„Wer sät im Segen, wird auch ernten im Segen“

Katholiken und die meisten evangelischen Gemeinden in Deutschland feiern das Erntedankfest am ersten Sonntag im Oktober. Noch vor 60 Jahren war die Ernte extrem arbeitsintensiv. Sie forderte die ganze Familie, auch die Kinder. Vor allem die Getreideernte verbinde ich bis heute mit Erntedank.
Titelbild
Ein üppiges Weizenfeld bei Tübingen. Am Horizont ragt die Turmspitze eines Dorfkirchleins aus einer Senke hinter dem Weizenfeld wie ein Sinnbild Gottes für reichen Erntesegen.Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Tom Goeller
Von 5. Oktober 2025

Oft genug stand noch vor 50 Jahren die ganze Dorfgemeinschaft zusammen, denn es bedurfte vieler Hände und starker Männerrücken für das Säckeschleppen. Und wenn die Körner zum Trocknen in der Scheune lagen, dankte man Gott.

Es gibt Orte, an denen man das „Damals“ noch nachempfinden kann: in dem 1986 eröffneten Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaftsmuseum in Meldorf an der nordfriesischen Küste zum Beispiel. Dort gibt es nicht nur etwas zu sehen, es hat auch die alten Gerüche von Schmierfett, Öl und Traktordiesel erhalten. Und das Museum gibt authentische Einblicke in das Landleben aus der „guten alten Zeit“, als es noch keine Mähdrescher gab.

Damals wurden die langen Getreidehalme per Hand von Schnittern mit Sensen und Sicheln geerntet und zu Garben gebunden. Diese wiederum wurden in Bündeln auf dem abgeernteten Feld aufgestellt. Das diente zur langsamen Nachreifung des Korns bei guter Belüftung. Auf diese Weise wurde die Qualität des Getreides verbessert, bevor es gedroschen wurde. Deshalb schmeckte das Brot früher besser als heute und war auch gesünder. Schließlich wurden die Bündel auf einen Wagen geladen und zum Hof gefahren.

Auch Hightech bleibt abhängig vom Wetter

Mittels einer Dreschmaschine, die kurioserweise rosafarben angemalt war und von einem Traktormotor angetrieben wurde, wurden durch Schütteln, Sieben und mithilfe eines Gebläses die Körner von Stroh und Spreu getrennt und in 1-Zentner-Jutesäcke abgefüllt. Eine solche Dreschmaschine konnte sich damals nicht jeder Bauer leisten. Meist wurde sie im Dorf reihum vom reichsten Nachbarn ausgeliehen.

Auf diese Weise wurde noch zu meiner frühen Kindheit in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts die Getreideernte eingebracht. Es war eine intensive Gemeinschaftsarbeit – Gemeinde im wahrsten Sinn des Wortes, so wie wir uns unsere kirchlichen Gemeinden heute noch wünschen würden, aber selten mehr vorfinden. Auch in der Landwirtschaft gibt es dieses Gemeinschaftsgefühl heute in dieser Ausprägung nicht mehr.

Denn die Mähdrescher sind ausgestattet mit Bordcomputer, GPS, Klimaanlage, Rückfahrkamera und Getreidesortentrenner. Der Bauer erledigt alles, was einst das ganze Dorf wochenlang beschäftigte, in wenigen Tagen allein. Die Ernten fallen zwar beträchtlich umfangreicher aus als noch im vergangenen Jahrhundert, doch trotz aller Hightech, nun auch in der Landwirtschaft, bleiben die Bauern wie eh und je vom Wetter abhängig.

Zwar fällt laut Einschätzung des Bauernverbandes die Getreideernte in diesem Jahr um 7 Prozent höher aus als im Vorjahr, aber weil es ab Mitte Juli bis Mitte August zur falschen Zeit dauerhaft geregnet hat, gibt es Ernteeinbußen beim Mais. Zuvor hatten die Felder unter Frühjahrstrockenheit gelitten. Wer Bauern kennt, weiß: Ihnen passt das Wetter nie. Aber sie sind davon unmittelbar betroffen. Wir als Verbraucher spüren erst dann, dass eine Ernte schlecht ausgefallen ist, wenn sich Brot und Brötchen verteuern.

Paulus in der Bibel nimmt Ernte als Sinnbild

Die Ernte spielt in der Bibel häufig eine Rolle, sowohl wörtlich im landwirtschaftlichen Sinn als auch als Metapher für geistliche Prinzipien. Sie stellt im übertragenen Sinn die Belohnung und den Segen Gottes sowie die Konsequenzen des eigenen Handelns dar.

Paulus aus Tarsus, der laut dem Neuen Testament als Begründer des Christentums gilt, nutzte als Missionar häufig die Ernte als Sinnbild für Christsein und Glauben. In seinem zweiten Brief an die griechische Gemeinde in Korinth nahm er mehrfach Bezug auf die Ernte als Metapher: „Der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben und ihn mehren und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit.“

Und ein paar Sätze vorher mahnt Paulus: „Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.“ Und in einem Brief an die Galater – das war der Name für die Kelten, die im heutigen türkischen Anatolien lebten – schrieb Paulus: „Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Und weiter: „Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten.“ Und schließlich: „Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen.“

Der Autor prüfte im Juli das Maiswachstum auf einem Feld seines Cousins. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Tom Goeller

Im Märzen der Bauer …

Noch einmal zurück zur Landwirtschaft. Von ihr kann man tatsächlich fürs Leben vieles lernen. Ein Bauer muss seine Saat sorgfältig planen und zahlreiche Faktoren berücksichtigen. Dazu zählen die Auswahl der Saatpflanzen, die Vorbereitung des Bodens, der richtige Zeitpunkt der Aussaat und Vorsichtsmaßnahmen gegen Schädlinge.

Und natürlich muss der Boden vorbereitet werden. Bei mancher Saat genügt eine Lockerung, für andere ein tiefes Pflügen von Furchen. Stets aber muss der Boden locker sein, damit er von der Sonne schnell erwärmt wird. Dann kann das Saatkorn besser keimen. Auf 1 Quadratmeter Ackerboden werden je nach Getreideart 250 bis 450 Körner ausgebracht. Daraus wachsen bei Weizen 350 bis 700 Halme. Jeder trägt 25 bis 40 Körner. So fruchtbar ist Getreide!

Säen und ernten ein Leben lang

Das Gesetz von Saat und Ernte gilt aber nicht nur in der Landwirtschaft, wie Paulus bereits erkannte, sondern auch für das ganze erwachsene Leben eines jeden Einzelnen von uns. Unser ganzes Leben hindurch sind wir alle ständig am Säen und Ernten: beginnend mit der Schule, die gewissermaßen unser Ackerboden ist, dann in der beruflichen Ausbildung, die eine sorgfältige Vorauswahl erfordert. Ist das wirklich ein Beruf, der zu mir passt, damit meine Saat aufgeht? Gleiches gilt für die Ehe.

Kinder und Enkel sind dann meistens eher eine Überraschung, da wir deren Entwicklung nur teilweise beeinflussen können. Nicht alle Ernten fallen gut aus: Mal sind die Schulnoten schlecht, mal scheitert eine Ehe oder ein Kind gerät auf Abwege.

So wie es im Privaten ist, so verhält es sich auch in der hohen Politik. Nicht jeder Politiker, nicht jeder Bundeskanzler sät gut und erntet gut. Sowohl Erfolg als auch Misserfolg treffen dann eine ganze Nation.

Den meisten fällt es dann leicht, die Schuld der verantwortlichen Person zuzuschieben – inzwischen am liebsten mittels empörter Kommentare in Social Media oder unter Onlineartikeln. Aber mal ehrlich: Wann haben Sie mal für das Gedeihen Deutschlands und für weise Entscheidungen seiner Politiker gebetet? So wie heute noch viele Bauern das ganze Jahr über für eine gute Ernte beten, können auch wir für unsere politisch Verantwortlichen und für das Gedeihen unseres Landes beten, damit es gute Früchte hervorbringt, und danken, wenn etwas gut gelungen ist. Auch das gehört dazu.

Und jetzt ist die Zeit, „Danke“ zu sagen. Es ist Erntedankzeit.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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