Auf Schatzsuche im weltweit ersten virtuellen Museum für gestohlene Artefakte
Der Brand der Bibliothek von Alexandria, die verschollenen Irischen Kronjuwelen und das verschwundene Bernsteinzimmer – im Laufe der Geschichte kam es immer wieder zu außergewöhnlichen kulturellen Verlusten, die eine Lücke in unser Kulturerbe gerissen haben.
Wie viele schöne, bedeutsame Schriften, Schmuckstücke, Waffen und Werkzeuge sind in der Vergangenheit verloren gegangen? Mit dieser Frage beschäftigen sich nicht nur Archäologen und Museumskuratoren seit Jahrhunderten. Sie beflügelte auch die Fantasie von Filmemachern zu Produktionen wie „Indiana Jones“ und „Das Vermächtnis der Tempelritter“.
Eine neue Initiative der UNESCO zielt darauf ab, die Menschen für den Verlust solcher Schätze und den illegalen Handel mit Kulturgütern zu sensibilisieren – von Gemälden über Töpferware bis zu Musikinstrumenten. Im Virtuellen Museum gestohlener Kulturgüter, entworfen von dem Architekten Francis Kéré, können Besucher kostenlos durch faszinierende digitale Korridore wandeln. Der Katalog des Museums besteht ausschließlich aus Artefakten, die verschwunden sind.
In der digitalen Sammlung befinden sich mehr als 250 dieser verschwundenen Objekte aus 46 Ländern. Sie sind in detaillierten 3D-Modellen mit Fotos und Beschreibungen verfügbar. 96 der gesuchten Artefakte meldeten Europa und Nordamerika, 57 stammen aus Lateinamerika und der Karibik, 51 aus Afrika, 36 aus arabischen Ländern und 37 aus Asien und dem Pazifikraum.
Finanziert wird dieses Projekt, das am 29. September 2025 online ging, durch das Königreich Saudi-Arabien in Zusammenarbeit mit Interpol. Die Anzahl der dargestellten Objekte ist mit rund 250 jedoch vergleichsweise niedrig, geht Interpol doch davon aus, dass sich etwa 57.000 gestohlene Objekte im Umlauf befinden und auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden. Interpol verwaltet eine Datenbank mit solchen Objekten und hat eine App namens „ID-Art“ entwickelt, damit Nutzer gestohlene Kulturgüter identifizieren können.
Das virtuelle Museum, das mit einer VR-Brille noch plastischer erscheint, besteht aus drei „Räumen“: dem Auditorium, dem Raum für gestohlene Objekte sowie dem Raum für Rückgabe und Erstattung.
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Im Auditorium können Besucher mehr über die Ziele der UNESCO und des Museums erfahren. Dabei geht es nicht nur um die Bewahrung des kulturellen Vermächtnisses und die Sensibilisierung für gestohlene Kunstwerke. Auf der Website des Museums heißt es dazu:
„Das Virtuelle Museum für gestohlene Kulturgüter der UNESCO ist nicht nur ein digitales Erlebnis, sondern vor allem ein Projekt, das darauf abzielt, […] gestohlene Kulturgüter zurückzugewinnen und alle Mitgliedsstaaten beim Schutz ihres kulturellen Erbes zu unterstützen. Um sicherzustellen, dass alle Mitgliedsstaaten davon profitieren können, beinhaltet das Projekt ‚Virtuelles Museum‘ auch auf spezifische Bedürfnisse zugeschnittene Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau, um Staaten zu unterstützen, die noch [über] keine nationalen Inventare, Verzeichnisse gestohlener Objekte oder in der INTERPOL-Datenbank für gestohlene Kunstwerke registrierte[n] Objekte verfügen.“
Ein solches Pilotprogramm wurde bereits in Togo gestartet.

„Hins Anders“, 1904, von Anders Zorn, Öl auf Leinwand, 80,5 x 64,8 cm, ist ein verschwundenes Kunstwerk. Foto: Gemeinfrei
Verschwundenes wird sichtbar
Die Hauptattraktion des Museums ist zweifellos der Raum für gestohlene Objekte. Dort befindet sich eine Vielzahl verschwundener Artefakte als digitale Reproduktion. Benutzer können entweder Objekte anhand von Region, Farbe oder Verwendung suchen oder sich einfach durch die verschiedenen Ausstellungen scrollen.
Unter den verlorenen Schätzen finden Besucher ein aufwendig gearbeitetes goldenes Armband mit Drachenkopf aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. aus Rumänien, Keramik aus dem Jahr 600 v. Chr. aus Zypern, ein silbernes Kirchenpult aus Guatemala aus dem 18. Jahrhundert sowie ein Gemälde des niederländischen Künstlers Herman Henstenburgh aus dem Jahr 1698 mit dem Titel „Memento Mori“, auf dem ein von Blumen umgebener Schädel zu sehen ist.

Dakisches Goldarmband, 2. Jahrhundert v. Chr. bis 1. Jahrhundert n. Chr., ausgestellt im Nationalmuseum für rumänische Geschichte, 2011. Foto: Gemeinfrei
Einer der bemerkenswertesten verschwundenen Schätze der Sammlung ist eine Erstausgabe von Galileos „Sidereus Nuncius“, was übersetzt „Nachricht von den Sternen“ bedeutet – ein astronomisches Werk aus dem Jahr 1610 mit detaillierten Beobachtungen durch ein damals neuartiges Fernrohr.

„Der Sternbote“ von Galileo war ein Grundlagenwerk der Astronomie, insbesondere weil das Teleskop gerade erst erfunden worden war. Foto: Gemeinfrei
Glänzende Medaillons und Ikonen, schimmernde Marmorstatuen und klobige schwarzbraune Götzenbilder – eine faszinierende Sammlung von Gegenständen, die ungefähr aus der Zeit Homers bis zum 19. Jahrhundert stammen.
Möglicherweise handelt es sich bei dieser Sammlung um die einzige weltweit, von der die Kuratoren hoffen, dass sie allmählich verschwindet.
Die Vielfalt der Artefakte erfüllt die Besucher mit Ehrfurcht vor den schönen und geheimnisvollen Werken der Vergangenheit – und mit Trauer über ihren Verlust. Wie auf der Website des Museums zu lesen ist, „tragen Kulturgüter die Geschichte ihrer Gemeinschaften in sich. Wird ein Kulturgut gestohlen, verlieren wir einen Teil unserer Persönlichkeit. Das Wissen um diese verlorenen Objekte ist der erste Schritt zu ihrer Wiederbeschaffung.“
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Der dritte Bereich des Museums widmet sich der Dokumentation des Rückführungsprozesses, darunter Informationen über Artefakte, die wiederentdeckt oder an ihren ursprünglichen Standort zurückgebracht wurden.
Leider umfasst der Raum „Rückgabe und Restitution“ zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels nur drei Objekte: Trilobitenfossilien, die vom chinesischen Zoll beschlagnahmt und an ihr Herkunftsland Marokko zurückgegeben wurden.
Das Museum gewährt Besuchern einen Einblick in weite Teile der Menschheitsgeschichte aus aller Welt. Es erinnert uns sowohl an die Vitalität als auch an die Verwundbarkeit menschlicher Zivilisationen, von denen uns heute viele nur noch durch ihr Kulturgut bekannt sind. Und selbst für diese droht Verlust.
Es bleibt zu hoffen, dass das UNESCO-Museum dazu beiträgt, künftige Verluste zu verhindern und die Spuren der Vergangenheit zu bewahren. Die Website ist zu erreichen unter https://museum.unesco.org/.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „The World’s First Museum of Lost Things“. (deutsche Bearbeitung sua)
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