Ökonom zu Wachstumsprognose: Wie ein „Junkie, der in den Seilen hängt“

Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute mahnen zur Vorsicht: Ihre neue Prognose für 2025 sei kein Selbstläufer, sondern spiegele vor allem den Impuls zur Belebung der Konjunktur wider, betonte IfW-Experte Stefan Kooths am Donnerstag in Berlin.
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Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2025 der Wirtschaftsforschungsinstitute am 25.09.2025Foto: via dts Nachrichtenagentur
Epoch Times25. September 2025

Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute warnen die Politik davor, ihre neue Wachstumsprognose für das kommende Jahr fehlzuinterpretieren.

„Das, was hier prognostiziert wird, ist ein Stimulieren der ökonomischen Aktivität“, sagte Stefan Kooths vom IfW am Donnerstag in Berlin auf Anfrage der dts Nachrichtenagentur.

Und das seien eben nicht wirklich stärkere Wachstumskräfte. „Wir haben hier nicht so etwas wie einen selbsttragenden Aufschwung, sondern der wird sehr stark angeschoben durch eine massive Mittelaufnahme der öffentlichen Hand.“

Als Beispiel nannte der Ökonom einen „Junkie, der in den Seilen hängt“ und der mit einer Spritze kurzfristig einen Schuss bekomme. Der würde sich sicher erst mal besser fühlen, „aber es würde wohl niemand auf die Idee kommen – schon gar kein Arzt – zu sagen, jetzt hat sich der Patient erholt oder er sei auf dem Weg der Gesundung“.

„Bisheriger Kurs“ nicht zufriedenstellend

„Das können wir leider gerade nicht diagnostizieren, und deshalb sollte sich die Wirtschaftspolitik nicht bestätigt fühlen in ihrem bisherigen Kurs.“ Im Laufe des mittelfristigen Projektionszeitraums verkümmere die Wachstumsrate auch auf gerade mal 0,2 Prozent am Ende des Jahrzehnts, und dabei sei unterstellt, dass keine standortstärkenden Reformen eingeleitet werden.

„Wenn es also wirklich besser werden soll, dann kann die Wirtschaftspolitik mit den Ergebnissen dieses Gutachtens, was die quantitativen Größenordnungen angeht, nicht zufrieden sein“, sagte Kooths.

Positive Effekte durch Handelsabkommen möglich

Mit Blick auf mögliche positive Effekte durch Handelsabkommen äußerte sich der Ökonom optimistisch. Es gelte, die anderen wirtschaftlichen Regionen der Welt zu erschließen.

„Da ist Mercosur ein ganz wichtiger Kandidat und dort scheint es jetzt ja auch Fortschritte zu geben.“ Auch das EU-Abkommen mit Indonesien sei ein wichtiges Signal. Denn die Europäer hätten sich dabei von ihrer bisherigen Vorgehensweise weitgehend verabschiedet, eine solche Handelsvereinbarung immer mit sehr weitreichenden Standardabkommen zu verknüpfen.

Wie sicher die Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft von 1,3 Prozent im kommenden Jahr ist, ist derweil unklar. Auf die Frage, ob Wachstum durch die erweiterten Verschuldungsregeln „garantiert“ sei, sagte Geraldine Dany-Knedlik vom DIW auf dts-Anfrage, dass es kein Garant, sondern nur eine Prognose sei.

„Unser Gutachten ist so zu verstehen, dass das eine Einschätzung von uns als Experten für die deutsche Konjunktur ist, wie es laufen könnte – mit größerer Unsicherheit behaftet, was die Effekte der finanzpolitischen Impulse angeht, auch was die Abflüsse angeht.“ (dts/red)



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