Ein Geistertier der Volkskunde: Woher der Name „Schmetterling” kommt

Jetzt fliegen sie wieder: die Schmetterlinge. Friedrich Hebbel (1813–1863) hat stimmungsvoll in seinem Gedicht „Sommerbild“ einen Schmetterling geschildert. In der zweiten Strophe heißt es:
„Es regte sich kein Hauch am heißen Tag,
doch ob auch kaum die Luft sein Flügelschlag
bewegte, sie empfand es und verging.“
Im modernen Schlager finden sie auch Eingang: „Fliege, bunter Schmetterling … Papillon, Papillon …“
Wir besingen sie und erfreuen uns an der bunten Farbe ihrer Flügel wie beim Pfauenauge oder an dem intensiven Gelb des Zitronenfalters. Manche Sammler spießen die lieben kleinen Tiere auf Nadeln auf und verfrachten sie in Schaukästen. Im idyllischen Schmetterlingstal auf der Insel Rhodos gibt es trotz der vielen Touristen, die dorthin gekarrt werden, immer noch Schmetterlinge.
Wir nehmen dies alles zur Kenntnis, doch woher kommt der Name Schmetterling? Die Forschung nach der Herkunft und Bedeutung von Wörtern, die Semantik beziehungsweise Etymologie, kann uns weiterhelfen und Beispiele dafür liefern, wie – die nationalen Sprachgrenzen überschreitend – die europäische Völkerfamilie Gemeinsamkeiten in der Benennung von gemeinsamen Phänomenen kennt.
Vom „Papillon“ bis zum „Bodderlicker“
In der griechischen Sprache bedeutet „pallein“ schütteln, woraus die Römer „papilio“ – Schmetterling – gemacht haben: ein Tier, das die Flügel schüttelt. Die Franzosen nennen heute unseren Schmetterling „papillon“. Dieses Wort verweist aber auch noch auf einen anderen Begriff der französischen Sprache, der uns sehr geläufig ist: Ein Ausstellungsgebäude wird als Pavillon bezeichnet. Ursprünglich wurden seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. Zelte mit Seitenflügeln „papilio“ genannt, woraus im altfranzösischen „pavillon“ und im mittelhochdeutschen „pavilum“ wurde.
Mit dem griechischen Wort „pallein“ ist das deutsche Wort Falter verwandt, das wir im Schweizerischen auch als „vivaltra“ kennen. Vor etwa 400 Jahren verdrängte, aus Oberschlesien kommend, der neue Begriff Schmetterling die Bezeichnung Falter. Mundartlich überliefert ist die Bezeichnung Schmetten für Sahne, Rahm. In Smant – Schmand, den wir kaufen, um Speisen zu verfeinern – begegnet uns dieser Begriff täglich. Er ist slawischen Ursprungs, im Namen des tschechischen Komponisten Smetana enthalten und war in vielen deutschsprachigen Gegenden Ungarns, Polens, aber auch im Baltikum gebräuchlich.
Man vermutet, dass der Begriff Schmetterling, zusammensetzt aus Schmetten – Sahne – und dem Lautgebilde für Lecken – lm oder ml – Milch, Molge –, zusammengeführt wurde und der Schmetterling damit ein „Rahm leckendes Tier“ ist. In Mecklenburg spricht man vom „Bodderlicker“, also Butterlecker. Die Engländer sagen zum Schmetterling „butterfly“ – Butterfliege.
Schmetterlinge in der Volkskultur als geisterhafte Wesen
Die Volkskunde kennt die Überlieferung, dass Hexen in Gestalt von Schmetterlingen bei Kühen und Ziegen die Milch verderben. Der Schmetterling wird als Hexen- und Geistertier gesehen. Im Rumänischen werden Kohlweißling und Hexe „striga“ genannt. Dort, wo auch die Vampire zu Hause sind, geht der Glaube um, dass Schmetterlinge in das Herz des schlafenden Kindes eindringen, Fieber verursachen und ihm das Blut aussaugen. Im Litauischen bezeichnet das Wort „drugys“ sowohl Schmetterling als auch Fieber.
Diese „böse“ Art von Schmetterling wird im Schottischen auch „witch“ genannt, eine Bezeichnung, die wir spätestens seit Shakespeares „Hamlet“ als Hexe kennen. Von dieser Ebene der Betrachtung ist es dann nicht mehr weit zu einer weiteren Bedeutung von Schmetterling: Rätoromanisch wird er „mammadonna“ genannt.
Dieses Wort für eine alte Frau klingt auch in anderen Sprachen an, wenn volkstümlich der Begriff Schmetterling nachgefragt wird. Im Russischen bedeutet „babotschka“ sowohl Schmetterling als auch Großmutter und im Schwedischen ist ein Schmetterling eine „käringsjal“ – eine Altweiberseele.
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