Digitale Freizeitnutzung und der Verlust zwischenmenschlicher Kontakte

Im Internet surfen, fernsehen oder Musik hören: Die Deutschen verbringen den Großteil ihrer Freizeit mit dem Konsum von Medien. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Freizeitmonitor der Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg hervor. 98 Prozent gaben dabei Internetnutzung als häufigste Freizeitbeschäftigung an – über alle Generationen hinweg.
Für die repräsentative Langzeitstudie wurden im Juni mehr als 3.000 Menschen ab 18 Jahren zu ihrem Freizeitverhalten und ihrer Zufriedenheit befragt. Im 15-Jahres-Vergleich wurden klassische Leitmedien zu Informationszwecken demnach deutlich seltener genutzt. So lasen diesjährig nur noch 38 Prozent gedruckte Zeitungen und Zeitschriften, im Jahr 2010 waren es noch 72 Prozent.
Streaming und digitale Angebote auf dem Vormarsch
Lineares Fernsehen sank um 14 Prozentpunkte auf 83 Prozent, Radio von 90 auf 70 Prozent. Gleichzeitig setzte sich das On-Demand-Prinzip weiter durch: 58 Prozent gaben an, mindestens einmal wöchentlich Streamingdienste zu nutzen. YouTube wurde von 53 Prozent der Befragten genutzt, Podcasts und Hörbücher von 25 Prozent.
Konstant bei 35 Prozent lag hingegen das Buchlesen. Es werde als bewusster Gegenpol zur Mediennutzung gesehen, oft auch als Ritual oder Selbstfürsorge, sagte Studienleiter Ulrich Reinhardt. Frauen lesen dabei häufiger als Männer, Höhergebildete mehr als Geringergebildete.
Zunahme analoger Freizeitaktivitäten
Auch andere „analoge“ Beschäftigungen erfuhren im Vergleich zum Jahr 2010 Zuwächse – etwa der Tagesausflug, der Flohmarktbesuch und Essen gehen. Zoos, Museen oder Rock- und Pop-Konzertbesuche wurden ebenfalls häufiger besucht, sogar Kinobesuche legten um zwei Prozentpunkte zu. Hier habe sich das Investment der verbliebenen Betreiber von Lichtspielhäusern offenbar gelohnt, so Reinhardt.
Weniger oft wurden hingegen Gottesdienste und Stammtische besucht oder sich die Zeit mit einem Einkaufsbummel vertrieben. Auch gingen die Deutschen weniger ins Theater, in die Oper oder ins klassische Konzert. Discos beziehungsweise Klubs büßten ebenfalls ein.
Zwischenmenschliche Kontakte als Verlierer
Als „großen Verlierer“ bezeichnete Reinhardt das Zwischenmenschliche. Hier seien in allen Bereichen Rückgänge im 15-Jahres-Vergleich zu verzeichnen. So war das wöchentliche Treffen mit Freunden zu Hause anno 2010 noch für 24 Prozent eine übliche Freizeitbeschäftigung, 2025 nur noch für 20 Prozent.
Auch innerhalb der Familien fanden weniger Begegnungen statt: So gaben 2025 11 Prozent der Befragten an, ihre Enkel wöchentlich zu sehen. 2010 waren es noch 22 Prozent. Ebenfalls seltener angegeben wurden das Plaudern oder Treffen mit Nachbarn und die gemeinsame Zeit mit dem Partner.
Sport gewinnt an Bedeutung
Erfreulich ist laut Studienleiter, dass Sport als Freizeitbeschäftigung weiter zulegte. Erstmals gab mit 51 Prozent mehr als die Hälfte der Befragten an, mindestens einmal pro Woche Sport zu treiben. Dies sei die Antwort auf die zunehmende Digitalisierung und werde von vielen auch als Ausgleich und Selbstfürsorge betrachtet, so Reinhardt.
Als Sonderthema der jüngsten Studie wurden die Teilnehmenden dieses Jahr zusätzlich noch dazu befragt, welche Freizeitbeschäftigungen ihnen Spaß bereiteten. Medien kamen dabei so gut wie gar nicht vor: Die meisten gaben laut Reinhardt an, gerne Zeit mit ihrem Partner zu verbringen (74 Prozent), spontan zu entscheiden, wozu man gerade Lust hat (68 Prozent), auszuschlafen (68 Prozent), einem Hobby nachzugehen (66 Prozent), sich in der Natur aufzuhalten (66 Prozent) oder sich mit Tieren zu beschäftigen (66 Prozent).
Die Diskrepanz zur Realität sei hoch, so Reinhard. Nur ein Drittel der tatsächlichen Freizeitaktivitäten würden mit Spaß assoziiert. 1986, als schon einmal danach gefragt wurde, wurden noch zwei Drittel der Freizeitaktivitäten mit Spaß assoziiert. „Wahre Lebensqualität ist eben nicht nur im digitalen Raum zu finden, sondern auch in der realen Begegnung.“ (afp/zk)
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