Konsumhype: Was hinter dem Labubu-Trend steckt

Mit der Eröffnung des ersten deutschen Labubu-Stores in Berlin erreicht der Hype um das chinesische Spielzeugmonster einen neuen Höhepunkt. Ein strategisch inszeniertes Konsumspektakel mit Milliardenumsätzen, psychologischer Raffinesse – und Nebenwirkungen.
Titelbild
Wer keinen Labubu hat, ist nicht „dabei“, wer den falschen hat, auch nicht.Foto: Pedro Pardo/afp via Getty Images
Von 5. August 2025

Als am 25. Juli 2025 der erste deutsche Pop-Mart‑Store für Labubu im Einkaufszentrum Alexa am Berliner Alexanderplatz eröffnete, war dies mehr als eine Ladenöffnung: ein Mobilisierungsereignis. Hunderte Menschen, überwiegend Vertreter der Gen Z oder Millennials, reisten aus ganz Deutschland an, um stundenlang Schlange zu stehen. Ausgerüstet mit Schlafsäcken, Campingstühlen und Snacks warteten einige über 20 Stunden lang, um eine der begehrten Figuren zu ergattern. Epoch Times berichtete.

Verkaufbare Emotionen

Labubu, ein kleines Plüschmonster im Hässlich-hübsch-Stil mit den spitzen Ohren und einem markanten Grinsen, stammt aus der Feder des Künstlers Kasing Lung. Ursprünglich als Teil einer Monsterserie konzipiert, wurde es durch das chinesische Unternehmen Pop Mart 2019 in das kommerzielle Blind-Box-System überführt. Dieses Prinzip der Überraschungsboxen, bei denen Käufer nicht wissen, welche Figur der hässlich-süßen Labubus drinsteckt, bedient psychologische Erwartungs- und Belohnungsschleifen und simuliert die Mechanismen von Glücksspiel. Wer eine seltene Figur will, muss oft Dutzende Boxen kaufen, was bei Preisen von rund 30 Euro schnell zur kostspieligen Obsession werden kann.

Die Blind‑Box‑Mechanik aktiviert gezielt das Belohnungssystem im Gehirn – ähnlich wie beim Glücksspiel. Hoffnung auf ein seltenes Exemplar führt zu Impulskäufen, sinkender Frustrationstoleranz und dem Drang nach einem „nächsten Versuch“. Der Fachbegriff dafür: „Dopamin-Marketing“. Es geht weniger um das Objekt selbst als um die Gefühle: Überraschung, Zugehörigkeit, Exklusivität – kurz: verkaufbare Emotionen, die als soziale Währung funktionieren. Kritiker wie Sabri Suby monieren, dass die Unvorhersehbarkeit der Blind Boxes süchtig mache und damit praktisch ein „legales Dopamin-Casino“ sei, zitiert „The Courier Mail“ den Marketingexperten.

Was Spielzeug einmal war

Dabei steht diese neue Konsumform in deutlichem Kontrast zur ursprünglichen Funktion von Spielzeug. Traditionell fördern Spielsachen die kindliche Entwicklung. Sie regen Fantasie, Kreativität, motorische Fähigkeiten und soziale Interaktion an. Schon in der Steinzeit entstanden Puppen, Tierfiguren, Rasseln und Pfeifen aus Knochen, Holz und Ton. Sie halfen Kindern, ihre Umwelt spielerisch zu erkunden und grundlegende Handlungsabläufe nachzuvollziehen.

Auch Studien belegen: Spielobjekte dienten seit jeher als Mittel zur natürlichen und kulturell eingebetteten Wissensvermittlung. Eine groß angelegte Untersuchung der American Academy of Pediatrics (AAP) betont, dass klassische, einfache Spielzeuge wie Bausteine, Figuren oder Rollenspielmaterial die kognitive, sprachliche und soziale Entwicklung von Kindern deutlich stärker fördern als elektronische oder statusbezogene Produkte (AAP-Report, 2018).

Spielzeug war und ist in seiner ursprünglichen Form ein pädagogisches Werkzeug, kein Prestigeobjekt.

Spiegel von Zeit und Gesellschaft

Heute hingegen zieht Spielzeug – wie im Fall Labubu – zunehmend auch junge Erwachsene an, dient der Selbstinszenierung und fungiert als Statussymbol. Die emotionale Funktion hat sich gewandelt. Es geht weniger um Spiel, mehr um Zugehörigkeit, Seltenheit und Sichtbarkeit im digitalen Raum.

Dafür läuft im Hintergrund eine ganze Marketingmaschinerie. Zu den bewusst ausgelösten Dopaminkicks wird die künstliche Verknappung ins Feld geführt, um den Labubu-Hype weiter anzuregen. Limitierte Editionen mit Seltenheitswert suggerieren Exklusivität. Dabei handelt es sich letztlich um industrielle Massenproduktion mit kalkulierter Rarität.

Einzelne Figuren erzielen auf Zweitmärkten Preise von über 1.000 Euro. Erst im Juni wurde eine 1,2 Meter große mintgrüne Figur bei der ersten offiziellen Labubu-Auktion in Peking für 170.000 US-Dollar verkauft.

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Rihanna förderte den Hype

Pop Mart International Group Ltd. ist seit 2010 aktiv und hat inzwischen über 300 verschiedene Labubu-Figuren in unterschiedlichen Größen und Preisklassen herausgebracht, von 15 US-Dollar für eine 8 Zentimeter große Figur bis zu 960 US-Dollar für eine 79 Zentimeter große Figur aus der „Mega“-Edition.

Befeuert wurden die wuscheligen Plastikfiguren, als im Jahr 2023 die Sängerin Lisa von der südkoreanischen Girlgroup Blackpink auf Instagram, wo sie mehr als 100 Millionen Follower hat, Fotos von einem Labubu-Schlüsselanhänger postete. Die Anhänger baumelten alsbald medienwirksam sichtbar an Handtaschen von Stars wie Rihanna und Dua Lipa und machten Labubus zum internationalen Verkaufshit.

Weltweit kursieren mittlerweile über 1,7 Millionen TikTok-Videos zu Labubu, in denen Fans Unboxing-Videos, ihre Sammlerregale oder sogar Stylingideen zeigen – oft begleitet von sogenannten Influencern, die das „Ich habe es bekommen“-Narrativ verstärken.

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Der Konzern dahinter

Dieser Hype hat sich in einem beachtlichen kommerziellen Erfolg des chinesischen Konzerns niedergeschlagen. Pop Mart wurde laut „China Briefing“ gerade erst mit 40 Milliarden US-Dollar bewertet und übertraf damit Branchengiganten wie Hasbro und Mattel. Im Jahr 2024 verdoppelte sich der Jahresumsatz auf rund 1,8 Milliarden US-Dollar. Davon entfielen etwa 1,2 Milliarden US-Dollar auf die Begeisterung für die Produktreihe The Monsters, zu der Labubu gehört, schreibt „China Daily“. Dies ist ein Plus von 726 Prozent im Jahresvergleich.

Die Folge: eine internationale Expansion des chinesischen Konzerns in geplanten Riesenschritten. Pop Mart betreibt aktuell mehr als 200 Läden weltweit sowie über 2.500 automatisierte Robo‑Shops. Der Konzern will bis 2027 über 65  Prozent seiner Einnahmen im Ausland generieren.

Labubu-Shop in Shanghai. Foto: iStock/Robert Way

Labubus auch als Fake aus China

Immer wieder führen massiver Andrang vor Labubu-Läden und Lieferengpässe zu Kundenbeschwerden. Pop Mart musste sich sogar öffentlich dafür entschuldigen. Die Erfolgsstory bringt aber auch weitere Problemfelder mit sich. Die Zollbehörden im Hafen von Ningbo, einem der verkehrsreichsten Häfen des Landes, beschlagnahmten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres über 1 Million gefälschte Labubu-Puppen. Kritiker werfen Pop Mart zudem vor, gezielt künstliche Verknappung zu erzeugen und Wiederverkaufsplattformen zu fördern, was den Eindruck einer manipulativen Nachfrage weckt.

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Der Start des Labubu-Stores in Berlin war primär nicht ein Vertriebsereignis, sondern ein Symbol für tiefgreifende kulturelle Mechanismen. Die Bilder aus Berlin – stundenlange Schlangen, Menschen, die im Dauerregen ausharren – zeigen eine neue Stufe der Kommerzialisierung. Es geht längst nicht mehr nur um das Objekt, sondern um das Event, das Dabeisein, die soziale Selbstvergewisserung durch Konsum. Die Figur selbst ist fast zweitrangig geworden – wichtig ist der Moment der Enthüllung, geteilt in sozialen Medien. Anfang Oktober soll im Europa-Center in der Berliner City-West der nächste Laden folgen.



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