Klimaforschung im Zwielicht: Späte Korrekturen von Studie verstärken Zweifel

In Kürze
- Eine PIK-Studie aus dem Jahr 2024 prognostizierte gewaltige Klimaschäden: 38 Billionen US-Dollar jährlich bis 2050.
- Medien und Institutionen wie OECD, Weltbank und EZB übernahmen die Zahlen ungeprüft.
- Fachgutachter warnten schon vor Veröffentlichung: „keine wissenschaftliche Grundlage“.
- Kritiker werfen „Nature“ und PIK Vertuschung, Filz und Interessenkonflikte vor.
Eine Affäre rund um eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hat Fragen bezüglich der Integrität des Wissenschaftsmagazins „Nature“ und der Klimaforschung insgesamt aufgeworfen. Das Magazin veröffentlichte die Studie „The economic commitment of climate change“ im April 2024. Die Arbeit zeichnete ein drastisches Szenario über mögliche Wohlstandsverluste infolge der Erderwärmung durch anthropogene Emissionen von Treibhausgasen.
Medien stützten umgehend ihre Berichterstattung auf die Veröffentlichung. Die Prognosen waren alarmierend: Selbst bei einer sofortigen drastischen Senkung der CO₂-Emissionen brächen die weltweiten Einkommen bis 2050 um rund 19 Prozent ein. Der Schaden für die Weltwirtschaft belaufe sich jährlich auf etwa 38 Billionen US-Dollar. Die zu erwartenden Schäden wären demnach sechsmal so hoch wie die Kosten zur Begrenzung der Erderwärmung um 2 Grad. Dies wäre 1 halbes Grad mehr als das Klimaziel des Pariser Abkommens von 2015.
Zentralbanken und Regierungen richten Entscheidungen nach PIK- und NGFS-Zahlen aus
Reichweitenstarke Nachrichtenformate gaben das Szenario als wahrscheinliche Gewissheit weiter. Aber auch internationale Organisationen wie das einflussreiche Network for Greening the Financial System (NGFS) machten sich die Studie und deren Ergebnisse zu eigen. Dem NGFS gehören unter anderem Zentralbanken und Regierungsbehörden an.
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Infolgedessen verwenden auch Zentralbanken, Institutionen wie die Weltbank, die OECD oder private Finanzdienstleister und Rückversicherer Zahlen und Szenarien dieser Art. Zwar betrachteten sie das Ergebnis der PIK-Studie als Extremszenario. Dennoch verwendeten sie die Zahlen der Studie im Risikomanagement und richteten Stresstests danach aus.
Je höher die Klimarisiken eingeschätzt werden, umso höher müssen die Institutionen ihre Eigenkapitalreserven zur Bewältigung von Folgen gestalten. Dies kann zur Folge haben, dass ihnen weniger Mittel für Kredite oder Investitionen bleiben – ein Faktor, der die Wirtschaftsentwicklung bremsen kann.
Gutachter warnten im Vorfeld vor unrealistischen Annahmen
Die Studie brachte es im Vorjahr zur am zweithäufigsten zitierten Arbeit im Bereich der Klimaforschung. Was gegenüber der Öffentlichkeit noch nicht kommuniziert wurde, waren jedoch fachliche Beanstandungen. Wie die Politologin Jessica Weinkle am 22. August in einem Beitrag für die Plattform „The Eco-Modernist“ darlegte, hatte es diese schon zu einem frühen Zeitpunkt gegeben.
Die Kritik sei früh genug erfolgt und deutlich genug gewesen, um eine Veröffentlichung in einem so renommierten Magazin wie „Nature“ zu verhindern. So seien mehrere Wissenschaftler damit beauftragt gewesen, die Studie namens der Redaktion bereits im Vorfeld zu begutachten. Dabei hatten alle Beteiligten Bedenken im Hinblick auf Datenerhebung, Auswertungsmethodik und Ergebnis zum Ausdruck gebracht.
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Einer der Gutachter äußerte „große Bedenken hinsichtlich der Unsicherheit und Gültigkeit des empirischen Modells“, welches das PIK erstellt und für die Prognosen verwendet habe. Auch mahnte er eine kritischere Hinterfragung von allzu extrem anmutenden Annahmen an. So sei es für die Studie möglicherweise hilfreich, „nicht den oft übertriebenen Darstellungen in der Literatur zu folgen“.
Ergebnisse „unintuitiv groß“ – Kritiker von der TU München sah „gravierende Fehler“
Ein Weiterer attestierte dem Institut gar, dass die statistische Methodik, auf die sich die Forschungsarbeit mit dem Titel stütze, „keinerlei wissenschaftliche Grundlage“ habe. Ein Weiterer hielt die Ergebnisse für „unintuitiv groß“. Zudem warnte er vor „Verwirrung“, die eine mögliche spätere Diskreditierung von Zahlen haben könnte, die einmal in namhaften Publikationen erschienen seien.
Auch „Nature“ selbst waren die Einwände nicht unbekannt. Dennoch entschied man sich aufseiten des Wissenschaftsmagazins dazu, die Studie abzudrucken. Auch wenig später laut gewordene Kritik, die sich auf deren Arbeitsweise oder Ergebnisse bezog, hatte vorerst keine Konsequenzen.
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Bereits im Mai 2024 wies Christof Schötz von der TU München auf „gravierende Fehler“ hin. Die Autoren der Studie, Maximilian Kotz, Anders Levermann und Leonie Wenz, hätten bei ihrer Analyse statistischer Wirtschafts- und Klimadaten signifikante projizierte Schäden bis Mitte des Jahrhunderts ausgemacht. Allerdings hätte die Analyse verschiedener Szenarien mit unterschiedlichen Höhen von Emissionen „die Unsicherheit aufgrund großer, unberücksichtigter räumlicher Korrelationen auf subnationaler Ebene unterschätzt“.
Princeton-Team sieht Verzerrungen aufgrund fehlerhafter Datenqualität
Ohne Korrektur seien die Unterschiede zwischen Kosten von Klimaschutzpolitik und Höhe der zu erwartenden Schäden statistisch unbedeutend, heißt es weiter. Die Studie liefere daher „nicht die robusten empirischen Beweise, die für eine Klimapolitik erforderlich sind“. Auch eine Forschergruppe um Tom Bearpark von der Princeton University äußerte sich im September 2024 kritisch bezüglich Methodik und Ergebnissen der Studie. Hier wies man darauf hin, dass die in der PIK-Studie angeklungenen Auswirkungen „dreimal so groß wie ähnlich frühere Schätzungen“ seien.
Allein Datenanomalien mit Blick auf verwendete BIP-Datensätze von Usbekistan hätten zu einem erheblich verzerrten Ergebnis beigetragen. Ferner hätten die PIK-Forscher „die statistische Unsicherheit in ihren zukünftigen Projektionen der Klimaauswirkungen unterschätzt“. Die Bearpark-Gruppe sprach auch von „zusätzlichen Bedenken hinsichtlich der Datenqualität in den subnationalen BIP-Daten“, die „weitere Untersuchungen rechtfertigen“.
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Die Entfernung der Daten von Usbekistan und die Korrektur der statistischen Unsicherheit, um räumliche Korrelationen zu berücksichtigen, würden die Ergebnisse deutlich modifizieren. In diesem Fall würden die Ergebnisse der Forscher eng mit der bisherigen Literatur übereinstimmen. Diese seien jedoch „zu keinem Zeitpunkt dieses Jahrhunderts mehr statistisch von den Minderungskosten zu unterscheiden“. Eine weitere Kritik brachte auch Gregory Hopper vom Bank Policy Institute vor. Er kritisierte, dass die angepasste Klimaschadensfunktion des NGFS massive ökonomische Konsequenzen habe.
PIK sieht die Studie in ihren Grundzügen als bestätigt
Erst am 6. November 2024 fügte die Redaktion von „Nature“ eine Anmerkung an den Artikel an. Diese lautete:
„Die Leser werden darauf hingewiesen, dass die Zuverlässigkeit der in diesem Manuskript präsentierten Daten und Methoden derzeit in Frage gestellt wird. Sobald diese Angelegenheit geklärt ist, werden geeignete redaktionelle Maßnahmen ergriffen.“
Bis es so weit war, verging jedoch noch reichlich Zeit. Zuvor konnten die PIK-Autoren Kotz, Levermann und Wenz selbst eine Korrektur publizieren. Diese erschien am 24. Juni 2024 und ging auf einige Bedenken ein.
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Bis die erste der ursprünglichen kritischen Anmerkungen erschien, vergingen jedoch weitere Monate. Am 6. August 2025 publizierte „Nature“ die Ausarbeitung der Baerpark-Gruppe. Eine Woche später erschienen die Anmerkungen von Schötz. Hoppers kritische Leserzuschrift findet sich bis heute nicht auf der Wissenschaftsplattform. Sie ist auf dem Blog des Bank Policy Instituts zu finden.
Klimaschäden treffen voraussichtlich ärmere Regionen am stärksten
Am 6. August veröffentlichte das PIK Potsdam auch eine eigene Erklärung zu den Vorwürfen. Man habe seine Analyse überarbeitet und in öffentlich zugänglicher Weise veröffentlicht, um den wissenschaftlichen Austausch darüber zu ermöglichen. Man begrüße die in „Nature“ als „Matters Arising“ veröffentlichte kritische Auseinandersetzung mit der Studie. Dabei seien „wissenschaftliche Integrität und Transparenz der Forschung […] stets die Leitprinzipien des Instituts“.
Die Kernaussagen der Studie hätten ungeachtet der Kritik Bestand. Bis 2050 würden die wirtschaftlichen Schäden durch den Klimawandel die Kosten für Klimaschutz „deutlich“ übersteigen. Diese Schäden seien „substanziell“ und würden hauptsächlich durch Temperaturveränderungen verursacht. Sie würden vor allem ärmere Regionen treffen.
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Die Studie habe bereits zuvor historische Daten verwendet, um die möglichen Auswirkungen von Veränderungen bei Temperatur und Niederschlägen auf das künftige Wirtschaftswachstum zu untersuchen. Dies betreffe weltweite und regionale Effekte. Neu seien der Fokus auf subnationale Ebenen sowie die Berücksichtigung von Wetterextremen.
Daten korrigiert – zusätzliche Kontrollgrößen eingeführt
Bezüglich der vom Team Baerpark hinzugefügten fehlerhaften Wirtschaftsdaten aus Usbekistan habe man die Fehler korrigiert. Zudem habe man zusätzliche Kontrollgrößen eingeführt. Diese sollten den Einfluss von Datenanomalien begrenzen und Korrelationen zwischen den Regionen berücksichtigen.
Nach Peer-Review und Überarbeitung geht man beim PIK davon aus, dass die globale Wirtschaftsleistung bis Mitte des Jahrhunderts um 17 statt 19 Prozent unter dem Niveau ohne weiteren Klimawandel liegen werde. Die Verluste träfen ärmere Regionen prozentual stärker. Deshalb gehe man in Summe von 32 Billionen US-Dollar an jährlichen globalen Schäden aus.
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Dies sei, wie man nun einräumt, weniger als zuvor angenommen. Diese Schäden seien etwa fünfmal so hoch wie die Kosten für Maßnahmen zur Begrenzung der Erwärmung auf 2 Grad. Das PIK betont, dass die Studie und der Datensatz schon vor der Veröffentlichung im April 2024 ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen hätten, um zu gewährleisten, dass Datenanalyse und Methodik fachlich fundiert seien.
Enge Verflechtung zwischen Sponsoren und Forschungseinrichtungen
Die Kritiker sind von den Korrekturen jedoch immer noch nicht überzeugt. Roger Pielke Jr. vom American Enterprise Institute betrachtet es als Skandal, dass „Nature“ das ursprüngliche Papier trotz bekannter Einwände veröffentlicht habe. Gregory Hopper hält das nun überarbeitete Klimaschadensmodell für „sogar noch fehlerhafter als das Original“.
Vor allem bleibt jedoch die Frage aufrecht, warum ein renommiertes Magazin wie „Nature“ einen so langen Zeitraum verstreichen ließ, um die kritischen Artikel zu veröffentlichen. Immerhin hätten Studien wie jene des PIK einen potenziell so massiven Einfluss auf die Entscheidungsfindung öffentlicher Institutionen, dass Ungenauigkeiten von enormem Belang seien.
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Jessica Weinkle sieht zudem einen „schwerwiegenden Interessenkonflikt“. Das PIK sei über die Stiftung „Climate Works“ wirtschaftlich eng mit dem NGFS verflochten. Diese sei Sponsor des NGFS, bezahle jedoch auch das PIK für die Berechnung von NGFS-Szenarien. Zudem seien führende Köpfe des PIK wiederholt mit pointierten politischen Forderungen an die Öffentlichkeit getreten.
Wie ideologisch dürfen Klimaforscher sein?
Dies treffe unter anderem auf Studienautor Levermann, Institutsleiter Ottmar Edenhofer oder Gründer Hans Joachim Schellnhuber zu. In allen genannten Fällen liefen diese Vorschläge auf eine massive Ausweitung staatlicher Eingriffsbefugnisse und Beschränkungen individueller Freiheit unter dem Banner des Klimaschutzes hinaus. Weinkle wittert auch einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Einfluss unkritisch rezipierter Katastrophenszenarien auf die Politik und der anhaltenden Wachstumsschwäche in Europa.
Die Epoch Times hat einen Fragenkatalog an das PIK übermittelt, der Fragen wie Kritik an der Methodik, mögliche Interessenkonflikte oder das Vertrauen in die Klimawissenschaft angesichts von Vorgängen wie nun im Umfeld der „Nature“-Veröffentlichung thematisiert. Sobald eine Antwort eintrifft, wird dieser Beitrag ergänzt.
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