfindende außerordentliche Generalversammlung den Konfliktlösen. Dort sollen die EBU-Mitglieder über die Teilnahme am ESC 2026 abstimmen.

Was folgt als Ergebnis auf die Abstimmung?

Das ist derzeit nicht absehbar. Kein EBU-Land kann zur Teilnahme am ESC gezwungen werden. Es gab in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Länder, die aus unterschiedlichen Gründen nicht teilgenommen haben. Mal war das Interesse in den jeweiligen Ländern zu klein geworden, mal fehlte Geld, immer wieder waren es auch politische Gründe. In Wien droht dem ESC nun aber das kleinste Teilnehmerfeld seit langem. Zuletzt machten 37 Länder mit. Das ESC-Motto „United by Music“ droht zur Farce zur werden.

Warum ist insbesondere Spaniens Boykottdrohung so heikel?

Spanien schnitt ähnlich wie Deutschland in den vergangenen Jahren oft enttäuschend beim ESC-Finale ab. Die spanischen Zuschauer zählen trotzdem aber zu den leidenschaftlichsten Fans des Wettbewerbs. Spanien zählt auch zu den Big Five, den fünf großen Geldgeberländern des ESC. Sollte das Land also den Song Contest boykottieren, fehlen nicht nur viele Millionen Zuschauer – dem wegen der spektakulären Show kostspieligen Wettbewerb fehlt dann auch viel Geld.

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Gibt es noch einen möglichen Königsweg für einen Kompromiss?

Es gab zwischenzeitlich Hoffnungen, dass Israel womöglich von sich aus verzichten könnte oder vorübergehend als neutraler Starter nicht unter israelischer Flagge teilnimmt. Die israelische Rundfunkanstalt KAN zeigte für solche Ideen aber keinerlei Offenheit. KAN pocht im Gegenteil bisher auf sein Recht, am ESC teilzunehmen. Ein Kompromiss statt der Zerreißprobe scheint damit nicht in Sicht.

Wie verhält sich Deutschland?

Sowohl Bundesregierung als auch ARD halten einen Ausschluss Israels nicht für sinnvoll. „Der Eurovision Song Contest sollte ein Ort der Begegnung und der Vielfalt sein – nicht der Spaltung oder Ausgrenzung“, sagte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer dem „Tagesspiegel“. Er äußerte die Hoffnung, dass die EBU-Mitglieder „im Geiste von Zusammenhalt und Offenheit – gerade in schwierigen Zeiten – abstimmen“. Auch der für die ESC-Vorbereitung zuständige Südwestrundfunk betonte, dass zum Kern des ESC „Vielfalt, Respekt und Offenheit, unabhängig von Herkunft, Religion oder Weltanschauung“ gehören.

Gab es eine ähnliche Situation wie in diesem Jahr schon früher?

Der ESC will zwar neutral und unpolitisch sein. Er konnte sich aber nie von der Weltpolitik abkoppeln. In Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine darf Russland mittlerweile nicht mehr teilnehmen. 1975 führte der Zypernkonflikt zum Boykott Griechenlands. 1979 verzichtete die Türkei auf die Finalteilnahme aus Protest gegen Israels Vorgehen im Nahen Osten. Im Zuge der Balkankriege ging die EBU insbesondere gegen Serbien mit dessen damaligem Präsidenten Slobodan Milosevic vor. In dem Ausmaß wie in diesem Jahr gab es allerdings noch nie Konflikte.(afp/red)

 



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