Rundfunkbeitrag vor historischem Richterspruch: Hat der ÖRR seine Pflichten verletzt?

Die mündliche Verhandlung in einem Grundsatzstreit zur Rundfunkbeitragspflicht wird am 1. Oktober 2025 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beginnen. Eine Klägerin aus Bayern hatte sich auf Anraten der Bürgerinitiative Leuchtturm ARD ORF SRG bereiterklärt, durch alle Instanzen zu gehen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat über Gerhard Schröders Bundestagsbüro verhandelt.
Das Archivbild zeigt einen Verhandlungssaal im Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Dort geht es am 1. Oktober 2025 um die Rechtmäßigkeit der Rundfunkbeiträge im Falle mangelnder Vielfalt.Foto: Jan Woitas/dpa
Von 30. Mai 2025

Der Termin zur Eröffnung des Revisionsverfahrens im Verwaltungsstreit um die Rundfunkbeitragspflicht steht fest: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig wird am 1. Oktober 2025 gegen 10:00 Uhr mit der mündlichen Verhandlung starten (Az: BVerwG 6 C 5.24).

Gegenüber stehen werden sich die Anwälte einer anonymen Klägerin aus Bayern und die Rechtsbeistände des beklagten Bayerischen Rundfunks. Es gilt, grundsätzlich die Frage zu klären, ob Bürger auch dann regelmäßig Beiträge zahlen müssen, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) seinem gesetzlichen Auftrag zur Vielfaltssicherung nicht pflichtgemäß nachkommen sollte.

Die Klägerin hatte sich nach Aussage des Filmproduzenten Jimy Gerum, dem Gründer der Bürgerinitiative Leuchtturm ARD ORF SRG, von ihm persönlich überzeugen lassen, den Weg durch alle Instanzen zu wagen.

Eine Chance zur Klärung mutmaßlich struktureller Verfehlungen

Sollten die BVerwG-Richter zu der Überzeugung gelangen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk „strukturell“ seine Pflichten verletzt, könnte das gesamte Beitragssystem zur Disposition stehen. Wörtlich heißt es im Beschluss zur Zulassung der Revision vom 23. Mai 2024 (Az: BVerwG 6 B 70.23):

Das Revisionsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. April 2023 – 1 BvR 601/23 – NVwZ 2024, 55 Rn. 9).“

Klägerseite „äußerst gut vorbereitet“

Im Gerichtssaal wird auch Jimy Gerum von der Leuchtturm-Initiative dabei sein. Auf Nachfrage der Epoch Times erklärte er, dass die Klägerseite „angesichts der potenziell historischen Bedeutung dieses Revisionsbeschlusses […] äußerst gut vorbereitet“ in das Verfahren gehen werde.

Seinen Angaben zufolge wird der Münchener Medienanwalt Dr. Harald von Herget, zugleich Vorstandsvorsitzender des im Juni 2024 gegründeten Bundes der Rundfunkbeitragszahler (BdR), die Klägerseite vertreten.

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Dr. Harald von Herget werde ein „renommiertes juristisches Beratungsteam“ zur Seite stehen, das auch auf die finanzielle Unterstützung des BdR-Vizevorstands Markus Bönig bauen könne, so Gerum. Bönig verdient sein Geld unter anderem mit der Website „Beitragsblocker.de“.

Gerum kündigte an, dass ein „Kompetenzzentrum von konstruktiven und unabhängigen Kritikern des öffentlichen Rundfunks“ seinen Forderungen ab Juli 2025 mit einer neuen Strategie Nachdruck verleihen werde. Zu den Details werde es demnächst eine Pressemitteilung geben.

Ob sich neben Dr. von Herget auch die Rechtsanwältin Karin Ahrens weiter für die Klägerseite engagieren wird, ist unklar. Eine entsprechende Anfrage der Epoch Times blieb bis zur Veröffentlichung dieses Artikels unbeantwortet. Der ursprünglich mit dem Mandat betraute Jurist Friedemann Willemer war im vergangenen Jahr verstorben, Ahrens war für ihn eingesprungen.

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Leuchtturm ARD ORF SRG bemängelt „Diskursverweigerung“ beim ÖRR

Gerum beklagte, dass es trotz mittlerweile 150 Wochen Leuchtturm-Mahnwachen vor den Sendeanstalten noch immer „keinerlei Gesprächswillen bei den Verantwortlichen des ÖRR über die wahren Probleme“ gebe. Das könne sich bei der Verhandlung allerdings positiv auswirken:

Die seit drei Jahren dokumentierte Diskursverweigerung ist durchaus wertvoll für unser Revisionsverfahren.“

Zum Stand der Dinge übermittelte er einen Brief vom 13. Mai 2025, den seine Initiative an die Kommunikationsabteilungen von ARD und ZDF gerichtet hatte (PDF). Das Anschreiben setzt sich kritisch mit einem Hörfunkbeitrag des „Hessischen Rundfunks“ über eine Leuchtturm-Mahnwache und mit der bisher eher mäßigen Bereitschaft der Sendeanstalten zum öffentlichen Austausch auseinander.

Gerum hofft auf Renaissance der Meinungsvielfalt

Aus seiner Sicht sei die „Herstellung von Meinungsvielfalt und aufrichtiger Berichterstattung“, insbesondere „zu den Themen geopolitische und globale Einzel-Interessen, über nationale und regionale Probleme, sowie über die Missstände und Fehlentwicklungen unserer demokratischen Institutionen“ inzwischen von höherer Bedeutung „als die Wende 1989“, meinte Gerum. „Die Geduld, Kreativität und Entschlossenheit“ der Bürgerinitiative sei demzufolge „grenzenlos“.

Als Beispiel für einen gelungenen Diskurs im Sinne der Leuchtturm-Initiative verwies er auf eine Videokonferenz vom November 2024, in der sich Vertreter unterschiedlicher Perspektiven gut 2 Stunden lang über den Ukraine-Russland-Konflikt ausgetauscht hatten (Video auf YouTube).

Kritik an aktuellen Reformplänen

Vor dem Hintergrund der aktuellen Sachverständigendebatte um den geplanten Reformstaatsvertrag für die öffentlich-rechtlichen Medien stellte Gerum klar, dass er die Reihenfolge für falsch halte: Zunächst müsse man sich um die „Reform des Funktionsauftrages Meinungsvielfalt“ kümmern, bevor man sich in den „wesentlich komplexeren Diskurs guter Vorschläge zur strukturellen Reform von Konzern, Programm und Aufsichtsgremien“ begeben könne.

Besser sei, zunächst „den konstruktiven und unabhängigen Kritikern […] eine Stimme“ zu verleihen: „Transparenz und Kontrolle sind der Schlüssel“, so Gerum.

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Die Debatte um den Gesetzentwurf zur Reform (PDF) scheint der Leuchtturm-Gründer ohnehin für wenig hilfreich zu halten:

Die Entscheidungsträger und Verfasser diverser Reformentwürfe sind nicht interessiert an den Ergüssen irgendwelcher Experten, sondern nutzen seit Jahrzehnten ihre Exekutivgewalt, um Alibi-Reförmchen, Lippenbekenntnisse und sonstige Verschlimmbesserungen zu verabschieden.“

Gerum war bereits persönlich als Sachverständiger für den Reformbedarf des ÖRR in den Landtagen von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Berlin aufgetreten. Die Videos dazu finden Sie auf YouTube:

Gegenüber der Epoch Times wies Gerum erneut darauf hin, dass es seiner Initiative nicht um die generelle Abschaffung der Rundfunkbeiträge oder gar des gesamten ÖRR gehe. Im Gegenteil seien seine Mitstreiter und er selbst „klare Befürworter einer Beitragspflicht“, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als „Herzstück unserer Demokratie“ zu schützen. Der Pflichtbeitrag müsse aber „endlich zum unverbrüchlichen Faktor einer finanziell unabhängigen vierten Säule der Gewaltenteilung werden“.

Bisherige Anläufe stets erfolglos

Bislang waren sämtliche Versuche unzufriedener Beitragszahler, die Beitragspflicht für ARD, ZDF und das Deutschlandradio auf juristischem Wege infrage zu stellen, stets gerichtlich abgeschmettert worden. So auch im zugrunde liegenden Fall, den die anonyme Klägerin auf Betreiben der Leuchtturm-Initiative angestrengt hatte.

Sie war zunächst in zwei Instanzen gescheitert, nämlich am 21. September 2022 vor dem Verwaltungsgericht München (Az: M 6 K 22.3507) und am 17. Juli 2023 vor dem Verwaltungsgerichtshof derselben Stadt (Az: 7 BV 22.2642).

In dritter Instanz ließen allerdings Prof. Dr. Ingo Kraft, Vorsitzender Richter des 6. Senats am Bundesverwaltungsgericht, und die beiden Richterinnen Elisabeth Steiner und Dr. Stephanie Gamp die Revision zu (Az: BVerwG 6 B 70.23). Das Trio begründete die Zulassung mit der grundsätzlichen Bedeutung der Streitfrage gemäß Paragraf 132 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der vorinstanzliche Verwaltungsgerichtshof München hatte im Kern argumentiert, dass die Einhaltung der für die Rundfunkanstalten geltenden gesetzlichen Vorgaben allein die Sache der dafür zuständigen Aufsichtsgremien sei, in der Regel der Rundfunkräte. Wenn ein Beitragszahler Zweifel an der Objektivität und Unparteilichkeit hege, so stehe ihm der Weg einer Programmbeschwerde gegenüber diesen Aufsichtsgremien frei.



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