„Sie lieben den Trunk“ – Klischees über Deutsche und die ganze Welt

Wie werden Amerikaner hierzulande wahrgenommen? Oder Polen und Italiener? Wie werden Deutsche im Ausland gesehen? Pünktlich und humorlos, sagen andere Nationen. Aber sie feiern ausgelassen Karneval und Oktoberfest. Wie passt das zusammen? Stereotypen haben immer einen wahren Kern. Sie können aber auch zu gefährlichen Vorurteilen führen. Eine Betrachtung nationaler Stereotypen.
Titelbild
Klischee vom Bayer: Trinkt zwei Maß Bier zum Frühstück.Foto: filmfoto/iStock
Von 7. September 2025

In Kürze:

  • Schon seit Jahrhunderten werden Stereotype über andere Völker gepflegt
  • Bestsellerautorin Chimamanda Ngozi Adichie sagt: „Stereotype sind nicht falsch, aber unvollständig“
  • Die Comedyszene pflegt Stereotype

 

Auf einer „Völkertafel“ aus dem frühen 18. Jahrhundert, entstanden in der Steiermark, werden „Teutsche“ als offenherzig und witzig eingeschätzt. Sie lieben „den Trunk“ und ihr Leben endet „im Wein“. Nationale Stereotypen leben von generalisierten Vorstellungen, die die Völker übereinander haben. Jeder Nation werden von anderen Nationen bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen zugeschrieben, unabhängig davon, ob diese zutreffen oder zutreffen können. Sie sind oft fies, falsch, beleidigend und ungerecht. Aber genau von diesen Gemeinheiten leben sie.

Ähnlich wie bei Stereotypen über Nationen gibt es diese auch regional im eigenen Land. Sie äußern sich meist in vermeintlich witzigen Witzen.

Wenn das Efeu die Beine hochwächst

In den Niederlanden etwa spielen die Belgier die gleiche Rolle wie die Ostfriesen in Deutschland: „Wie schraubt ein Belgier eine Glühbirne ein?“ – und schon gehts los. Umgekehrt nutzen die Belgier über die Holländer jenes Klischee, das allgemein auch über die Schotten herrscht, wenn sie einen Witz über jemanden machen wollen, der unglaublich geizig ist. Ein paar weitere Beispiele:

International gelten die Schweizer als eigenbrötlerisch und langsam, so sehr, dass ihnen beim Gehen das Efeu an den Beinen hochwächst. Polen lachen nie, können alles besser – besonders besser als die Deutschen, an denen sie sich messen. Sie beschweren sich sehr oft, sind intolerant und die organisierte Kriminalität, insbesondere Autodiebstahl, ist Bestandteil ihres Alltags.

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Die Portugiesen sind melancholisch und nostalgisch, kleiden sich aber gut. Die Iren sind laut, stehen ständig im Pub und trinken Guinness. Slowaken kennt keiner. Belgier essen nur Pommes frites. Ungarn beschweren sich immer, streiten viel und ernähren sich nur von Paprika und Gulasch. Italiener sind „mammoni“ (Muttersöhnchen) und alle sind irgendwie Mafiosi. Spanier sind stolz, aber keiner weiß, worauf. Engländer können nicht kochen, sind arrogant und sprechen keine Fremdsprachen. Isländer sind abergläubisch und davon überzeugt, dass es Elfen und Zauberer gibt.

Amerikaner sind ungebildet, sportfanatisch, Waffennarren und ernähren sich nur von Fast Food. Deutsche tragen Lederhosen und Dirndl sowie Sandalen mit Socken, trinken Bier wie Wasser, wirken mürrisch, belehren die ganze Welt und sind verrückt nach Pfandflaschen und akribischer Mülltrennung. Alles wahr oder nur Vorurteile?

Chimamanda N. Adichie: „Stereotype sind nicht falsch, aber unvollständig“

In den vergangenen 15 Jahren trat eine nigerianische Schriftstellerin auf die Weltbühne der Literatur, die sich in mehreren ihrer Bücher intensiv mit dem Phänomen der Stereotypen auseinandersetzte. Mit ihren Beobachtungen avancierte sie zur Bestsellerautorin: Chimamanda Ngozi Adichie.

Einer ihrer Kernsätze lautet: „Das Problem mit Stereotypen ist nicht, dass sie falsch sind, sondern unvollständig.“ Sie erzählt in ihren Werken, wie Stereotypen unser Denken formen, auch in Bezug auf Afrika. Und sie ist überzeugt: „Wir riskierten ein bedenkliches Missverständnis, wenn wir nur eine einzige Geschichte über eine andere Person oder ein anderes Land hören.“

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Eine eindimensionale Perspektive, die Beurteilung eines Landes aufgrund eines Einzelschicksals, von dem wir erfahren, führe zu einer Fehlinterpretation der Realität. „Es ist eine Linse, durch die wir alles betrachten, es verengt unsere Perspektive, und sobald wir die einzelne Geschichte kennen, wird es für uns schwierig, davon abzuweichen.“

Wie der Westen Afrika sieht

So erzählt sie zum Beispiel, welche Stereotypen sie in den USA über Afrika erfahren hat (siehe Minute 5:58). Sie treffen auch auf die europäische Sichtweise über Afrika zu: Der Kontinent sei voller Gewalt, Armut, AIDS, ungebildeter und hungernder Menschen und korrupter Regierungen.

Chimamanda Ngozi Adichie sagt: „Wenn ich nicht in Nigeria aufgewachsen wäre und alles, was ich über Afrika wüsste, aus populären Bildern bestünde, würde auch ich denken, dass Afrika ein Ort wunderschöner Landschaften, wunderschöner Tiere und unverständlicher Menschen ist, die sinnlose Kriege führen, an Armut und AIDS sterben, nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sprechen, und darauf warten, von einem freundlichen, weißen Ausländer gerettet zu werden.“

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Doch Afrika sei voller Geschichten, die man überall auf der Welt findet, ist sie überzeugt. Wie werden Stereotypen heutzutage eigentlich aufrechterhalten und weitergegeben?

Comedians pflegen und fördern Stereotypen

Als eine der wirksamsten Arten, Klischees nachhaltig am Leben zu erhalten, hat sich die Comedyszene herausgestellt. Dort werden für die Lacher des Publikums hemmungslos alle Vorurteile über Männer und Frauen, über Minderheiten und Politiker, über Beamte und Regionen bedient, ohne dass irgendwelche Aufsichtsbehörden wegen Rassismus oder Verstößen gegen die Political Correctness einschreiten.

In den USA sticht etwa der südafrikanische Kabarettist Trevor Noah besonders dadurch hervor, dass er für seine Witze in die unterste Schublade von Stereotypen greift. Noah war von September 2015 bis Dezember 2022 Gastgeber der beliebten Daily Show des amerikanischen Fernsehsenders Comedy Central.

Seine „Witze“ finden über soziale Medien nach wie vor große Verbreitung. Sein Vater ist Deutschschweizer. Dennoch nutzt er seinen Vater für Witze über Deutschland so, als wäre dieser ein Deutscher. In einer seiner Shows behauptete er: „Wenn Du Deutsch lernst, um deinem Vater näherzukommen, kommst du gewissermaßen auch Hitler näher.“ Das Publikum tobt vor Lachen. Die schon von Mark Twain veralberte deutsche Sprache wird von ihm gern aufs Korn genommen – stets mit einem Seitenhieb auf die deutsche Nazi-Vergangenheit. Er weiß, warum. Das Publikum findet diese Art von stereotypen Witzen immer lustig.

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In Deutschland ist es nicht viel anders. Als Beispiel sei hier der Comedian Georg Schramm genannt. Er tingelt seit Jahrzehnten in einer Bundeswehruniform in Gestalt der Kunstfigur „Oberstleutnant Sanftleben“ über deutsche TV-Bühnen, veralbert die Bundeswehr und erfreut sich großer Beliebtheit. Auf diese Weise werden Stereotypen jedenfalls noch lange überleben.

Zu guter Letzt

Und welche Vorurteile hegen die Deutschen hartnäckig untereinander über sich selbst? Bayern trinken zwei Maß Bier zum Frühstück, dann wildern, raufen und fensterln sie. Sachsen haben laut PISA-Studie die schlausten Schüler, was der Westen aber nicht wahrhaben will. Sie gelten als eigensinnig und sprechen einen Dialekt, den keiner versteht und den ganz Westdeutschland mit der DDR verbindet. Insofern gelten die Sachsen als die Ossis par excellence. Schwaben sind sparsam bis zum Geiz, Spießbürger, Rechthaber und müssen einen Deutschsprachkurs besuchen, wenn sie sich auf eine Stelle außerhalb Baden-Württembergs bewerben wollen.

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Rheinländer reden gern und viel, halten aber keine Versprechen. Der „Kölner Klüngel“ ist die deutsche Mafia. Rheinländer verdrängen die Realität mit der Grundhaltung „Es hätt scho allet joot jejange“ – selbst als der Kölner Dom 1945 in Schutt und Asche lag. Die Berliner sind Luftikusse, verbringen ihre Wochenenden mit Drogen in Techno-Clubs. Kein Geld, aber egal. Irgendwie immer Party. Die Norddeutschen sind langweilig, weil sozial unterkühlt, stur, wortkarg, und ihre Laune entspricht dem dauerhaft schlechten Wetter. Über die Saarländer heißt es kurz und bündig: Bitte an Frankreich zurückgeben!

Zu guter Letzt ein typischer Ostfriesenwitz. Das muss sein. Was machen Ostfriesen, wenn sie einen Eimer heißes Wasser übrighaben? Einfrieren. Heißes Wasser kann man immer gebrauchen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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