NDR setzt Julia Ruhs ab – Jetzt schalten sich mehrere Länderchefs ein

Die Journalistin und Buchautorin Julia Ruhs darf im NDR keine weiteren Folgen des Reportageformats „Klar“ mehr moderieren. Wenn die Sendung 2026 wieder on Air geht, wird Ruhs nur noch bei jenen dabei sein, die der BR verantwortet.
Norddeutscher Rundfunk (NDR). Symbolbild.
Das Symbolbild zeigt ein Mikrofon des „Norddeutschen Rundfunk“ (NDR). Der ARD-Sender will seine bisherige „Klar“-Moderatorin Julia Ruhs durch eine andere Kraft ersetzen.Foto: iStock/artas
Von 18. September 2025

In Kürze:

  • Nach Evaluierung: NDR und BR wollen ab 2026 weitere Folgen des erfolgreichen Reportageformats „Klar“ fürs Erste produzieren.
  • Moderatorin Julia Ruhs soll nur noch die BR-Ausgaben moderieren.
  • Seit der ersten Ausstrahlung von „Klar“ zum Thema Migration gab es viel interne Kritik.
  • Politiker unterschiedlicher Couleur zeigen sich enttäuscht vom NDR.

 

Die Landesrundfunkanstalten des NDR und des BR haben am 17. September 2025 bekannt gegeben, ihr gemeinsames Sendeformat „Klar“ fortführen zu wollen.

Moderatorin Julia Ruhs, das Gesicht aller drei bislang ausgestrahlten Ausgaben, soll jedoch künftig nur noch jene Sendungen begleiten, die vom BR produziert werden. Der NDR will jemand anderen mit der Aufgabe betrauen. Das geht aus einer gemeinsamen Presseerklärung der beiden ARD-Sender hervor.

Seit April hatte die ehemalige BR-Volontärin und neuerdings Buchautorin („Links-grüne Meinungsmacht: Die Spaltung unseres Landes“) in insgesamt drei „Klar“-Ausgaben aktuelle Probleme der Migration, der Landwirtschaft und die Folgen der Corona-Krise thematisiert.

ARD: „Hohe Akzeptanzwerte“ beim Publikum

Dass das 45-minütige Reportageformat nach der Pilotphase überhaupt fortgeführt wird, ist der Pressemitteilung zufolge den „hohen Akzeptanzwerten“ zu verdanken, die eine „repräsentative Online-Studie“ im Auftrag des NDR zutage gefördert habe. In der gemeinsamen Erklärung heißt es:

„63 Prozent der Befragten geben ‚KLAR‘ die Schulnote 1 oder 2. Unabhängig von Geschlecht, Alter, Bildung oder regionalen Unterschieden zeigt sich ein durchweg positives Bild. Das Format bedient den Wunsch nach Meinungsvielfalt sowie klarer Haltung. Zudem wird ‚KLAR‘ als glaubwürdige, relevante Programmerweiterung wahrgenommen.“

NDR und BR hätten sich deshalb entschlossen, im Jahr 2026 abwechselnd weitere „Klar“-Folgen zu produzieren und das Format dabei laufend weiterzuentwickeln. „Die Sendung soll auch in Zukunft Streitfragen aufgreifen, die in der Mitte der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden“, versprechen die Sender. Über die nächsten Ausstrahlungstermine machten die beiden ARD-Anstalten noch keine Angaben.

Ruhs: Ein „Armutszeugnis“ für den NDR

Julia Ruhs reagierte auf die Entscheidung noch am Vormittag desselben Tages auf ihrem X-Kanal:

„Ich bin zutiefst enttäuscht, ja fassungslos über die Entscheidung des NDR, genauso wie mein gesamtes KLAR-Team. Dass ich KLAR für den NDR nicht mehr moderieren darf, ist ein Armutszeugnis. Geht es beim NDR mit dem Format weiter, wird auch die Redaktion (+Chef) eine andere sein.“

Direkt unter ihrem Beitrag fuhr Ruhs fort. Sie beklagte den fehlenden Mut der „Chefs“, welcher „Cancel Culture“ erst ermögliche. Nun seien alle Vorurteile der „Klar“-Fans „im Bezug auf die Meinungsvielfalt“ bestätigt, die ihr gegenüber noch kurz zuvor „Hoffnung in den ÖRR“ ausgedrückt hätten.

„Ihr dürft jedoch noch Hoffnung in den Bayerischen Rundfunk haben. Wir werden weiterhin das machen, was beim NDR offenbar unmöglich ist. Das Format authentisch weiterführen, und das mit mir. Ich war noch nie so froh, beim BR zu sein“, schloss die Newcomerin ihre Stellungnahme.

Evaluierung erst kürzlich abgeschlossen

Epoch Times hat vor einer guten Woche nachgefragt, wie es nach den ersten drei „Klar“-Sendungen mit dem neuen Format weitergehen sollte. Eine NDR-Sprecherin erläuterte damals, dass das Pilotprojekt „Klar“ pausiere, weil sich die Sendung noch in einer Evaluierungsphase befinde. Diese ist jetzt offensichtlich vorbei.

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Mehreren Medienberichten zufolge hatten speziell Ruhs Kollegen beim NDR bereits nach der Ausstrahlung der ersten Sendung ihren Unmut über die freie Mitarbeiterin und die Machart ihres Formats zum Ausdruck gebracht.

Interner Brandbrief an die Programmverantwortlichen des NDR

Wie die „Welt“ berichtete, hätten viele NDR-Mitarbeiter bald nach der Ausstrahlung der ersten Folge während einer internen Bewertungssitzung am 17. April den Senderspitzen einen offenen Brief übergeben. Annähernd 250 Beschäftigte aus anderen Redaktionen hätten das Papier unterschrieben, in dem sie sich von „Klar“ distanzierten, weil das Format „eine Reihe von Grundsätzen unserer journalistischen Arbeit“ verletze und „unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag gemäß NDR-Staatsvertrag“ nicht nachkomme. Die Sendung besitze zudem ein „oberflächliches und undifferenziertes Niveau“ und wolle „offenbar spalten“, zitiert die „Welt“ weitere Passagen aus dem Brandbrief.

Die Unterzeichner hätten auch „eine Aufarbeitung der Entscheidungen, die dazu geführt haben, dass dieser Film so über den Sender gegangen“ sei, verlangt.

Gemeint war die erste „Klar“-Folge, die am 9. April 2025 unter dem Titel „Migration: Was falsch läuft“ im Ersten gesendet wurde. Darin war unter anderem Michael Kyrath, der Vater einer von einem Migranten in einem Regionalzug getöteten jungen Frau, zu Wort gekommen (Video in der ARD-Mediathek).

Treibende Kraft hinter dem Protestbrief soll laut „Welt“ der freie Journalist und „NDR Info“-Moderator Daniel Bröckerhoff gewesen sein. Der X-Account „ÖRR-Blog“ skizzierte dessen ablehnende Haltung zum „Klar“-Format anhand zweier Bildschirmfotos, die zwei Social-Media-Beiträge Bröckerhoffs vom April darstellen sollen. Darin warf der NDR-Mitarbeiter den Senderverantwortlichen vor, zugelassen zu haben, „rechtspopulistische Takes“ zu normalisieren, und machte deutlich: „Ich distanziere mich als freier Mitarbeiter des NDR von dieser Produktion.“

Bröckerhoff wies diese Woche in seinem ersten Beitrag seit über zwei Jahren auf X einen Passus aus einem „Welt“-Artikel zurück, nachdem er als Trainer für die WebAkademie des Rechercheportals „Correctiv“ gearbeitet haben soll. Er habe lediglich „ein paar Erklärvideos zu Medien“ für die „Reporterfabrik“ gemacht, so Bröckerhoff.

Der ehemalige ARD-Redakteur Alexander Teske kommentierte die „orchestrierte Kampagne“ so: „Die haben es hier mit Überzeugungstätern im eigenen Haus zu tun.“

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Nach Piloten deutliche Kritik „on Air“ von ÖRR-Kollegen

Die langjährige „Panorama“-Moderatorin Anja Reschke ließ noch am 24. Juli zu Beginn ihres eigenen NDR-Formats „Reschke-Fernsehen“, in dem es dieses Mal um „die Sex-Strategie der AfD“ ging, eine Handpuppe auftreten, um einen Seitenhieb platzieren zu können. Die Puppe sagte: „Aber ihr sollt doch jetzt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk alle Meinungen zu Wort kommen lassen, auch wenn sie ein büüüsschen rechtsextrem sind. Das ist doch […] klar.“ Daraufhin blickte Reschke mit hochgezogener Augenbraue und den Worten „Ja, klar“ in die Kamera und schob die Puppe zur Seite (Video circa ab Minute 2:15 in der ARD-Mediathek).

Auch der ZDF-Moderator Jan Böhmermann hatte sich deutlich über Ruhs’ kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Migration geäußert, ohne die Moderatorin und die Sendung direkt beim Namen zu nennen. Es handele sich um „rechtspopulistischen Quatsch“, so Böhmermann in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ vom 11. April (Video circa ab Minute 4:00 in der ZDF-Mediathek).

Politiker unterschiedlicher Couleur enttäuscht vom NDR

Doch es gibt auch Stimmen, die Ruhs den Rücken stärken und die Entscheidung des NDR kritisch sehen. Nach Angaben der „Welt“ sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Mittwoch, 17. September, während einer Buchvorstellung mit Julia Ruhs, er halte den künftigen Verzicht des NDR auf die Moderatorin für „ein extrem schlechtes Signal“.

Der „öffentlich-rechtliche Rundfunk bei uns im Norden“ solle sich „lieber eine Scheibe“ vom BR abschneiden. Es sei „wichtig, dass diese Meinungsvielfalt gerade im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch dargestellt“ werde, so Günther.

Markus Söder (CSU) bezeichnete den Sachverhalt auf X als „kein gutes Signal für die Meinungsfreiheit, Pluralität und Toleranz im öffentlich-rechtlichen NDR“. Zum Glück gebe es Bayern und den BR. „Konservative Stimmen gehören zum demokratischen Meinungsspektrum, auch wenn das einigen Linken nicht gefällt“, so der bayerische Ministerpräsident.

Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, schlug nach „Welt“-Informationen am Mittwoch in die gleiche Kerbe. „Alle können ihre Meinung sagen, aber man muss auch die andere Meinung aushalten“, so Schwesig bei der Verabschiedung des bisherigen NDR-Intendanten Joachim Knuth. „Meinungsfreiheit und -vielfalt“ seien ein „sehr, sehr hohes Gut“. Der neue Mann an der NDR-Spitze heißt nun Hendrik Lünenborg.

Christoph de Vries (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sprach sich auf X für „weniger Haltungsjournalismus und weniger Cancel Culture und stattdessen mehr Meinungspluralismus und mehr mutige Journalistinnen“ bei den öffentlich-rechtlichen Sendern aus. Den Rausschmiss von Ruhs beim NDR nannte de Vries „skandalös und unanständig“.

Niedersachsens AfD-Chef fordert „tiefgreifende Reform“ des ÖRR

Ansgar Schledde, der Chef der AfD in Niedersachsen, sprach von einem „empörenden Vorgang“: „Der NDR zensiert und wir bezahlen dafür Zwangsgebühren! Ich fordere eine tiefgreifende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und eine faire Berichterstattung.“

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach auf X von einem „Skandal“ und dem „nächsten Fall von Cancel Culture im ÖRR“. Dort gelte anscheinend das Prinzip „Maulkorb statt Meinungsvielfalt“.

FDP-Urgestein Wolfgang Kubicki schrieb: „Den außerordentlichen Erfolg und die breite Akzeptanz eines Formats zu feiern, während man gleichzeitig die Zusammenarbeit mit der verantwortlichen Journalistin beendet, ist ein bemerkenswertes Kunststück – dem NDR ist es gelungen.“

Das im Medienstaatsvertrag verankerte Prinzip, „die Achtung vor der Meinung anderer“ zu fördern, habe „offenbar nicht einmal innerhalb des NDR Geltung“. Das sei aus seiner Sicht „beschämend und gefährlich“, so der frühere Bundestagsvizepräsident.



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