Showdown in Leipzig? Rundfunkbeitrag auf dem Prüfstand

In Kürze:
- Bundesverwaltungsgericht Leipzig: Mündliche Verhandlung zur Rundfunkbeitragspflicht am 1. Oktober im Revisionsverfahren
- Erwartet wird ein neues Grundsatzurteil über wechselseitige Rechte und Pflichten von Sendern und Beitragszahlern.
- Hintergrund ist die Klage einer seit Jahren von Leuchtturm ARD ORF SRG unterstützten Beitragsgegnerin gegen den „Bayerischen Rundfunk“.
- Epoch Times wird live berichten.
Seit Jahrzehnten sind sämtliche Versuche, die Beitragspflicht für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ÖRR) in Deutschland auf juristischem Wege zu kippen, abgeschmettert worden. Das könnte sich schon in wenigen Tagen ändern. Am 1. Oktober 2025 findet ab 10 Uhr die mündliche Verhandlung in einem entsprechenden Revisionsverfahren gegen den „Bayerischen Rundfunk“ vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig statt (Az.: BVerwG 6 C 5.24). Epoch Times wird mit Reportern vor Ort sein und live berichten.
[etd-brightchat-video=„https://vod.brightchat.com/embed/444b6eb7-d62a-4498-8c1e-d3acd90a6919“]
Programm für Klägerin nicht ausgewogen genug
Die offizielle Klägerin, eine Frau aus Bayern, die namentlich nicht in Erscheinung treten möchte, wolle ihren Rundfunkbeitrag auch deshalb nicht mehr zahlen, weil es nach ihrer Überzeugung in den ÖRR-Aufsichtsgremien an Staatsferne mangele, wie das BVerwG auf seiner Website erklärt. Die Sender dienten nach Meinung der Klägerin nicht nur „als Erfüllungsgehilfe der vorherrschenden staatlichen Meinungsmacht“, sondern böten auch „kein vielfältiges und ausgewogenes Programm“.
„Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen“ dieser Standpunkt „gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden“ könne, sei nun Gegenstand der Verhandlung (Beschluss vom 23. Mai 2024, Az.: BVerwG 6 B 70.23, PDF).
[etd-related posts=“5252323,4129173″]
Das Urteil werde „nicht nur die Rechte und Pflichten der Beitragszahler neu definieren, sondern auch einen entscheidenden Präzedenzfall für die Rechenschaftspflicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland schaffen“, fasste der Jurist Wolfgang Benedikt-Jansen die Ausgangslage für das Portal „Anwalt.de“ zusammen.
Der beklagte „Bayerische Rundfunk“ blieb trotz erneuter Nachfrage von Epoch Times dabei, sich „zum laufenden Verfahren nicht äußern“ zu wollen.
Im Verbund mit ÖRR-kritischen Bürgerrechtlern
An der Seite der Klägerin stehen unter anderem die ÖRR-kritischen Bürgerrechtsinitiativen Leuchtturm ARD ORF SRG und der Bund der Rundfunkbeitragszahler (BdR). Der BdR-Vorstandsvorsitzende, der Münchner Rechtsanwalt Dr. Harald von Herget, wird die Klägerseite als Prozessbevollmächtigter und Spitze eines Juristenteams in Leipzig vertreten. Der frühere Hauptrechtsbeistand Friedemann Willemer verstarb Ende Oktober 2024 überraschend.
Von Herget geht davon aus, dass die Sache noch vor dem Bundesverfassungsgericht landen oder zurück an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof delegiert werden könnte, falls das BVerwG „auf der Tatsachenebene“ noch Klärungsbedarf sehen sollte.
[etd-related posts=“5157471″]
Zum Team der Gründer des BdR gehörten im Juni 2024 unter anderem nicht nur Prof. Walter Krämer vom Verein für deutsche Sprache, sondern auch der Gründer von Leuchtturm ARD ORF SRG und Filmproduzent Jimmy Gerum. Nach Gerums Angaben hatte die Klägerin erst auf sein Anraten eingewilligt, notfalls durch alle Instanzen zu gehen.
[etd-related posts=“5145232″]
Gerum betonte bereits im Juni gegenüber der Epoch Times, dass er es gewesen sei, der gemeinsam mit Rechtsanwalt Willemer schon vor drei Jahren ein Verfahren zum „strukturellen Versagen des ÖRR erarbeitet“ habe. Man habe damit inzwischen „hunderte Kläger inspiriert“ und für ihre eigenen Gerichtsprozesse beraten. „Nur diese ehrenamtliche dreijährige Tätigkeit führte zu einer so starken Belastung der Verwaltungsgerichte, dass der positive Revisionsbeschluss im Mai 2024 möglich wurde“, erklärte Gerum.
In seiner jüngsten Pressemitteilung vom 12. September versprach Gerum, in Leipzig erneut „den Dialog auf Augenhöhe, den direkten Diskurs über die Probleme unserer Zeit“ zu suchen. Von der Idee einer kompletten Abschaffung des ÖRR hielten seine Mitstreiter und er nichts:
„Wir Bürger brauchen einen Leuchtturm der Orientierung in den Stürmen des Informationszeitalters.“
Einen ähnlichen Ansatz verfolgen übrigens auch die Mitglieder des Forums konstruktiver Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das sich erst im Juli 2025 gegründet hat. Den Unterzeichnern, darunter die Politologin Ulrike Guérot, die ehemalige ARD-Russlandkorrespondentin Gabriele Krone-Schmalz, der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und der Kabarettist Uwe Steimle, geht es ebenfalls in erster Linie um mehr Meinungsvielfalt im ÖRR.
[etd-related posts=“5190416″]
Der juristische Hintergrund
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hatte zuletzt am 18. Juli 2018 ein Grundsatzurteil zur Rechtmäßigkeit der Beitragspflicht pro Wohneinheit gefällt. Demnach genügt schon allein die Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu nutzen, um einen Beitrag zu rechtfertigen – zum Ausgleich eines damit verbundenen potenziellen Vorteils. „Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt es nicht an“ (Az.: 1 BvR 1675/16).
„Mit dieser juristischen Konstruktion wurde eine robuste Firewall zwischen dem Finanzierungsakt und der inhaltlichen Bewertung des Programms errichtet“, meint Rechtsanwalt Wolfgang Benedikt-Jansen. Eben jene „absolute Trennung“, auf die sich die deutschen Verwaltungsgerichte in ihren bisherigen Urteilen stets berufen und die Kläger regelmäßig auf die Option der Programmbeschwerde verwiesen hätten, stehe beim kommenden Verfahren in Leipzig nun zur Debatte.
Den Weg dafür frei gemacht hatte im April 2023 ebenfalls ein Beschluss des BVerfG (Az.: 1 BvR 601/23). Darin hieß es: „Es ist jedoch weder dargelegt noch ersichtlich, dass bereits hinreichend geklärt ist, ob und gegebenenfalls nach welchen Maßstäben unter Berücksichtigung der Rundfunkfreiheit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und der Vielfaltsicherung dienenden Selbstkontrolle durch plural besetzte anstaltsinterne Aufsichtsgremien […] vor den Verwaltungsgerichten geltend gemacht werden kann, es fehle an einem die Beitragszahlung rechtfertigenden individuellen Vorteil […], weil das Programmangebot nach seiner Gesamtstruktur nicht auf Ausgewogenheit und Vielfalt ausgerichtet sei und daher kein Gegengewicht zu den privaten Rundfunkanbietern bilde.“
Leipziger Richter machten den Weg für eine Grundsatzentscheidung frei
Nach Angaben von Benedikt-Jansen war es genau jener Passus, den der Leipziger Bundesverwaltungsrichter Prof. Ingo Kraft im Sinn hatte, als er im Mai 2024 den Weg für eine Revision im Fall der anonymen Klägerin frei machte.
Mit seinen Kolleginnen Elisabeth Steiner und Dr. Stephanie Gamp vertrat Kraft den Standpunkt, dass es an der Zeit zur Beantwortung der bislang ungeklärten Frage sei, ob der ÖRR seinen Auftrag „strukturell verfehlt“, ein Programm anzubieten, welches der „Vielfaltssicherung“ dient. In diesem Fall würde es ja „an einem individuellen Vorteil“ für die Pflichtbeitragszahler fehlen.
[etd-related posts=“5145232,4730879″]
Nach Einschätzung von Benedikt-Jansen steht das BVerwG jetzt im Kern vor dem Problem, so etwas wie ein „systemisches Versagen“ anhand eines „strukturellen Defizits“ beim ÖRR zunächst zu definieren und dann darüber zu entscheiden, ohne dabei „eine unzulässige Inhaltskontrolle auszuüben“. Die Beweislast trage dabei die Klägerseite.
Philosophieprofessor plädiert für Kontrollmöglichkeit durch „mündige Bürger“
In seinem aus Sicht eines Laien verfassten Aufsatz „Ein Staat im Staate: ARD und ZDF“, der demnächst im Deutschen Fachverlag Frankfurt erscheinen wird, kam der emeritierte Tübinger Philosophieprofessor Otfried Höffe zu dem Schluss, dass „das öffentlich-rechtliche Leitmedium einer Demokratie […] nicht länger ein Eigenleben führen“ dürfe. „ARD und ZDF müssen ernsthaft und wirksam der Kontrolle der Betroffenen, der mündigen Bürger, unterstellt werden“, forderte Höffe.
Er bezweifelt, dass es rechtens sein könne, „den Rundfunkgebühren den faktischen Status eines Zwangsbeitrags einzuräumen“, zumal nicht alle Pflichtzahler die Senderleistungen in Anspruch nehmen wollten oder könnten. Außerdem bestünden aus seiner Sicht Bedenken über die Programmqualität, über die „exorbitant hohen Gehälter“ im ÖRR sowie über „das Ausmaß, mit dem die Sender ihre gegebenenfalls berechtigten Aufgaben“ erfüllten.
„Ärgerlich“ sind aus Höffes Perspektive „besonders die offenkundig einseitige gesellschaftliche und politische Ausrichtung“, eine „selektive Wahrnehmung der Vergangenheit“, zudem das „Übermaß an Unterhaltungsformaten“ und „die vielfach nicht einmal subtilen Versuche, die Zuschauer zu erziehen“.
Debatte um Meinungsvielfalt im ÖRR zuletzt lauter
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk war zuletzt wieder vermehrt in die Kritik geraten. Jüngster Aufreger war in der vergangenen Woche die Nachricht, dass sich der NDR von seiner beim Publikum geschätzten „Klar“-Moderatorin Julia Ruhs getrennt hat.
[etd-related posts=“5250117,5249066″]
Der als eher konservativ wahrgenommenen Newcomerin ist nach Ausstrahlung ihres Sendungspiloten im April 2025 monatelang reichlich Gegenwind aus den Reihen ihrer NDR-Kollegen entgegengeweht. Beim BR darf sie das Format aber weiter moderieren. Die Entscheidung des Hamburger Senders hatte auch unter Politikern Kritik hinsichtlich der Meinungsvielfalt im ÖRR entfacht.
Mit Dunja Hayali und Elmar Theveßen sind kürzlich zudem zwei prominente Köpfe des ZDF international in die Kritik geraten, nachdem sich beide despektierlich über den jüngst ermordeten Influencer Charlie Kirk geäußert hatten. Richard Grenell, der frühere US-Botschafter in Deutschland, schlug daraufhin vor, Theveßen sein US-Visum komplett zu entziehen. Donald Trump kündigte wenige Tage später an, die Gültigkeit von Visa für ausländische Journalisten und Studenten allgemein zu begrenzen.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion