Verurteilt: Chinesische Agenten sammelten NATO-Daten für Peking und spähten Dissidenten aus

In Kürze:
- Das Urteil im Spionageprozess gegen Jian G. und Yaqi X. ist gefallen.
- Jian G. wurde vom Verfassungsschutz als Quelle genutzt, dann selbst observiert.
- Yaqi X. soll am Flughafen Leipzig/Halle spioniert haben.
- Problemlose Ein- und Ausreise nach China weckte Verdacht.
- AfD-Politiker Maximilian Krah schätzte G.s Sachkunde.
Im bislang größten Fall von chinesischer Spionage in Deutschland ist das Urteil gefallen: Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat am Dienstag, 30. September, Jian G. wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit für einen chinesischen Geheimdienst zu vier Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Sie sieht in seinem Fall eine „besondere Schwere“ vorliegen.
Eine Komplizin von G., die Chinesin Yaqi X., bekam ein Jahr und neun Monate Gefängnis auf Bewährung. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Gegen sie kann binnen einer Woche Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Die Angeklagte Jaqi X. (m) am 30. September 2025 in Dresden vor der Urteilsverkündung. Jaqi X., eine chinesische Staatsbürgerin, gab Flug- und Frachtinformationen des Flughafens Leipzig an ihren Staat weiter. Foto: Martin Divisek – Pool/Getty Images
Die Ausspähung von Oppositionellen in Deutschland sei dabei der Schwerpunkt der Agententätigkeit von G. gewesen, erklärte der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats in der Urteilsverkündung.
Richter: Krah servierte Dokumente auf Silbertablett
Auch habe G. seine Funktion als Assistent des ehemaligen EU-Parlamentsabgeordneten Maximilian Krah (AfD) im EU-Parlament in Brüssel jahrelang zur Informationsbeschaffung genutzt und Informationen über führende AfD-Politiker gesammelt und dabei auf Interna aus Krahs Büro zurückgegriffen.
Es sei für G. „ein Leichtes“ gewesen, die Dokumente über den Zugang in Krahs Büro im EU-Parlament abzuschöpfen, sagte Schlüter-Staats. Sie seien ihm „durch Krah auf dem Silbertablett serviert“ worden. Der Angeklagte habe „Informationen nicht nur gesammelt, sondern auch ausgewertet und aufbereitet“.
Krah hatte im Gerichtsprozess als Zeuge eingestanden, allen Mitarbeitern freien Zugang zum EU-Parlamentssystem durch Weitergabe seines Passworts gewährt zu haben. Der Zugang ist nur persönlich für die Abgeordneten gedacht.
Von der Agententätigkeit seines Mitarbeiters für China habe er nichts gewusst und auch keine entsprechende Warnung erhalten.
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Urteil fällt deutlich milder aus als von der Anklage verlangt
Das OLG blieb mit dem Strafmaß unter der Forderung der Bundesanwaltschaft, die für den deutschen Staatsbürger G. siebeneinhalb Jahre Gefängnis gefordert hatte. Seine Verteidigung plädierte auf Freispruch. Für X. hatte die Anklage zwei Jahre und neun Monate Haft gefordert, während die Verteidigung eine Bewährungsstrafe forderte. Das Höchststrafmaß für beide wären zehn Jahre gewesen.
Offenbar berücksichtigte das Gericht, dass G. nicht vorbestraft war und seine enge Bindung an die Volksrepublik China, so Gerichtssprecherin Meike Schaaf. Laut Schlüter-Staats seien durch die Spionage am Flughafen keine Informationen abgeflossen, die unter besonderer Geheimhaltung standen und viele der EU-Parlamentsdokumente seien öffentlich zugänglich gewesen.
Jian G. bleibt weiterhin in Haft und tritt sofort seine Strafe an. Bei Yaqi X. wurde der Haftbefehl sofort aufgehoben. Sie soll einen Bewährungshelfer erhalten.
Bei ihr würden besondere Umstände vorliegen. Sie ist seit einem Jahr mit schlechten deutschen Sprachkenntnissen in Haft und gilt daher als haftempfindlich. Sie ist nicht vorbestraft und hat vermutlich aus der Beziehung zu Jian G. gehandelt. Er soll ihre Agententätigkeit initiiert haben.
Bundesanwalt Stephan Morweiser sprach nach dem Urteil von dem „bisher schwerwiegendsten Fall chinesischer Spionage, der bislang in Deutschland aufgedeckt wurde“.
Mehrere Jahre durch Verfassungsschutz observiert
Vor der Festnahme von G. im September 2024 hat der Bundesverfassungsschutz Jian G. mindestens zweieinhalb Jahre lang observiert. Sowohl seine Telefone als auch seine Laptops sowie sein E-Mail-Verkehr wurden überwacht. Auch sein Auto wurde verwanzt.
Staatsanwalt Fabian Schellhaas von der Bundesanwaltschaft beschrieb G. als „Mehrzweckagenten“, der geschickt immer im Einsatz war und sich stolz über seine langjährige Agententätigkeit gezeigt habe.
Bei Yaqi X. sieht die Bundesanwaltschaft einen bedingten Vorsatz bei ihren Ausspähungen am Flughafen Leipzig/Halle, da G. sie dazu gedrängt habe.
Sie kam 2015 zum Studium nach Deutschland. G. hat über die chinesische App WeChat Kontakt zu ihr aufgenommen. Nach einer kurzen Liebesbeziehung blieben beide in Kontakt.
Nach ihrem Studium begann sie bei einer Logistikfirma am Flughafen Leipzig/Halle zu arbeiten, die auch Militärtransporte abwickelt. Dort soll sie von G. aufgefordert worden sein, Informationen zu sammeln.
Insbesondere betrafen dies militärische Transporte sowie Informationen über in der Rüstungsindustrie tätige Personen, die gesammelt und weitergegeben wurden, sagte die Pressesprecherin des Oberlandesgerichts Dresden. Der Flughafen ist eine wichtige Drehscheibe für Truppen- und Militärtransporte der Bundeswehr sowie von NATO-Verbündeten wie den USA.
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Jian G. bewarb sich beim Verfassungsschutz
Jian G. soll laut Anklage der Bundesanwaltschaft 2002 begonnen haben, in Deutschland für einen chinesischen Geheimdienst zu agieren.
Er hatte sich dem Bundesverfassungsschutz als Mitarbeiter angeboten. Dieser lehnte ihn ab und verwies ihn an den sächsischen Verfassungsschutz. Von diesem soll er zwar keine konkreten Aufträge bekommen haben, aber man habe ihn als Informationsquelle genutzt, hieß es. Da er problemlos nach China ein- und ausreisen konnte, obwohl er sich als Regimekritiker zeigte, sei die Sicherheitsbehörde stutzig geworden. Es stand der Verdacht im Raum, dass er als Doppelagent arbeitete. Daraufhin stellte der Landesverfassungsschutz die Zusammenarbeit mit ihm ein und er wurde observiert.
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Ausspähung von Falun Gong und anderen Dissidenten
Bei den Ausspähungen unter chinesischen Oppositionellen soll es darum gegangen sein, Informationen von Menschen zu gewinnen, die in Deutschland Schutz vor chinesischen Behörden fanden und die der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) ablehnend gegenüberstehen, so die Bundesanwaltschaft. Dabei habe sich Jian G. selbst als Kritiker des chinesischen Regimes ausgegeben.
In einem abgehörten Gespräch mit einem Führungsoffizier des chinesischen Geheimdienstes soll es auch um eine Resolution im EU-Parlament vom Januar 2024 gegen die in China verfolgten Praktizierenden der buddhistischen Meditationsbewegung Falun Gong gegangen sein. Die Resolution forderte China auf, die Unterdrückung der Religionsfreiheit, die Kontrolle und die Überwachung der Menschen „im In- und Ausland“ zu beenden.
Seit 1999 wird Falun Gong in China brutal verfolgt. Auch im Ausland setzt die KPCh ihre Bemühungen fort, sie zu überwachen. Ziel ist es unter anderem, Informationen über Angehörige in China zu sammeln, um auf diese Weise Druck auszuüben.
Auch in anderen oppositionellen Gruppen fiel G. auf, insbesondere durch merkwürdige Fragen, die er stellte.
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Krah holt Jian G. nach Brüssel
Jian G. war „einige wenige Jahre Mitglied in der SPD“, wie der ehemalige Generalsekretär Kevin Kühnert in der ntv-Sendung „beisenherz“ bestätigte. Er habe allerdings keine wichtige Funktion innerhalb der Partei gehabt. 2015 trat G. aus der SPD aus, bevor er 2019 Mitarbeiter von Krah wurde.
Nachdem Krah im Mai 2019 in das EU-Parlament gewählt worden war, holte er G. im September desselben Jahres als persönlichen Assistenten in sein Brüsseler Abgeordnetenbüro.
In dieser Zeit soll G. über 500 EU-Dokumente zusammengetragen haben, darunter auch als „besonders sensibel“ eingestufte Papiere. Zudem soll er den chinesischen Geheimdienst über den Stand von Verhandlungen des EU-Parlaments und über mehr als 80 Beschlüsse mit Bezug auf China informiert haben. Auch sammelte G. Daten über AfD-Spitzenfunktionäre wie Alice Weidel und Tino Chrupalla.
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Krah schätzte Jian G.s Sachkunde
Jian G. und Krah kannten sich aus Dresden. Krah hatte dort eine Anwaltskanzlei und G. wohnte längere Zeit in Dresden. Als damaliger Geschäftsführer seines Unternehmens wurde G. als Mandant von Krahs Kanzlei betreut. Der Politiker sagte gegenüber „Spiegel TV“, er schätzte G.s Sachkunde in Handelsfragen und habe ihn deshalb später als Fachreferenten eingestellt.
Im November 2019 unternahm Krah gemeinsam mit G. eine Reise nach China.Gegen Krah selbst ermittelt inzwischen die Generalstaatsanwaltschaft Dresden in einem separaten Verfahren. Es geht demnach um den Vorwurf der Geldwäsche und der Bestechlichkeit als Mandatsträger im EU-Parlament.
Krah soll Geld aus China aus dem Umfeld von G. angenommen haben. Der 48-jährige Krah wies die Vorwürfe als „absurd und politisch motiviert“ zurück.
Vor gut drei Wochen hob der Bundestag Krahs Immunität auf und machte damit den Weg frei für Durchsuchungen im Zusammenhang mit dem Verfahren. Am selben Tag wurden den Wohn- und Büroräume des AfD-Politikers in Berlin, Sachsen und Brüssel durchsucht. Eine Anklage steht aus. Es gilt in allen Fällen die Unschuldsvermutung.
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