Lebenserwartung steigt nicht mehr so schnell

Dass heutige Generationen aus hoch entwickelten Ländern ein Durchschnittsalter von 100 Jahren erreichen werden, ist unwahrscheinlich. Dies geht aus den Prognosen einer aktuellen Studie hervor.
Lebenserwartung steigt nicht mehr so schnell
Forscher haben untersucht, wie sich die Lebenserwartung der heute lebenden Generationen entwickelt.Foto: Jacob Wackerhausen/iStock
Von 28. August 2025

In Kürze:

  • Eine neue Studie zeigt, dass die Lebenserwartung für Menschen, die zwischen 1939 und 2000 geboren wurden, nicht mehr so schnell steigt.
  • Lebten jüngere Generationen früher etwa 5,5 Monate länger als ihre Eltern, sind es heute nur noch 2,5 bis 3,5 Monate pro Generation.
  • Der Anstieg der Lebenserwartung hat sich so weit verlangsamt, dass auch „Millennials“ das Durchschnittsalter von 100 Jahren nicht erreichen werden.
  • Die Verbesserungen der Überlebensraten für Kleinkinder haben ihren Höhepunkt erreicht, sodass kaum noch Spielraum für eine weitere Erhöhung der Lebenserwartung besteht.

 

Die Frage, wie weit die Lebenserwartung in Zukunft steigen wird, ist in der Wissenschaft höchst umstritten. Aus heutiger Sicht stieg die Lebenserwartung zu Beginn des 20. Jahrhunderts in schwindelerregendem Tempo an. So erreichten 1900 geborene Menschen ein Durchschnittsalter von 62 Jahren, während jene aus dem Jahr 1938 bereits ein Alter von 80 Jahren erreichten.

In einer kürzlich veröffentlichten Studie untersuchten die Forscher um José Andrade vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung Rostock, ob zwischen 1939 und 2000 geborene Menschen einen ähnlichen Anstieg der Lebenserwartung erreichen werden. Die Analyse wurde für 23 Länder mit hohem Einkommen und niedriger Sterblichkeit durchgeführt.

„Wenn die heutigen Generationen dem gleichen Trend folgen würden wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, könnte beispielsweise jemand, der 1980 geboren wurde, mit einer Lebenserwartung von 100 Jahren rechnen“, erklärt José Andrade, Erstautor der Studie. „Wir haben untersucht, ob sich das Anstiegstempo der Lebenserwartung für die derzeit lebenden Kohorten verlangsamt.“

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Prognosen zufolge können zwischen 1939 und 2000 geborene Menschen nicht mit einem Durchschnittsalter von 100 Jahren rechnen. Foto: YakobchukOlena/iStock

Ein Spiel mit den Zahlen

Zu diesem Zweck haben der Wissenschaftler und seine Kollegen die Lebenserwartung dieser Generationen prognostiziert. Ihre Berechnungen basieren auf Daten aus der Human Mortality Database.

Mithilfe von sechs verschiedenen Methoden zur Sterblichkeitsprognose – statistischen Verfahren, die auf der Grundlage vergangener und aktueller Sterblichkeitsdaten fundierte Vorhersagen über die zukünftige Lebenserwartung treffen – schätzte das Forschungsteam die zukünftige Entwicklung der Lebenserwartung.

„Um robuste Ergebnisse zu gewährleisten, haben wir nicht nur eine Methode verwendet, sondern mehrere: einige etablierte, darunter die Weltbevölkerungsprognosen der Vereinten Nationen, und andere, die den neuesten Stand der Sterblichkeitsprognosen repräsentieren“, so Andrade.

Alle Prognosemethoden zeigten letztlich, dass die Lebenserwartung der zwischen 1939 und 2000 Geborenen langsamer steigt als in der Vergangenheit. „Je nach verwendeter Methode verlangsamt sich der Anstieg um 37 bis 52 Prozent“, erklärt der Wissenschaftler.

„Wir sagen vorher, dass die 1980 Geborenen im Durchschnitt nicht 100 Jahre alt werden und keine der Kohorten in unserer Studie diesen Meilenstein erreichen wird“, so José Andrade.

Die Lebenserwartung der Kohorte wurde sowohl beobachtet als auch prognostiziert

Die rote Linie stellt die Best Practice dar, die blaue Linie den Median, die graue Linie die länderspezifischen Werte und die gestrichelte Linie die lineare Extrapolation der Best Practice für den Zeitraum von 1900 bis 1938. Foto: MPIDR

Wenig Spielraum für Verbesserungen

Dieser Rückgang sei primär darauf zurückzuführen, dass schnelle Langlebigkeitsgewinne in der Vergangenheit weitgehend auf große Verbesserungen der Lebenserwartung in sehr jungen Jahren zurückzuführen waren.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sank die Kindersterblichkeit aufgrund medizinischer Fortschritte und anderer Verbesserungen rapide. Dies führte zu einem raschen Anstieg der Lebenserwartung. Die Sterblichkeit in diesen Altersgruppen ist jedoch bereits so niedrig, dass es kaum noch Spielraum für Verbesserungen gibt. Die Prognosen der Forscher deuten darauf hin, dass sich die Sterblichkeit in den älteren Altersgruppen nicht schnell genug verbessern wird, um diesen Rückgang auszugleichen.

Von 1900 bis 1938 stieg die Lebenserwartung mit jeder neuen Generation um etwa 5,5 Monate. Für die zwischen 1939 und 2000 Geborenen verlangsamte sich der Anstieg je nach Prognosemethode auf etwa 2,5 bis 3,5 Monate pro Generation.

In den Augen der Forscher behält diese Aussage ihre Gültigkeit, selbst wenn sich die Überlebensrate bei Erwachsenen und älteren Menschen doppelt so schnell verbessern würde wie in den Prognosen vorhergesagt. Im Vergleich würden die Gewinne bei der Lebenserwartung denen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht entsprechen.

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Prognosen sind Vorhersagen, keine Gewissheiten

Gleichzeitig räumen die Forscher ein, dass Prognosen zur Sterblichkeit niemals sicher sein können, da sich die Zukunft auf unerwartete Weise verändern kann. Ereignisse wie Pandemien, neue medizinische Behandlungsmethoden oder gesellschaftliche Veränderungen können die tatsächliche Lebenserwartung erheblich beeinflussen. Folglich kann die Lebenserwartung von den erwarteten Trends abweichen.

Prognosen sollten daher nie als absoluter, unumstößlicher Fakt, sondern immer als Schätzungen betrachtet werden. Zu beachten ist außerdem, dass diese Prognosen für Bevölkerungsgruppen gelten, nicht für Einzelpersonen.

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Veränderungen des Durchschnittsalters wirken sich auf den sozialen Zusammenhalt und die persönliche Lebensplanung aus. Regierungen müssen Gesundheitssysteme, Rentenplanung und Sozialpolitik entsprechend anpassen.

Gleichzeitig beeinflusst die Lebenserwartung persönliche Entscheidungen über Sparen, Ruhestand und langfristige Planung. Steigt die Lebenserwartung langsamer, müssen sowohl Regierungen als auch Einzelpersonen möglicherweise ihre Erwartungen für die Zukunft anpassen.

Die Studie erschien am 25. August 2025 im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“.

Mit Material der Max-Planck-Gesellschaft.



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