„Das Palmenwald“ und seine inspirierende Geschichte

Seit 130 Jahren liegt „Das Palmenwald“ am Fuße des Kienbergs im nordöstlichen Schwarzwald. Von einem christlichen Unternehmer als eindrucksvolles Kurhaus erbaut, begeistert das heutige Hotel noch immer seine Gäste.
Titelbild
Blick ins Foyer des Hotels „Das Palmenwald Schwarzwaldhof“ in Freudenstadt.Foto: Sabine Weigert
Von 25. September 2025

Im Jahr 1890 kommt der Unternehmer Paul Lechler zum ersten Mal in den Luftkurort Freudenstadt. Zusammen mit Frau und Kindern sucht er im heilenden Klima des Schwarzwaldes dringend erhoffte Erholung.

Arbeitsreiche Jahre liegen hinter dem fast 41-Jährigen. Im Alter von knapp 22 Jahren war er in die kleine Lack- und Firnisfabrik des Vaters in Stuttgart-Feuerbach eingetreten. Seine tatkräftige Mitarbeit und kluge kaufmännische Entscheidungen lassen das Unternehmen bald florieren.

Paul Lechler um 1910. Foto: unbekannter Fotograf, gemeinfrei

Schon vier Jahre später regt er an, das Unternehmen möge den biblisch gebotenen Zehnten der erwirtschafteten Gewinne „zugunsten der Armen und Bedürftigen“ spenden. Sein Leben lang wird Paul Lechler dieser Praxis aus tiefer christlicher Überzeugung treu bleiben.

Fruchtbarer Idealismus

„Das Christentum darf nicht nur Weltanschauung sein, sondern muss sich durch die Tat bewähren“, schreibt er und handelt entsprechend.

So gründet und finanziert er das „Büro zur unentgeltlichen Arbeitsvermittlung“ in Stuttgart. Für den ländlichen Raum ruft er den Verein „Hilfe in außerordentlichen Notstandsfällen auf dem Lande“, heute „Nothilfeverein“ genannt, ins Leben.

Aber auch der bekannte Stuttgarter Knabenchor Hymnus geht auf Paul Lechlers Initiative zurück. Noch heute erhalten Jungen hier kostenlose und hochkarätige Stimmbildung und erfreuen dafür ihre Zuhörer mit geistlicher Chormusik.

Konzert der Stuttgarter Hymnus-Chorknaben in der Abteikirche Neresheim, 2007. Foto: Stefan Gref, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Ebenso ist Paul Lechlers Gründung eines Ausbildungsinstituts für Missionsärzte und -schwestern und eines Tropengenesungsheims von nachhaltigem Erfolg gekrönt, was die heutige Tropenklinik und das Paul-Lechler-Krankenhaus in Tübingen bezeugen.

Tübingen. Tropengenesungsheim. 1930er-Jahre. Heute Tropenklinik, Tübingen. Foto: unbekannter Fotograf, gemeinfrei 

Zeitlebens stößt der christlich motivierte Unternehmer also Projekte an, die gut geplant und finanziert auf lang anhaltende und segensreiche Wirksamkeit angelegt sind.

Körper, Seele und Geist

So nimmt es nicht Wunder, dass auch die Familiensommerfrische des Jahres 1890 in Freudenstadt nicht ohne weitreichende Folgen bleibt.

Hier fasst Paul Lechler den Entschluss, dass nicht nur er und seine kinderreiche Familie vom anregenden Klima des Schwarzwaldes profitieren sollten. Er erwirbt kurzerhand ein über 25.000 Quadratmeter großes Hanggrundstück und baut sofort auf eigene Kosten ein Erholungsheim für Diakonissinnen.

Gleichzeitig gründet er eine Aktiengesellschaft und beginnt zusammen mit den Architekten Wittmann & Stahl mit Konzeption und Bau des großen Kurhauses „Palmenwald“.

Nahansicht der Fassade mit ihren reizvollen Art-dé­co- und Gründerzeitdetails. Foto: Sabine Weigert

Art-dé­co-Elemente durchziehen die eindrucksvolle Gründerzeitarchitektur des weithin sichtbaren Gebäudekomplexes, der 1895 seinen Betrieb aufnimmt.

Von den europäischen Stechpalmen des nahe gelegenen Waldes erhält das Haus seinen exotisch anmutenden Namen. Paul Lechler kann David Huppenbauer, einen früheren Afrikamissionar und evangelischen Prediger, als langjährigen Leiter gewinnen.

Gemeinsam wird eine christlich inspirierte Hausordnung formuliert und eine Kapelle entsteht in direkter Nachbarschaft zum Kurhaus. Denn nicht nur der Körper, auch Geist und Seele sollen im „Palmenwald“ neue Kraft und Wohlbefinden erlangen.

30 Jahre lang wird David Huppenbauer täglich Andachten und sonntägliche Gottesdienste abhalten und den Gästen des Kurhauses als Gesprächspartner und Seelsorger zur Verfügung stehen.

Gute Früchte und plötzliche Wendung

Paul Lechler wirkt hingegen in praktischer und unternehmerischer Weise weiter für das Projekt, das ihm so am Herzen liegt.

Durch sein Engagement wird die Bahnverbindung zwischen Stuttgart und Freudenstadt wesentlich verbessert. Zur Sommer- kommt die Wintersaison hinzu, um das Kurhaus ganzjährig betreiben zu können. Ein „dreimonatiger Haushalts- und Kochkurs für gebildete junge Töchter“ ergänzt das Kur- und Erholungsangebot.

Über die Jahre tragen die Kochlehrerinnen Anna Diewald und Helene Zeller über 1.300 Rezepte zusammen und veröffentlichen diese im schnell legendären „Palmenwald-Kochbuch“.

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All diesen vielfältigen Ideen und Aktivitäten bereitet der Erste Weltkrieg ein jähes Ende. Bald schon müssen Hunderte verwundete Soldaten im „Palmenwald“-Hotel gepflegt werden, das zum Lazarett umfunktioniert worden ist.

Als die Gründerpersönlichkeit Paul Lechler 1925, sieben Jahre nach Kriegsende, im Alter von fast 76 Jahren stirbt, ist der Kurbetrieb im „Palmenwald längst wieder in vollem Gange und für die Zukunft gut aufgestellt. Niemand ahnt, dass bereits 14 Jahre später der nächste Weltenbrand losbrechen wird.

Am 16. und 17. April 1945, nur wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wird die historische Altstadt von Freudenstadt fast vollständig zerstört. „Das Palmenwald“, nur etwa 1 Kilometer entfernt, übersteht die Katastrophe wie durch ein Wunder unbeschadet.

Dornröschenschlaf und Erwachen“

Wechselnde Besitzer führen es von 1950 bis ins Jahr 2005. Dann aber fällt es in einen Dornröschenschlaf. Jahrelang ist es bloße Kulisse für Filmproduktionen, bis es Stefan Sharlopov, der Inhaber einer bulgarischen Hotelgruppe, erwirbt, mit viel Liebe zum Detail restauriert und wiedereröffnet. Als dieser wenige Jahre später unerwartet stirbt, sind auch die Aussichten für „Das Palmenwald“ wieder ungewiss.

Im September 2021 ziehen jedoch mit zwei Hoteliersfamilien aus Ulm als neuen Besitzern neuer Elan und frisches Engagement in diesen faszinierenden Ort ein.

Der Speisesaal im „Palmenwald“ mit seinen originalen Säulen und Lüstern aus der Gründerzeit. Foto: Sabine Weigert

Ob man dem „Palmenwald Schwarzwaldhof“ nun einen Besuch auf einen Tee oder eine belebende Massage abstattet, ob man in der Paul-Lechler-Bar ein abendliches Glas Wein genießt, in einem der über 80 Zimmer des weitläufigen Hotels übernachtet oder im hohen Speisesaal aus dem späten 19. Jahrhundert wie ehedem diniert: In der Architektur und Atmosphäre des „Palmenwald“ schwingt die Erinnerung an die inspirierende Geschichte des Hauses mit, das aus Idealismus und Unternehmergeist geboren wurde.

Und: Auch das nahe gelegene Diakonissenheim, das Paul Lechler einst erbaute, ist bis heute erhalten. Ein gemeinnütziger Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch diesen kleinen, aber feinen Gebäudekomplex zu restaurieren und wieder mit Leben zu erfüllen.



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