Studie: Wenn Politiker an die Macht kommen, wird ihre Sprache unverständlicher

In Kürze:
Politiker sprechen unverständlicher, sobald sie in die Regierung eintreten, wie eine neue Studie an dänischen Parlamentsreden zeigt.
Bürger bevorzugen laut einem Experiment dagegen Reden, deren Inhalt klar und einfach formuliert ist.
Wählerverluste könnten laut der aktuellen Studie eine direkte Folge der komplizierteren Regierungssprache sein.
„Wenn Sie … vom Hauptbahnhof in München … mit zehn Minuten, ohne dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen, dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen … am … am Hauptbahnhof in München starten Sie Ihren Flug. […]“
Einigen könnte diese Rede von Edmund Stoiber aus dem Jahr 2002 noch gut in Erinnerung sein. Schon damals fragten sich viele Menschen, was der frühere bayerische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat mit seiner Transrapid-Rede den Bürgern mitteilen wollte. Letztlich machte diese Rede Stoiber zwar bekannt, allerdings nicht zum deutschen Bundeskanzler. Lag dies vielleicht an dem, was ein dänischer Forscher kürzlich herausfand?
Laut Frederik Hjorth von der Universität Kopenhagen wird die Sprache von Politikern ab dem Beginn ihrer Regierungsarbeit komplizierter und weniger verständlich.
„Wir sehen, dass Politiker in der Regierung eine komplexere Sprache verwenden als ihre Kollegen in der Opposition – nicht weil sie es wollen, sondern weil sie es müssen“, sagte der Professor für Politikwissenschaft. Doch damit wird nicht nur die sprachliche Distanz zur Opposition größer, sondern auch zu den Bürgern.
1,5 Millionen Textschnipsel offenbaren ein Muster
Die neue Studie stützt sich auf eine Analyse von fast 1,5 Millionen Textausschnitten aus dänischen Parlamentsreden der vergangenen 30 Jahre. Frederik Hjorth hat mithilfe von Sprachtechnologie gemessen, wie verständlich die Reden waren, und dies damit verglichen, ob der Redner in der Regierung war oder nicht.
Letztlich waren die Ergebnisse eindeutig: Wenn Politiker in die Regierung eintreten, wird ihre Sprache weniger einfach – und zwar für die Dauer ihrer Amtszeit. Wenn sie die Regierung wieder verlassen, kehren sie zu einer verständlicheren Sprache zurück.
Das deutet darauf hin, dass es nicht um den persönlichen Stil oder das Lernen geht, sondern um die Anforderungen und Rollen, denen man als Minister unterliegt“, erklärte Prof. Hjorth.
Nach dem dänischen Professor für Politikwissenschaften heben sich besonders drei Faktoren hervor, die zu diesem Effekt beitragen:
- Bürokratischer Fachjargon: Minister müssen sich mit technischen und rechtlichen Details befassen.
- Formale Rollen: Sie müssen insbesondere Gesetzesentwürfe vorlegen, die oft in einer schwierigen Sprache verfasst sind.
- Themenwahl: Regierungspolitiker sprechen mehr über komplexe Themen wie Regulierung und Krisenmanagement – und weniger über ideologisch klare Themen wie Steuern und Einwanderung.
„Das liegt nicht daran, dass sie sich nicht klar ausdrücken wollen, sondern daran, dass ihre Rolle sie dazu zwingt, über schwierige Dinge auf präzise Weise zu sprechen“, so Prof. Hjorth.
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Wähler bevorzugen einfache Sprache der Politiker
Auch die Wähler belohnen diese Komplexität nicht – im Gegenteil. In einem Experiment mit über 4.000 Teilnehmern zeigt der Wissenschaftler, dass leicht verständliche Politiker besser bewertet werden – selbst wenn der Inhalt derselbe ist.
Die Studie weist somit auch auf eine mögliche Erklärung für den Zuspruch bestimmter Bewegungen hin: Demnach können Aktivisten und Populisten direkt und einfach sprechen – die Zuhörer müssen dadurch nicht lange überlegen, was der Redner möglicherweise mitteilen möchte. Ein häufiges Argument von Populisten ist zudem, dass die Regierenden den Kontakt zum Volk verloren haben. Die neue Studie untermauert in gewisser Weise diese Kritik.
Hjorth kommt zu dem Schluss, dass die unverständliche Sprache zur Entfernung der Bürger und somit zum Verlust von Wählern führen kann. „Dies verschafft der Opposition einen rhetorischen Vorteil und kann erklären, warum Regierungsparteien oft an Unterstützung verlieren – und warum neue, sprachlich scharfe Herausforderer Wähler gewinnen“, so Prof. Hjorth abschließend.
Die Studie erschien am 12. Juni 2025 im Fachjournal „Comparative Political Studies“.
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