„Bright Star“: Wunderschöne Darstellung eines kurzen und kraftvollen Lebens

John Keats (1795–1821), einer der großen englischen Dichter der Romantik, wurde nur 25 Jahre alt. Dennoch schuf dieser Meister der sinnlichen und bildreichen Sprache einige der eindringlichsten und philosophischsten Werke seiner Epoche, wie etwa seine berühmte „Ode an eine Nachtigall“.
Titelbild
22. Juli 2009: Porträts von John Keats und Fanny Brawne im denkmalgeschützten Keats-Haus im Londoner Stadtteil Hampstead. Das Anwesen wurde nach einer Renovierung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Hier lebte der englische Dichter John Keats (1795–1821) von 1818 bis 1820, bevor er nach Rom reiste und dort im Alter von 25 Jahren an Tuberkulose starb.Foto: Peter Macdiarmid/Getty Images
Von 29. August 2025

Jane Campions von der Kritik gefeiertes biografisches Drama „Bright Star“ aus dem Jahr 2009 porträtiert den romantischen Dichter John Keats anhand seiner turbulenten Liebesgeschichte mit der koketten Fanny Brawne.

Keats (Ben Whishaw) lernt Fanny (Abbie Cornish) im Herbst 1818 im Londoner Stadtteil Hampstead kennen, als die Brawnes seine Nachbarn besuchen, in deren Haus er zur Untermiete wohnt. Ihre Begegnung führt zu einer tiefen Liebesbeziehung.

Blick auf das Haus von Keats am Abend vor der „Bright Star“-Afterparty während des 53. Londoner British-Film-Institute-Filmfestivals der „Times“ am 19. Oktober 2009 in London. Foto: Ian Gavan/Getty Images

Während dieser Zeit kümmert sich Keats um seinen kranken Bruder Tom, der gleich zu Beginn der Bekanntschaft von John und Fanny an Tuberkulose stirbt.

Schließlich ziehen die Brawnes in die andere Hälfte des Doppelhauses, und John Keats und Fanny Brawne, nun Nachbarn, können sich jeden Tag sehen.

19. Oktober 2009: Eine kleine Gedenktafel über dem Eingang des Keats-Hauses in London vor der „Bright Star“-Afterparty während des 53. London Film Festivals. Foto: Ian Gavan/Getty Images

Nach dem Tod seines Bruders widmet Keats seine ganze Aufmerksamkeit zwei Dingen: seiner Poesie und seiner wachsenden Liebe zu der jungen Frau.

Sowohl im Film als auch in der Geschichte, auf der dieser basiert, leidet Keats sehr unter dem Tod seines Bruders und unter dem Umstand, dass er nicht über die finanziellen Mittel verfügt, um Fanny Brawne heiraten zu können.

Ein Film, der Geschichte und Poesie einfängt

Der Film hält sich eng an die tatsächlichen historischen Ereignisse.

In diesen letzten turbulenten Jahren seines Lebens war Keats in einer Zwickmühle aus Liebe und Trauer gefangen. Dennoch schuf der Dichter in dieser Zeit einige seiner größten Gedichte. Sie entsprangen ihm geradezu in klarer und lieblicher Form, als wären sie im Schmelztiegel seiner inneren Kämpfe von allen Unvollkommenheiten gereinigt worden.

Allein im Herbst 1819 entstand in rascher Folge eine Reihe von atemberaubenden Meisterwerken: „Ode an eine griechische Urne“, „Ode an die Trägheit“, „Ode an die Melancholie“, „Ode an eine Nachtigall“, „Ode an Psyche“ und „An den Herbst“.

Obwohl seine Gedichte aus dieser Zeit zutiefst melancholisch sind – manche würden vielleicht sogar „schwermütig“ sagen –, vermitteln sie eine gewisse Gelassenheit und inneren Frieden, eine Art Ruhe, die ihrem Ursprung in so viel emotionalem Aufruhr widerspricht.

Die Entstehung von „Ode an eine Nachtigall“ wird im Film wunderschön dargestellt, basierend auf den historischen Zeugnissen von Keats’ Freund Charles Armitage Brown (Paul Schneider), der auch im Film eine entscheidende Rolle spielt:

„Im Frühjahr 1819 hatte eine Nachtigall in der Nähe meines Hauses ihr Nest gebaut. Keats empfand eine heitere und anhaltende Freude an ihrem Gesang; und eines Morgens nahm er seinen Stuhl vom Frühstückstisch mit auf die Rasenfläche unter dem Pflaumenbaum, wo er zwei oder drei Stunden saß. Als er zurück ins Haus kam, sah ich, dass er einige Zettel in der Hand hielt – und diese verstohlen hinter die Bücher steckte. Auf meine Nachfrage hin erfuhr ich, dass diese vier oder fünf Zettel seine poetischen Empfindungen über den Gesang unserer Nachtigall enthielten.“

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Großartiges Filmwerk

In Campions Darstellung sehen wir Keats friedlich unter dem Baum sitzen, während es uns als Zuschauern vergönnt ist, den Versen des Gedichts in seinen Gedanken zu lauschen.

All diese Momente im Leben von John Keats bieten hervorragendes Material für eine dramatische Verfilmung – und Campion nutzt dies gekonnt.

Der Film ist gut recherchiert. Viele Zeilen stammen direkt aus Keats’ Briefen an Fanny Brawne.

Keats-Forscher Stanley Plumly beschreibt den Film mit folgenden Worten:

„Jane Campion hat die reichhaltige Bilderwelt in Keats’ Leben verstanden, ohne den buchstäblichen Reichtum seiner Texte aufzugeben. Sie hat das Geheimnis seines Genies heraufbeschworen, ohne die Alltäglichkeit seines Lebens zu vernachlässigen.“

Tatsächlich verwebt der Film auf wunderschöne Weise die außergewöhnlichen Momente der Inspiration, die den Dichter überkommen, mit den alltäglichen Mahlzeiten, Gesprächen und Phasen der kreativen Flaute. Dabei konzentriert sich der Film mehr auf die Liebesgeschichte zwischen Keats und Brawne als auf das kreative Schaffen des Dichters.

Allerdings überschneiden sich diese beiden Bereiche häufig – Fanny war in gewisser Weise Keats’ Muse. Der Titel des Films „Bright Star“ stammt beispielsweise von einem Sonett, das Keats für Fanny schrieb: „Leuchtender Stern, wär ich doch so beständig wie du es bist.“

Die Charakterisierungen

Abbie Cornish spielt die jugendliche Brawne, eine lebhafte junge Frau mit einer Vorliebe für Mode und einem Hang zur Leichtfertigkeit. Im Laufe des Films allerdings wächst ihre Wertschätzung für Kunst und philosophische Ideen allmählich heran.

Fanny ist willensstark, unabhängig und leidenschaftlich. Ihre Zuneigung zu Keats entsteht schnell und ist uneingeschränkt. Cornishs Darstellung ist hierbei absolut überzeugend. Ihre beeindruckendsten Momente auf der Leinwand sind gegen Ende des Films zu sehen, während sie von Keats’ Tod erfährt und auch danach: Intensive Emotionen zeigen sich in ihrem Gesicht und kommen in ihrer Stimme kraftvoll zum Ausdruck.

Ben Whishaw, der John Keats spielt, verkörpert die Rolle mit Anmut und Gelassenheit. Er ist voller Gedanken, tiefgründig, aber auch warmherzig. Vor allem aber zeigt er auf der Leinwand eine gewisse Verletzlichkeit, ohne dabei seine innere Stärke zu opfern. Diese Verletzlichkeit charakterisiert den echten Keats sehr gut, einen Mann, der sein ganzes Leben lang von Tod und Tragödien heimgesucht wurde und der selbst früh und tragisch starb.

14. September 2009 in New York: Ben Whishaw, Abbie Cornish und Jane Campion bei der Premiere von „Bright Star“, präsentiert von „Vanity Fair“ und Apparition, im Paris Theatre. Foto: Christopher Polk/Getty Images für Vanity Fair

Sein empfindsames Herz wurde durch all das, was es erdulden musste, schwer getroffen. Doch diesem verwundeten Herzen entsprangen poetische Werke von außergewöhnlicher Schönheit. Auch dies greift der Film auf. Er zeigt Szenen, in denen Keats dichtet, sowie kurze Passagen aus mindestens drei verschiedenen Gedichten.

Der Film selbst ist ein wunderschönes Kunstwerk. Die Kamera verweilt auf üppigen Bildern alltäglicher Schönheit. Der sparsame Soundtrack schafft stimmungsvolle Atmosphären. Selbst die Kamera hat den Blick des Dichters inne, der kleine Details mit all ihren Geheimnissen wahrnimmt: die Schönheit spielender Kinder, summende Bienen über einem Meer von Blumen oder im Wind wehende Stoffe.

Passend für einen Film über einen Dichter: Das Tempo verläuft langsam und nachdenklich – eine liebevolle Hommage an John Keats, wahrlich.

Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „‘Bright Star’: A Beautiful Rendering of a Brief and Powerful Life“. (Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung sm)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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