NDR-Debatte um „KLAR“ eskaliert: Internes „Tribunal“ gegen Ruhs und das Magazin

Die Ablösung von „KLAR“-Moderatorin Julia Ruhs sorgt weiterhin für Diskussionen. Während Programmdirektor Frank Beckmann betont, Ruhs sei nur für die Pilotfolgen eingeplant gewesen, übt der neue NDR-Intendant Hendrik Lünenborg deutliche Kritik am eigenen Haus. Politik und Zuschauer zeigen sich irritiert – das Magazin soll künftig von Tanit Koch moderiert werden.
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NDR (Archiv)Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 27. September 2025

In Kürze:

  • NDR-Intendant Lünenborg kritisiert Umgang mit Moderatorin Julia Ruhs
  • Programmdirektor Beckmann spricht von Missverständnissen und Kommunikationsfehlern
  • Ruhs zeigt sich fassungslos und erhält Zuspruch von Politik und Publikum
  • „KLAR“-Magazin bleibt, aber künftig mit Tanit Koch als Moderatorin

In der Debatte um den Umgang des NDR mit der bisherigen „KLAR“-Moderatorin Julia Ruhs hat sich der zuständige Programmdirektor Frank Beckmann zu Wort gemeldet. Die „Welt“ zitierte ihn am Freitag, 26. September, mit der Aussage, Ruhs sei von vornherein nur für die drei Pilotfolgen des Magazins vorgesehen gewesen. Beckmann äußerte zu der aktuellen Kontroverse: „Wir haben ihr nie gesagt, dass sie weitere Sendungen moderieren wird.“

Unterdessen hat der erst seit 1. September im Amt befindliche NDR-Intendant Hendrik Lünenborg Kritik am Umgang seines Hauses mit der Personalie geübt. Vor dem Rundfunkrat erklärte er, das Vorgehen in Sachen Ruhs hätte „so, wie es passiert ist, nicht passieren dürfen“. Er sehe Fehler im Programm-Management, bei der Überführung von „Klar“ in den Regelbetrieb und in der Kommunikation.

NDR-Intendant Lünenborg: Debattenkultur „im Moment nicht die allerbeste“

Lünenborg bezeichnete die „Perspektivenerweiterung“ als die „zentrale Aufgabe für den NDR in den nächsten Jahren“. Bezogen auf Deutschland insgesamt, aber auch auf seinen Sender stellte er fest: „Unsere Debattenkultur ist im Moment nicht im allerbesten Zustand.“

Um diese „nachhaltig zu verbessern“, wolle Lünenborg jetzt „einen Prozess aufsetzen“. Immerhin sei dies „kein Selbstläufer“.

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Auch Beckmann räumte „Fehler in der Kommunikation“ ein. Man habe nicht damit gerechnet, dass die Personalentscheidung „höchste politische Kreise erreicht“. Spätestens nach einem Hintergrundartikel der „Welt“ über die Reaktionen auf das neue Format innerhalb des Senders hätte man sich erklären müssen. Man sei dazu jedoch nicht in der Lage gewesen.

Bisher hat die ARD die Folgen „Migration: Was falsch läuft“ (9. April), „Der Frust der Bauern“ (11. Juni) und „Hat Corona uns zerrissen?“ (30. Juli) ausgestrahlt. Mitte September gab der NDR bekannt, dass Julia Ruhs keine weiteren Folgen von „KLAR“ moderieren werde. Die Nachwuchsjournalistin, die freie Mitarbeiterin des BR ist, werde nur noch an den von diesem gestalteten redaktionell mitwirken. Das Format werde bleiben, jedoch von der früheren „Bild“-Journalistin Tanit Koch übernommen.

Julia Ruhs zeigte sich von „KLAR“-Abzug überrascht

In welcher Weise die laut Beckmann geplante Personalrochade nach Ende der Pilotphase von „KLAR“ im Vorfeld gegenüber Julia Ruhs kommuniziert worden war, ist unklar. Ruhs selbst scheint jedenfalls erst Mitte September von ihrer Ablösung erfahren zu haben. Am 17. September äußerte sie sich auf X „fassungslos“ über die Entscheidung, sie das Format nicht mehr moderieren zu lassen. Der Wortlaut des Eintrags erweckt nicht den Eindruck, dass der Schritt schon im Vorfeld abzusehen gewesen sei.

Ruhs wies in einem weiteren Beitrag darauf hin, dass es eine Vielzahl an positiven Zuschriften bezüglich der bisherigen „KLAR“-Folgen gegeben habe. Zuschauer hätten erklärt, wieder Hoffnung in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu setzen. Die jetzige Ablösung der Moderatorin habe hingegen „all die Vorurteile, die sie in Bezug auf die Meinungsvielfalt schon hatten, bestätigt“.

Kritik an der Ablösung von Ruhs kam auch aus der Politik. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hatte diese ebenso geübt wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Kulturstaatssekretär Wolfram Weimer und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann.

Sendung über irreguläre Migration als Zankapfel

Ruhs hatte im August ihr Buch „Links-grüne Meinungsmacht – die Spaltung unseres Landes“ vorgestellt. Bereits im vorangegangenen Frühjahr war die erste Sendung der „KLAR“-Pilotreihe – „Migration: Was falsch läuft“ – Gegenstand von Debatten. Dem Rundfunkratsvorsitzenden des NDR, Nico Fickinger, zufolge habe es dagegen auch eine Programmbeschwerde nach dem Rundfunkstaatsvertrag gegeben.

Julia Ruhs leitete die Sendung vom 9. April mit den Worten „Was jetzt kommt, wird nicht jedem gefallen …“ ein. Leitmotivisch zog sich die Begleitung von Michael Kyrath durch diese – er ist der Vater von Ann-Marie Kyrath, die im Januar 2023 zusammen mit ihrem Freund Danny P. (19) in einem Regionalzug bei Brokstedt erstochen wurde. Der staatenlose Palästinenser Ibrahim A., der dafür später zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde, war wegen Gewaltdelikten vorbestraft.

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In der Sendung kamen auch Themen wie Antisemitismus unter Geflüchteten und Kriminalitätsentwicklung zur Sprache. Zu den Interviewpartnern gehörten Dänemarks Integrationsminister Kaare Dybvad und Baden-Württembergs Justizstaatssekretär Siegfried Lorek.

Kritik an „KLAR“: Julia Ruhs „kanalisiert Frust auf Migranten“

Das Magazin sprach auch mit seit Langem in Deutschland lebenden Einwandererfamilien und Leitern sozialer Einrichtungen wie des Vereins „Grenzenlos“ in Aschaffenburg. Auffällig war, dass keine seit 2015 nach Deutschland gekommenen Geflüchteten selbst zu Wort kamen. Auch war von Erfolgsgeschichten aus den Reihen dieser Bevölkerungsgruppe keine Rede – was allerdings auch nicht das selbst gestellte Thema der Sendung war.

Die Kritik an der Sendung über die Migration beschränkte sich jedoch nicht auf öffentliche Stellungnahmen von öffentlich-rechtlichen Kollegen wie Jan Böhmermann und Anja Reschke. Diese hatten unter anderem erklärt, die – zuvor explizit als für ein konservatives Publikum gestaltete – Sendung bediene „rechts-konservative Narrative“. Sie kanalisiere den „Frust auf Migranten“, statt differenziert und lösungsorientiert zu arbeiten.

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Die „Welt“ brachte am 17. September auch einen Beitrag, in dem zur Sprache kam, dass es nach der Sendung zu organisierten internen Protesten gegen „KLAR“ und gegen Ruhs im NDR kam. So hätten im Vorfeld einer Versammlung der Chefredaktion Angestellte des NDR teils während ihrer Arbeitszeit einen Protestbrief verfasst.

Reschke: „Ein bisschen rechtsextrem“

In einer geheimen Signal-Chatgruppe habe man anschließend das weitere Vorgehen koordiniert. Auch eine spätere Redaktionsversammlung sei zu einem „Tribunal“ gegen Ruhs und das Format umfunktioniert worden. Verdi organisierte zudem eine weitere Versammlung mit dem Titel „Die AfD im Programm. Eine Herausforderung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“. Anja Reschke gehörte dabei zu den tragenden Kräften der organisierten „KLAR“-Gegnerschaft. Sie selbst deutete in einer Sendung mithilfe einer Handpuppe an, das Format für „ein bisschen rechtsextrem“ zu halten.



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