Trend: Staat springt für Unterhalt ein, immer weniger Väter zahlen

Mitte Juli hat die Bundesregierung ihren Familienbericht vorgelegt. In jeder fünften Familie in Deutschland werden die Kinder nur von einem Elternteil erzogen. Gleichzeitig verweigern immer mehr Väter die Unterhaltszahlungen. Trend deutlich steigend. Für sie springt der Staat ein; im letzten Jahr mit 3,2 Milliarden Euro. Was ist in den Familien los?
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Die Zahl der Kinder, für die der Staat Unterhaltsvorschuss leisten muss, steigt. Symbolbild.Foto: Kaan Sezer/iStock
Von 24. Juli 2025

Der deutsche Staat hat im vergangenen Jahr eine Rekordsumme von 3,2 Milliarden Euro an Unterhaltssicherung für Kinder ausgegeben. Dies teilte vor Kurzem das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) mit. Der Grund: Weil Väter und in seltenen Fällen Mütter nicht zahlen.

Die Kosten für die Unterhaltszahlungen übernehmen zu 60 Prozent die Länder und zu 40 Prozent der Bund. Das Bremer Institut sieht im Vergleich zu den Vorjahren einen deutlich anhaltenden Trend nach oben. Im Jahr 2023 habe der Staat mit rund 2,7 Milliarden Euro einspringen müssen und im Jahr 2022 mit 2,5 Milliarden Euro. Grundlage für die Unterhaltspflicht des Staates ist das Unterhaltsvorschussgesetz.

Warum Väter nicht zahlen

Warum zahlen bei rund der Hälfte der allein- oder getrennt lebenden Familien der Bund und die Länder und nicht die Väter für deren Unterhalt? Zu dieser Frage fehlt es an aktuellen Studien. Keiner weiß es „genau“, warum so viele Väter und zunehmend auch Mütter abtauchen oder sich ganz offen weigern, für ihren Nachwuchs zu zahlen. „Familie.de“, das größte Medien-Onlineportal, das sich mit Familienfragen beschäftigt, glaubt, folgende drei Gründe herausgefunden zu haben:

Erstens gibt es immer mehr Väter, die nicht genug verdienen. Denn jedem Unterhaltspflichtigen steht selbst eine monatliche Mindestsumme zum Leben zu, das ist der sogenannte Selbstbehalt von 1.750 Euro. Wer nicht arbeitet und Bürgergeld bezieht, kommt nur auf 1.200 Euro Selbstbehalt. Heißt: Wer nicht über diese genannten Selbstbehalte hinaus verdient, für den springt der Staat ein.

Es gibt aber auch Zeitgenossen, die sich unabhängig von ihrem Einkommen offen weigern, Unterhalt zu bezahlen. Laut „familie.de“ würde die Zahlungsverweigerung als Druckmittel gegenüber dem Ex-Partner eingesetzt, „um mehr von den Kindern zu haben“. In dem Sinne erfolgt eine Unterhaltszahlung nur, wenn sich der oder die Alleinerziehende auf Forderungen des Unterhaltspflichtigen einlassen, die nicht rechtlich begründet sind. Solch ein Fall geht stets zulasten der Kinder.

Der aktuelle Familienstreit der Steakhouse-Erbin Christina Block mit ihrem Ex-Mann Stephan Hensel zeigt spektakulär, was Unversöhnlichkeit zwischen Eltern bei Kindern bewirkt, auch wenn es in dem genannten Rechtsstreit bis zur Kindesentführung nicht um Unterhalt, sondern um das Sorgerecht geht.

Auch Trickser sind laut dem Familienportal am Werk: So gebe es Unterhaltsunwillige, die sich „mit einigen Tricks ihr Nettoeinkommen herunter“ rechnen, um auf die 1.750-Euro-Grenze zu gelangen. „Oder sie entziehen sich z. B. durch Umzug ins Ausland.“

Als letzte Variante wird noch angegeben, dass eine Person nicht weiß, dass sie Vater geworden ist. Das ist laut Personen, die in diesem Bereich beratend tätig sind, wahrscheinlicher als viele Menschen annehmen. Denn es gebe Mütter, die zwar genau wüssten, wer der Vater ihres Kindes sei, aber keinen Kontakt mehr zu ihm haben wollen und deshalb lieber auf die Unterhaltszahlung verzichteten.

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Vorschuss wird kaum zurückgezahlt

Grundsätzlich handelt es sich bei den staatlichen Unterhaltszahlungen nur um einen „Vorschuss“, also eine Art Darlehen. Das heißt, die Leistung muss – so zumindest der Plan des Gesetzgebers – vom Unterhaltspflichtigen zurückerstattet werden. Doch von den im Jahr 2024 vom Staat ausgegebenen 3,2 Milliarden Euro erstatteten die Unterhaltspflichtigen nur 544,5 Millionen Euro zurück. Ähnlich sah es in den Vorjahren aus. Das heißt, der Staat bleibt auf dem weit überwiegenden Teil der Kosten sitzen.

Wie lange bekommen Kinder Unterhaltsvorschuss?

Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen oder nur gelegentlichen Unterhalt vom anderen Elternteil erhalten. Der alleinerziehende Elternteil unterliegt keiner Einkommensgrenze, kann also so viel verdienen, wie möglich, ohne dass das Einkommen gegengerechnet wird.

Der Gesetzgeber hat festgelegt: Bis zum 12. Geburtstag kann ein Kind problemlos staatlichen Unterhalt erhalten, das sind derzeit monatlich 227 Euro bis zum fünften Lebensjahr und 299 Euro bis zum 12. Lebensjahr. Für bis zu 18-Jährigen gibt es Ausnahmeregelungen.

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Familienbericht der Bundesregierung

Der „Zehnte Familienbericht“ der Bundesregierung vom 14. Juli dieses Jahres hat sich nach eigenen Angaben besonders der „Unterstützung allein- und getrennterziehender Eltern und ihrer Kinder“ gewidmet. Dort heißt es:

„Allein- und Getrennterziehende sind eine weit verbreitete Familienform: Für das Jahr 2023 weist das Statistische Bundesamt 1,69 Millionen Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren im Haushalt aus. Dies entspricht einem Anteil von 20 Prozent an allen Familienformen. Weitere 12 Prozent entfallen auf nichteheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern. Der Anteil der Ehepaare mit Kindern liegt bei 68 Prozent. 2,5 Millionen Kinder, das sind 17 Prozent aller Kinder, leben in Haushalten von Alleinerziehenden.“

Daraus zieht das Familienministerium den Schluss, dass „die Anerkennung sowie Förderung der Vielfalt von Familienformen“ ein „zentrales Ziel“ der staatlichen Förderung sein sollte.

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Ministerium: Alleinerziehende weniger gebildet und öfter krank

In seinem diesjährigen Bericht gelangte das Ministerium außerdem zu folgenden Erkenntnissen:

  • Alleinerziehende Mütter seien zu 72 Prozent „überwiegend erwerbstätig“, würden „etwas häufiger und mit höherer Stundenzahl arbeiten als verheiratete Mütter“, hätten aber „im Durchschnitt deutlich weniger Geld zur Verfügung als Eltern in Paarfamilien“.
  • Was die Chancen auf dem Arbeitsmarkt angeht, so stellt das Ministerium fest, dass der Bildungsabschluss bei Alleinerziehenden im Vergleich zu Paarfamilien niedriger ist. Von den alleinerziehenden Müttern mit niedrigem Bildungsabschluss seien etwa im Jahr 2021 nur 38 Prozent einem Beruf nachgegangen, mit mittlerem Bildungsabschluss seien es bereits 75 Prozent gewesen und jene mit hohem Bildungsabschluss hätten zu 83 Prozent gearbeitet.
  • Die bemerkenswerteste Auswirkung für Alleinerziehende offenbart sich laut Bundesfamilienministerium im ganz persönlichen Bereich der Betroffenen. Sie seien „deutlich häufiger von gesundheitlichen und psychischen Beeinträchtigungen betroffen als Eltern in Paarhaushalten“. Alleinerziehende Mütter würden häufiger unter Depressionen und Stress leiden. Auch offenbarten sie ein „schädlicheres Gesundheitsverhalten“, das wiederum negative Auswirkungen auf ihre Kinder habe.


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