„Damit in allem Gott verherrlicht werde“ – Das Kloster Stift Melk

Das Benediktinerkloster Stift Melk in all seiner Pracht mit entzückendem Gartenhaus fasziniert – gerade heutzutage – jährlich Millionen Menschen.
Titelbild
Weltweit bekannt: Anlage des Stiftes Melk in Österreich.Foto: Bertl123/iStock
Von 17. August 2025

Wie ein gestrandetes riesiges Überseeschiff liegt es dahingestreckt, wenn man beim Vorüberrauschen auf der A1 Salzburg–Wien einen Blick riskiert: das Kloster Stift Melk. In diesem Moment befinden wir uns in der Wachau in Niederösterreich.

Es ist ein strahlend blauer Sommermorgen, als wir heute unseren Wagen auf den ausgewiesenen Parkplatz für Stift Melk lenken. Die Größe lässt Besuchermassen ahnen. Und in der Tat, bereits am frühen Morgen reiht sich ein Bus an den anderen. Aus China, Korea, Japan, aber auch aus der Nähe, wie Deutschland, Italien und den Niederlanden, sind Menschen angereist, um dieses über 1.000 Jahre alte Ensemble zu bewundern.

Die Inschrift Constantia (Beständigkeit) et Fortitudine (Tapferkeit) auf halber Treppe der Kaiserstiege erinnert an das Motto von Kaiser Karl VI., der dem Kloster sehr zugetan war. Foto: Silke Ohlert/Epoch Times

Schon die Fassade erinnert eher an ein Schloss als an ein Kloster. Doch ist diese Üppigkeit Teil des barocken Konzepts als Vorgeschmack auf paradiesische Zustände.

Damit in allem Gott verherrlicht werde

Im Prälatenhof erzählt die Touristenführerin, dass der älteste Mönch 95 Jahre zähle und ein 23-Jähriger eben mit seinen Bienen im Kloster Einzug gehalten habe. Der nächstjüngere ist jedoch bereits Mitte 40 Jahre alt. Jugendliches Leben ist allerdings durch das in der großen Klosteranlage im rechten Carré beheimatete Gymnasium gewährt.

Das dahinterliegende Gebäudequadrat mit Innenhof ist dem Leben der benediktinischen Klosterbrüder vorbehalten. Die Touristenströme, von denen das Kloster wirtschaftlich lebt, werden durch den linken Trakt der Anlage geleitet.

Die junge Frau, die uns Interessierte führt, ist Absolventin des Gymnasiums und kennt somit das Zusammenleben von Schulalltag, Touristen und Klostergemeinschaft aus jahrelanger Erfahrung. Sie geleitet uns in die ehemaligen Kaisergemächer, die ausschließlich dem Besuch der Monarchen vorbehalten waren und Ausdruck der starken Unterstützung und sicher auch Beeinflussung durch die weltliche Macht sind.

Auf je 196 Meter Flurlänge geht es zu insgesamt 60 Gästezimmern auf drei Ebenen. Prominenteste Gäste waren Kaiserin Maria Theresia und ihr Ehemann Prinz Stefan von Lothringen. Sie wurden jedoch nur dreimal in ihrem Leben im Kloster beherbergt.

Die Bauzeit der imposanten barocken Anlage betrug 37 Jahre, von 1702 bis 1739.

Barocke Eingangsfassade zu Kloster Melk. Foto: Silke Ohlert/Epoch Times

UNESCO-Weltkulturerbe: Stift Melk. Foto: Krzysztof Nahlik/iStock

„Es ist auffällig, dass in Zeiten regen geistlichen Lebens die Wirtschaft florierte, in Zeiten des Verfalls klösterlichen Lebens auch die Wirtschaft stagnierte“, ist auf einer der Schautafeln in den Räumen der Ausstellung, zu der die Kaisergemächer nun umfunktioniert wurden, zu lesen.

Wie wäre es, in einer Gesellschaft zu leben, die sich dieser Zusammenhänge bewusst ist?

Verbindlichkeit und ein Versprechen an sich selbst

Als Nächstes springt ein Grundsatz, den die Ausstellung ausführt, ins Auge: „stabilitas loci“. Das Versprechen der Mönche oder Nonnen, sich mit einem Ort zu verbinden, an einem Ort mit der dortigen Gemeinschaft zu wirken. In unserer unsteten Zeit, in der alle Welt ständig unterwegs zu sein scheint, Mobilität und Flexibilität in Bezug auf den Ort als höchste Tugenden gepriesen werden, wahrlich eine andere Richtung weisend.

Die Formel „ora et labora“ mag als Schlagwort für das benediktinische Mönchtum dem einen oder anderen bekannt sein. Ein wichtiger Teil der Formel wird dabei jedoch unterschlagen: lese (lat. lege). Das Studium geistlicher Schriften und damit auch die Verpflichtung, sich selbst in Charakter und Geist weiterzuentwickeln.

Diese Forderung findet auch im „conversatio morum“ ihren Ausdruck: die Aufforderung, im klösterlichen Lebenswandel innerlich zu wachsen, mit und durch die klösterliche Gemeinschaft.

Dabei sei „die Regel Benedikts ein Zeugnis der Liebe zu den Menschen, der Nachsicht mit ihren Schwächen und der Beachtung der individuellen Unterschiede der Einzelnen“, schreibt Dr. Burkhard Ellegast, der bis 2001 Abt des Stiftes Melk war und der die Regeln Benedikts nicht als starre Gesetze, sondern als hilfreiche Leitlinien versteht.

Prunk als Ausdruck Gottes Herrlichkeit

Bevor wir in den lichtdurchfluteten Marmorsaal treten dürfen, geht es durch weitere verdunkelte Räume, die der wechselvollen Geschichte des Klosters gewidmet sind. Es funkelt golden und silbern von all den Monstranzen, Kruzifixen und Reliquien, die in großen Teilen dem Kloster von den Babenbergern, deren Hauptburg einst Melk war, geschenkt wurden. In wirtschaftlich schweren Zeiten half der Verkauf solcher Prunkstücke schon mal über Durststrecken hinweg.

1700 war es, als Berthold Dietmayr, 30 Jahre jung, zum Abt gewählt wurde – wie damals üblich auf Lebenszeit. Er war es auch, der die Idee zum Umbau in ein barockes Kloster umsetzte, bevor er ganz kurz vor Fertigstellung 1739 verstarb.

Seine zwei Messgewänder, eines dunkel gehalten für Traueranlässe, das andere hell für die Hochämter wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten, seien zwei ihrer Lieblingsstücke, erzählt unsere Führerin in wohlklingendem Österreichisch. 8 Kilogramm schwer, aus Seide und handgestickt, gingen für die Fertigung vier bis fünf Jahre ins Land.

Dann stehen wir unter freiem Himmel auf dem Altan: eine Dachterrasse, die halbkreisförmig die beiden symmetrisch angelegten Flügel verbindet, gleich einer Brüstung sich schützend vor der Stiftskirche wölbt und den Blick weit in die hügelige Landschaft über die Donau hinweg freigibt.

Unterhalb des Altans im Kloster Melk. Foto: Silke Ohlert/Epoch Times

Symmetrie und Ausgewogenheit sind wichtig im Barock. So ist die Bibliothek spiegelbildlich zum Marmorsaal mit seinen allegorischen Fresken und der Illusionsmalerei auf der anderen Seite der Stiftskirche angelegt. Für die Touristen über den Altan zu erreichen.

9.000 Bände aus dem 16. bis 18. Jahrhundert in den klassischen Sprachen Latein, Altgriechisch, Althochdeutsch und Hebräisch umfasst der große Saal, 7.000 Bände aus dem 19. bis 20. Jahrhundert in modernen Sprachen, 15 an der Zahl. In weiteren zehn nicht zugänglichen Räumen auf mehreren Ebenen birgt die Bibliothek rund 100.000 Bücher. Dabei wird dieser Bücherschatz noch aktiv genutzt, zu Forschungszwecken der Mönche oder von Studenten, die für ihre Abschlussarbeiten recherchieren.

Treppenabgang von der Bibliothek zur Kirche St. Peter und Paul im Stift Melk. Foto: Silke Ohlert/Epoch Times

Kommt, lasset uns anbeten

Nach der Bibliothek entlässt uns unser Guide, um zur nächsten Führung zu eilen, die punktgenau starten soll. Die neuen Teilnehmer sitzen bereits im Wartesaal.

Nach so vielen visuellen Eindrücken und Informationen drängt es einen zunächst nach draußen. Also zurück auf die Terrasse. Von hier blickt man auf die imposante Kirchentür. Peter und Paul sind sie gewidmet, gerade denen, die so menschlich waren.

Der eine – Petrus – seine Loyalität zu Jesus geradezu zur Schau tragend, doch beim ersten Widerstand umkippend. Der andere – Paulus – ein Verfolger der neuen Gläubigen, dem erst durch ein übersinnliches Erweckungserlebnis die Augen geöffnet werden können. Viel Trost steckt in diesen Geschichten. Es geht nicht um Perfektion und auch nicht um Leistung, um Gnade im Himmel zu finden.

Über ein spiralförmig sich windendes Treppenhaus gelangt man ins Innere der Stiftskirche. Diese ist ganz gemäß dem barocken Ideal als Thronsaal Gottes gehalten. Statt eines Gekreuzigten prangt eine riesige Krone am Altar. Alles leuchtet golden, zu zartem Rosa.

Handzettel zum Mittagsgebet werden verteilt. Der letzte Absatz des vorgeschlagenen Gebets bleibt mir im Kopf hängen: „[…] dennoch möchten wir uns der Überzeugung hingeben, dass wir es sind, die kurz davor stehen, alles gesehen, gezählt und erforscht zu habe[n]. Wir glauben, uns auf diese Weise die Welt aneignen zu können, sie beherrschbar zu machen. Dabei vergessen wir oft, dass du uns diese Welt geschenkt hast und sie so unergründlich ist, wie du selbst, denn nach deinem Gesetz wurde sie erschaffen.“

Der heilige Jakob vor der Stiftskirche Peter und Paul in Melk, die auch Anlaufstelle für die Pilger auf dem Jakobsweg ist. Foto: Silke Ohlert/Epoch Times

Ein Umweg, der sich lohnt

Über die zwei großen Innenhöfe geht es zurück in Richtung Eingang. Eigentlich kann gar nichts mehr aufgenommen werden, doch der Garten des Klosters lockt zu sehr bei diesem Sonnenschein. Zum Glück. Denn hier verbirgt sich noch so einiges Sehenswertes.

Allem voran der Gartenpavillon. Der Name mag nicht das assoziieren, was es ist: ein veritables Schlösschen, für dessen Ausgestaltung 1763 der wenig bekannte Maler Johann Wenzel Bergl beauftragt wurde.

In nur zwei Jahren gestaltete Bergl den Festsaal und die angrenzenden Zimmer mit so viel Leichtigkeit und Lebensfrohsinn, dass man verzückt in die fantasievollen Bilder einer damals vorgestellten neuen Welt mit allerlei Getier und Pflanzen versinkt.

Beim abschließenden Gang durch den weitläufigen Park sinniert man über die Qualität, die es mit sich bringt, einen Garten zu pflegen. Es bindet in jedem Fall an einen Ort – „stabilitas loci“.

„Ut in omnibus glorificetur Deus“ (Damit in allem Gott verherrlicht werde). Blick auf die Treppenanlage, die in den 1990er-Jahren angelegt wurde und zum Fußballplatz und großen Parkplatz führt. Foto: Silke Ohlert/Epoch Times



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