Michael Ballweg: Fünf Stunden gefesselt wegen Fluchtgefahr

Nach dem Freispruch vom Betrugsvorwurf in dem Prozess am Landgericht Stuttgart interviewte Epoch Times den Querdenken-Gründer Michael Ballweg und seinen Verteidiger Ralf Ludwig.
Titelbild
Michael Ballweg im Gespräch mit Epoch Times nach dem Urteil vor dem Landgericht Stuttgart.Foto: Matthias Kehrein
Von 1. August 2025

Neun Monate Untersuchungshaft, ein zehnmonatiger Gerichtsprozess, untersagte Versammlungen, Hausdurchsuchungen, Vermögensbeschlagnahmungen und jetzt der erfolgte Freispruch von den Betrugsvorwürfen.

Michael Ballweg hat als Gründer der Querdenken-Bewegung Einschneidendes in den vergangenen Jahren erlebt. Darüber sprach Epoch Times mit dem Stuttgarter Unternehmer und seinem Wahlverteidiger und Weggefährten Ralf Ludwig direkt nach dem Urteil vor dem Landgericht Stuttgart am 31. Juli.

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Epoch Times: Herr Ballweg, rückblickend, wie sehen Sie die Zeit des Verbots von Corona-Maßnahmen-kritischen Versammlungen, die neun Monate in U-Haft und den überwiegend gewonnenen Prozess?

Michael Ballweg: Ja, es war eine schwierige Zeit 2020, mit all den Maßnahmen, mit den Verboten. Es hat sich letztlich bestätigt, dass wir richtig damit lagen, für die Grundrechte auf die Straße zu gehen. Wir waren auch erfolgreich damit. Nur deshalb hat man mich dann irgendwann aus dem Spiel genommen, um unsere Strukturen zu zerschlagen.

Die Untersuchungshaft habe ich aufgrund meiner mentalen Stabilität gut überstanden. Natürlich ist heute ein Tag der Freude, denn mehr als 19,53 Euro Umsatzsteuerhinterziehung wegen einer Hundematte und noch etwas anderem ist nicht übrig geblieben. Aber es ist natürlich bitter, dafür drei Jahre beschäftigt zu sein.

Bei der heutigen Pressekonferenz kam auch die Fesselung, der Sie ausgesetzt waren, zur Sprache. Vielleicht können Sie dazu noch etwas sagen.

Michael Ballweg: Also das war während der Haftprüfung am 29. November 2022. Dort hatte mich ein Stuttgarter Amtsrichter fast über fünf Stunden lang an einer Hand fesseln lassen. Er hat es ohne Gerichtsbeschluss machen lassen und begründete es mit einer möglichen Fluchtgefahr.

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Wir haben Sie die ganze Zeit persönlich erlebt und waren Sie durchweg zuversichtlich, dass es zu einem Freispruch kommt?

Michael Ballweg: Meine Steuerberatungsgesellschaft hat schon ganz früh, nachdem ich aus der Haft entlassen wurde, eine steuerliche Berechnung gemacht. Ich wusste, dass ein Verlust dabei herausgekommen ist. Die Steuerberatungsgesellschaft bestätigte, dass ich mit den Querdenken-Aktivitäten im Jahr 2020 und 2021 knapp 80.000 Euro Verlust gemacht habe. Sowohl die Betrugs- als auch die Steuerhinterziehungsvorwürfe waren damit natürlich in sich zusammengefallen.

Diese Bescheinigung haben wir sehr früh ins Verfahren eingebracht. Sie wurde von der Staatsanwaltschaft ignoriert, wie alles, was wir in diesem Verfahren vorgetragen haben.

Deshalb bin ich jetzt froh, dass das Gericht das alles gewürdigt und festgestellt hat, dass Versammlungen kein Geschäftsmodell sind. Das ist ein wichtiger Punkt in diesem Verfahren. Man hatte versucht, das Versammlungsrecht über die Hintertür einzuschränken, indem man die Organisatoren über Steuervorwürfe handlungsunfähig machte. Damit beschneidet man ein wesentliches Grundrecht.

Sowohl die Haft als auch der Prozess waren sicher für Sie physisch und psychisch belastend. Was hat Ihnen Kraft gegeben? Was hat Ihnen geholfen, die Zeit gut durchzustehen?

Michael Ballweg: Natürlich die Meditation, aber auch die vielen Menschen, die hinter mir stehen und die alternativen Medien, die über meinen Gerichtsprozess berichtet haben. Weil Willkür kann eben nur in der Dunkelheit stattfinden. Daher war ich sehr froh, dass ich diese Unterstützung hatte.

Wie stark sind Sie aktuell noch durch das Vorgehen der baden-württembergischen Justiz in Ihren Freiheiten eingeschränkt, es gab ja Kontopfändungen und Ähnliches?

Michael Ballweg: Also bis heute Morgen war es noch so, dass mein komplettes Vermögen, bis auf das Bitcoin-Vermögen von Querdenken, beschlagnahmt war. Den Bitcoin kann man nicht beschlagnahmen, wenn man es richtig macht. Jetzt mit dem Freispruch im Betrugsprozess wird ein Teil des Vermögens – um die 300.000 Euro – wieder freigegeben.

Die Finanzbehörde hat allerdings noch 450.000 Euro beschlagnahmt. Sie folgt nicht der Rechtsauffassung des Landgerichts und besteht weiterhin auf dem Standpunkt, dass Demonstrationen Geschäftsmodelle sind. Dort sind wir gerade in einem Untätigkeitsklageverfahren und werden jetzt in die nächste Etappe dieses langen Verfahrens gehen.

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Herr Ludwig, Sie als Ballwegs Wahlverteidiger und langjähriger Querdenken-Weggefährte, wie sehen Sie das Urteil? 

Ralf Ludwig: Wir hatten am Landgericht eine Strafkammer, die sich sehr viel Mühe gegeben hat und genau hinschaute: Was ist steuerlich eigentlich gelaufen? Konnte Herr Ballweg aus der Haft heraus Steuererklärungen abgeben? Wie war die ganze Situation rund um die Steuererklärung? Die Kammer hat wirklich sehr, sehr sauber, sehr intensiv gearbeitet. Als Anwalt habe ich das bisher nicht oft erlebt, dass so sauber gearbeitet wird.

Trotzdem sind wir mit der rechtlichen Auffassung, dem rechtlichen Ergebnis der Kammer nicht einverstanden. Dies gilt nicht für die Tatsachen, die die Kammer ermittelt , die man dann juristisch bewerten muss.

Das heißt, Sie behalten sich vor, Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts einzureichen?

Ralf Ludwig: Wir werden das jetzt noch einmal intensiv besprechen. Wir müssen innerhalb einer Woche, ohne dass wir die genauen Urteilsgründe kennen, Revision einlegen – wenn wir dies denn machen wollen.

Es ist auch wieder eine Kostenfrage. Vielleicht sind auch Herrn Ballweg andere Projekte jetzt wichtiger? Er stellt möglicherweise auch die Frage: Lohnt es sich überhaupt nach diesem Urteil in einen möglicherweise langjährigen Prozess zu gehen und noch mehr Lebenszeit zu investieren? Herr Ballweg ist Unternehmer. Er verdient sein Geld nicht dadurch, dass er in Gerichtssälen sitzt.

Wie bewerten Sie das Verhalten der Staatsanwaltschaft? Es gab für die Behörde die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung.

Ralf Ludwig: Die Staatsanwaltschaft ist keine unabhängige Behörde. Sie ist eine politische Behörde. Man hat sich hier verrannt. Ich kann das jetzt nicht an Tatsachen festmachen. Das ist nur meine Wahrnehmung. Ich glaube, dass es eine sehr starke politische Einflussnahme gegeben hat. Das haben wir auch an den Akten gesehen. Die eingereichten Strafanzeigen sind vom Ministerium mit entsprechenden Vorgaben an die Finanzbehörden weitergegeben worden. Davon hat natürlich auch die Staatsanwaltschaft Kenntnis gehabt.

Wir haben hier definitiv politische Einflussnahme, die wir natürlich nicht belegen können, aber die wir aus den Akten ersehen können. Es stand zum Beispiel bei den Geldwäscheverdachtsmeldungen immer dran: „staatsschutzrelevant“. Die Volksbank in Stuttgart hat die Geldwäscheverdachtsmeldungen immer mit dem Hinweis „Gründer der Querdenken-Bewegung“ versehen. Das hat im Prinzip mit dem juristischen Vorwurf der Geldwäsche gar nichts zu tun.

Aber daneben gab es auch einen menschlich-psychologischen Einfluss. Hier sind Fehler gemacht worden. Hier ist ein Mensch neun Monate zu Unrecht in Untersuchungshaft gebracht worden. Die führende Staatsanwältin, Frau Dr. Gräfe, war von Anfang an dabei. Frau Dr. Gräfe hat von Anfang, was uns die Polizisten gesagt haben, die Ermittlungen sehr, sehr eng geführt, also den Polizisten wenig Luft gegeben.

Sie hat Michael Ballweg neun Monate zu Unrecht in Haft gebracht und hat sicherlich sehr früh gemerkt, dass hier neun Monate zu Unrecht eine Haft ausgesprochen und abgesessen wurde. Eine Fehlerkultur haben wir in der Justiz nicht. Zu sagen: „Wir haben hier was falsch gemacht und wir versuchen jetzt hier irgendwie halbwegs gesichtswahrend, aus der Sache rauszukommen“, das haben wir hier nicht erlebt. Im Gegenteil, es wurde dann umso härter dagegengehalten.

Welche Grundmotivation sehen Sie dahinter?

Ralf Ludwig: Wir hatten es am Anfang der Corona-Maßnahmen mit einer Schockstrategie und mit Nudging zu tun. Der Großteil der Bevölkerung, der Behörden, der Politiker und der Medien wurde unter Schock gesetzt. „Deine Großeltern werden sterben, wenn du nicht aufpasst.“ Wir haben die zusammengeschnittenen Bilder aus Bergamo gesehen.

Wir fordern, dass solche Schockstrategien und Nudging verboten und in die Liste der Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgenommen werden. Aus dieser Situation heraus sind dann die Corona-Maßnahmen getroffen worden. Dagegen sind die Menschen aufgestanden und Herr Ballweg ist in Deutschland ihr Gesicht. Denn er war damit erfolgreich.

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat dann am 9. Dezember 2020 im Rahmen der Beobachtung von Querdenken den Begriff „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ erfunden. Damit war Michael Ballweg bei den Behörden schon von vornherein immer verdächtig.

So wurden dann die rechtlichen Hürden im Strafrecht einfach übersprungen mit der Aussage: „Er ist ja Querdenker. Das ist etwas Schlimmes. Irgendwas wird da schon dran sein“.

Michael Ballweg war meiner Meinung nach der erfolgreichste in dieser Demonstrationsbewegung, auch mit den digitalen Dingen, die er schon getan hat, wie eine YouTube-Alternative aufzubauen. Es waren ja nicht nur die Demonstrationen. So hat er hat dann sehr schnell auf den Bitcoin hingewiesen. Er hat sehr schnell auf das Freiheitshandy hingewiesen.

Man wollte ihn dann mit rechtsstaatlichen Mittel aus dem Verkehr ziehen, die eigentlich zur Verfolgung der organisierten Kriminalität gedacht sind, um Kritik am Staat letztlich nicht zuzulassen.

Herr Ballweg, gibt es etwas Positives, was Sie aus diesen ganzen einschneidenden Erfahrungen für sich ziehen konnten?

Michael Ballweg: Es gibt immer positive Dinge, die man mitnehmen kann. Das ganze Leben ist eine Lernerfahrung. Kürzlich habe ich mein Anwaltsreferendariat absolviert. Ich habe viel über die Pressearbeit gelernt. Wir geben Pressemitteilungen inzwischen in vier Sprachen heraus. Wir wehren uns auch gegen Falschberichterstattung. Alles in allem habe ich die Organisation weiter professionalisiert.

Herr Ludwig, was konnten Sie aus den vergangenen Jahren als Jurist an Erkenntnissen mitnehmen?

Ralf Ludwig: Die Justiz funktioniert schon die ganze Zeit nicht gut. Wenn diese dann auch noch politisch missbraucht wird, dann wird es natürlich kritisch. Querdenken hat nur die ohnehin schon schlechten Verteidigungs- und Rechtsschutzmöglichkeiten, die wir in Deutschland haben, kennengelernt.

Und persönlich …

Ralf Ludwig: Die Staatsanwaltschaft hat in der Pressekonferenz nach der Urteilsverkündung gesagt, das hier sei kein politisches Verfahren. Wir als Verteidigung hätten ihrer Meinung nach das Verfahren als politisches Verfahren geführt.

Das stimmt nicht. Wir haben hier im Gerichtssaal ausschließlich juristisch argumentiert und ausschließlich mit den uns zur Verfügung stehenden prozessualen Mitteln sauber gearbeitet. Außerhalb des Gerichtssaals haben wir das Ganze medial entlarvt.

Mein Rat auch an alle meine Kollegen ist, dass, wenn es politische Verfahren sind, wie dieses hier, sollte man die Verfahren streng juristisch nach den Regeln der Strafprozessordnung führen. Dann hat man eine Chance, tatsächlich auch in einem so politisch überladenen Verfahren am Ende mit einem Freispruch herauszukommen.

Herr Ballweg, wie geht es mit Querdenken weiter?

Michael Ballweg: Jetzt beginnt die Auseinandersetzung mit den Finanzbehörden. In den nächsten Tagen oder Wochen wird es dazu die ersten Infos geben. Dies wird auch durch Meinungskundgaben auf der Straße unterstützt, weil Öffentlichkeit wichtig ist.

Der andere Schwerpunkt ist das Thema digitale Freiheit. Wir müssen lernen, sicher zu kommunizieren. Ich habe im Verfahren gesehen, wie jede Nachricht gegen einen verwendet wird. Daher sollten die Ermittlungsbehörden erst gar nicht so viele Informationen haben, die sie umdrehen können.

Wir erleben in der letzten Zeit mehrere Vereinigungen, die als kriminelle Organisationen eingestuft werden, und damit steht dann ein ganzer Baukasten an Repressionsmaßnahmen offen. Ich befürchte, dass man das auch mit Querdenken vorhat.

Wir dürfen natürlich alle anderen, die auch unter diesen Corona-Maßnahmen litten und noch leiden, nicht vergessen. Ich möchte jetzt exemplarisch mal den ehemaligen Weimarer Familienrichter Christian Dettmar, aber auch den Arzt Walter Weber nennen, die sich ganz früh für die Freiheitsrechte eingesetzt haben. Genau wie die ganzen Bundeswehrsoldaten, die unter der COVID-Impfpflicht gelitten haben und die diffamierten Journalisten. Man hat an jeder Berufsgruppe ein großes Exempel statuiert.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Erik Rusch.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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